Posts Tagged ‘Edgar Allan Poe’

Lizenzjäger Walter Potganski – Der Netzwerker des deutschen Films

22. Juli 2024

Die Filmbranche ist ein hartes Geschäft. In der Vergangenheit war es wichtig, wen man kennt, und dieses Netzwerkwissen ist Gold wert. Einer der wichtigsten Netzwerker der Branche ist Walter Potganski, Geschäftsführer von Moviemax. Wir, Markus Elfert von Filmreport und Matthias J. Lange von redaktion42, trafen diese Legende zum Interview auf dem Bavaria-Gelände.

Walter Potganski ist im komplizierten Lizenzgeschäft der Filmwelt zu Hause. Er rutschte bei einem Job bei Arri in die Szene hinein und ist ihr seitdem treu geblieben. Er kannte die Stars und Produzenten, angefangen bei Maria Schell und ihrem Ehemann Veit Relin, über die großartige Romy Schneider und Regielegende Hans-Jürgen Syberberg (er drehte damals weniger Kunst, sondern Reportagen über frivole Sexfilmchen), bis hin zu Alois Brummer und Klaus Lemke und viele mehr. Er verhandelte mit Leo Kirch und lernte auch eine Menge von diesem lange Zeit sehr erfolgreichen Filmhändler. Hier unser Interview:

Immer wieder veröffentlicht Walter Potganski bei Moviemax Perlen der Filmgeschichte, wie beispielsweise die Romy Schneider-Filme „Trio Infernal“ (1974), „Abschied in der Nacht“ oder „Das alte Gewehr“ (1975) auf Bluray in besonderen Ausgaben sowie „Der Pfarrer von St. Pauli“. Ich mag ihn besonders für die Wiederentdeckung von Will Tremper. Walter Potganski brachte mir die Filme „Playgirl“ (1966) und vor allem „Die endlose Nacht“ (1963) näher, letzterer ein starker Berlin-Film mit einer Hannelore Elsner, die bis zu ihrem Tode dankbar für die Wiederveröffentlichung des Ensemblefilms warb. Potganski lernte auch den Komponisten Peter Thomas kennen, und ihn verbindet eine Freundschaft mit dessen Sohn Philip.

Als Fan des fantastischen Films freute ich mich auf die Bluray-Veröffentlichung „Die Schlangengrube und das Pendel“ nach Edgar Allan Poe. „Die Schlangengrube und das Pendel“ ist ein deutscher Gruselfilm von Harald Reinl aus dem Jahr 1967 mit Lex Barker, Karin Dor und Christopher Lee in den Hauptrollen. Ich hatte den Film nur als heruntergerockte Super-8-Kopie und genieße den fabelhaft restaurierten Film mit den zahlreichen Hinweisen auf die christliche Symbolik. Walter Potganski überraschte uns mit einem humorvollen Plakat von Karin Dor, als sie 1965 eine Maß trinkt, als Werbeplakat für „Die Schlangengrube und das Pendel“.

Natürlich kamen wir im Interview auch auf den persönlich schönsten Coup von Walter Potganski zu sprechen: die komplette Wiederveröffentlichung einer meiner Lieblingsserien als Jugendlicher: Enid Blytons „Fünf Freunde„, eine britische TV-Serie von 1976. Die Geschwister Julian, Dick und Anne treffen während ihrer Ferien auf ihre Cousine George mit ihrem Hund Timmy (ein Border Collie). Gemeinsam geraten sie in Abenteuer, lösen Rätsel und helfen damit auch der Polizei. Ich habe die Bücher und die Serie verschlungen, den Kinofilm aber abgelehnt.

Ich musste mich so zusammenreißen, dass ich nicht während des Interviews anfing, die Titelmelodie der Serie zu trällern, die meine Generation wohl auch mitsingen kann: „Wann immer sich ein Abenteuer lohnt: Angst und Schrecken kennen wir nicht, denn das sind wir gewohnt. Wo immer ein Rätsel zu lösen ist: Hoch in dem alten Schloss oder im Schmugglernest. Fünf Freunde das sind wir: Julian, Dick und Anne, George und Timmy der Hund. Fünf Freunde das sind wir: Wir kommen schnell herbei, wann immer ihr es wollt. Wir kommen schnell herbei, und schon sind wir da.“ Herrlich. So eine Veröffentlichung der schön gestalteten roten DVD-Sammelbox ist ein komplizierter Weg, der bis zum britischen Oberhaus reichte. Walter Potganski überließ uns eine Mindmap, die das komplizierte Rechtegeschäft bei dieser Filmreihe zeigt.

Und er überließ uns einen wahren Schatz: den Sendepass des ZDF mit der Ansage für die Erstausstrahlung von „Fünf Freunde“. Danke. Mal sehen, wie wir den Geschichtenschatz von Walter Potganski heben können. Es gibt noch so viel zu erzählen.

Dracula im Film (36): Dracula im Schloss des Schreckens

29. Oktober 2023

Gegen Ende des Film bringt es der Hauptdarsteller auf den Punkt mit der Aussage: „Ich verstehe es nicht“. Dracula im Schloss des Schreckens ist ein interessantes, aber die meiste Zeit stink langweiliges Gruselfilmen, der beim unser Graf nicht auftaucht und nur benannt wird. „Wir brauchen dein Blut so wie Dracula zum Leben“, dient als Rechtfertigung, um den Namen Dracula im deutschen Verleihtitel zu tragen. Web of the spider hieß der Film in den USA, also nix Dracula.

Innerhalb der Dialoge der deutschen Synchronfassung kommen Vampire vor. Im Original ist es ein klassischer Gothic-/Haunted-House-Streifen. Jünger des Grafen haben sich dieses Werk angeschaut und immer wieder auf die Uhr geschaut, wann die 114 Minuten vorbei sind. Die Handlung ist eine Art Geistergeschichte bei der sogar Edgar Allan Poe mitmischen darf. Der brillante Autor in der Gestalt von Klaus Kinski kann sich nicht wehren und muss für hanebüchenen Geschichten herhalten. Das hat der gute Poe nicht verdient und der irre Kinski macht die ganze Sache nicht wirklich besser.

Also wir haben schöne Bestandteile: Geister, ein altes Schloss, Träume, ein bisschen Softsex mit nackten Brüsten, etwas Blut und viele Särge samt Bodennebel und Atmosphäre. Und trotzdem ist der Film für mich beim ersten Mal Grütze und eine Qual. Allerdings wurde er beim zweiten Anschauen besser. Zwar gab es keine versteckte Geschichte zu entdecken, aber ich konzentrierte mich weniger auf die Geschichte als um das Drumherum.

Dracula im Schloß des Schreckens stammt aus dem Jahre 1971 und das macht sicherlich den Charme des Films aus. Darsteller, Set, Farben, Kamera, Musik – alles Beispiele der Zeit der frühen Siebziger. Antonio Margheriti hat bei dieser deutsch-italienischen-französischen Produktion Regie geführt. Fein ist die Musik von Riz Ortolani, der ja einiges an italienischen Horrorfilmen und Italowestern vertont hat, wobei die Doku Mondo Cane sicherlich sein berühmtestes Werk ist. Nella stretta morsa del ragno, so der Originaltitel, erschien auf limitierter Vinyl, die ich mir besorgen muss.

Ich muss meinen Hut vor der Bluray Veröffentlichung ziehen. Die Herrschaften von digidreams haben sich alle Mühe gegeben, den Film gut darstehen zu lassen. Weil nicht alle Originalkopien greifbar waren, wechselt das Bild zwischen verschiedenen Kopien samt Tonspuren hin und her, sogar die Super-8-Kopie wurde herangezogen, damit 2021 eine ungeschnittene Version in Deutschland erscheinen konnte. 1972 lief der Film in den deutschen Kinos in geschnittener Version. Auch die Extra können sich sehen lassen, hier waren Liebhaber am Werk. Ich mag vor allem die beiden Teile der Super 8-Kopie des Films.

Der Film bleibt bei all seinen Fehlern ein Liebhaberprodukt. „Es ist lächerlich: Gespenster, die Blut saugen“, so spricht unser Hauptdarsteller Anthony Franciosa als Alan Foster. Nehmen wir es mal als gegeben hin, schalten das Hirn aus, vergessen wir Dracula und saugen wir Atmosphäre der siebziger Jahre.
Aber – und nun kommt das große Aber, weshalb ich diesen Film bei all meiner Sympathie für Gruselfilme ablehne: Der Film enthält Tier-Snuff. In dem Film wird eine echte Schlange getötet und der Zuschauer sieht diese Tötung und das Leid des Tieres. Das geht nicht. Das ist verabscheuungswürdig. Das ist abzulehnen.

200. Todestag E.T.A. Hoffmann – die Nachtseite der menschlichen Existenz

25. Juni 2022

Heute ist der 200. Todestag von Ernst Theodor Amadeus Hoffmann, besser bekannt als E.T.A. Hoffmann. Ich habe gerade ein erfolgreiches Online-Seminar mit meinem Kollegen Stefan Preis zu diesem Künstler durchgeführt.

Hoffmann war von Berufswegen eigentlich Jurist, ging aber in die Geschichte als Künstler, Musiker, Zeichner und Schriftsteller ein. Er hätte ein beschauliches Juristenleben im Preußen der Restauration verbringen können, wenn nicht immer der Künstler und Lebemann in ihn durchgebrochen wären.
ETA hieß eigentlich ETW Ernst Theodor Wilhelm (klar, man war im preußischen Königsberg). Das A kam aufgrund seiner Verehrung zu Amadeus Mozart und im Alter von 33 Jahren wurde aus ETW Hoffmann nun E.T.A. Hoffmann.

Mein erster Kontakt zu E.T.A. Hoffmann war bereits zu Schulzeiten, als wir im Deutschunterricht die Erzählung Das Fräulein von Scuderi durchnahmen. Was ich als Schüler lernte, dass das Fräulein von Scuderi (1819) als erste deutsche Kriminalnovelle galt. Und sie hatte enorme Auswirkungen: Ohne Hoffmann hätte es die Detektivgeschichten von Edgar Allan Poe, oder Sherlock Holmes von Doyle oder sogar Miss Marple von Agatha Christie nie gegeben. Sie stark war der Einfluss dieses Geschichte. Sie handelt von der Aufklärung einer rätselhaften Mordserie im Paris des 17. Jahrhunderts durch die Titelheldin, die französischen Schriftstellerin Madeleine de Scudéry (1607–1701), im Grunde eine Miss Marple zu Zeiten Ludwig des XIV. Die Idee des Cardillac-Syndroms in der Erzählung gefiel mir. Der Mörder Cardillac kann den Gedanken, dass er seine Schmuckstücke nicht für sich behalten kann und andere seinen Schmuck anlegen dürfen, nicht ertragen. So tötet er die Käufer kurzerhand, um den Schmuck wieder zu erlangen und ihn dann in einem verborgenen, nur durch eine Geheimtür zugänglichen Gelass nur für sich allein zu genießen. Das Dilemma der Erzählung war: Künstler müssen, um von ihrer Kunst leben zu können, ihre Werke verkaufen, das heißt, sie müssen sich von ihnen trennen. Daran zerbricht so mancher Künstler.

Mir gefiel der Ideenreichtum und der Stil von Hoffmann und ich kaufte mir als Schüler eine Gesammelte Werke-Ausgabe, weil ich mehr von ihm lesen wollte. Hoffmann war scheinbar ein Freund von Geheimbünde, die in seiner Zeit der Romantik aktiv wurden: Rosenkreuzer und Illuminaten. Und Hoffmann ist der erste Romantiker, der „Nachtseite“ der menschlichen Existenz entdeckte.

Das Motiv von Hoffmann ist immer wieder zu erkennen: Ohne eigene Steuerungsmöglichkeit ist die Hauptperson einer fremden zumeist bösen Kraft ausgeliefert. Und das ist die Grundlage von Hollywood. Erinnern wir uns nur an die erfolgreichen Filme von Alfred Hitchcock. Der Held gerät unverschuldet in die Fängen der Bösen. Also ist E. T. A. Hoffmann der Wegbereiter des modernen Hollywoods – eine gewagte These.

Übrigens ein Buchtipp zum 200. Todestag des Dichters: E. T. A. Hoffmann. 100 Seiten von Alexander Kluy. Alexander Kluy zeichnet ein lebendiges und pointiertes Porträt Hoffmanns und folgt den großen Strängen seines Lebens, Denkens und Schreibens, die untrennbar miteinander verwoben sind. Das Buch liest sich schnell und macht Spaß ein paar Stunden auf Sofa.

Mein persönlicher Jahresrückblick 2020

31. Dezember 2020

Ich denke, ich muss nichts mehr schreiben: 2020 war ein Desaster, privat und geschäftlich. Und trotz der schlechten Situation gab es bei mir Weichenstellungen in eine hoffentlich optimistischere Zukunft.
Der drastische Einschnitt des Jahres war der Tod meines Vaters am 8. Mai. Er starb nicht an Corona. Zusammen mit meiner Frau war ich in der Stunde seines Todes im Krankenhaus an seinem Bett mit dabei. Um 4.11 Uhr verstarb er. Die Erinnerungen kommen immer wieder hoch. Er fehlt uns allen sehr und sein Tod hat mein Jahr geprägt. Seine Beerdigung fand unter strengen Corona-Auflagen im ersten Lockdown mit wenigen Trauergästen statt.

Bloggen aus dem Dorf im Lockdown
In der Phase des ersten Lockdowns ging ich mit meinem Blog redaktion42 auf die sublokale Ebene. An 45 Tagen berichtete ich aufeinanderfolgend über mein Dorf in dem ich wohne und wie die Bewohner mit Corona umgingen. Ich machte das, was ich einstmals gelernt hatte: Klassischen Tageszeitungsjournalismus im Blogformat mit Texte, Fotos und Videos. Die Resonanz war überwältigend. Jeden Tag um 7 Uhr stellte ich einen neuen Blogpost online. Verbreitet wurde er auch über die örtliche Facebookgruppe mit rund 2000 Mitgliedern. Es war ein riesiger Erfolg: Die Zugriffe explodierten und ich wurde beim Einkaufen, beim Bäcker, beim Tanken und beim Spazierengehen auf den Blog angesprochen. Ich werde aus den Posts noch ein eBook machen und es kostenlos zum Herunterladen anbieten, quasi eine Zweitverwertung. Mein Vorhaben war, Corona aus der Sicht einer kleinen Gemeinde westlich von München darzustellen und ich wollte auch ein bisschen die örtlichen Lokalzeitungen ärgern. Ich wollte ihnen zeigen, was Blogs im Lokalen ausrichten können. Als der Blog richtig Fahrt aufgenommen hat, verstarb mein Vater und ich hatte erst mal den Nachlass zu ordnen.

Mein Eindruck war: Im ersten Lockdown zogen wir alle an einem Strang, waren rücksichtsvoll und ausgeglichen. Im zweiten Lockdown ist meines Erachtens nicht soviel davon geblieben. Egoismus ist allerorts anzutreffen. Mal sehen, vielleicht nehme ich den sublokalen Blog im dritten Lockdown wieder auf, der wohl kommen wird.

Neue Geschäftsmodelle gefragt
Mit Corona brach ein Teil meines Geschäftsmodells zusammen. Ich war bis Corona dreimal die Woche in Deutschland an Schulen mit dem Thema Medienkompetenz unterwegs. Hinzu kamen Wochenend-Seminare und Abendveranstaltungen in Bayern. Das alles brach weg. Eigentlich wollte ich im Sommer das zehnjährige Bestehen meines Unternehmens redaktion42 mit einer fetten Party feiern. Daraus wurde nichts.

Ich packte im März meine Reisekoffer aus und hängte alles in den Schrank. Soforthilfe oder ähnliches gab es für mich nicht. Neidvoll schau ich auf Lufthansa, Automobilindustrie oder die Tourismus-Industrie.
Wie heißt es, in der Krise liegt die Chance. Ich tastete mich mit Online-Schulungen vor. Ein guter Kunde, die Hanns-Seidel-Stiftung, entpuppte sich als agiler Bildungsanbieter und ließ ihren festangestellten Referenten freie Hand. So entwarfen wir Woche für Woche neue Konzepte für Seminarmodelle, probierten Software wie Zoom, GotoWebinar oder Jitsi aus. Ich eignete mir eine digitale Didaktik an, investierte größere Summen in Studiotechnik wie Kameras, Greenscreen, Videomischer, Beleuchtung, Mikros und mehr. Höhepunkt war sicher ein Zwei-Tages-Streaming aus dem Wohnzimmer zur US-Wahl.

Experimente mit Greenscreen.

Ich wurde gebucht und durfte einige Bildungsanbieter in Bezug auf Online-Schulungen schulen. Leider gibt es noch zuviele schlechte Webinare da draußen, Webcam und PowerPoint reichen nicht. Die finanziellen Verluste der Präsensseminare wurden natürlich nicht durch die Einnahmen der Online-Schulungen aufgefangen, aber ich kam mit einem blauen Auge davon. Es ist klar: Der Weg der Digitalisierung lässt sich nicht mehr zurückdrehen und das ist gut so.

Neues Hobby und neuer Blog
Durch Corona hatte ich mehr Zeit. Während andere Leute diese Zeit nutzten und neue Sprachen lernten oder Netflix leer schauten, entdeckte ich für mich ein neues Hobby: Golfen

Zusammen mit meiner Frau und K2 machten wir einen Platzreifekurs auf der Golfanlage in Rottbach. Ich habe im Golfen eine neue Art der Freizeitbeschäftigung gefunden: Es ist enorm anstrengend, ich bin an der frischen Luft und es kostet gewaltige Konzentration. Es ist eine Symbiose aus mentaler und körperlicher Beanspruchung, die es in sich hat. Ich war fast jeden Tag auf dem Golfplatz und ich rief meinen Golfblog Golffieber42 ins Leben, der sich gut entwickelt. Golf ist ein prima Hobby für mich, trotz den doofen Sprüchen aus dem Bekanntenkreis.

Und ich entdeckte das Fahrradfahren (wieder). Da Reisen dieses Jahr 2020 nicht möglich waren, machten wir Urlaub zu Hause im Garten (oder auf dem Golfplatz). Genau rechtzeitig wurde bei uns ein neuer, sehr schöner Radweg mit Namen Räuber-Kneißl eröffnet.

Familie gefestigt
Durch Corona hat sich unser Familienleben verändert. Die Gattin war und ist durch ihren Job voll eingespannt und kommt kaum zum Durchschnaufen. Sie kann ins Büro radeln oder zu Fuß laufen und ist dort die meiste Zeit am Telefon, in virtuellen Konferenzen oder beantwortet Mails und ich unterstütze meine Frau wo ich nur konnte. Zusammen stellten wir eine geniale Aktion auf die Beine.

Das Internet lief zu Hause heiß: Die Kinder hatten Teams-Konferenzen, versuchten mit Mebis zu arbeiten, um Home-Schooling zu bewerkstelligen. Insgesamt ist es eine Schande, wenn ich die Digitalisierung in der Schule sehe. Und es ist eine noch größere Schande, weil ich mit diesem Thema seit Jahren an den Schulen unterwegs bin und vertröstet werde.

Auf jeden Fall kochten wir täglich alle zusammen und verbrachten viel Zeit miteinander. Da wir uns an die Kontaktbeschränkungen hielten, bekamen wir kaum Besuch. Mit meiner Mutter konferierte die Familie via FaceTime. Ich bin dankbar, dass meine Mutter mein abgeschriebenes iPad verwenden kann und es auch nutzt. Digitalisierung ist auch für die ältere Generation kein Fremdwort.

Mitte Parsifal und rechts Atari – ganz links bin ich.

Im Sommer verstarb ein geliebtes Haustier: Sinatra unser alter treuer Wellensittich. Nun ist Dr. Watson alleine und steht mit seinem Käfig bei uns im Wohnzimmer und piept in jeder familiären Unterhaltung mit. Die Familienkonferenz entschied, dass kein weiterer Sittich angeschafft wird, dafür aber zwei junge Kater. Wir bekamen sie von der vorbildlichen Tierauffangstation in Maisach. Die beiden Kater hießen dort Rocky und Mailo, aber wir taufen die Herrschaften um in Parsifal und Atari um. Egal welchen Namen die tragen, so richtig folgen sie auf keinen. Meine Frau wurde zugegebenermaßen bei der Namensvergabe etwas überrumpelt. Parsifal kommt von Richard Wagners letzter Oper und Atari von meiner ersten Videospielkonsole Atari 2600. Seitdem toben die Herrschaften in der Hütte und wir haben die neuen Rabauken lieben gelernt. Die Entscheidung für Parsifal und Atari war eine richtige Wahl zum Wohle aller.

Riga samt Heinz Erhardt
Eigentlich war ich beruflich viel auf Achse, aber aufgrund Corona kam alles zum Erliegen. Zusammen mit meiner Frau machte ich zu Jahresbeginn eine einwöchige Reise nach Riga, der Hauptstadt Lettland. Ich hab von dort ausführlich gebloggt und ich habe es vor allem genossen. Ich war früher schon mal in der Stadt und konnte meiner Frau ein bisschen was zeigen. Organisiert hat die Reise eine Freundin und Arbeitskollegin und eigentlich wollten wir 2021 wieder mit ihr ins Baltikum. Daraus wird zumindest 2021 nichts, aber ich zehre von der Riga-Fahrt noch immer mit vielen Erinnerungen und Eindrücken. Und ich habe Heinz Erhardt wieder für mich entdeckt, der in Riga aufwuchs.

John Williams – mein einziges Konzert
Und der musikalische Höhepunkt des ganzen Jahres und darüber hinaus war das Weihnachtsgeschenk 2019 meiner Frau: Ich bekam eine Karte für das John Williams Konzert im Goldenen Saal des Wiener Musikvereins. Ich war so gerührt, dass wir noch für die ganze Familie Karten besorgten. Finanziell war es schon ambitioniert, aber wir alle genossen Wien und den wichtigsten lebenden Filmkomponisten, der mit den Wiener Philharmonikern und Anne-Sophie Mutter spielte.

Ich kann nur sagen: Es war mir eine Ehre bei so einem Ereignis dabei zu sein. Die ganze Familie war total aus dem Häuschen. Es war zudem das erste Konzert, bei dem ich dabei war, was auch als CD und Bluray herauskam – ich bin im Film sogar mal zu sehen, kurz, aber immerhin. Für 2020 hatte ich noch weitere Konzertkarten zu Elton John und Yes, aber die musikalischen Ereignisse wurden erst mal verschoben. Ich hoffe, dass wir die Künstler noch mal sehen können und wir nicht auf den teuren Tickets sitzen bleiben.

Vinyl lebt
Also bleibt nichts anderes übrig, als Musik von der Konserve oder via Stream zu hören. Ich machte mir dafür selbst ein Geschenk. Seit Jahren spielte ich mit dem Gedanken mir wieder einen Schallplattenspieler anzuschaffen. Ich hab zwar Modelle von Dual und Technics, aber ich als Retro-Liebhaber wollte ich mir eine besondere Freude machen: Einen Braun PT4 in weiß.

Und ein neuer Player will neues Futter haben. Zum Glück erschien der Gesamtkatalog von Kraftwerk in farbigen Vinyl. Und ich höre auf dem Schallplattenspieler meist abends bei einem Glas Rotwein Jazz-Platten und lasse mich treiben.


Meist lese ich in einem Filmbuch um abzuschalten, aber wirklich gefesselt hat mich 2020 wieder und wieder die Geschichte „die Maske des Roten Todes“ von meinem Lieblingsautor Edgar Allan Poe, die da endet: „And Darkness and Decay and the Red Death held illimitable dominion over all“. („Und unbeschränkt herrschte über alles mit Finsternis und Verwesung der Rote Tod.“) Mehr gibt es über 2020 nicht zu schreiben.

Ich wünsche euch einen guten Rutsch und bleibt gesund.

Meine zehn unvergesslichen Bücher

4. August 2018

Immer wieder geistern Aktionen durch soziale Netzwerke wie unlängst, bekannte Kunstwerke aus Toast nachzubilden. Fand ich irre witzig, kam aber zu spät mit meinem Frühstückstoast. Aber vor kurzem sprang ich auf einen solchen Zug auf. Es galt Bücher zu nennen, die einen in seinem Leben beeinflusst haben. Als Büchermensch und Leseratte musste ich einfach an dieser Aktion mitmachen und ich nahm das Angebot von meinem Kollegen Harald Baumer an. 

Ich postete zehn Tage lang Bücher, die mir etwas bedeuten und konnte zahlreiche meiner (virtuellen) Freunde ermutigen, es auch zu tun. Dazu postete in Twitter, Instagram und Facebook ich folgenden Text: „10 unvergessliche Bücher in 10 Tagen. Heute x/10. Kein Kommentar, keine Erklärungen, nur der Titel. Wer hat Interesse, mitzumachen? Würde mich bei vielen meiner Freundinnen und Freunde interessieren, welche Lektüre für sie wichtig war.“

Die Auswahl meiner Lieblingsbücher

Dieser Aktion ging eine Auswahl von Büchern voran und ich sage euch, das wahr echt schwer. Zunächst machte ich ein Brainstorming und sammelte Bücher. Es kamen rund 40 Bücher zusammen, also eindeutig zu viel. So ließ ich die Sache ein paar Tage ruhen und dachte dann nochmals nach und kam dann auf nochmals zehn weitere Bücher. Dann kam in einer Gewaltaktion das Ausmisten. Ich zog mich in mein Kellerarchiv zurück und holte die Bücher hervor. Da ich nichts wegwerfen kann, standen die Bücher geordnet in den zahlreichen Regalen. Bücher, die nicht an ihrem Platz waren, wurden gleich von der Liste gestrichen. So kam es, dass Stanisław Lems Klassiker Solaris gekillt wurde, weil das Buch nicht da war. Hatte ich es verliehen? Wo ist dieses Buch? Also, was nicht da ist, fliegt raus. 

Dann strich ich Bücher von Lieblingsautoren, die ich als Autor verehre, aber keine einzelnes Buch hervorheben will. Hier strich ich Edgar Allan Poe, ETA Hoffmann, Heinrich Heine, Philipp K. Dick und Sir Arthur Conan Doyle von der Liste. Dann musste ich mich entscheiden, dass ich von manchen Autor keine zwei Bücher benennen wollte. Hier blieben dann beispielsweise die Robotergeschichten von Asimov auf der Strecke oder Tolkiens Silmarillion. 

Dann wurde es nochmals hart: Ich musste ja auf zehn Bücher kommen und ich strich weitere Autoren und deren Bücher. Dabei waren beispielsweise Arthur C. Clarke, Stephen King (Dead Zone oder Shining), nochmals Lem mit seinen Sterntagebüchern. Goethe kam ebenso wie Shakespeare nicht auf die finale Liste, auch leider nicht Mary Shelly und ihr Frankenstein, ein Buch, das dieses Jahr 200. Geburtstag feiert und ich in einen eigenen Blogpost würdigen werde. Traurig war ich auch über das Streichen von Truman Capote und vor allem Tom Wolfe mit seinem Fegefeuer der Eitelkeiten. Dann entschied das Los und ich kam endlich auf meine zehn Bücher. Ich stelle fest, dass ich die fantastische Literatur bevorzuge. 

Also das sind meine zehn finalen Bücher: 

1 Douglas Adams: Per Anhalter durch die Galaxis

2 Dante: Göttliche Komödie

3 Bret Easton Ellis: American Psycho

4 J.R.R. Tolkien: Herr der Ringe

5 Isaac Asimov: Foundation-Trilogie 

6 Frank Herbert: Der Wüstenplanet

7 Thomas Mann: Die Buddenbrooks

8 Richard Scarry: Mein allererstes Buchstabenbilderbuch  

9 Bram Stoker: Dracula 

10 Rainer Erler: Das blaue Palais  

Wer mitmachen will, ist gerne aufgerufen. Ich habe gesehen, es gibt so eine ähnliche Reihe mit Schallplatten, die einen am meisten bedeuten. Mal sehen, ob ich diese Challenge annehme. Die Bücher waren ein Anfang und wir wissen ja, im Web lieben wir diese Listicle.

Sherlock Holmes in London

29. Juni 2018

Eine berühmte Adresse - hier wohnt Sherlock Holmes.

Eine berühmte Adresse – hier wohnt Sherlock Holmes.

Ich kam zu Sherlock Holmes über Edgar Allan Poe. Ich mag den Begründer der amerikanischen Kurzgeschichten, der mir die Abgründe der menschlichen Seele aufgezeigt hat. Und ich mag Poe für seine Detektivgeschichten, die voller Logik und Rückschlüsse waren. Das fasziniert mich. Allerdings hat Poe nicht viele dieser Kriminalgeschichten verfasst, so dass ich als Jugendlicher auf der Suche nach neuem Stoff war. Und da bekam ich als junger Mensch die Geschichten von Sir Arthur Conan Doyle in die Finger. Ich las zunächst den Roman Die vergessene Welt und stieß dann auf seinen berühmtes Paar Sherlock Holmes und Dr. Watson.
Ich verschlang die Geschichten um den Meisterdetektiv und seines Assistenten. Ein dynamisches Duo wie Batman und Robin, Stan Laurel und Oliver Hardy, Country und Western – die Geschichten liebte ich, die Rückschlüsse und das analytische Denken ist der Hammer. Mein erster Sherlock-Roman von Doyle war bei mir Der Hund der Baskerville und dann kamen Zug um Zug alle anderen Geschichten. Schockiert war ich freilich als Professor Moriarty seinen Gegner Holmes in der Schweiz umbrachte. Später erweckte Doyle meinen Detektiv wieder zum Leben. Nachdem ich alles gelesen hatte, widmete ich mich den Filmen um Sherlock Holmes. Ich habe das Gefühl, es gibt Unmengen von Holmes-Filme. Ich mochte Peter Cushing als Holmes, aber wirklich begeistert war ich von Basil Rathbone. Diese Verfilmungen bevorzugte ich lange Zeit bis ich auf die jüngste BBC-Serie mit Benedict Cumberbatch stieß. Die BBC-Fernsehproduktion Sherlock umfasst bisher 4 Staffeln und ich mag sie unheimlich gerne. Zudem habe ich die Mangas zu Sherlock verschlungen, die ich auch für ausgezeichnet umgesetzt halte.

Sherlock Holmes in der Baker Street 221b
Bei meinen jüngsten London-Besuch schaute ich natürlich auch in die Baker Street 221b vorbei, das Wohnhaus meines Helden. Die lange Schlange vor dem Eingang hielt mich allerdings vom Besuch ab. Es ist schon pervers einen Wohnhaus anzuschauen von einer Person, die nur in einem Roman existiert. Aber es zeigt, wie faszinierend die Person Sherlock Holmes auf die Menschen ist. Bei Regen warteten sie brav bis sie an der Reihe waren und schauten sich die Einrichtung an. Ich witzelte mit einem Bobby herum, der vor dem fiktiven Wohnhaus für Ruhe sorgte. Der Typ hatte einen wunderbaren Humor und wir machen einige Selfies, wies allerdings darauf hin, dass er eigentlich im Dienst sei. Wer’s glaubt …

Sherlock Holmes Shop
Ich zog es mit meiner Familie vor, den Sherlock Holmes Shop nebenan zu besuchen. Von der Freundlichkeit des Personals war ich überwältigt. Kurzzeitig überlegte ich mich, meine Sherlock Holmes Bücher auch auf englische Ausgaben zu erweitern, ließ aber aufgrund des Gewichts von dem Vorhaben ab – zudem Amazon as Papier bequem nach Hause liefern kann. Dort steht die hervorragende deutsche Ausgabe des Gesamtwerks in der Übersetzung von Gisbert Haefs, Nikolaus Stingl, Werner Schmitz, Hans Wolf, Leslie Giger. Das ist für mich eindeutig die beste Übersetzung der Holmes Bücher.

Ich musste mich im Shop mit einigen Devotionalien ausstatten: Ich kaufte einen Füller, eine Büste, Manschettenknöpfe und einen weiteren Deerstalker. Ich hab schon eine Reihe von Deerstalker und trage sie auch regelmäßig zu kälteren Temperaturen. Als Fan der britischen Landhausmode gehört er dazu. Jetzt brauche ich noch ein Inverness-Cape, muss dafür allerdings nach Glasgow zur Anprobe reisen.

Mein neuer Deerstalker vom Sherlock Holmes Shop.

Mein neuer Deerstalker vom Sherlock Holmes Shop.

Sherlock Holmes Statue
Ich mag die Briten für ihre Eigenheiten und Schrulligkeit. Dazu gehört auch das Aufstellen einer Sherlock Holmes Statue. Natürlich habe ich mir in London berühmte Denkmäler wie Lord Nelson, auf seiner Säule angeschaut, oder Churchill aber richtig gefreut habe ich mich über die 1999 aufgestellte Holmes-Statue zum 150. Geburtstag. Bei meinem Besuch war die Straße zwar von Baugerüsten verziert, aber die Sherlock-Fans statteten ihrem Idol trotzdem einen Besuch ab.

Ich finde ihn Holmes ein bisschen hager.

Ich finde ihn Holmes ein bisschen hager.

Ich muss zugeben, dass ich mir Holmes nicht so hager und kantig vorgestellt habe, wie die Statue von John Doubleday es vermittelt, aber das ist Geschmacksache. Holmes steht raucht Pfeife, hat sein Inverness-Vase an und trägt seinen Deerstalker – perfekt. Der Sponsor der Statue ist Abbey National plc. Nett ist auch die Plakette der Talking Statuen. Mit dem Smartphone den QR-Code gescannt und schon kommt ein Anruf und eine Geschichte über Holmes wird erzählt.

 

Übrigens: Das ist kein Restaurant-Tipp:

Musiktipp: Tales of Mystery and Imagination von The Alan Parsons Project

2. Dezember 2017

Meine erste LP überhaupt und meine Lieblingsplatte: Tales of Mystery and Imagination.

Meine erste LP überhaupt und meine Lieblingsplatte: Tales of Mystery and Imagination.

Obwohl ich es seit fast einen Jahr besitze und immer wieder höre, kam ich bis dato nicht dazu, die Special Edition zum 40. Geburtstag von Tales of Mystery and Imagination zu würdigen. Und nachdem jetzt im Dezember die Box zu Eye in the Sky ins Haus steht, will ich dies schleunigst nachholen und mich vor diesem Meisterwerk von The Alan Parsons Project verbeugen.
Wir schreiben das Jahr 1976 und es war das erste Album des Duos Alan Parsons und Eric Woolfson und es wurde für mich eines der besten Alben der Rockgeschichte. Für mich war es zudem mein erstes Rockalbum, das ich mir gekauft habe. Die Zeit der Märchenplatten und Hörspiele war zu Ende und ich machte mich auf, die Welt der Rockmusik zu erkunden. Von meinem Onkel mit Elvis und Rock’n Roll, mit Cash und Country ausgestattet, tat ich jetzt meine ersten eigenen musikalischen Schritte. Ich stieß auf das gründe Cover von Tales Of Mystery and Imagination. Es faszinierte mich. Edgar Allan Poe, den Namen hatte ich schon mal gehört, aber gelesen hatte ich nichts. Er hatte so eine Art Gruselgeschichten geschrieben, so meinte ich. Und als ich mitbekam, dass Tales of Mystery and Imagination auf den Geschichten von Poe basierten, hörte ich einfach mal rein.

Und seitdem höre ich immer wieder rein in das wunderschöne Album von The Alan Parsons Project und es verzauberte mich. Es war ein tolles Konzeptalbum, symphonisch, melancholisch, rockig, einfühlsam und es blieb im Ohr. Der Bass beim The Raven hat mich geprägt, dazu die Stimme vom Vocoder. So begann meine Liebe zum dem Progressive Rock oder Artrock, der dann später in ELP und King Crimson gipfelte.
Ich wurde Fan von APP und kaufte mir fast alle Alben. Bis 1984 Ammonia Avenue mochte ich APP sehr, dann ab Vulture Culture (1985), Stereotomy (1986) und Gaudi (1987) ebnet meine Begeisterung ab. 1979 gab es The Sicilian Defence, das erst 2014 erschien und nicht besonders war. Begeistert war ich dagegen als 1987 mein Album Tales of Mystery and Imagination neu abgemischt herauskam. Es war anders als meine Fassung von 1976. Der Tontechniker Alan Parsons hat das Album in eine neue Zeit gebracht. Noch immer höre ich beide Scheiben 1976 und 1987 gerne. Was ist die bessere? Ich weiß es nicht.
Und nun kam 2016 zum 40. Geburtstag von Tales Of Mystery and Imagination eine Box mit der CDs und einer BluRay heraus. Zudem gab es die beiden Alben auf LP und ein fettes Booktet. Hier gibt es Produktionsnotizen sowie viele Interviews mit den Beteiligten zu finden. Zudem sind natürlich die Texte abgedruckt, die der Fan sowieso auswendig kann. Die Box enthält die Versionen von 1976 und 1987 und allerhand göttliches Zusatzmaterial wie Demos, unveröffentlichten Tracks, Werbeclips und Interviews. Die Blu-ray enthält einen 5.1 Mix, wenn einer 5.1 kann, dann ist es Mr. Parsons himself. Zudem gibt es noch eine Doppel-LP auf Vinyl für die Retro-Fans, die ich aber nie gehört habe.
An Merch gibt es einen Aufkleber mit Mumienmotiv, eine Reproduktion einer Pressemitteilung und ein Ankündigungsposter.

Lorenzo Mattotti interpretiert Edgar Allan Poe

23. Januar 2014

poe

Nach dem frühen und für mich überraschenden Tod des Ausnahmemusikers Lou Reed widmete ich mich ein paar Tage lang wieder der Musik des Künstlers. Nach all den bekannten Hits landete ich auch bei den Musical über Edgar Allan Poe. Reed komponierte das Musical Poetry the raven zusammen mit Robert Wilson im Jahr 2000 für das Hamburger Thalia Theater.

Im Jahre 2003 kann eine Doppel CD von Lou Reed heraus. Leider lag dieser CD kein Booklet mit den etwas schwer verständlichen Texten von Edgar Allan Poe bei. Daher erschien später unter Mitwirkung des italienischen Illustrators Lorenzo Mattotti das Textbuch The Raven samt Illustration. Insgesamt gibt es 44 Schwarzweiß Zeichnungen und 29 Farbtafeln zu sehen. Die Schwarzweiß Grafiken sind entweder Kohle- oder Tuschezeichnungen. Ich muss zugeben, dass ich in Lorenzo Mattotti bisher aus dem Comic-Bereich und von seinen Illustrationen für den New Yorker. kannte.

Mit dem Farbtafel tat ich mir anfangs schwer. Für mich übertrug er den Stil der New Yorker Illustrationen in die Literaturtexte von Edgar Allan Poe. Mit Poe verbinde ich düstere, geheimnisvolle Gemälde. Mattotti zeigte zwar geheimnisvolles, aber nicht so richtig nach meinem Geschmack. Ich will nicht sagen, dass mir die Zeichnungen nicht berührt haben. Aber ich habe mir wohl etwas anders vorgestellt.

Aber erst im Laufe der Zeit fand ich Gefallen an den Bildern. Sie sind für mich völlig abgedreht, um es ganz einfach zu sagen. Die Bilder mussten reifen, ich musste mich an den Stil von Lorenzo Mattotti gewöhnen. Lässt man sich darauf ein, eröffnete er dem Zuschauer neue Welten. Edgar Allen Poe ist zu sehr mit Klischees behaftet – auch bei mir und das muss ich mir hinter die Ohren schreiben. Zu mindestens in meiner bildlichen Vorstellungen war ich festgefahren. Damit räumte Lorenzo Mattotti komplett auf.

Für mich sind die Bilder in dem Buch The Raven eine ideale Ergänzung zu den überarbeiteten Texten von Poe in der Interpretation von Lou Reed. Schade, dass ich das Musical einstmals in Hamburg verpasst hatte. Fazit: Das Text- und Bilderbuch von Lou Reed und Lorenzo Mattotti und die außergewöhnliche CD von Reed und Robert Wilson eröffneten mir einen sehr interessanten, verstörenden Kunstgenuss. Und dafür muss ich Lou Reed noch heute danken.

Persönlicher Nachruf auf Lou Reed

28. Oktober 2013

Das erste Mal als ich Lou Reed gehört habe, war ich ein Teenager auf der Suche nach neuen musikalischen Ufern. Bei einem Kumpel hörte ich die VU-Aufnahmen mit Nico. Die Stimme der schönen Deutschen faszinierte mich, aber noch mehr der Sound der Band. Ungemein rhythmisch, doch zugleich kalt und hart. Mein Popmusikhimmel geriet ins Wanken, als ich von der Band die ersten Bilder sah. Internet gab es damals nicht und so musste ich in Rockalmanachs stöbern, um einen Eindruck von den Kerlen zu bekommen. Typen in Lederjacken mit Sonnenbrillen – das war anders als die Sunnyboys, die ich kannte.

Ich hörte mich in VU ein und musste erst einmal schlucken. Die besungene Welt war ganz anders als die heile Welt in der ich aufgewachsen sind. Ich wartete nie auf einen Freier und spritze mir kein Heroin, machte einen Entzug oder experimentierte nicht mit Sadomaso. Obwohl ich nichts mit der Welt von VU gemeinsam hatte bis auf die Vorliebe für Andy Warhol gefiel mir der Sound. Erst auf LP und später auf CD kaufte ich mir alles von VU. Zuletzt bekam ich von meiner Frau die Bananen-Box geschenkt. Ich glaube, sie weiß gar nicht, welche Freude sie mir gemacht hat.

Box

Als Lou Reed auf Solopfaden wandelte, folgte ich ihm. Zwar war ich kein Transvestit, der von Miami nach NYC kam, sich die Beine rasierte und einen Walk of the wild Side antrat. Klar die Transformer war wichtig, aber persönlich noch wichtiger war das New York Album. Ich hatte es bei meinen Streifzügen durch Big Apple im Ohr, verschenkte die CD ein paar Mal. Das war für mich das Meisterwerk von Lou Reed. Die Gosse, die dunklen Seiten – welch Faszination.

Dann verlor ich Reed aus den Augen bzw. aus den Ohren. 1993 kam er für mich zurück als er mit Fool of Pride eine der besten Nummern des 30th Anniversary Concert Celebration von Bob Dylan ablieferte. Da war es wieder das alte Feuer, der hypnotische Sprechgesang. Ich kramte meine alten Scheiben hervor und lauschte den Worten. Reed studierte einstmals Kreatives Schreiben an der Syracuse University, und der Dichter Delmore Schwartz war sein Lehrer – das merkt man.

Von jüngeren Aufnahmen gefielen mir die Poe-Aufnahmen von 2000. Ich wollte nach Hamburg, um mir die Aufführungen anzusehen, kam aber nie dazu. Jetzt ist es vorbei. Da die CD ohne Textbuch auskam, besorgte ich mir die Buchversion The Raven mit Zeichnungen von Lorenzo Mattotti, um das alte Englisch von Edgar Allan zu verstehen. Die Worte hab ich dann verstanden, ob es mir mit dem Sinn auch so ging, sei dahingestellt.

Auch blieb mir die Sinnhaftigkeit in der Zusammenarbeit mit Metallica bei Lulu zunächst verborgen. Zu radikal war die Wendung Reeds. Rückblickend gesehen, ist es ein großartiges Album geworden. Aber sehr gewöhnungsbedürftig. Gerne hätte ich dich oder Auftritte mit seiner Frau Laurie Anderson gesehen. Sie war jahrelang ein absoluter Geheimtipp für mich. Oh Superman und Home of the Brave gehören für mich zu den Klassikern der Performanceart.

Buch, mp3, Comic und Film rund um Edgar Allan Poe

20. Oktober 2012

Ich liebe den alten Poe. Zahlreiche Ausgaben habe ich gelesen, wobei die beste deutsche Übersetzung freilich von Arno Schmidt und Hans Wollschläger kommt. Im Keller sind bei mir etliche Gesamtausgaben von verschiedenen Übersetzern und Verlagen. Vor Jahren ist eine Werkschau der Werke in vier Bänden bei Insel erschienen, die ich sehr schätze und als die beste bewerte. Bei einem Glas Rotwein, versinke ich in die Welt von Edgar Allan Poe. Leider ist diese Ausgabe nicht als eBook erschienen, so dass ich mich mit deutlich schlechteren Übersetzungen unterwegs auf dem Kindle herumschlagen muss. Die Sprache von Poe ist gewaltig und das Duo Schmidt/Wollschläger haben dies für mich am besten eingefangen.

Poe im englischen Original zu lesen ist für mich eine Herausforderung. Ich bin zwar des Englischen mächtig, kann aber den Reiz des Originals nicht voll auskosten. Daher greife ich derzeit auf ein paar Hörbücher zurück. Im iTunes-Store bin ich fündig geworden und lausche Poe unterwegs auf meinem iPod. Im Moment höre ich The Works of Edgar Allan Poe – von der University of South Florida. Gerne hätte ich Poe von einem Briten gelesen, aber die Amerikaner von der Uni in Florida machen es auch nicht schlecht. Schließlich war Poe ja Amerikanern. Das Reinhören in das englische Original lohnt sich.

Wer etwas mehr Unterhaltung möchte, dem empfehle ich das wunderbare Comic Welt des Schreckens Edgar Allan Poe. Neben den Zeichnungen von Richard Corben und Rich Margopoulos sind die Geschichten in den Übersetzungen von Arno Schmidt und Hans Wollschläger beigefügt. Das macht das Buch einzigartig. Ich kann die hervorragend übersetzten Storys lesen oder in den Interpretationen der Comiczeichner schmökern – beides hat seinen Reiz. Über die Interpretationen lässt sich natürlich trefflich streiten. Interpretiert werden u.a. Der Rabe, Der Sieger Wurm, das verräterische Herz, Berenice und einige mehr. Das Zeichnerduo ist nicht auf Nummer sicher gegangen und hat nur bekannte Geschichten umsetzt, sondern wagte sich auch an nicht so populären Material heran. Gerade Berenice hab ich als Geschichte immer gerne gelesen und freue mich über die Version von Richard Corben und Rich Margopoulos.

Poe und Filme bedeuten mich in der Regel Roger Corman. Aber es gibt auch neue Versuche, sich dem Thema zu nähern. Im Dezember kommt der Versuch von James McTeigue, der uns schon den genialen „V for Vendetta“ eingebracht hat. Mit The Raven beschert der australische Regisseur James McTeigue einen dramatischen Thriller ab. Der Krimi, basierend auf dem wohl bekanntesten Gedicht Edgar Allan Poes „The Raven“, an dem er zehn Jahre arbeitete, begeistert nicht nur durch seine mitreißende Geschichte mit ungeahnten und angsteinflößenden Wendungen sondern auch durch seine Darsteller, darunter John Cusack („Zimmer 1408“, „2012“, demnächst in „The Paperboy“ neben Nicole Kidman), Luke Evans (“,„Kampf der Titanen“, demnächst in „The Hobbit“) und Alice Eve („Men in Black 3“, „Sex and the City 2“). Ich bin mal gespannt, was aus dem wichtigsten amerikanischen Gedicht gemacht wurde.

Die Story des Films The Raven: Baltimore, 1849. Eine Serie von bestialischen Morden bringt Edgar Allan Poe (John Cusack) in Bedrängnis: Der Schriftsteller gerät selbst unter Verdacht, weil die Morde genauso ausgeführt wurden, wie in seinen Horror-Erzählungen zuvor beschrieben. Poe bleibt nichts anderes übrig, als dem jungen Detective Emmett Fields (Luke Evans) bei dessen Ermittlungen zu helfen. Als auch noch seine große Liebe Emily (Alice Eve) in die Hände des Serienkillers gerät, wird die Suche nach dem Täter zu einem atemlosen Wettlauf mit der Zeit, für den Poe alles riskieren muss.