Als Fan des Grafen Dracula stehen dieses Jahr zwei Pflichttermine auf meinem Kinoprogramm: Renfield und The Last Voyage of the Demeter.
Bei Renfield bin ich mir unsicher, ob ich den Film mag. Zum einen ist es eine Horrorkomödie, zum anderen spielt da Nicolas Cage mit. Renfield von Regisseur Chris McKay, basiert lose auf dem Roman Dracula des irischen Schriftstellers Bram Stoker, wurde von US-Kritikern unterschiedlich bewertet. Es gibt nur wenige Filme, die ich mit Nicolas Cage mag, darunter beispielsweise 8 mm. Aber ich will ihm als Dracula mal eine Chance geben und freue mich über seine überzogene, eilte Darstellung.
Um was geht es? Renfield (Nicholas Hoult) ist Diener des Grafen Dracula (Nicolas Cage) und diesem eben überdrüssig. Daher schließt er sich einer Selbsthilfegruppe an, lernt die Verkehrspolizistin Rebecca Quincy (Awkwafina) kennen und möchte dem Zwang der absoluten Abhängigkeit Draculas entkommen. Das scheint dann doch nicht einfach zu sein. Der Trailer verspricht einen schönen Auftritt Dracula und leider auch typische Hollywood-Humorsprüche. Naja, anschauen werde ich ihn mir ab 25. Mai pflichtbewusst. Zumindest Dracula sieht ganz anständig aus. In meinem Lieblingskino Scala Fürstenfeldbruck hängt schon das Plakat.
Deutlich mehr Hoffnungen setzte ich auf The Last Voyage of the Demeter, der im August ins Kino kommt. Der Trailer verspricht Atmosphäre. Die Überfahrt Draculas von Rumänien nach England kommt ja kaum in Filmen vor – eine lobende Ausnahme ist Nosferatu. Ich habe mir immer das Grauen ausgemalt, wie es auf dem Schiff Demeter zugegangen ist.
Basierend auf einem einzigen Kapitel „The Captain’s Log“ aus Bram Stokers klassischem Roman Dracula erzählt The Last Voyage of the Demeter die Geschichte des Handelsschiffs Demeter, das gechartert wurde, um private Fracht – fünfzig nicht gekennzeichnete Holzkisten – von der Carpathia nach London zu transportieren. Und wir wissen ja, dass in den Kisten der böse Graf lauert.
Seltsame Ereignisse ereignen sich, als die dem Untergang geweihte Besatzung versucht, die Seereise zu überleben, wobei sie jede Nacht von einer unbarmherzigen Präsenz an Bord des Schiffes verfolgt wird. Als die Demeter schließlich vor den Küsten Englands ankommt, ist sie ein verkohltes, verlassenes Wrack. Von der Besatzung gibt es keine Spur. In den Hauptrollen spielen Corey Hawkins (In the Heights, Straight Outta Compton) als Clemens, ein Arzt, der sich der Demeter-Besatzung anschließt, Aisling Franciosi (Game of Thrones, The Nightingale) als unfreiwilliger blinder Passagier, Liam Cunningham (Game of Thrones, Clash of the Titans) als Kapitän des Schiffes und David Dastmalchian (Dune, Ant-Man) als Erster Offizier der Demeter.
Mit Filmen aus Ende der achtziger Jahre tue ich mich grundsätzlich immer schwer: Der Look, die Mode, die Musik, die Frisuren, der Humor – alles grausam und dennoch habe ich mir mal wieder den Vampirfilm ohne Dracula The Lost Boys aus dem Jahre 1987 angetan.
Sobald ich meine 80er Phobie überwunden hatte, konnte ich den Film von Joel Schumacher ein wenig genießen – und das liegt daran, dass ich die Spielberg Produktion Die Goonies von 1985 mag. Bei den Goonies führte Richard Donner Regie, der bei Lost Boys dann Produzent war. Das Schema wurde übertragen, denn was einmal Erfolg hatte, muss wieder Erfolg haben. Heraus kam ein unterhaltsamer Vampirfilm, der als cooler Jugendstreifen beginnt, aber sich dann in Einzelszenen zum harten Vampirfilm mausert.
Das liegt vor allem an Hauptdarsteller Kiefer Sutherland in einer seiner ersten Rollen. Und Kiefer Sutherland kann einfach schauspielern und interpretiert den Chef einer jugendlichen Vampirgang phänomenal. Auch das Duo Corey Feldman und Corey Haim als Edgar und Allan Frog (wunderschöner Namenshumor) bringen Pepp in den Film, wie einst schon Feldman bei den Goonies und weiteren Filmen des Duos.
Tagsüber schlafen sie. Nachts jagen sie auf Motorrädern durch die Vergnügungsanlagen des Küstenstädtchens Santa Clara: Die Lost Boys eine Gang moderner Vampire. Michael, mit Mutter und Brüderchen frisch in diese Gegend gezogen, gerät in die Fänge dieser beißenden Herren der Finsternis. Doch Bruder Sam verbündet sich mit den ausgebufften Vampirjägern Edgar und Allan Frog, um dem Spuk ein Ende zu bereiten. Der Kampf mit Holzpflöcken und Weihwasser in Spritzpistolen beginnt.
Die ganze Sache hat keinen großen Tiefgang, aber essend viele nette Details wie eben Edgar Allan Poe oder ein Comic-Heft als Anleitung für Vampirjäger. Ein Doors-Verschnitt Echo & The Bunnymen singt das Titellied „People Are Strange“ und Jim Morrison hängt als Poster in der Vampirhöhle. Schön ist auch, dass sich das verworrene Drehbuch ein wenig an Bram Stoker verbeugt, wenn ein Vampir erst ins Haus eingeladen werden muss, damit er seine Macht über seine Opfer ausüben kann. The Lost Boys macht in weiten Teilen Spaß, wenn nicht dieser schreckliche 80er Look wäre.
Ich war vorgewarnt. Die Mitglieder der Facebookgruppe Erdbeben 1974 hatten mich bemitleidet, als ich die Disc des 1972 gedrehten Vampirfilm Blacula in den Player legte. Blacula ist eine Wortschöpfung aus Black und Dracula – der Film eine Blaxploitation-Interpretation der Bram Stoker-Geschichte.
Und was soll ich sagen? So schlecht wie alle behauptet haben, ist Blacula nicht, was aber nicht heißen soll, dass er im entferntesten gut ist. Er ist eine schwarze Version des alten Thema in cooler siebziger Umgebung mit siebziger Mucke und Frisuren.
Um was geht es? Nach einem Disput über den Sklavenhandel wird der afrikanische Prinz Mamuwalde (William Marshall) von Graf Dracula gebissen, selbst in einen Vampir verwandelt und in einem Sarg eingesperrt. Knapp zwei Jahrhunderte später, im Jahr 1972, befreien zwei schwule Innenarchitekten den durstigen Blacula in Los Angeles. Dieser geht fortan auf Beutezug durch die kalifornische Metropole, findet seine große Liebe und vernichtet sich selbst im Sonnenlicht.
1972 erhielt der Film den Saturn Award als Bester Horrorfilm, als ob es 1972 keine besseren Horrorfilme auf den Markt gegeben hat. Aber das Thema hat wohl damals die Juroren angesprochen. Nun, ich habe mir das auf 1000 Exemplare limitierte Media-Book für schmales Geld zugelegt und hab die Nummer 345, als ob der Film etwas Wert würde. Der Film lief mal im Privatfernsehen in der Reihe Schlechteste Filme aller Zeiten, aber damit tut man Blacula unrecht. So manche Einstellung macht wirklich Spaß und der Ehrgeiz bei der Interpretation seiner Rolle sieht man William Marshall durchaus an. Wer den Grafen Yorga mag, der mag Blacula auch, der in LA spielte. 1973 gab es sogar eine Fortsetzung – ähnlich wie bei Yorga. Der Film heißt Der Schrei des Todes unter der Regie von Bob Kelljan, allerdings hab ich ihn noch nicht gesehen. Bob Kelljan war auch der Mann, der den ersten Yorga-Film in Szene setzte. Unbedingt sollte man einen Blick auf die Vampire riskieren, die in ihrer Maske wunderbar trashig aussehen.
American International Picture war ja für preiswerte Produktionen bekannt. Ich durfte Samuel Z. Arkoff mal auf dem Filmfest München interviewen – ein großer Mann, wenn es um preiswerte Produktionen ging. Hammer holte Dracula 1972 aD ja ins Swinging London. Und weil die Zielgruppe sich Blacula angeschaut hat, kam es auch mit Black Frankenstein zu eine Blaxploitation-Fassung von Frankenstein.
Es war eigentlich nur eine Frage der Zeit, wann findige Produzenten nach dem Erfolgsmusical Tanz der Vampir das Originalbuch Dracula des Iren Bram Stokers auf die Musical-Bühnen bringen würden. Und genau dieses Dracula-Musical hatte jetzt im Deutschen Theater München seine umjubelte Münchner Premiere. Ich war als Fan des Grafen eingeladen, um dieser Premiere beizuwohnen – vielen Dank dafür.
Alex Balgas Inszenierung des Musicals von Frank Wildhorn wurde nach der Premiere auf der Ulmer Wilhelmsburg von Publikum und Presse gefeiert. In München ist der starke Thomas Borchert in der Titelrolle zu erleben. Den Part seines Gegenspielers van Helsing übernimmt Patrick Stanke. Bevor allerdings in den bequemen Theaterstühlen des Deutschen Theaters Platzgenommen wurde, gab es ein Schaulaufen auf dem Roten Teppich mit Prominenz, Stars und Sternchen. Darüber habe ich ein Video gedreht:
Mich hat es vor allem interessiert, wie man den komplizierten Tagebuchroman von Bram Stoker auf eine Musicalbühne bringen kann. Bei der Theateradaption von Dracula wurden ja Änderungen vorgenommen – und so auch bei der Musicalinszenierung. Mich faszinierte es, was man durch Projektion, Licht, Nebel und Effekte die Handlung in nur einem Bühnenbild darstellen kann. Keine aufwendigen Umbauten, sondern ein Set, aber unterschiedlich bespielt – das war wirklich großartig. Auch die komplizierte Schiffspassage auf der Demeter von Transsilvanien nach England wurde geschickt erzählt. Und mein Herz als Dracula-Fan jubelte, als die Bühne für einen kurzen Moment in Schwarzweiß gehüllt wurde – Friedrich Wilhelm Murnau und Max Schreck ließen grüßen (meinen lauten Aufschrei im Publikum wurde von meinen Nachbar irritiert zur Kenntnis genommen). Als relativ neue Inszenierung hielt sich die Produktion aber eher an die erfolgreiche Francis Ford Coppola-Verfilmung von Dracula. Im Grunde war das Musical damit kein Kammerspiel, sondern ein MTV-Video auf der Bühne des Deutschen Theaters: Schrill, laut, bunt und in großen Teilen unterhaltsam.
Kreisch, wenn es Schwarzweiß wird.
Der amerikanische Komponist Frank Wildhorn, bekannt geworden durch seine Bühnenwerke „Jekyll & Hyde“, „Der Graf von Monte Christo“ und „Bonnie and Clyde“, lässt in seinem Dracula den Kampf zwischen Hell und Dunkel auch musikalisch spannungsreich austragen, mit Gitarrenriffs und Beats als rockiges Musical. Und die Songs gehen ins Ohr – die CD hab ich gleich bestellt. Für den mächtigen Sound sorgt ein 17-köpfiges Orchester unter der Leitung des Dirigenten Andreas Kowalewitz (Ex-Gärtnerplatz-Kapellmeister).
Foto: Susanne Brill/Deutsches Theater München
Auch mehr im Dunkel fand der Tod des Texaners Quincey Morris (Daniel Rakasz) statt als im hellen Licht. Das Ableben des Grafen geschieht nicht durch Professor Abraham van Helsing (Patrick Stanke), sondern erinnert an Murnaus und Herzogs Nosferatu-Version durch die Opferung von Mina Murray (großartig Roberta Valentini). Der Graf selbst wurde von einem Vampirprofi gespielt. Thomas Borchert beißt sich durch das Stück auf der Suche nach Erlösung. Borchert spielte einstmals den Grafen Krolock in der Musical-Version von Tanz der Vampire – so schließt sich der Kreis.
Persönlich hätte ich gerne mehr von Renfield (John Davies) gesehen, der durch seine Darstellung absolut überzeugen sollte – ich mochte seine Interpretation von Tom Waits Renfield sehr.
Aber nach all meinen Begeisterungsstürmen kam auch der kritische Vampir-Fan in mir aus dem Sarg. Stoker schrieb Dracula im viktorianischen Zeitalter, was zu großen Teilen von den Musical-Machern geflissenlich ignoriert wurde. Van Helsing war so of beschäftigt, seinen coolen Ledermantel an- und dann gleich wieder auszuziehen, so oft, dass es fast schon nervte. Aber wirklich nervig war, dass man die Kostümierung von Lucy und den drei Bräuten Draculas eher in eine Rocky Horror Picture Show gepasst hätten. Viel Bein mit Strapse sorgten für die entsprechende Aufmerksamkeit beim männlichen Musicalpublikum. Ob der alte Bram Stoker damit einverstanden gewesen wäre?
Foto: Susanne Brill/Deutsches Theater München
Draculas Kostümierung war fein, orientierte sich Gary Oldman in Francis Ford Coppolas Filmversion, wobei Eiko Ishioka wunderbare Kostüme nicht im Ansatz erreicht wurden, dafür ist die Produktion zu preiswert.
Leider wurde auch die Sexualität der viktorianischen Zeit fast völlig aus dem Stück gestrichen, wahrscheinlich weil die Anspielungen von Stoker einem modernen Publikum sowieso entgangen wären. Die jungfräuliche Lucy hat symbolisch mit vier Männern sexuellen Kontakt. Oder der bisexuelle Auftritt des Grafen mit Harker als Dracula seine attraktiven Bräute in die Schranken weist mit den Worten „Dieser Mann gehört mir.“ Diese Szene ist zwar enthalten, bringt aber die revolutionäre Dramatik von Stokers Stoff nicht rüber.
Egal, was soll es: Dracula als Musical ist eine schöne Unterhaltung für zwei Stunden. Und wer in München Karten bekommt, kann eine schöne Inszenierung im Deutschen Theater bis 13. November 2022 genießen.
183 Minuten dauert die TV-Fassung des zweiten Stephen King Romans und ich habe mich die erste Stunde schwer getan mit diesem Film. Zu lange dauert es, bis der Vampir-Film Fahrt aufnimmt, aber dann geht er ab wie Schmitz Katze.
Nur kurz der Inhalt: Nach Jahren der Abwesenheit kehrt Schriftsteller Ben Mears in seinen Heimatort Salem’s Lot zurück. Sein Interesse gilt einem geheimnisumwitterten alten Haus, das auf einem Hügel hoch über der Stadt liegt. Dessen neuer Mieter ist der undurchschaubare Antiquitätenhändler Straker. Schon bald spürt Ben Mears eine tödliche Bedrohung, die von dem mysteriösen Haus ausgeht und langsam den ganzen Ort erfasst.
Tope Hooper, nach Texas Chainsaw Massacre eher ein Mann fürs Grobe und des Terrors, beweist in Brennen muss Salem viel Gefühl bei den Einstellungen in der letzten Stunde des Films. Dracula gibt es natürlich nicht zu sehen, aber Hooper verbeugt sich vor Max Schreck und dessen Interpretation von Murnaus Nosferatu. Der Vampir Dr. Kurt Barlow sieht mit seiner blauen Haut und den Rattenzähnen wirklich erschreckend aus, teilweise in der Umgebung der späten 70er allerdings auch aus der Rolle gefallen.
Erst im dunklen verfallenen Marsten Haus wirkt die visuelle Kraft von Dr. Kurt Barlow. Und gerade alle Szenen in diesem Spukhaus, das vom Stil an das Mutterhaus von Psycho erinnert, sind grandios. Tolle Einstellungen, tolle Kamerafahren, tolle Atmosphäre, die den schrecklichen TV-Look der 70er Jahre vergessen machen. Tooper hat aufmerksam bei Psycho aufgepasst, interpretiert den Meister Hitchcock und gibt eigene Zutaten aus TCM dazu. Federn, Geweihe – alles Symbole des Terrors von 1974. Aber immer wieder kommt der große übermächtige Psycho durch. Ganze Kamereinstellungen werden vom alten Hitchcock übernommen: Treppe, Gänge, schwankende Lampen, Keller – ich hab es genossen und das ist auch die Zielgruppe von Brennen muss Salem: Freunde des klassischen Horrorfilms.
Neben Dr. Kurt Barlow als Nosferatu-Variante treten noch zahlreiche andere Vampire auf – mit silbernen Blick und fletschenden Zähnen. Der Vampir schwebt in der Luft und muss nach alter Tradition in ein Haus eingeladen werden. Danke Stephen King, dass du dich an Bram Stoker erinnerst und danke an Tope Hooper, dass die schwebenden Vampire nicht lächerlich, sondern immer bedrohlich wirken. Auch das Ausbreiten des Vampirismus erzeugt Angst, verbunden auch mit der Flut an Ratten im verfluchten Marsten-Haus mit seiner bösen Vergangenheit.
Es gibt von Brennen muss Salem noch eine kürzere Spielfilmfassung, die ich einstmals auf VHS und dann auf DVD hatte. Aber ich empfehle trotz mancher Längen die 183 Minuten Fassung, die bis auf wenige Dialoge auf Deutsch vorliegt.
Nur zwei Darsteller bleiben mir in Erinnerung. Zum einen der Obervampir Barlow, dargestellt durch Reggie Nalder. Zum anderen der Helfer des Vampirs Richard Straker, gespielt durch einen hervorragenden James Mason. Mason, ein Darsteller der alten Schule, musste wohl aus Finanzgründen die Rolle in der TV-Produktion annehmen, aber er spiel die Rolle sehr eindrucksvoll und überzeugend wie später Max von Sydow als Leland Gaunt in der King Verfilmung In einer kleinen Stadt von 1993.
David Soul, mir bekannt als Ken Hutchinson aus der TV-Serie Starsky & Hutch, spielt die Hauptrolle für mich aber eher blas. Bei der Verfilmung des zweiten Buches von Stephen King gab es hinter den Kulissen Ärger. Warner wollte einen brutalen Nosferatu als Vampir, King eher einen bedrohlichen James Mason als Killer. Der Produzent setzte sich durch und veränderte den Plot im Vergleich zur literarischen Vorlage. Es war sogar eine wöchentliche Serienversion im Gespräch, die aber gescheitert ist, wofür wir dankbar sein müssen.
Es gab mit Salem 2 – die Rückkehr noch eine Fortsetzung und 2004 eine Neuverfilmung des Stoffs – beide Filme habe ich noch nicht gesehen. Immer wieder wird darüber gesprochen, Brennen muss Salem ein drittes Mal zu verfilmen. Gary Dauberman soll den Film im Kasten haben und Frühjahr 2023 in die Kino bringen. Warten wir es ab.
Wer ist der beste Dracula Darsteller? Ich denke, die Frage müsste besser lauten: Wer ist der beste Dracula-Darsteller für welche Generation? Nach Max Schreck in Murnaus Nosferatu kam bei Universal Belga Lugosi als Dracula zum Zuge und dufte unter der Regie von Tod Browning ins Kostüm des Grafen schlüpfen. Carl Laemmle jun. bekam von Papa und Universal Gründer grünes Licht und produzierte die Universal Monster-Klassiker: Dracula, Frankenstein, Wolfsmensch und die Mumie.
Ich liebe Lugosi als Dracula – allerdings nur, wenn man den Film im englischen Original ansieht. Der ungarische Emigrant Lugosi mit seinem Akzent spielt den Dracula einfach wunderbar, ganz ohne spitze Zähne, aber mit viel Erotik (was die Zeit damals so zuließ).
Allerdings war Lugosi nicht die erste Wahl, weil er zu sehr Theaterdarsteller in Dracula war. Der große Ausnahmedarsteller Lon Chaney senior sollte ursprünglich den Vampir spielen. Er war der Star der Stummfilmzeit – angemerkt sei nur sein Phantom der Oper und der leider verschollene London After Midnight. Damals spielte er unter der Regie von Tod Browning – leider ist er Film bis auf ein 200 Standbildern verschollen. Aber aus Dracula wurde nichts, weil Lon Chaney senior 1930 verstarb.
Kameramann Karl Freund schuf ikonenhafte Bilder des Gothic Horror. Vor allem im ersten Teil des Films waren die Kulissen des Schlosses eindrucksvoll und schauderhaft. Das Hereinschweben von Draculas Bräuten gehört für mich zu den besten Szenen der Filmgeschichte. Der zweite Teil des Films ist eher konventionell und abgefülltes Theater, aber die Szenen in Transsilvanien sind einfach großartig. Es kam eine 4K-Version des Films heraus, die optisch überarbeitet wird.
Dracula war übrigens die erste offizielle Verfilmung des Romans von Bram Stoker, die Filme davor waren im Grunde Urheberrechtsverletzungen. Der Film hatte einen unglaublichen Erfolg, dass es ein wenig später zu Draculas Tochter kam. Übrigens, die ersten Worte im Film sprach Carla Laemmle, die Nichte von Carl Laemmle.
Es gibt von Dracula auch eine spanische Fassung, die nachts in den Kulissen gedreht wurde. Es gab damals noch keine Synchronisationstechnik. Zudem ist sie 30 Minuten länger. Beide Versionen sind auf den Datenträgern zu sehen, wobei die spanische Version in einigen Teilen experimenteller in der Kameraführung ist. Zudem ist er etwas gewalttätiger. Es galt für die spanische Version nicht der strenge US-Sittenkodex. Der Graf wird von Carlos Villarías gespielt, Regie führte George Melford. Der Film war lange verschollen und wurde erst 1990 in Kuba wiederentdeckt.
Der Film ist die Mutter aller Vampirfilme. Nachdem Nosferatu am 4. März 1922 ins Kino kam, änderte sich die Welt des fantastischen Films. Friedrich Wilhelm Murnau schuf ein Meisterwerk des expressionistischen Horrorfilms – vielleicht nur mit dem Einfluss des Kabinetts des Dr. Caligari vergleichbar.
Und auch 100 Jahre nach seiner Premiere ist der Stummfilm Nosferatu – eine Symphonie des Grauens unheimlich. Das liegt zum einen an der Regiearbeit von Murnau, zum anderen an der Darstellung des Vampirs durch Max Schreck, der in Klaus Kinski, Willem Dafoe und Reggie Nalder seine Nachfolger hatte. Dabei hätten wir beinahe den Film nie zu Gesicht bekommen. Die Produktionsfirma Prana-Film von Enrico Dieckmann und des Okkultisten Albin Grau nahmen die Dracula-Vorlage von Bram Stoker ohne sich um die Rechte zu kümmern. Stokers Witwe klagte, bekam 1925 recht und alle Kopie sollten vernichtet werden. Das geschah allerdings nur teilweise und so wurde der Filmschatz bis in die heutige Zeit gerettet. Es tauchten Szenen von Nosferatu noch in dem Film „die zwölfte Stunde“ 1930 als erweiterte Raubkopie auf. Ich hab über diesen Film und eine Live-Klavierbegleitung von Richard Siedhoff mal gebloggt.
Ich sehe nach 100 Jahren Parallelen zur heutigen Zeit. Murnaus Nosferatu traf damals den Nerv der Zeit und tut es sicher heute auch noch. Das Ende des schrecklichen ersten Weltkriegs lag 1922 noch nicht lange Zeit. Europa lag in Trümmern, die Menschen hatten schwerste körperliche und seelische Verletzungen. Und auch die spanische Grippe hatte auf dem Kontinent gewütet und die Seuche forderte viele Todesopfer. Und es stand damals die gewaltige Inflation vor der Tür, die 1928 ausbrach und die wirtschaftliche Welt zusammenbrechen ließ. Weimar scheiterte und der Nationalsozialismus stürzte die Welt in den nächsten schrecklichen Krieg. Die eine oder andere Parallele gibt es zu heute: Krieg, Corona, Inflation. Und ich sehe den Einfluss des Übernatürlichen. 1922 war es der Okkultismus, heute ist es New Age oder Esoterik.
Ohne Nosferatu hätte es keinen Carl Theodor Dreyers Vampyr – Der Traum des Allan Grey gegeben, wir hätten nie Bela Lugosi in Tod Brownings Dracula 1931 genießen können, Christopher Lee hätte 1958 bei Hammer nie seinen Einstand gehabt und auch Werner Herzog hätte 1979 nie Kinski als Nosferatu die Kamera verführen dürfen, MTV wäre bei Coppola Dracula in Kostümen geschwelgt und auch Shadow of the Vampire hätte nie das Gedankenspiel durchspielen können, ob Max Schreck vielleicht doch ein Vampir war.
Hinweis: Zum Jubiläum des Films bin ich zu einem kleinen Filmsymposium eingeladen. Am Sonntag, 6. März, kehrt das Grauen nach 100 Jahren zurück. Mit einer Matinee ehren wir im Scala Kino Fürstenfeldbruck um 12 Uhr das Meisterwerk des Vampirfilms. Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens.
Wenn man sich für den Grafen mit den spitzen Zähnen interessiert, muss man sich durch allerlei filmischen Müll durchbeißen. Dies ist soeben geschehen bei dem Film Dracula: The Dark Prince oder auch Dracula – Prince of Darkness aus dem Jahre 2013. Die Regie führte Pearry Reginald Teo aus Singapore.
Die US-Produktion wurde in Rumänien gedreht, was ein gutes Omen für einen Dracula-Film hätte sein können. Aber hätte, hätte, Fahrradkette – es war es nicht. Es wurde ein durchschnittlicher Horrorfilm mit starken Fantasyanleihen.
Der Prolog in Comicmanier sah noch ganz gut aus, doch sobald menschliche Darsteller das Set betreten, ging die Geschichte steil bergab. Die Darsteller spielen in Lederkostümen, die hübsch anzusehenden Damen in etwas weniger Leder dafür mit durchscheinenden Negligé. Die rechte Hand von Dracula sieht ein wenig aus als ob er geradewegs aus Conan der Barbar entsprungen ist. Die alte Geschichte von Bram Stoker wurde durch die Mangel gedreht, Dracula und sein hübscher Waldläufer Lucian (nein, das war ne andere Geschichte), sein hübscher Strauchdieb Lucian sind die Nachfolger von Kain und Abel und es gibt noch eine Superwaffe von damals, den Lichtbringer, der das Böse zerstört. Irgendwie hab ich das bei Krull auch schon gesehen.
Dracula – Prince of Darkness sieht die Herrschaft seines Reichs am Rande des Abendlandes gefährdet, als die Moslems angreifen. Doch während sich der Prinz in die Schlacht stürzt, wird in seiner Heimat ein Putsch organisiert und dabei seine Frau ermordet. Schwer getroffen von der Verschwörung rächt er sich grausam. In seiner Trauer und Rachsucht schwört er dem Christentum ab und wendet sich der schwarzen Magie zu. Dracula ist auf der Suche nach seiner Elisabeth, findet sie in der Kreuzritterin Alina (Moment, waren Ritter nicht nur Männer, egal), entführt sie in das protzige CGI-Schloss, wird von seinem Diener Renfield zum zweiten Mal hintergangen, alles haut sich die Birne ein und das liebende Paar liebt für immer. Da kommt noch ein Leonardo Van Helsing daher und erklärt allerlei Mystizismus und ein Kämpfer aus dem Norden, der gerne mit der Axt um sich haut und den Namen Andros trägt, darf auch unter den bösen Vampiren und Untoten aufräumen.
Die einzige interessante Darstellung im Film Dracula – Prince of Darkness liefert Jon Voight als Leonardo Van Helsing ab. Er hat zumindest eine gewisse Hollywood-Filmerfahrung und gibt dem ganzen Dracula-Film eine gewissen Stabilität. Neues brachte uns die Verfilmung des schönen Stoffs nicht, die 96 Minuten waren eine Qual und jetzt ist es vorbei.
Das hab’s nur einmal, das kommt nie wieder – gemeint ist die so genannte Karnstein Trilogie von Hammer Films mit den Filmen Gruft der Vampire (The Vampire Lovers), Nur Vampire küssen blutig (Lust for a Vampire) und Draculas Hexenjagd (Twins of Evil). Sie entstanden zwischen 1969 und 1971 und gaben den legendären Hammer-Studios aus Großbritannien eine deutlichere Ausprägung in Richtung Sex und Blut.
Selten zuvor gab es bei Hammer so viel nackte (weibliche) Haut zu sehen und auch der Gore-Faktor stieg enorm an. Brüste und gespaltete Schädel sollten neue Zuschauer ins Kino locken. Die britischen Zensoren waren ab Juli 1970 lockerer und das Nutzen die Hammer-Studios gleich mal aus, um aus den Vollen zu schöpfen. Hammer war in der Krise, weil der US-Markt weggebrochen war nachdem sich Warner zurückgezogen hatte. Zudem warf der kreative Kopf von Hammer das Handtuch und das Studio suchte eine neue Richtung. Heraus kamen lesbische Vampire und viel Blut. Nachdem Bram Stokers literarische Vorlage Dracula in zahlreichen Filmen verbraucht und durchgerudert war, überarbeitete man nun Carmilla, der weibliche Vampir von Joseph Sheridan Le Fanu in den Filmen. Heraus kamen drei romantische, brutale und offenherzige Vampir-Filme, die freilich nichts mit Dracula zu tun hatten. Dracula im Titel war eine grottiger Einfall des deutschen Verleihs.
Es spielte Ingrid Pitt die Marcilla / Carmilla / Mircalla Karnstein in Gruft der Vampire (The Vampire Lovers) und Draculas Hexenjagd (Twins of Evil) und auch der große Peter Cushing spielte in den Filmen. In Nur Vampire küssen blutig (Lust for a Vampire) konnte er nicht vor die Kamera treten, weil seine Frau Helen damals im Sterben lag. So spielten in Nur Vampire küssen blutig (Lust for a Vampire) die hübsche Yutte Stensgaard die Mircalla / Carmilla Karnstein und der Bösewicht war Mike Raven als Graf Karnstein. Ich muss sagen, ich mag Yutte Stensgaard in dieser Figur sehr, weil sie nicht so lüstern dreinblickt wie Ingrid Pitt, die einst die Rolle interpretierte.
Das Thema der lesbischen Vampire muss damals im Kino ziemlich heftig angekommen sein. Die bisher nicht gekannte Mischung von Sex und Blut war schon ein echter Hammer (ha, Wortspiel). Zum ersten Mal war in einem Hammer-Film auch ein Pop-Song zu hören: „Strange Love“, gesungen – nein gehaucht von Tracy. Das Ganze ist schon sehr schwülstig. Ich hatte in London mal die Single in meiner Hand, kaufte sie aber nicht, weil sie überteuert war. Vielleicht hätte ich es tun sollen. Der letzte Film der Karnstein-Reihe Draculas Hexenjagd (Twins of Evil) ist sicherlich der beste Teil der Reihe. Mircalla darf kurz auftauchen und ihre Reize zeigen, aber im Mittelpunkt stehen die ehemaligen Playboy-Schönheiten Mary und Madeleine Collinson, eben die Twins of Evil. Übrigens sind sie auch im englischen Original nachsynchronisiert, das bedeutet, aufgrund der Schauspielleistung wurden die Damen nicht gewählt. Absolut genial ist Peter Cushing, der alle an die Wand spielt. Seine Frau Helen verstarb zwei Wochen vor den Dreharbeiten und vielleicht kanalisierte Cushing hier seinen Schmerz. Cushing lieferte eine der besten Rolle seines Hammer-Lebens ab. Und die Kombination aus fanatischen Hexenjäger und sexy Vampire war auch ein neues Element des Horrorfilms. Übrigens, die deutsche Version von Twins of Evil ist schwer zu bekommen. Da wähle man die preisgünstige englische Version.
Ich mag den blutsaugenden Grafen. Ich liebe Dracula-Filme, egal ob mit dem theatralischen Bela Lugosi, dem gnadenlosen Christopher Lee, den irren Klaus Kinski, den verführerischen Frank Langella, den erschreckenden Max Schreck oder den opulenten Gary Oldman. Und wer diese großartigen Verfilmung liebt, der greift auch immer wieder zur literarischen Vorlage von Bram Stoker.
Welche Übersetzung von Bram Stokers Dracula ist die beste?
Der Roman des Iren hat eine besondere Form der Erzählweise. Dracula ist eine Mischung aus Reise-, Liebes-, Abenteuerroman und Schauergeschichte und besteht aus einer Folge von Tagebucheintragungen, Mitschriften von Phonographaufnahmen, Briefen und Zeitungsartikeln. Was sehr abstrakt klingt, liest sich auch heute noch genial. Obwohl der Roman 1897 erschienen ist, hat er nichts an Modernität und Spannung verloren. Wer des Englischen mächtig ist, der liest seinen Dracula natürlich im Original.
Bei den deutschen Übersetzungen liegen eine Vielzahl von Versionen vor und ich will versuchen, sie einzuordnen und gar zu bewerten. Die Frage ist also: Welche Dracula Übersetzung ist die beste?
Ulrich Bossier und Andreas Nohl Die beiden modernsten Übersetzungen stammen aus dem Jahre 2012 zum 100. Todestag des Autors. Die Übersetzer Ulrich Bossier und Andreas Nohl haben sich dem Werk angenommen. Zunächst mochte ich die Version von Andreas Nohl, der eigenständiger an das Buch herangeht, sogar Dialekt einbaut. Manches Mal interpretiert er seinen Stoker auch, womit ich aber kein Problem habe. Dem Leser des 21. Jahrhunderts wird die Übersetzung gefallen und er liest Dracula in einem Rutsch ungestört durch. Und dennoch: Irgendwie bin ich Purist und hab mich dann gegen die glatte Übersetzung von Andreas Nohl entschieden und lieber zu Ulrich Bossier gegriffen.
Die Übersetzung von Ulrich Bossier
Ulrich Bossier hält sich näher ans Original. Ich kenne den Übersetzer nicht persönlich, aber er scheint ein Pedant zu sein und übersetzt sehr akribisch. Damit bleibt er für mich sehr nahe am englischen Ausgangstext, auch wenn jüngere Leser mit der Satzstrukturen auf den ersten Blick ihre Probleme haben werden. Da müssen Dracula-Fans aber durch. Mir hat der Reclam-Verlag eine schöne Taschenbuch-Ausgabe des Buches Dracula im Mai 2020 überlassen. Ich kam aber erst über die Weihnachtstage zum Lesen und Vergleichen, aber Dracula ist zeitlos.
Karl Bruno Leder und Stasi Kull Wer noch ein wenig weiter in die Geschichte der Übersetzungen zurückgeht und sich vor der alten Rechtschreibung sich nicht scheut, dem empfehle ich die Übersetzungen von Karl Bruno Leder und Stasi Kull. Beide Übersetzungen sind vollständige Übersetzungen, was für die Beurteilung des Werkes von Stoker wichtig ist.
Stasi Kulls Übersetzung aus dem Jahre 1967
Mein erstes Dracula-Buch stammte aus der schwarzen dtv Phantastica-Reihe von 1981, die Übersetzung von Stasi Kull selbst stammt aus dem Jahre 1967. Stasi Kull ist ein Pseudonym. Dahinter verbirgt sich der österreichische Lyriker, Schriftsteller und Übersetzer H. C. Artmann. Dabei übersetzte der im Dezember 2000 verstorbene Artmann auch Lovecraft ins Deutsche und schuf eine wienerische Ausgabe von Asterix als Legionär. Ich mag die Übersetzung, sicherlich vor allem weil es mein erstes Dracula-Buch als Jugendlicher war.
Dracula in der Übersetzung von Karl Bruno Leder.
Karl Bruno Leder hat für den Insel-Verlag auch den von mir sehr geschätzten Roman Frankenstein von Mary Shelley übersetzt. Seine Übersetzung stammt aus dem Jahre 1968 und liest sich flüssiger und leichter als die Version von Kull.
Es gibt zudem noch Übersetzungen von Heinz Widtmann aus dem Jahre 1908, Tausendsassa Wulf Bergner (bekannt durch zahlreiche Stephen King Übersetzungen) von 1967, Bernhard Willms 1993. Nun als Fazit: Greift zur Ausgabe von Ulrich Bossier, dann könnt ihr als Dracula-Fan nichts falsch machen.