Wenn es um Scores für Videospiele geht, dann steht bei mir immer Chris Huelsbeck an erster Stelle, der heute seinen 55. Geburtstag feiert. Alles Gute Meister. Persönlich ist die Musik zu Turrican sein wichtigster Beitrag. Turrican erschien im Laufe der Jahre für verschiedene Plattformen und es gibt damit auch unterschiedliche Musik zum Spiel. Und da Chris Huelsbeck Geld verdienen muss, wurden die unterschiedlichen Scores vor kurzem auf farbigen Vinyl in einer Sammelbox veröffentlicht. Und natürlich hab ich als treuer Fan und Retrogamer hier zugeschlagen.
Es handelt sich um die 7 LP-Sammlerbox zum 30. Jubiläum von Turrican. Folgende Aufnahmen hat Strictly Limited Games zusammengefasst und gepresst: Turrican 1 Studio Recordings, Turrican 2 Studio Recordings, Turrican 3 Studio Recordings, Super Turrican 2 Studio Recordings, Turrican 1 Original Sound Version Amiga, Turrican 2 Original Sound Version Amiga, Turrican 3 Original Sound Version Amiga, Mega Turrican Original Sound Version Sega, Super Turrican 1 Original Sound Version SNES und Super Turrican 2 Original Sound Version SNES.
Und hier hab ich das Unboxing-Video von mir:
Laut Strictly Limited Games wurden nur 999 Kopien der Box hergestellt. Ein paar gibt es wohl noch. 1990 erhielt Huelsbecks Karriere einen Aufschwung mit der Musik zu dem Spiel Turrican; vor allen Dingen seine Musik zu Turrican 2 erreichte schnell Kultstatus in der Spiele-Szene. So schaffte er es beispielsweise als einer der ersten, auf dem normalerweise 3-stimmigen Commodore 64 fünf Stimmen zu erzeugen bzw. aus dem normalerweise 4-stimmigen Amiga sieben Stimmen herauszuholen. Turrican und Turrican 2 gehören daher zu den soundtechnischen Meisterwerken der Heimcomputerszene.
„Es ist ein Hammer, was hier jedes Jahr im Retrogaming-Bereich aufgebaut wird.“ Mit diesen Worten lobt Komponist Chris Hülsbeck die Retrogaming-Area auf der weltgrößten Spielemesse gamescom in Köln.
Der Komponist und sein Fan: Chris Hülsbeck (r.) und Matthias J. Lange
Für einen Tag ist Hülsbeck aus den USA auf der gamescom zu Gast, um alte Freunde zu treffen, neue Kontakte zu schließen und vor allem mit seinen Fans ins Gespräch zu kommen. Und da komme ich ins Rennen. Ich bin ein großer Fan des Komponisten und hatte ihn in der Vergangenheit immer wieder verpasst. Aber dieses Mal sollte ich ihn treffen. Chris Hülsbeck ist der deutsche Komponist für Videospielsoundtracks. Er komponierte zahlreiche Klassiker, sein Meisterwerk ist die Musik zur Videospielreihe Turrican. Die Musik wurde in zahlreichen Versionen veröffentlicht, unlängst als opulente Orchesterversion mit klassischen Sinfonieorchester. Also traf ich ihn auf der gamescom, ließ mir ein paar Autogramme geben und machte ein Videointerview mit ihm.
Deutschland hat eine starke Heimcomputerszene
In den USA gibt es auch eine große Spielegemeinde, aber so Hülsbeck in meinem Interview, aber die Amerikaner seien mehr Konsolenspieler. Das Besondere in Deutschland sei die Begeisterung für die Heimcomputer der 80er und 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Chris Hülsbeck arbeitet im Moment an einem Bonus-Amiga-Album für Turrican. Hier wird mit alten Amiga-Tools und Rechner neuer Sound für ein imaginäres Turrican 4-Spiel erzeugt.
Fans halten Chris Hülsbeck die Treue
„Ich bin super dankbar, dass mir die Fans die Treue halten und diese Projekte möglich machen“, gibt Hülsbeck zu. Und er verrät einen Traum: Chris Hülsbeck würde gerne einen klassischen Filmscore für einen Spielfilm komponieren. Er klopft schon in Hollywood an und hat inzwischen auch eine US-Agentin. Bisher noch ohne Ergebnisse, aber Chris Hülsbeck arbeitet weiter an seinem Traum. Große Vorbilder gibt es schon: Michael Giacchino oder Jesper „Jakobson“ Kyd arbeiten für beide Welten – Kino und Videogames.
Hülsbeck als Wegbereiter
Musik im Film und im Spiel sei extrem wichtig, so Hülsbeck weiter. Wenn man bei einem audiovisuelles Medium die Musik abschaltet, dann fehlt auf jeden Fall etwas. Hülsbeck hat inzwischen sein 36. Album veröffentlicht und ist seine eigene Plattenfirma. Er war damit ein Wegbereiter in der Musikproduktion. Während andere Musiker große Musikstudios buchen mussten, produzierte Hülsbeck in den eigenen vier Wänden. Er sah damit den Tod der großen Studios voraus. Heute wohnt und fährt er mit seinem Wohnmobil durch die USA und arbeitet von unterwegs – ein musikalischer Nomade.
Chris Hülsbeck dankt den Fans.
Die Kampagnen in Kickstarter sind für Hülsbeck sehr wichtig. Einerseits ist es eine Art Wasserstandsmelder, um zu prüfen, ob seine Kunst noch nachgefragt wird. Andererseits könnte er große Projekte wie die Orchestermusik nicht aufziehen, ohne die Unterstützung der Fans zu haben. „Die Liveaufführung zu erleben, war der totale Wahnsinn“, so Hülsbeck weiter. „Ich wünschte, meine Großmutter hätte das erleben können.“ Sie war immer diejenige, die Chris ermutigte, seine Musik zu machen. „Meine Großmutter wäre total aus dem Häuschen gewesen, wenn sie das erlebt hätte.“
Beim Thema Wertschätzung der Soundtrackmusik hat Chris Hülsbeck einen Vorschlag: So könnte eine Kategorie „der beste Soundtrack“ beim Deutschen Computerspielpreis aufgenommen werden.
Hinweis: Dieser Text entstand ursprünglich im Rahmen eines Bloggerseminars für das Arbeitnehmer-Zentrum Königswinter (AZK) in Königswinter.
Im Interview mit Matthias J. Lange deutete Chris Hülsbeck eine Überraschung an.
In Sachen Turrican wird wohl etwas passieren. Genaueres ließ Komponist Chris Hülsbeck auf der gamescom 2018 in Köln nicht verlauten, aber das Gamerherz in mir schlägt höher bei dieser Nachricht. Turrican ist einer der Videospielklassiker. Mit Turrican auf dem C64 nahm die Spielreihe 1990 ihren Anfang. Es folgten Portierungen auf CPC, Amiga, Atari ST, CDTV, Mega Drive, GameBoy, PC Engine und Sinclair ZX Spectrum. Jetzt sollen weitere Portierungen erfolgen, so deutete es Hülsbeck mir gegenüber an. Chris Hülsbeck schrieb die Musik zu der erfolgreichen Serie.
Auf der gamescom gab es einen Schaukasten von Factor 5 dem Schöpfer von Turrican. Dort waren alle verschiedene Versionen des Spiels und die Arbeiten von Factor 5 ausgestellt, wie zahlreiche Star Wars-Games. Fans wie ich standen begeistert vor der Vitrine und entdeckten etwas ungewöhnliches: Turrican 4 für die Nintendo Switch.
Der gelungene Aprilscherz Turrican 4 für die Nintendo Switch war ausgestellt. Es soll aber nicht beim Scherz bleiben.
Sollte Factor 5 still und heimlich den Klassiker bereits jetzt schon auf eine Next Gen-Konsole postiert haben? Und das ohne den üblichen PR-Lärm? Nein, natürlich nicht. Was die Besucher der gamescom zu sehen bekamen, war der Aprilscherz von IGI Switch Team, der Firmengründer Julian Eggebrecht so gut gefallen hat, dass sie ihn auf der gamescom ausstellten. . Damals zum 1. April brachte IGI Switch Team die Fake-Verpackung in Umlauf und Fans überschlugen sich vor Begeisterung.
Doch der ganze Spaß könnte jetzt Wirklichkeit werden. Factor 5 wurde im Jahr 2017 wiedergegründet, nachdem das Unternehmen von 1987 bis 2010 in Köln gearbeitet hat. Inzwischen hat Factor 5 die Rechte von Turrican von Rainbow Arts und Softgold zurückgekauft. Es scheint also alles auf eine Wiederbelebung von Turrican hinzuweisen. Und ich weiß jetzt schon, das ich mir Turrican 4 kaufen werde.
Hinweis: Dieser Text entstand ursprünglich im Rahmen eines Bloggerseminars für das Arbeitnehmer-Zentrum Königswinter (AZK) in Königswinter.
Pac Man auf so einem Joystick – da bekommt das Wort eine interessante Bedeutung.
Als Retro-Fan liebe ich alte Rechner und alte Spielkonsolen. Alte Technik ist Kulturgeschichte und daher freue ich mich, bei der Blogparade des Archäologischen Museum Hamburg #KultBlick mitzumachen. Bei einem Besuch in Berlin habe ich mich auf eine Zeitreise begeben und das Computerspielemuseum besucht.
„Die Geschichte der Computerspiele wird hier lebendig“, hieß es in einem Flyer des Museums, das fünf Minuten vom Alexanderplatz entfernt liegt. 2017 hat das Museum den Sonderpreis der Jury des Deutschen Computerspielpreises erhalten, was mich noch mehr neugierig machte. Ziel des Deutschen Computerspielpreises ist die Förderung des Wirtschaftsstandorts Deutschland im Bereich der Entwicklung digitaler Spiele und interaktiver Unterhaltungssoftware. Naja, ob ein Museum den Wirtschaftsstandort fördert, müssen andere entscheiden. Ich war einfach interessiert daran und wollte meine Pixelhelden aus den alten Zeiten treffen. Hier der Rundgang als 360 Grad Video.
Ein Museum für Computerspiele – wie geil ist das denn?
Das Computerspielemuseum Berlin wurde im Jahr 1997 gegründet. In den Jahren von 1997 bis 2000 besaß es eine dauerhafte Ausstellung in Berlin. Danach trat es nur noch online auf. Seit dem 21. Januar 2011 ist das Museum mit einer neuen Ausstellung im ehemaligen Café Warschau in der Karl-Marx-Allee präsent. Ich war über den repräsentativen Bau erstaunt und begeistert. Voller Vorfreude betrat ich die Räume. Die Sammlung des Computerspielemuseums ist Eigentum des Fördervereins für Jugend und Sozialarbeit e.V., das neue Museum selbst wird von der Gameshouse GmbH betrieben.
Ich streifte durch die Ausstellung mit den zahlreichen Geräte hinter Glas. Als erstes stieß ich auf meine alten Gefährten: Commodore C64, Atari 2600, GameBoy oder Mac Classic. Auch ein Apple II mit Original Woz-Unterschrift war da. Zu jedem der Geräte könnte ich meine Geschichte erzählen, meine persönlichen Erinnerungen an das frühe Siliconzeitalter, als ich ein Fan der 8-Bit-Spiele war. Ich habe früher schon mal über meine Liebe zu den 8-Bit-Spielen geschrieben. Es ist enorm wichtig gewesen, dass ich mich für Computerspiele interessiert habe. Hier öffnete sich das Zeitalter der Digitalisierung. Als Teenager bekam ich von meinen Eltern meinen ersten HomeComputer geschenkt, es war ein Sinclair ZX 81. Ich schielte allerdings schon auf einen C64, weil meine Kumpels den Brotkasten auch hatten und ich mehr anstellen konnte als mit den ZX 81. Vor allem konnte ich Spiele zocken. In einem Einkaufszentrum entdeckten meine Eltern den C64, der zum Weihnachtsgeschäft 1985 reduziert wurde. Meine Eltern riefen mich über einen Fernsprecher zu Hause an und ich gab meine Weihnachtsbestellung auf. Aus Kostengründen bekam ich kein Diskettenlaufwerk, sondern eine Datasette.
Indizierte Kunst: River Raid
Spiele zockte ich auch auf dem Atari 2600 weiterhin – und im Computerspielemuseum stieß ich auf das schreckliche ET – der Außerirdische. Schlechtes, schlechtes Spiel, dessen Spielprinzip ich damals und heute nicht verstanden habe. Und ich entdeckte River Raid, das mir als Kind ziemlich Ärger einbrachte. Es ist Activision-Spiel, das 1984 von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien indiziert wurde. Ich kaufte das Spiel normal im Handel (ohne 18 Jahre zu sein) und spielte es zu Hause. Mein Papa bekam mit, dass das Spiel als jugendgefährdend eingestuft war und stellte mich zur Rede. Am Ende zockten wir beide das Spiel vor dem heimischen Grundig-Fernseher und hatten unseren Spaß, mein Papa und ich. Im Computerspielemuseum hing die Begründung für die Indizierung aus. „Das Videospiel River Raid ist kriegsverherrlichend und -verharmlosend. Wie der Antragsteller zurecht hervorhebt, soll sich der Spieler in die Rolle eines kompromisslosen Kämpfers und Vernichters hineindenken. Das geht klar aus der Spielanleitung hervor. Scharfschützenqualitäten sind im Spiel gefordert. Der Abschuss eines gegnerischen Tankers, Hubschraubers, Treibstofflagers oder Jets bringen bis zu 100 Punkte, die Vernichtung einer gegnerischen Brücke 500. Die Anwendung kriegerischer Gewalt wird belohnt. Wer die meisten Ziele zerstört hat, bekommt die meisten Punkte.“ Selten so gelacht. Noch heute habe ich eine Originalverpackte Version von River Raid zu Hause und werde sie feierlich irgendwann entdecken.
River Raid – ein Hammerspiel
Die Ausstellung im Computerspielemuseum ist interaktiv gestaltet – vom ersten Röhrenungetüm bis zur jüngsten Hightech-Konsole. Eindruck machte auf mich auch eine Spielhölle. Verschiedene Arcademaschinen standen herum und luden zum Zocken ein. Ich spielte mal wieder Frogger – oh Mann, was habe ich Frogger geliebt und viel Geld versenkt. Und dann war auch Asteroid. Schwarzweiß mit dröhnenderen Bass fasziniert mich das Spiel noch heute. Und ich habe noch immer Schwierigkeiten mit der Steuerung und rase mit Beschleunigung in einen Felsbrocken hinein. Game over.
Kommunikation mit dem Computer durch Joseph Weizenbaum
Als Jugendlicher beachtete ich Joseph Weizenbaum nicht und als heutiger Referent für IT-Themen war ich begeistert, in dem Berliner Museum auf Eliza von 1966 zu treffen. Eliza war Teil von Joseph Weizenbaums Forschung im Bereich Mensch-Maschine-Kommunikation. Seine Idee, den Computer ein Gespräch simulieren zu lassen, sorgte damals international für Aufsehend markiert einen wichtigen Wendepunkt im Verhältnis zu Computern. Heute sind Social Bots überall anzutreffen – Weizenbaum sah es 1966 mit Eliza voraus.
Eliza von Joseph Weizenbaum
Künstler Chris Hülsbeck
Und dann immer wieder die Frage: Sind Spieleentwickler auch Künstler? Ohne Zweifel ja: Sie sind Künstler. So gibt es eine Ecke in Berlin in der Score für Computerspiele darstellt werden. Chris Hülsbeck mit seinem 1991 komponierten Turrican Soundtrack. Noch heute lebt Chris Hülsbeck von diesem Ruhm und ich werde ihn bald wieder treffen. Seine Turrican Anthology, eine komplette Neueinspielung, ist heute wegweisend. Turrican II war nicht nur ein zu seiner Zeit sehr erfolgreiches Spiel aus Deutschland, sondern auch eines der ersten, dessen Soundtrack schnell Kultstatus erreichte. Es ist Kultur pur. Entwickelt und komponiert hat ihn Chris Hülsbeck, der zusammen mit Jochen Hippel die sogenannte 7-Voice-Routine programmierte. So konnte der eigentlich nur vierstimmige Amiga-Computer siebenstimmig betrieben werden. Auch dem ursprünglichen nur dreistimmigen C64 entlockte Hülsbeck fünf Stimmen.
Als Retrogamer wandelt sich mein Sammlerinteresse. Zunächst war ich an den Spielen meiner Jugend interessiert – allen voran an den Spielen des Atari 2600. Ich mag die Konsole und ich mag die Spiele. Der Atari 2600 war mein Einstieg in die Welt der Videogames – oder Telespiele, wie es damals hieß. ES kam der C64 und viele andere Kisten folgten.
Je mehr ich mich mit dem Phänomen Videospiele beschäftigte, desto mehr kam auch eine andere Sammelleidenschaft zu Tage. Ich liebe Soundtracks und Scores zu Filmen. Nun kommen immer der Soundtracks zu Games dazu, die ich für ein wertvolles, aber leider unterschätztes Kulturgut halte. Wenn der Soundtrack nicht stimmt, stimmt das Feeling im Spiel nicht. Und wenn ich in Deutschland von Gamessoundtracks spreche, dann darf der Name Chris Huelsbeck nicht fehlen. Für mich ist Chris Huelsbeck einer der großen Männer der Soundtrackmusik. Er vertonte viele Spiele – aber vor allem vertonte er Turrican II. Über Kickstarter habe ich die große Kollektion des Soundtracks erworben und dieser Tage traf auch der Ergebnis der nächste Kickstarter-Kampagne ein: Turrican II – the orchestral Album.
Meine Box trägt die Nummer 529 der auf 1000 Kopien limitierten Box. Der Inhalt: Ein Doppelalbum auf Vinyl, eine CD und Artwork im LP-Format. Ich hoffe, Chris Huelsbeck einmal persönlich zu treffen, um ihm für sein Gesamtwerk zu danken und er muss ein Artwork unterschreiben. Auf der GamesCom im vergangenen Jahr habe ich ihn leider verpasst – vielleicht klappt es dieses Mal in Köln oder beim Deutschen Computerspielpreis in Berlin. Es wäre mir eine Ehre. Das Album Turrican II – the orchestral Album erschien zum 25. Geburtstag des Spiels auf dem Amiga. Zur Musik muss ich eigentlich nichts mehr schreiben. Turrican II ist ein Klassiker, die Musik dazu ebenso. Und die orchestrale Version ist wieder eine weitere Variation dieses Klassikers. Hören und Genießen – nicht mehr, nicht weniger.
Das Orchester auf diesem Album ist das Norrköping Symphony Orchestra und die Musik wurde Oktober/November 2016 aufgenommen und gemixt. Ich hatte bis dato noch nie etwas von dem Norrköping Symphony Orchestra aus Schweden gehört, gestehe aber auch zu, dass ich ein Banause bin. Es wurde 1912 gegründet und umfasst heute 81 Musiker.
Was hatte ich mich gefreut auf einen interessanten Abend. Seit Wochen fiebere ich dem Auftritt des Münchner Rundfunkorchesters entgegen und habe meine Familie, meine Freunde und Bekannte im Internet ganz wepsig gemacht: Alle sollten die Aufführung von Video Games Music in Concert im Münchner Prinzregententheater erleben. Und am Ende konnte ich aus familiären Gründen nicht. Ich habe mich ziemlich geärgert.
Aber ich wurde ein wenig entschädigt. Der Bayerische Rundfunk übertrug das Konzert live als Video- und Audiostream. Und so konnte ich die Musik von Videospielen zumindest am digitalen Endgerät verfolgen. Am iPad Pro verfolgte ich den Videostream und ließ den Sound über die Anlage laufen. Und der Sound hatte es in sich. Großes Lob an die Technik vom BR. Der Stream war tadellos, selbst bei meinem Landei-Internet ging es ohne Ruckeln und Aussetzer – selbst bei HD. Dafür zahle ich gerne meine Rundfunkgebühren.
Als die Kamera mal vom Eckehard Stier weg und ins Publikum schwenkte, hatte ich ein wenig meine Zweifel. Der Großteil der Zuhörer war brav konservativ gekleidet. Hey, wo sind die Gamer im Publikum geblieben? Ich sah kaum T-Shirts, Hoodies oder Caps – also die klassische Gamer-Bekleidung. Da fragte ich mich: Für wen wurde dieses Konzert eigentlich aufgeführt?
In erster Line dachte ich an die Zocker, an die Gamer, an die Konsolenfreaks. Als Retrogamer lehnte ich mich in meinen Wohnzimmersessel zurück als die fabelhafte Musik von Chris Huelsbeck ertönte. Natürlich war es Turrican II, das Spiel hatte ich ewig gezockt und die verschiedenen Audio-Fassungen hab ich auf meinem Server. In Kürze kommt die Klassik-Version von Turrican II heraus, die in Bochum aufgenommen wurde. Ich genoss die Klänge und verfolgte gleichzeitig die Facebook-Posts der Huelsbeck-Fans, die mit dem Meister live diskutierten. Chris Huelsbeck machte mit der Great Giana Sisters – Suite auch den Abschluss des Konzerts.
Großes Lob an das Orchester und Eckehard Stier. Die Qualität der Musik war einzigartig. Meine Frau, keine große Gamerin aber Klassik-Fan, hörte zu und genoss es, als sich die musikalischen Spannungsbögen aufbauten. Und das sollte wohl auch ein Ziel des Konzerts sein: Klassik-Fans für Video Game Musik zu interessieren. Und dieses Ziel ist voll und ganz gelungen.
Video Spiele sind ein Kulturgut und Video Game Music ist ebenso ein Kulturgut und es gilt, breitere Kreise für diese Musik zu begeistern. Bei mir war es zunächst die klassische 8-Musik und im Laufe der Jahre wurde es mehr, mehr. Als Fan von Filmscores und -soundtracks habe ich großes Interesse an Game Music. Viele Filmkomponisten schreiben nun Musik für Spiele und anders herum. Hier wachsen Welten zusammen und Kultur verbindet. Das ist genial.
Der BR Klassik hat online ein ganzes Webspecial zusammengestellt. Für den Gamer sind keine großen Überraschungen dabei, für den Klassik-Hörer des BR allemal. Sehr verdienstvoll ist die Präsentation des legendären Nobuo Uematsu. Nobuo Uematsu schuf die musikalische Welt von Final Fantasy. In Japan ist Nobuo Uematsu eine absolute Berühmtheit und das Konzert des Münchner Rundfunkorchesters leistete einen Beitrag dazu, den Meister einem neuen Publikum bekannt zu machen. Bei uns hatte es zu Folge, dass ich mir die Musik von Final Fantasy vom Server holte und laufen lief. Gerne hätte ich das Konzert vom BR als Audio-Aufnahme.
Insgesamt brachte das Münchner Rundfunkorchester folgende Werke zur Aufführung:
Jonne Valtonen – Fanfare for the Common 8-bit Hero
Chris Huelsbeck – Turrican II: Concerto for Laser and Enemies
Nobuo Uematsu – Blue Dragon: Waterside
Ari Pulkkinen – Angry Birds – Medley
Nobuo Uematsu – Final Fantasy VI – Symphonic Poem
Jonne Valtonen – Albion Online – Medley
Ari Pulkkinen – Super Stardust – Medley
Martin Schiøler – Clash of Clans
Chris Huelsbeck – Great Giana Sisters – Suite
Die Moderation hatte Nino Kerl inne. Er ist den Anime-Fans u.a. von seinem YouTube-Kanal bekannt. Ich hätte mir für das anwesende Klassik-Publikum mehr Show und Emotion gewünscht. Nino Kerl, den ich sehr schätze, war mir ein wenig zu zahm, zu wenig frech. Ich kenne aus YouTube einen provokanteren Nino Kerl. Aber wahrscheinlich war das BR-Klassik-Publikum zufrieden mit der Performance.
Alles in allen eine super Sache und ich ärgere mich, dass ich nicht live dabei sein konnte. Danke an den BR für die Übertragung.
Zum zweiten Jahr in diesem Jahr war ich bei Video Games Live. Nach dem Konzert in München besuchte ich nun den Auftritt in Nürnberg. Ich mag das amerikanische Show-Gehabe von Tommy Tallarico, aber vor allem mag ich Soundtracks von Videospielen.
Eine ausführliche Kritik über das Münchner Konzert habe ich in meinem Blog geschrieben. Es waren in Nürnberg ähnliche Songs am Start und es hat mir auch gefallen.
Dieses Mal möchte ich mir an dieser Stelle mehr Gedanken um Videospielsoundtracks als Kulturgut machen. Bei aller Diskussion in der Vergangenheit steht heute eindeutig fest: Videospiele sind ein Kulturgut. Games sind zu einer Leitkultur geworden. Videospiele sind aber auch ein erheblicher Wirtschaftsfaktor. Es werden mehr Videospiele umgesetzt als Karten an der Kinokasse verkauft. Und dennoch werden Gamesentwickler immernoch stiefmütterlich behandelt. Die Vergabepolitik der deutschen Förderer kümmert sich meines Erachten lieber um die Filmer als um die Gamer. Das ist ein Gefühl, handfeste Zahlen liegen mir nicht vor. Aber natürlich hat sich viel getan, die Situation rund ums Spiel ist besser geworden.
Als ich im Konzert in der Nürnberger Meistersingerhalle saß, trugen mich meine Gedanken fort, als ich die Soundtracks der Klassiker hörte. Mit Videospielen identifiziere ich mich heute mehr als mit Filmen. In Filmen muss ich passiv der Handlung folgen, die mir ein Regisseur vorgibt. Keine Frage, es gibt geniale Filme. Aber in einem Spiel kann ich in eine handelnde Person schlüpfen und mich in das Spiel einbringen. Das macht für mich den Reiz aus. Ich muss Verantwortung für meine Handlung und Entscheidungen übernehmen. Jeder Ruck am Joystick oder Gamepad hat Folgen für meine Spielfigur. Im Film kann ich nur der Figur folgen und natürlich auch mitfiebern. Beim Videospiel ist dieses Gefühl intensiver.
Sowohl Film als auch Spiel wären ärmer, wenn es den Soundtrack nicht geben würde. Ich sammle seit Jahren Filmsoundtracks. Meine Götter heißen hier John Williams und Jerry Goldsmith. Es gibt zahlreiche Lieblinge, aber sicherlich gehört Hans Zimmer nicht dazu. Immer mehr freunde ich mich mit Gamessoundtracks an. Ich kam über die Filmkomponisten zu den Gameskomponisten. Leute wie Michael Giacchino brachten Film und Spiel zusammen. Leider stelle ich fest, dass Komponisten für Soundtracks in Deutschland nicht so behandelt werden. Dabei ist für mich doch eine Selbstverständlichkeit, Leute wie Chris Huelsbeck mit seinen Kickerstarter-Aktionen zu unterstützen.
Das ist leider bei den Preisen und Auszeichnungen wenig Begeisterung für Videospielkomponisten zu spüren. Beim animago AWARD, ein Preis den ich jahrelang selbst vergeben durfte, spielt der Soundtrack keine Rolle. Aber der Score sorgt für das Gefühl in der Animation. Noch sträflicher finde ich es, dass es beim Deutschen Computerspielpreis keine Auszeichnungen für Videogameskomponisten gibt. Ich werde den Gedanken nochmals an die zuständige Staatsministerin Dorothee Bär einbringen, die sich hervorragend um Games in Deutschland kümmert. Meine Kritik habe ich bereits bei der jüngsten Verleihung in meinem Blog verfasst.
Wenn ich in die Rolle einer Spielfigur schlüpfe und dies kann auch nur ein Pixelklötzchen in einem 8-Bit Game als Retrogamer sein, dann steigert sich meine Spielerfahrung wenn sie mit Musik angereichert ist. Und wenn der Soundtrack ordentlich komponiert und arrangiert ist, dann geht der Score ins Ohr, ins Bewusstein und verbindet sich mit dem Spiel. Alles zusammen gehört zu einer Marke.
Hochzeitsantrag auf einer Konzertbühne.
Wie emotional Videospiele sind, habe ich in Nürnberg auf dem Konzert von Video Games Live gesehen. Nach der Pause kam auf einmal ein junger Mann namens Markus auf die Bühne. Er hatte eine junge Frau mit Namen Anna dabei, die etwas verdutzt schaute. Markus machte ihr auf der Bühne vor versammelten Publikum einen Heiratsantrag, den Anna annahm. Das Ja-Wort wurde von den Besuchern der Meistersingerhalle mit donnernden Applaus belohnt. Tommy Tallarico, Organisator der Video Games Live, hat die Anfrage kurz vor seinem Nürnberger Gastspiel bekommen und zugestimmt. Vielen Dank Tommy Tallarico. Das Paar wird den Abend nicht vergessen und ich habe das Schauspiel aus einiger Entfernung mitgedreht.
Auch Hans Ippisch, heute Geschäftsführer von Computec und vor langer Zeit Videospieljournalist, hielt eine launige Ansprache und erinnerte an vergangene Zeiten.
Bei all der Musik, die an dem Abend gespielt wurde, mochte ich die Tetris Suite am liebsten. Tetris machte das Videospiel erwachsen und ist der Klassiker es Casual Games. Mein GameBoy von früher ist heute noch immer im Einsatz und Tetris liegt griffbereit.
Fast Lagerfeuerromantik brach aus, als Akteure und Publikum gemeinsam den Mario Song und I’m alive sangen. Schön war es.
Nach langer Zeit einmal steht wieder die gamescom bei mir auf dem Programm. Ich hab es K1 und K2 versprochen und wir schauen einen Tag auf die wichtige Spielemesse. Ich war einige Male in Leipzig und einmal in Köln als Journalist von der Partie. Dieses Mal bin ich als Privatperson auf der Messe, ohne Termine, ohne Verpflichtungen.
Ich will mich einfach mit meiner Familie durch die Messehallen treiben lassen, ein paar Gespräche führen und mich umsehen. Große Ankündigungen wird die gamescom nicht zu bieten haben. Sowohl Mircosoft als auch Sony halten keine Pressekonferenzen im großen Stil ab. Sony wird Anfang September mit Infos über den PS4-Nachfolger rüberkommen.
Fest auf dem Programm steht bei mir ein Besuch bei den Retrogamern. Als Fan der alten Maschinen will ich den Freaks einen Besuch abstatten und vielleicht treffe ich auch den legendären Chris Hülsbeck. Ich will diesem Giganten der Videospielmusik die Hand schütteln und mir ein Autogramm holen. Oder ich sehe Constantin Gillies, um ihm für deine Retroland-Romane zu danken.
Richtig fette Messe mit vielen Leuten
Eigentlich erschreckt mich die gamescom. Das Ding ist groß, riesig groß und zeigt, welchen Rahmen Games in der Gesellschaft einnehmen. Für die gamescom 2016 rechnet die Messe Köln sowohl mit Blick auf die Ausstellerzahlen als auch in puncto Internationalität mit neuen Rekordergebnissen. 850 Unternehmen aus dem Games-Bereich zeigen ihre Neuheiten. Aussteller aus 53 Ländern haben sich gemeldet, auch die Türkei ist dieses Jahr Partner der Messe – ob diese Wahl so glücklich war? Es erwarten mich in der entertainment area 137.000 Quadratmeter (fast 20 Fußballfelder) mit neuesten Hard- und Software-Releases sowie allen wichtigen Blockbuster-Titel und hunderte Premieren.
Alle jubeln über die Zahlen – und ich zucke zurück. Kommt bei einer Massenveranstaltung die Information zu kurz? Habe ich eine Chance bei dem Gedränge? Von offitizieller Seite wird alles getan, um den Hype zu befeuern. „Mehr Aussteller, mehr Spiele, mehr Besucher, mehr Vernetzungsangebote für die Branche – die gamescom scheint auch in diesem Jahr wieder alle ihre Rekorde zu brechen“, so Petra Müller, Geschäftsführerin der Film- und Medienstiftung NRW. Karten für die Veranstaltung sind schon lange so gut wie ausverkauft, ein paar Nachmittagskarten für die Publikumstage gibt es noch. Hotels sind ausgebucht und die Zimmer werden zu horrenden Preisen vermietet. Ich selbst schlafe jetzt in Bonn, meinem alten Arbeitsplatz als Journalist. Alternativen wie Airbnb blühen. Dies ist für mich ein Zeichen, dass die Stadt eine solche Messe eigentlich nicht mehr verträgt.
In der Vergangenheit war ich immer auch auf der gleichzeitig stattfindenen Entwicklerkonferenz. Europas größte Entwicklerkonferenz und Networking-Plattform für Spieleentwickler, die GDC Europe, bietet Einblicke in die Spieleentwicklungs- und Geschäftstrends des gesamten Kontinents und macht NRW zum Zentrum der europäischen Entwicklerszene. Die Konferenz bietet einen Business-, Marketing- und Management, Design- und Programming-Track. Da ich dieses Mal meine Kinder mit dabei habe, spare ich mir diese Konferenz, die wirklich vom Austausch etwas gebracht hatte.
Nachdem das Thema VR und AR voll im Kommen sind und ich bei Besuchen von metaio in München Blut geleckt habe in Sachen Augmented-Realit werde ich mir bei Panini die Romane zum Augmented-Reality-Game Sumerland ansehen. Sumerland gilt als anspruchsvolle und technisch innovative Unterhaltung und ist eine Verknüpfung zwischen Buch und Augmented-Realit.
VR wird durch Games erst möglich. Foto: Kölnmesse
Sicherheit wird großgeschrieben
Ich habe zahlreiche Post vom Aufbau der Messe gesehen in denen immer wieder das Thema Sicherheit vorkommt. Ich finde das richtig. Aufgrund der Attentate hat auch die Kölnmesse reagiert. Es erging der Appell: „Lasst, wenn nicht zwingend erforderlich, Taschen und Rucksäcke sowie Gegenstände aller Art, die ihr nicht zwingend für den Besuch der gamescom benötigt, bitte zu Hause, um die Wartezeiten so gering wie möglich zu halten.“ An den Eingängen werden noch vor Betreten des Messegeländes Kontrollmaßnahmen, inkl. Taschenkontrollen, durchgeführt. Die Kontrollen sind variabel angelegt und richten sich nach kurzfristigen Rücksprachen mit den Sicherheitsbehörden. Das bedeutet längere Wartezeiten. Die Sicherheitskontrollen starten ab 07:00 Uhr. Ich habe eine Tasche mit Technik dabei und werde wohl durch die Sicherheitskontrolle müssen.
Sehr nett: Gerolsteiner ist offizieller Sponsor der gamescom und wird während der Wartezeiten an den Eingängen kostenfrei für Erfrischung sorgen. Cosplayer ohne Waffen
Die gamescom lebt auch von der Kreativität der Kostüme und daher sind Cosplayer herzlich willkommen. Allerdings stellt die Köln Messe klar, dass alle Nachbildungen von Waffen oder waffenähnliche Elemente in den Kostümen der Cosplayer auf der gamescom 2016 nicht zugelassen sind. „Wir möchten euch bitten, auch in der Stadt auf das Tragen von Nachbildungen von Waffen oder waffenähnlichen Gegenständen mit Rücksicht auf die Bewohner und Besucher der Stadt Köln zu verzichten“, heißt es. „Sämtliche Nachbildungen von Waffen oder waffenähnliche Bestandteile eures Kostüms − unabhängig von Material und Größe − werden euch vor Eintritt in das Gelände abgenommen.“
Cosplayer bitte dieses Mal ohne Bewaffnung. Foto: Kölnmesse
Spaß hat es auf jeden Fall gemacht und ich bin dankbar, dass ich zum Festabend des Deutschen Computerspielpreises eingeladen wurde. Die Veranstaltung ist zwar schon ein paar Tage her, aber mir immer noch in guter Erinnerung. Für mich war es das erste Mal – und ich hoffe, es war nicht zum letzten Mal. Es war eine schöne Gala mit anschließender Party – alles fand in der futuristischen BMW-Welt in München statt. Bayern zeigte Stil und schindete mit der Location Eindruck. Der Ort der Verleihung wechselt jährlich zwischen Berlin und München – und 2016 war die bayerische Landeshauptstadt wieder an der Reihe. Gut so.
Jetzt kenne ich einige Fachpreise, hab sogar einige Fachauszeichnungen selbst organisiert und ich dachte, der Deutsche Computerspielpreis ist eine ähnliche Fachveranstaltung für die Branche. War es im Grunde auch, aber von Fachlichkeit war an dem Festabend nichts zu spüren. Es wurde fast kein Wort über Shader, Lightning, Pixels, Polynone, CGI verloren, sondern es bliebt alles an der Oberfläche. Es war mehr eine Show und eine Darbietung als eine Fachauszeichnung. Wahrscheinlich wollten dies die Veranstalter und ich bin mit falschen Erwartungen in die BMW-Welt hingegangen. Als ich mich mit Show, und Glamour abgefunden hatte, gefiel es mir sehr gut. Ich habe gleich viele Selfies von mir gemacht.
Mario Kart-Fahrer Dobrindt
Der von den Branchenverbänden BIU e.V. und GAME e.V. gemeinsam mit dem Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, Bundesminister Alexander Dobrindt, getragene Preis ist eine Initiative der deutschen Politik und Wirtschaft. in 14 Kategorien werden herausragende deutsche Spieleproduktionen ausgezeichnet. Ich hatte meine Einladung aber weniger dem Minister zu verdanken als vielmehr seiner Staatssekretärin Dorothee Bär. Ich kenne Dorothee Bär seit einigen Jahren, kannte sie noch als sie Dorothee Mantel hieß. Immer wieder kreuzen sich unsere Wege und Dorothee Bär setzt sich massiv für die Digitalisierung der bundesdeutschen Gesellschaft ein. Sie ist zudem auch eine überzeugte Gamerin und es lässt sich mit ihr exzellent fachsimpeln.
Der Verkehrsminister im virtuellen Auto.
Insgesamt war in der BMW-Welt viel Politik am Start. Die Rede von Verkehrsminister Alexander Dobrindt war gut geschrieben. Ich weiß zumindest jetzt, dass er ein Mario Kart-Fan ist. Das ist doch schon mal was und er bekommt bei all der Diskussion um Maut hier einen Pluspunkt. Wir Mario Kart-Fahrer müssen zusammenhalten, aber ich hoffe es stimmt nicht, dass Dobrindt Mario Kart nur mag weil er Verkehrsminister ist. Für den Bundesverkehrswegeplan hätte ich ein paar Vorschläge. Ich habe die Rede von Dobrindt via Periscope live gestreamt und in YouTube eingestellt.
Standortförderin Aigner
Gut in der anwesenden Community kam auch die bayerische Wirtschaftsministerin Ilse Aigner an. Sie ist zugleich Medienministerin und muss die schwierige Aufgabe Medien und Wirtschaft lösen. Mit ihrer Rede hat sie es gut gemacht und konnte beim Publikum punkten ohne sich anzubiedern. Hier ein 360 Grad Video von mir von ihrer Rede.
Schwarze Witwe Dorothee Bär legt nach
Ja und natürlich durfte Dorothee Bär auch etwas sagen, schließlich verdanken wir ihrem Engagement den Deutschen Computerspielpreis. Ihre Rede war extrem launig. Lob gebührt ihr auf jeden Fall für das wunderschöne Kleid, das sie an dem Abend trug. Zwar meinte ihr Minister das Kleid sei das Modell Schwarze Witwe, aber was weiß Alexander Dorbindt im Nadelstreifenanzug schon über Mode. Mit einem gelungenen Bullshit-Bingo feierte sie die Branche und es tat gut, diese Worte zu hören.
Dass nicht alles glatt lief, zeigte sich bei einer Unklarheit, wann welche MAZ eingespielt wird. Hier zeigte Dorothee Bär wer das sagen hat: Mit den Worten „Wer das Mikro auf der Bühne hat, der bestimmt“ hatte die Politikerin aus Franken die Sympathien auf ihrer Seite. Gut gesprochen. Hier ein 360 Grad Video von mir von ihrer Rede.
Gewinner und Laudatoren und ein wenig Kritik
In gleich zwei internationalen Kategorien und beim Publikumspreis setzte sich „The Witcher 3: Wild Hunt“ des polnischen Entwicklers CD Projekt RED durch. Ich muss zugeben, ich fand The Witcher 3 nicht den Hit, bin wohl aber nicht die Zielgruppe.
Weitere Preise wurden unter anderem von YouTube-Star LeFloid, Komiker Kaya Yanar und Schauspieler Antoine Monot jr überreicht. LeFloid ist zumindest ein Experte in Sachen Games, durch seine Let’s Plays kennt ihn die Nachwuchsbranche. LeFloid war mir etwas zu schnell. Komiker Kaya Yanar und Schauspieler Antoine Monot jr waren extrem sympathisch. Ein Fachmann aus der Gamesbranche wäre wir lieber gewesen.
Kritik von meiner Seite gibt es nur an der Musik. Die Band Mia spielte auf, kam auch sehr gut beim Partypublikum in München an, aber für meinen Geschmack passte die Musik nicht zu einem Fachpreis. Ich hätte Gamesmusik vorgezogen. Auch das ist eine Kritik am Preis: Der Komponisten von Soundtracks sind so enorm wichtig für den Erfolg eines Spiels und Spielsoundtracks haben unter Kennern große Erfolge. Geniale Komponisten wie Chris Huelsbeck hätte ich gerne auf der Bühne des Deutschen Computerspielpreises gesehen. Übrigens, hier die Gewinnerliste des Preises.
Förderungen der Bundesländer
Als „Bestes Serious Game“ hat das interaktive Echtzeitspiel „Professor S.“ aus Berlin den Deutschen Computerspielpreis 2016 gewonnen. Das vom Medienboard im Bereich „Innovative Audiovisuelle Inhalte“ geförderte Spiel ist zusammen mit sieben Berliner Grundschulen entwickelt worden und wird bereits in über 50 Schulen deutschlandweit im Unterricht eingesetzt. Der Rahmen des Spiels mit ständig wachsenden Varianten ist die Zeitreise des „Professor S.“, von dem die Schüler Aufgaben erhalten. Indem sie in Dialog mit den Figuren treten, werden sie selbst Teil des Abenteuers und tragen aktiv zum Verlauf der Erzählung bei.
Helge Jürgens, Geschäftsführer Standortentwicklung Medienboard Berlin-Brandenburg: „Mit Professor S.´ ist es Jan von Meppen und seinem Team von LudInc gelungen ein Game zu entwickeln, durch das Schüler den Umgang mit digitalen Inhalten lernen, und gleichzeitig dazu animiert werden Aufgaben in der realen Welt zu lösen.“
Der bereits vielfach preisgekrönte 2D Puzzle Platformer „Typoman“ (Brainseed Factory) aus Bonn, in dem sich der Spieler durch eine Welt aus Buchstaben und Wörtern bewegt, überzeugte die Jury in der Kategorie Beste Inszenierung. Die Film- und Medienstiftung NRW förderte das Konzept und den Prototyp von „Typoman“ im Bereich Innovative Audiovisuelle Inhalte mit insgesamt 75.000 Euro.
Der Preis für das beste Kinderspiel 2016 wurde an „Fiete Choice“ von Ahoiii Entertainment vergeben. Die Kölner Kinderspieleentwickler teilen sich den Preis mit „Shift Happens“ von Klonk aus München. Der dritte Preis in der Kategorie Bestes Nachwuchskonzept ging an die TH Köln mit ihrem point-and-click Adventure „Leaves“.
„Drei Auszeichnungen nach NRW – ein toller Erfolg für die hiesige Gamesbranche! Wir gratulieren allen Preisträgern, besonders natürlich den Teams von ‚Fiete Choice‘, ‚Leaves‘ und ‚Typoman‘. Mit dem Gewinn in der Kategorie ‚Beste Inszenierung‘ setzt ‚Typoman‘ seine Erfolgsserie bei Preisverleihungen weiter fort.“ Bundesminister Alexander Dobrindt überreichte den Preis für das Beste Deutsche Spiel an das Mainzer Entwicklerstudio von Blue Byte für „Anno 2205“. Hauptsitz von Blue Byte ist in Düsseldorf.
Hier sieht man, wie wichtig Standortpolitik im Gamesbereich ist. Spieleentwickler sind eine ernstzunehmende Größe im deutschen Wirtschaftsleben. Da wollen auch die Bayern nicht zurückstehen. Im April öffnet die FFF Bayern ihre Förderschatulle und verteilte Steuergelder. Der Games-Vergabeausschuss hatte zum ersten Mal in diesem Jahr getagt und entschieden, fünf Games mit einer Gesamtsumme von 310.000 Euro zu unterstützen. Darunter zwei Spiele, deren Prototypen bereits gefördert worden sind und die jetzt produziert werden. Alle Spiele befassen sich mit dem künftigen Zusammenleben auf unserem Planeten.
Die Produktion dreier Spiele wird mit insgesamt 270.000 Euro unterstützt: Das Online-Echtzeitstrategiespiel Submerge (Iceberg Studios, 120.000 Euro), deren Prototyp bereits gefördert wurde, ist ein innovativer Mix aus Massive Online Battle Arena (MOBA) und Real Time Strategy, in dem die Spieler nach einer Klimakatastrophe um ihr Überleben kämpfen und sich in Planung, Taktikund Strategie mit ihren Gegnern messen müssen. Ebenfalls in Produktion geht das Online-Rollenspiel Das Tal (Fairytale Distillery, 100.000 Euro), in dem sich die Spieler in einem fantastischen Wüstental gemeinsam mit anderen Bewohnern arrangieren müssen, um eine nachhaltige Zivilisation aufzubauen. Der FFF hat bereits den Prototypen von Das Tal gefördert. Im rundenbasierten GPS-Artillery-Multiplayer Steampumkins (United Soft Media Verlag, 50.000 Euro) fungiert die Erde als Spielfläche, auf der der Spieler mit Früchten als Schusswaffe den realen Standort des jeweils anderen Spielers irgendwo auf der Erde treffen muss. Dabei werden das räumliche und das geographische Vorstellungsvermögen geschult.
Die Entwicklung zweier Konzepte, die sich beide mit der Zukunft unseres Planeten befassen, wird mit insgesamt jeweils 20.000 Euro gefördert: Das Action Adventure Modern Conquistadores für Windows (Conquista Games) versetzt den Spieler in ein Erkundungsteam im Jahr 2032, das Kontakt mit den Aliens aufnehmen und den Planeten erforschen soll. Das Simulationsspiel Food Corp.Tycoon (Thera Bytes) spielt im Jahr 2040 und handelt von der Ernährungs-Apokalypse, während derer der Spieler für seine und die Gesundheit der Bewohner verantwortlich ist.
Ich finde die Idee des Crowdfundings über das Netz sehr interessant. Es handelt sich um eine Schwarmfinanzierung. Wer eine Idee und einen Plan hat, kann im Netz für sein Projekt Geld sammeln.
Ich habe neulich mit einem hohen bayerischen Bankenmenschen gesprochen. Er sieht die Sache freilich kritisch. Es laufen ihm die kreativen Kunden davon. Früher entschied die Bank, ob ein Erfinder Geld bekam oder nicht. Es mussten Sicherheiten präsentiert werden und so manche Idee blieb auf der Strecke, weil die Idee alleine bei Banken nicht immer ausschlaggebend ist,
Das Netz hat diese Welt geändert. Im positiven Sinne: Wenn jemand von seiner Idee überzeugt ist, dann kann er die Werbetrommel rühren und Geld sammeln. Es kommt auf seine Vernetzung an. Crowdfunding übers Netz funktioniert nur, wenn man logischerweise richtig vernetzt ist und die richtige Plattform wählt.
Für mich ist Crowdfunding außerdem die beste Art von Marktforschung. Potenzielle Kunden bekennen sich bereits am Anfang zu einem Produkt. Ich spare mir als Erfinder eine teure und umständliche Marktforschung, bei der nur andere verdienen und ich zahlen muss. Beim Crowdfunding liegt es am Erfinder selbst, ob er genügend Unterstützer aktivieren und vor allem überzeugen kann. Dies geschieht mit ausführlichen Projektbeschreibungen, Texte, Zeichnungen, Bilder und einem Videoclip.
Allerdings ersetzt Crowdfunding nicht das betriebswirtschaftliche Wissen um ein Projektt. Dieses Knowhow haben die Banken über Jahre gesammelt. Und hierauf setzen die Banken weiterhin.
Dennoch habe ich bei einigen Crowdfunding-Projekten mitgemacht. Bei einigen Plattformen bin ich dabei und habe für mich interessante Projekte unterstützt. Ein paar sind gescheitert, aber einige wurden verwirklicht. Bisher die besten Projekte für mich habe ich bei der Plattform Kickstarter gefunden. Regelmäßig schaue ich die App nach interessanten Angeboten durch und ich bin begeistert, auf welche Ideen die Leute kommen.
Mein erstes Projekt war eine CD-Edition von Chris Huelsbeck, den ich seit meinen Commodore-Zeiten als Musikant verehre. Er brachte eine CD-Box seines Klassikers Turrican Soundtrack Anthology über Kickstarter in meine Hände. Als Unterstützer, Backer genannt, bekam ich zudem noch ein Autogramm. Huelsbeck brachte 175.534 US-Dollar zusammen, er benötigte nur 75.000 US-Dollar. Vielleicht hätte Chris Huelsbeck das Geld für seine CD-Box auch über klassische Finanzierungswege zusammen bekommen. Aber über Crowdfunding machte es mehr Spaß und ich sehe als Unterstützer immer den Fortgang der Dinge. Übrigens, die CD-Box ist eine Offenbarung für Retro-Fans.
Es folgten weitere Projekte, bei denen ich mitmachte. Da war beispielsweise ein Retro-Kartenspiel mit alten Computermodellen – ich habe darüber gebloggt. Als Fan alter Rechner war ich von der Idee begeistert, schließlich brachte ich einstmals auch Retro-Kalender heraus.
Dann wird hoffentlich irgendwann ein Panoramakopf für meine Nikon geliefert, der eigentlich vor über einem Jahr fertig sein sollte. Meine Panorama-Leute sammelten 412.998 US-Dollar – brauchen aber nur 50.000 US-Dollar für die Produktion. Bei diesem Projekt habe ich gelernt, dass die Zeitangaben in den Projekten nicht immer richtig sind. Bei der Verwirklichung der Projekte kann es natürlich zu unvorhersehbaren Zwischenfälle kommen.
In Produktion ist gerade ein Buch des großen Rockfotografen Elliott Landy mit Aufnahmen von The band. Landy bekam 193.626 US-Dollar zusammen, brauchte 65.000 US-Dollar. Das Buch über die große amerikanische Band ist derzeit im Druck.
Im Moment habe ich beim Neil Youngs Hardware-Projekt Pono mitgemacht. Zum Zeitpunkt dieses Blogs sind 2.240.093 US-Dollar eingegangen und benötigt werden nur 800.000 US-Dollar. Und das Projekt läuft noch einige Zeit. Auf jeden Fall kann der Musikplayer produziert werden. Er soll einen fetten, glasklaren Sound liefern. Als Musikfan kann ich diese Initiative von Neil Young nur unterstützen. Im Oktober 2014 soll ich meinen Pono Player mit einem Autogramm der Woodstock-Kameraden Crosby, Still und Nash in den Händen halten.
Ein Typ wie Neil Young hat natürlich PR en Masse. In seinem Unterstützungsvideo treten berühmte Musiker auf. Unbedingt mal ansehen, auch wenn man keinen Player braucht.
Nachdem ich als Unterstützer nun zahlreiche Projekte begleitet habe, überlege ich einmal selbst ein Projekt über Crowdfunding zu finanzieren. Die Möglichkeit gibt es, also ergreifen wir einmal die Gelegenheit.