Posts Tagged ‘Panorama’

Die braune Hetze im Netz – ich hab es satt

10. August 2015
Ohne Worte

Ohne Worte

Im Großen und Ganzen kommt in diesem Blog wenig Politik vor. Ab und zu schreibe ich etwas zur Netz-, Kultur- und auch Bildungspolitik. Aber heute platzt mir der Kragen. Mir wird ganz anders, wenn ich in den sozialen Netzwerke die bewusste und unbewusste Hetze gegen Flüchtlinge beobachte. Ja, dieses Land hat Probleme. Es sind Probleme des Kopfes.
Vermehrt lese ich in Facebook und anderen Netzwerken dumpfe, ganz dumpfe Sprüche. Es beginnt mit so Kommentaren „ein Deutscher macht das nicht“ und endet mit dem klaren Aufruf zum Rassenhass. In welchem Land lebe ich bloß? Meine Eltern haben mich erzogen, Achtung vor dem Leben zu haben. Was haben diese Leute für eine Kinderstube?
Dann lese ich von Gerüchten über Vergewaltigungen. Es wird eine Geschichte in Holzkirchen publiziert, die sich als Ente herausstellt. Asylbewerber führen sich auf wie Sau. Diese erfundenen Berichte müssen dann von der Polizei dementiert werden. Einfach etwas erfinden und die dumme Meute verbreitet es. Dumpfer Nationalismus im Netz. Und dabei sind es nicht mal anonyme Sites und Profile (wie sonst üblich), sondern es wird offen mit Klarnamen gehetzt. Es wird gezündelt, mal verbal, mal real.
In meine Timeline bei Facebook werden Kommentare gespült, die ich nicht unkommentiert lassen will, die ich nicht unkommentiert lassen darf. Den Anfang machten Irrläufer von Pegida und Co. Nachplappern, was braune Hintermänner ersinnen. Immer wieder führe ich Diskussionen im Netz und stelle erschrocken fest, dass Alexander v. Humboldt recht hatte: „Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die Weltanschauung der Leute, welche sich die Welt nie angeschaut haben.“ Das widert mich an.
Unsicherheit spüre ich. Unsicherheit vor Veränderung, vor dem Neuen. Krampfhaft bewahren statt die Zukunft zu gestalten – dies haben sich viele Leute auf ihre Fahnen geschrieben und folgen einfachen Parolen. Leute, was glaubt ihr? Die Welt ist nicht einfach. Kein Führer löst ein Problem auf die einfache Art. Ich erinnere mich an den Woody Allens Film Manhattan und muss lachen, wenn es nicht so traurig wäre:

Die Welt ist in Bewegung. Auf diese Veränderungen mit Angst zu reagieren, ist falsch. Angst war nie ein guter Ratgeber, egal bei welchen Entscheidungen. Ich habe neulich wieder das Buch A Tale of Two Cities von Charles Dickens gelesen, in dem er die Zeiten der französischen Revolution beschreibt. Der Text beginnt treffend: „Es war die beste Zeit, es war die schlimmste Zeit; es war das Zeitalter der Weisheit, es war das Zeitalter der Torheit; es war die Epoche des Glaubens, es war die Epoche des Unglaubens; es war die Zeit des Lichtes, es war die Zeit der Finsternis; es war der Frühling der Hoffnung, es war der Winter der Verzweiflung.“
Ich höre von rechten Schreihälsen, dass die Kultur des Abendlandes den Bach runter geht. Meine Frage: Was habt ihr mit Kultur zu tun? Was habt ihr mit Werten zu tun? Was haben euch eure Eltern vermittelt?
Zuhören und Konsens finden, das haben mich meine Eltern gelehrt. Das haben mich meine Lehrer in der Schule gelehrt. Toleranz war wichtig. Wir stehen in der Tradition von Kant und dessen kategorischen Imperativ: „Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne.“ Wir hatten doch das finstere Mittelalter abgelegt. Und doch habe ich das Gefühl, dass der Malleus Maleficarum für viele noch gilt, eben ein Hexenhammer in abgewandelter Form. Einfache Rezepte gegen eine sich ändernde Welt.
Da tut ein Kommentar von Anja Reschkes vom NDR gut, auch wenn ich ihre Art der Moderation in der TV-Sendung Panorama sonst nicht so mag.

Bei uns in Bayern habe ich die Libertas Bavariae schätzen gelernt. Leben und leben lassen – und für die Preußen gilt der Spruch von Friedrich II.: „Jeder soll nach seiner Fasson selig werden“ Aber was zu weit geht, geht zu weit. Hetze hat nichts mit freier Meinungsäußerung zu tun.
In Facebook muss ich schlucken, wenn ich diesen Hass lese. Ob ich will oder nicht, muss ich mich bei den Posts in Facebook mit dem amerikanischen Kulturbegriff auseinandersetzen. Das tut mir manches Mal weh. Hin und wieder melde ich bei Facebook Personen, die mir als Demokrat gegen den Strich gehen. Aber oftmals vergeblich. Das US-Unternehmen Facebook stuft die freie Meinungsäußerung des Einzelnen höher ein als demokratische Spielregeln. So ist das mit Facebook. Nackte Tatsachen werden geblockt, brutale Hetze ist Meinungsäußerung und bleibt im Netz. Aber dennoch: Viele Kommentare auf Anti-Asyl-Seiten im Netz erfüllen Straftatbestände. Das sächsische Landesamt für Verfassungsschutz stuft inzwischen 53 Facebook-Seiten als rechtsextremistisch ein.
Mit Genugtuung, ich kann es nicht anders sagen, stelle ich fest, dass unsere Staatsanwälte aktiv werden. Ich lese, dass Hetzer im Internet vor deutsche Gerichte gestellt und verurteilt werden. Ein paar Ortschaften weiter zum Beispiel 4500 Euro Strafe für Ausländerhetze in Facebook.
Neulich habe ich von einer Aktion gelesen. Ein User schrieb: „Nazikommentare und anderer Scheiß werden von mir zuerst gescreenshootet und dann gelöscht. Danach werde ich daraus einen eigenen Beitrag machen, mit einem Bild mit all diesen Kommentaren und euch darauf wieder markieren. Und eure Arbeitgeber und Schulen. Und dann könnt ihr das ja mal gern im richtigen Leben ausdiskutieren, was ihr im Netz so absondert.“ Ich denke, dass die Aktion wohl eine Urheberrechtsklage wegen der verwendeten Fotografien einbringt, aber dieser Post zeigt gut, wie sehr die Auseinandersetzungen im Netz skalieren.
Auf klassischen friedlichen Protest setzt meine Bekannte Anett Gläsel-Maslov. Sie ruft via Facebook zur Unterstützung der Aktion #‎1000malwillkommen auf. Es sollen dabei 1000 Fotos zusammenkommen, die den Schriftzug Willkommen in die Kameralinse halten. Hier wird in Facebook ein eindrucksvolles visuelles Zeichen gesetzt.

Crowdfunding – ich finde es super interessant

14. März 2014

Ich finde die Idee des Crowdfundings über das Netz sehr interessant. Es handelt sich um eine Schwarmfinanzierung. Wer eine Idee und einen Plan hat, kann im Netz für sein Projekt Geld sammeln.

Ich habe neulich mit einem hohen bayerischen Bankenmenschen gesprochen. Er sieht  die Sache freilich kritisch. Es laufen ihm die kreativen Kunden davon. Früher entschied die Bank, ob ein Erfinder Geld bekam oder nicht. Es mussten Sicherheiten präsentiert werden und so manche Idee blieb auf der Strecke, weil die Idee alleine bei Banken nicht immer ausschlaggebend ist,

Das Netz hat diese Welt geändert. Im positiven Sinne: Wenn jemand von seiner Idee überzeugt ist, dann kann er die Werbetrommel rühren und Geld sammeln. Es kommt auf seine Vernetzung an. Crowdfunding übers Netz funktioniert nur, wenn man logischerweise richtig vernetzt ist und die richtige Plattform wählt.

Für mich ist Crowdfunding außerdem die beste Art von Marktforschung. Potenzielle Kunden bekennen sich bereits am Anfang zu einem Produkt. Ich spare mir als Erfinder eine teure und umständliche Marktforschung, bei der nur andere verdienen und ich zahlen muss. Beim Crowdfunding liegt es am Erfinder selbst, ob er genügend Unterstützer aktivieren und vor allem überzeugen kann. Dies geschieht mit ausführlichen Projektbeschreibungen, Texte, Zeichnungen, Bilder und einem Videoclip.

Allerdings ersetzt Crowdfunding nicht das betriebswirtschaftliche Wissen um ein Projektt. Dieses Knowhow haben die Banken über Jahre gesammelt. Und hierauf setzen die Banken weiterhin.

Dennoch habe ich bei einigen Crowdfunding-Projekten mitgemacht. Bei einigen Plattformen bin ich dabei und habe für mich interessante Projekte unterstützt. Ein paar sind gescheitert, aber einige wurden verwirklicht. Bisher die besten Projekte für mich habe ich bei der Plattform Kickstarter gefunden. Regelmäßig schaue ich die App nach interessanten Angeboten durch und ich bin begeistert, auf welche Ideen die Leute kommen.

Foto 1

Mein erstes Projekt war eine CD-Edition von Chris Huelsbeck, den ich seit meinen Commodore-Zeiten als Musikant verehre. Er brachte eine CD-Box seines Klassikers Turrican Soundtrack Anthology über Kickstarter in meine Hände. Als Unterstützer, Backer genannt, bekam ich zudem noch ein Autogramm. Huelsbeck brachte 175.534 US-Dollar zusammen, er benötigte nur 75.000 US-Dollar. Vielleicht hätte Chris Huelsbeck das Geld für seine CD-Box auch über klassische Finanzierungswege zusammen bekommen. Aber über Crowdfunding machte es mehr Spaß und ich sehe als Unterstützer immer den Fortgang der Dinge. Übrigens, die CD-Box ist eine Offenbarung für Retro-Fans.

Foto 2

Es folgten weitere Projekte, bei denen ich mitmachte. Da war beispielsweise ein Retro-Kartenspiel mit alten Computermodellen  – ich habe darüber gebloggt. Als Fan alter Rechner war ich von der Idee begeistert, schließlich brachte ich einstmals auch Retro-Kalender heraus.

retro

Dann wird hoffentlich irgendwann ein Panoramakopf für meine Nikon geliefert, der eigentlich vor über einem Jahr fertig sein sollte. Meine Panorama-Leute sammelten 412.998 US-Dollar – brauchen aber nur 50.000 US-Dollar für die Produktion. Bei diesem Projekt habe ich gelernt, dass die Zeitangaben in den Projekten nicht immer richtig sind. Bei der Verwirklichung der Projekte kann es natürlich zu unvorhersehbaren Zwischenfälle kommen.

In Produktion ist gerade ein Buch des großen Rockfotografen Elliott Landy mit Aufnahmen von The band. Landy bekam 193.626 US-Dollar zusammen, brauchte 65.000 US-Dollar. Das Buch über die große amerikanische Band ist derzeit im Druck.

pono

Im Moment habe ich beim Neil Youngs Hardware-Projekt Pono mitgemacht. Zum Zeitpunkt dieses Blogs sind 2.240.093 US-Dollar eingegangen und benötigt werden nur 800.000 US-Dollar. Und das Projekt läuft noch einige Zeit. Auf jeden Fall kann der Musikplayer produziert werden. Er soll einen fetten, glasklaren Sound liefern. Als Musikfan kann ich diese Initiative von Neil Young nur unterstützen. Im Oktober 2014 soll ich meinen Pono Player mit einem Autogramm der Woodstock-Kameraden Crosby, Still und Nash in den Händen halten.

pono1

Ein Typ wie Neil Young hat natürlich PR en Masse. In seinem Unterstützungsvideo treten berühmte Musiker auf. Unbedingt mal ansehen, auch wenn man keinen Player braucht.

Nachdem ich als Unterstützer nun zahlreiche Projekte begleitet habe, überlege ich einmal selbst ein Projekt über Crowdfunding zu finanzieren. Die Möglichkeit gibt es, also ergreifen wir einmal die Gelegenheit.