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Zwei Tage Streaming aus dem Wohnzimmer zur US-Wahl

5. November 2020
Zusammen mit Erich Kornberger von der HSS führte ich ein Streaming-Seminar zur US-Wahl durch.

Eigentlich hätte es ein ganz normales Seminar über die US-Wahl werden sollen, doch Corona machte mir einen Strich durch die Rechnung. Das Präsenzseminar fiel aus, dafür zogen wir eine zweitägige Streaming-Veranstaltung auf. Und was soll ich sagen: Das war ein voller Erfolg.

Die Schicksalswahl in den USA, so hieß der Seminartitel und zusammen mit einem Kollegen stellte ich ein Seminarprogramm für meinen Kunden Hanns-Seidel-Stiftung auf die Beine, das sich sehen lassen konnte. Mehrere Referenten wurden aus den USA, Berlin, Nürnberg und Garmisch zugeschaltet. Als Konferenzsoftware wählten wir Zoom. Am Wahltag waren von 15 bis 0 Uhr rund 80 Teilnehmerinnen und Teilnehmer dabei, am darauffolgenden Tag waren es noch 35, die den Vorträgen, Interviews, Analysen und Gesprächen lauschten und sich via Chat aktiv beteiligten.

Doris Ortlieb betreute im Hintergrund den Chat. Blickkontakt war wichtig, um sofort auf Fragen zu reagieren.

Aus Platzgründen baute ich mein Streaming-Studio im Wohnzimmer auf, nachdem es in meinem Arbeitszimmer zu beengt gewesen war. Greenscreen, zwei Softboxen und ein Ringlicht baute ich ebenso auf, wie eine 4K-Kamera Logitech Brio sowie aufgrund von Corona mehrere Stehpulte wegen des Abstands. Regelmäßiges Lüften war immer gewährleistet. Hier ein Zeitraffervideo vom Aufbau:

Mein Auftraggeber Erich Kornberger von der HSS kam in mein improvisiertes Heimstudio und überzeugte sich von der digitalen Seminaridee.

Zusammen mit meinem Co-Referenten und der Moderatorin Doris Ortlieb entwickelten wir im Vorfeld ein abwechslungsreiches Seminarprogramm. Es war didaktisch aufgebaut und wechselte zwischen klassischen Vorträgen, Interviews und lockeren Talks. Dazwischen gab es in regelmäßigen Abständen Newsflash-Einschübe, wo wir direkt auf die dpa und US-Medien wie die Analysen hinter der Paywall der New York Times und Washington Post sowie Politico, C-Span und CNN zugriffen und sie den Zuschauerinnen und Zuschauern erläuterten. Wir hatten einen festen Zeitplan aufgebaut, den es strikt einzuhalten galt. Die Studiouhr Divoom Pixoo immer im Blick war ich Moderator, Referent, Talkmaster, Anchorman und Producer zugleich. Es war ein bisschen wie Fernsehen.

Engagiert: Politikwissenschaftler Dr. Charles Weston

Nach der Vorstellung der Kandidatenteams Trump/Pence und Biden/Harris kam die erste Schalte zum Politikwissenschaftler Dr. Charles Weston. Der US-Amerikaner lebt seit langem in Deutschland und beschrieb das für Deutsche ungewohnte US-Wahlsystem mit seinen Wahlmännern. Nicht derjenige Kandidat, der die meisten Stimmen hat, ist der Gewinner, sondern derjenige, der die meisten Wahlmänner hinter sich vereinigt.
Mit deutlichen Worten ging Dr. Josef Braml, renommierter Politikwissenschaftler und US-Experte aus Potsdam, auf die politische Bilanz der vier Jahre Trump-Präsidentschaft ein. Deutschland müsse sich entscheiden, ob man bei den USA oder bei China stehe, egal wie die Wahl ausgeht.

US-Experte Dr. Josef Braml – wie immer provokant und engagiert.

Über das Phänomen Briefwahl referierte ich und schalteten wir in die USA zu Christian Forstner, dem Büroleiter Washington der HSS. Er war gegenüber dem Washington Monument und berichtete live von seinen Eindrücken aus dem US-Wahlkampf. Sehr authentisch und lebhaft stellte er die Arbeit der politischen Stiftung in den USA vor. Ich überbrückte eine halbe Stunde mit politischen Karikaturen über Trump bis Christian Forstner zum Weißen Haus gefahren war. Vor dem abgesicherten Regierungssitz ging er live für uns wieder auf Sendung und schilderte uns seine Eindrücke.

Über die Black Lives Matter-Bewegung und das Geschäftsmodell US-Gefängnis referierte mein Kollege aus Nürnberg und brachte immer wieder per Newsflash aktuelle Zahlen aus der Wahl.

Martin Stein aus Seattle zeigte uns den Wahlschein.

Mein ehemaliger Chefredakteurskollege der MACup und heutige Führungskraft beim KI-Dienstleister definedcrowd Martin Stein berichtete aus Seattle über den Wahlprozess. Martin hat seit zwei Jahren auch die US-amerikanische Staatsbürgerschaft und konnte 2020 das erste Mal einen US-Präsidenten wählen.

Ein Würzburger in NYC: Oli Grieb von Olidaytours.

Den Abschluss des ersten Seminarabends machte der New Yorker-Tourguide Oli Grieb. Der gebürtige Würzburger arbeitet mit Olidaytours als Touristenführer in der Stadt, die niemals schläft. Er erzählte uns von seinem heutigen Besuch in New York. Dort wurden Nobelgeschäfte mit Spanplatten aus Sorge vor Randale verbarrikadiert. Oli stellte uns einige Fotos zur Verfügung. Vielen Dank.

Um 0 Uhr war dann Schluss mit unserer Zoom-Übertragung des ersten Tages. Die Technik lief reibungslos, das Netz war stabil. Der Abend endete mit einem Umtrunk und die Anspannung löste sich.

Am Mittwochmorgen ging es um 8 Uhr via Zoom gleich wieder weiter. Das Team hinter und vor der Kamera war gleich, allerdings mit starkem Kaffee nach einer kurzen Nacht ausgerüstet. Nach aktuellen Zahlen gab ich ein paar subjektive Buchtipps zu Trump und stellte die Bücher Zu viel und nie genug von Trumps Nichte Mary L. Trump, die Bücher Wut und Furcht von Reporterlegende Bob Woodward und Feuer und Zorn von Westwing-Insider Michael Wolff vor. Wer sich üble schmutzige Tricks antun will, dem empfahl ich das Buch Die Wahl des Präsidenten: von Dreckschleuder Roger Stone. Tags zuvor verwies ich auch auf die Analyse von André Haller aus den politischen Studien der HSS.

Die Vorträge wurden durch Newsflash-Einblendungen ergänzt.

Christian Forstner meldete sich aus seinem Washingtoner Homeoffíce – für ihn war es 2 Uhr nachts. Die Politikwissenschaftler Dr. Charles Weston und Dr. Josef Braml arbeiteten die neuesten Ergebnisse auf. Alle wiesen auf das gute Abschneiden von Trump hin. Die Wahlprognosen im Vorfeld stimmten auch 2020 nicht. Wie immer bleibt das amerikanische Wahlsystem mit dem Electoral College ein großer Unsicherheitsfaktor in den Prognosen. Die Kandidaten Trump und Biden lieferten sich ein Kopf an Kopf Rennen.

HSS-Vorsitzender Dr. Markus Ferber schaltete sich aus Berlin zu.

Eine besondere Ehre wurde dem Seminar zuteil, als sich der HSS-Vorsitzende und Europaabgeordnete Dr. Markus Ferber aus Berlin via Zoom dazuschaltete. Die HSS werde die Digitalisierung der politischen Bildung aktiv gestalten.

Das Streaming-Seminar zur US-Wahl hat prima geklappt. Hier bin ich im Gespräch mit dem Europaparlamentarier und HSS-Chef Markus Ferber.

Dieses digitale Seminar zur US-Wahl, das spontan aus der Not entstanden war, ist ein Beispiel für diesen Weg. Zugegeben, wir waren stolz über das Lob des Vorsitzenden und auch über die Glückwünsche der Seminarteilnehmer im Chat. Das sind neue Wege der politischen Bildung und ich bin dankbar, dass ich diesen Weg als Referent und Ideengeber mitgehen darf.


Buchtipp: Zu viel und nie genug von Mary L. Trump

28. Oktober 2020

Wenige Tage vor der US-Wahl habe ich das Buch Zu viel und nie genug der Trump-Nichte Mary L. Trump ausgelesen und es lässt mich entsetzt zurück. Dass Donald Trump nicht die hellste Kerze am Kuchen ist, das habe ich geahnt. Aber wie schlimm die Familie Trump ist, wurde mir erst durch dieses lesenswerte Buch aufgezeigt, das mir der Heyne Verlag zur Verfügung gestellt hat.

Die promovierte klinische Psychologin beschreibt ihre eigene Familiengeschichte. Natürlich läuft in jeder Familie nicht alles rund, aber bei Familie Trump ist die verfahrene Familiensituation der Auslöser allen Übels. Das soll das Verhalten des US-Präsidenten nicht entschuldigen, aber ich kann es nach der Lektüre dieses Buches Zu viel und nie genug nachvollziehen.
Zu viel und nie genug beschreibt nicht den Politiker Donald Trump – das machen ausgebildete Journalisten wie der große Bob Woodward mit seinen beiden Bücher Furcht und Wut ausgezeichnet. Mary L. Trump zeichnet ein intimeres Bild ihres Onkels und ich bin mir sicher: Sollte Donald das Buch von Mary gelesen haben, dann liegen familiäre Bindungen auf Eis. Mary L. Trump rechnet mit ihrer Familie ab. Aber es ist keine kaltschnäuzige Abrechnung aus dem Bauch, sondern sie setzt alles in Beziehung zueinander und erklärt, wie das Familienleben im Trump-Clan so abläuft.

Die Wurzel allen Übels liegt in Donalds Vater Fred. Der Immobilien-Tycoon regierte seine Familie und sein Unternehmen mit harter Hand. Liebe gab es nicht, Freundlichkeiten waren Fehlanzeige. Und in der Erziehung zeigte sich, dass Lüge zum Tagesgeschäft gehört. „Wie für Donald üblich, war die Story wichtiger als die Wahrheit, die leichtherzig geopfert wurde, vor allem, wenn eine Lüge die Geschichte besser klingen lässt“, heißt es bei Mary Trump. Fred Trump wusste, wie man Politiker abhängig machen konnte und „Wie man zur richtigen Zeit einen Gefallen einfordert.“ Fred Trump ist mit seinen Sozialbauten reich geworden und kassierte staatliche Gelder für seine Vorhaben. „Fred bekam sein Geschäft durch Geld vom Staat finanziert aber Steuern zahlen war nicht seine Sache, das vermied er mit allen Mitteln.“ Komisch, das erinnert mich dann doch an Donald Trump. „Für Fred Trump waren Geldwert, Selbstwert und menschliche Werte ein und dasselbe. Je mehr er hatte, desto besser war er. … Diese Einstellung bekam Donald schaufelweise von ihm eingetrichtert.“

Über seinen Vater Fred und den Mafia-Anwalt Roy Cohn lernte Donald das dreckige Spiel des Mobbings und des Dreckwerfens. So lässt sich die Autorität des Gegners durch Mobbing untergraben. Und Donald lernte von den Besten und war ein gelehriger Schüler. Klare Leseempfehlung von Zu viel und nie genug

Buchtipp: Furcht von Bob Woodward

10. April 2019

Ich empfehle die Lektüre von Furcht.

Ich empfehle die Lektüre von Furcht.

Nach der Lektüre dieses Buches habe ich Angst bekommen. Furcht, ja ich habe Furcht gelesen und Furcht bekommen. Für mich ist das Buch von Bob Woodward DAS politische Buch des Jahres 2018. Es zeigt eindrucksvoll, welch labile Persönlichkeit der US-Präsident Donald Trump ist.
Das gefällt mir nicht, aber ich muss mich damit abfinden, dass die Weltmacht USA von einem labilen, rachsüchtigen Egomanen geführt wird. Mit Abscheu müsste ich mich eigentlich von so einem Menschen abwenden, aber das Buch Furcht: Trump im Weißen Haus hat mich in seinen Bann gezogen und ich konnte es nicht aus der Hand nehmen. Immer wieder setzte ich beim Lesen ab und dachte mir: „Das kann doch nicht sein. So schlimm kann doch ein Mann nicht sein, der das mächtigste Amt der Erde inne hat.“ Doch leider ist es wohl so. Ich habe Vertrauen zu Bob Woodward, dass die recherchierten Hintergründe sich so zu getragen haben, wie im Buch beschrieben. Das Buch wurde mir vom Verlag kostenlos zur Rezension zur Verfügung gestellt.
Das Duo Bob Woodward und Carl Bernstein war der Grund, warum ich den Beruf des Journalisten ergriffen habe. Die beiden Watergate-Aufdecker faszinierten mich, inspirierten mich, motivierten mich. Ihr Buch All the President’s Men ist ein Klassiker des investigativen Journalismus. Ich halte meine Ausgabe in Ehren. Sobald einer der beiden Autoren ein Buch veröffentlichen, hatte ich es mir gekauft und verschlungen. Bob Woodward ist dabei der intensivere Schreiber.
Mit Furcht hat er seine Eindrücke über Donald Trump veröffentlicht und mit dem USA-Experten Dr. Josef Braml habe ich immer wieder über diese neue Art von Politik gesprochen. Es ist eine Politik der Stärke. Die alten Bündnisse wie Handelsabkommen oder NATO werden sich unter diesem neuen US-Präsidenten verändern und wir müssen sie als Europäer gemeinsam mitgestalten oder wir werden vor vollendeten Tatsachen gestellt. Die Welt ändert sich.
Diese Transformation hat Bob Woodward in seinem Buch hervorragend dargestellt. Es zeigt, wie Trump sein Personal auswählt. Viele der im Buch beschriebenen Persönlichkeiten gibt es schon lange nicht mehr in ihrer Funktion. Das Personalkarussell unter Trump dreht sich schnell, sehr schnell. Während ich diese Zeilen tippe, trat gerade die Heimatschutzministerin der USA, Kirstjen Nielsen, zurück. Präsident Trump gab dies auf Twitter bekannt. Die Ministerin spielte in der umstrittenen Einwanderungspolitik des Präsidenten eine zentrale Rolle. Medienberichten zufolge äußerte sich Trump aber wiederholt unzufrieden über sie und warf ihr fehlende Härte vor. Sie hatte das Heimatschutzministerium eineinhalb Jahre lang geführt. Tags darauf musste der Chef des Secret Service gehen.
Da ist es wieder, dieses Twitter. Trump hat verstanden, wie soziale Netzwerke funktionieren. Für ihn sind viele klassische Massenmedien wie CNN, New York Times oder Washington Post einfach nur FakeNews. Er überspringt die Medien und wendet sich via Twitter direkt an seine Gefolgschaft. Auch ich folge Donald Trump auf Twitter, um zu wissen, was der Herr im Weißen Haus so alles macht. Ob mir die Art der Kommunikation gefällt? Eher nicht, aber ich muss mich wohl mit dem neuen Stil abfinden.
Und diesen Stil beschreibt Bob Woodward sehr gut in seinem Buch. Trump will nicht zuhören, er will schnelle Entscheidungen und keine oberlehrerhaften Belehrungen. Er will Deals machen, Verwaltung soll wie ein Wirtschaftsunternehmen geführt werden. Widerspruch oder eine andere Meinung ist wohl nicht angebracht. Der Vorteil ist aber auch, dass Trump in seiner Art schnell Entscheidungen vergisst. Und auch das ist dramatisch. Der Umgangston innerhalb der Regierung ist unterirdisch. Streit, Beschimpfungen, Beleidigungen sind an der Tagesordnung. Der ehemalige Stabschef John Kelly nennt seinen Chef einen „Idioten“. James Mattis, der ehemalige Verteidigungsminister meint, dass Trumpf eine „Aufnahmefähigkeit und das Verhalten eines Fünft- oder Sechstklässlers“ habe. Das sind schon heftige Aussagen über den mächtigsten Mann der Welt. Aber auch der teilt aus: Der ehemalige Justizminister Jeff Sessions wurde von Trump als „geistig zurückgeblieben“ bezeichnet. Das ist kein gutes Bild über eine handlungsfähige Regierung.
Der rechtsaußen Stratege Steve Bannon ist immer für einen handfesten Streit gut. Er forderte andere auf, einen Faustkampf auszutragen. Fremdschämen war bei mir angesagt, als sich Steve Bannon mit Ivanka Trump fetzte und sie dann schrie: „Ich bin nicht irgendeine Mitarbeiterin. Ich werde es auch niemals sein. Ich bin die First Daughter.“ Köstlich, aber dramatisch.
Bei einer Passage musste ich schlucken. Es geht um die umstrittene Aufkündigung des Handelsabkommens mit Südkorea. Ein Stabsmitarbeiter klaute diesen Brief vom Schreibtisch des Präsidenten, damit das Handelsabkommen nicht gekündigt wird. Dass Woodward dieses Vorgehen beschreibt ist journalistisch ein Hammer, verhindert aber künftig Aktionen zum Schutz von US-amerikanischen Interessen.
Schade, dass es Woodward nicht gelang, mit Trump direkt zu sprechen, obwohl er sich bemüht hatte. Erst in der Drucklegung gelang ihm ein Telefonat mit dem US-Präsidenten, der zunächst offen war, dann aber auf seine These zu FakeNews beharrte.

Für mich ist Furcht: Trump im Weißen Haus ein hervorragendes Buch, das mich massiv aufgeregt hat. Und trotz der Veröffentlichung durch die Reporterlegende Bob Woodward bin ich pessimistisch, dass sich der Regierungsstil von Trump ändert.

Musiktipp: Is This The Life We Really Want? von Roger Waters

19. Juni 2017

Eine gefühlte Ewigkeit ist es her, seitdem Roger Waters, ehemaliges Mitglied von Pink Floyd, ein Album mit neuem Material veröffentlicht hat. Jetzt war es wieder soweit: Is This The Life We Really Want?
Hm, nach einigen Malen hören bin ich auf der einen Seite begeistert, auf der anderen Seite enttäuscht. Begeistert, weil Waters seine Songwriter-Qualitäten und seinen kritischen Geist nicht verloren hat. Enttäuscht, weil Waters außer Gejammere und Kritik keine Alternativen bietet.
Zunächst mag ich das Album. Es ist ruhig und kommt nachdenklich daher. Die Songs klingen, wie Songs von Roger Waters klingen sollen: Eindringlich, musikalisch eher in ruhigen Gewässern zu finden. Wer die Vorgängeralben The Pros and Cons of Hitch Hiking von 1984, Radio K.a.O.S. von 1987 und Amused to Death von 1992 mochte, der ist mit Is This The Life We Really Want? gut bedient. Der typische Song ist von der ersten Minute zu hören, ein paar Effekte hier, ein paar Einspielungen da und die typische Bass/Schlagzeug-Kombo im Hintergrund. Wer Pink Floyd mochte, der kann das neue Roger Waters Album mögen, muss es aber nicht. Für Floyd fehlt eben der Konterpart David Gilmour beim Songwriting, der ein wenig mehr Rock’n Roll in die Sache gebracht hat. Von Syd Barrett will ich gar nicht reden.
Das Album konnte ich nicht nebenbei hören. Roger Waters fordert volle Aufmerksamkeit. Der einzige Song, der gleich ins Ohr geht, mag vielleicht Smell the Roses sein, das auch mein Anspieltipp ist. Die anderen Songs brauchen ihre Zeit, um die Struktur und die Schönheit zu erkennen. Waters zwang mich, den Kopfhörer aufzusetzen und mich zu konzentrieren – und dann zu genießen.
Der CD lag ein Booklet bei, um den Gedanken von Roger Waters folgen zu können. Nachdem er sich bei Amused to Death dem legendären Thesen von Neil Postman gewidmet hat, kommt bei Is This The Life We Really Want? die große Antikriegskeule. Waters ist – oh Wunder – gegen Trump und die Mächtigen der Welt. Er wettert gegen den Hass und Diskriminierung. Oft spricht er mir aus der Seele. Alleine und ohnmächtig gegen die Herrschenden, er greift die Themen unserer Zeit wie Flüchtlinge und die Ursachen der Flucht auf, er erzählt die Geschichten vom Tod im Bombenhagel und in typischer Roger Waters Manier erhebt er den moralischen Zeigefinger. Ich wurde wieder wütend, als ich mir das Grauen dieser Welt ins Bewusstsein rief. Dafür bin ich Roger Waters dankbar, dass er diese Wut in mir aufsteigen lässt. In the Last Refugee erinnert er an den kleinen Flüchtingsjungen, der im September 2015 tot an den Strand gespült wurde.
Es sind Zeilen wie: „Picture a shithouse with no fucking drains! Picture a leader with no fucking brains!“, die mich aufrütteln. Früher nannte man das Punk, doch die Musik ist alles andere als Punk.
All das wirkt auf mich als Zuhörer. Das ist gut, aber er lässt den Zuhörer dann allein. Er bietet keine Lösung an, er jammert und kritisiert, aber zeigt keinen Weg aus der Misere. Die Liebe als Ausweg ist mir irgendwie zu wenig. Und daran krankt dieses Album meiner Meinung nach. Es ist einfach sich hinzustellen und zu kritisieren, aber es muss mehr sein als die Aussage, ob das das Leben sei, dass ich wirklich haben wollte. Und darum tu ich mich mit diesem Roger Waters Werk schwer. Ich bin hin und her gerissen, denn eigentlich mag ich den 73jährigen. Seine Aussagen zu Israel teile ich zwar nicht, aber zumindest hat der Punker Roger Waters eine politische Meinung und eckt an. Und wenn er 2018 wieder mal auf Tour gehen sollte, werde ich wohl dabei sein, wie damals bei seiner Interpretation von the Wall, nachzulesen in meinem Blog.
Jetzt werde ich aber erst wieder in meinen Hass und meiner Wut ergötzen, wenn ich mir Is This The Life We Really Want? anhöre.

100 Tage Donald Trump – Humor als verzweifelter Ausweg

1. Mai 2017

Trump macht den Mund ganz weit auf.

Trump macht den Mund ganz weit auf.

Bei einem meiner Vorträge in einer Schule über Medienkompetenz diskutierte ich mit Schülern über FakeNews. Eine Frage traf voll ins Schwarze: „Warum belügt uns der US-Präsident? Warum diskutieren wir hier über FakeNews und eine Institution gibt uns alternative Fakten?“  Es ist schwer, eine solche Frage zu beantworten, denn aus meiner Sicht hat der Schüler recht. In meinen Vorträgen setze ich mich für Werte ein und einer der wichtigsten Menschen auf diesen Planeten wirft mit schamlosen Lügen um sich.

100 Tage Donald Trump lassen mich nachdenklich werden. Natürlich muss nicht jeder meiner Meinung sein. Eine Demokratie lebt von dem Austausch, doch Regeln des Anstandes und der Wahrheit gehören einfach dazu. Der alte Kant ist für mich immer noch gültig.

Simpsons nehmen sich 100 Tage Trump an
Die Simpsons haben trotz ihrer Heimat bei Fox einen hervorragenden Spot über die ersten 100 Tage gedreht – ein Spot, der mir Angst macht. Ich flüchte mich in Humor und ich verzweifle. Ich lausche den politischen Kommentatoren in Presse, Funk und Fernsehen und online. Und ich verzweifle noch mehr. Eigentlich oft die gleiche Meinung: Donald Trump hat keinen brillanten Start hingelegt – und das ist höflich ausgedrückt. Er soll selbst gesagt haben, dass er geglaubt habe, die US-Präsidentschaft sei einfacher. Nun ja.


Ich war vor der Amtseinführung von Trump in den USA und ich bin froh darüber. Denn die USA ist ein tolles Land, ich habe so viele positive Eindrücke. Doch die USA verändern sich, so mein Eindruck. Das Land, das uns die Freiheit nach dem Zweiten Weltkrieg gebracht hat, verändert sich – und nicht zu seinem Vorteil. Und Donald Trump beschleunigt diese Veränderung. Persönlich habe ich deshalb beschlossen, auf absehbare Zeit auf Reisen in die USA zu verzichten.
Make America Great Again – das habe ich bei meinem USA-Aufenthalt oft gehört. Nationalismus ist der falsche Weg.

MAD Sonderheft zu 100 Tage Trump

Eine interessante Antwort auf Donald Trump gibt die Satirezeitschaft MAD. In diesem Jahr feiert das MAD-Magazin in Deutschland sein 50. Jubiläum. Das Magazin, das hierzulande unter Herbert Feuerstein als Chefredakeur groß wurde, zu Beginn der 1990er Jahren dann jedoch an Lesern verlor und kurzzeitig sogar vom Markt verschwand, wurde 1998 vom Dino Verlag wiederbelebt. 2003 übernahm Panini die Rechte für die Veröffentlichung in Deutschland und sorgt seitdem für regelmäßigen Satire-Nachschub. Auf jeden Fall hat MAD eine Sonderausgabe zu Donald Trump mit einer 80.000 Auflage herausgebracht.

Ich habe das neue MAD Sonderheft zu Trump vom Verlag erhalten und gelesen. Humor ist die richtige Antwort.

Ich habe das neue MAD Sonderheft zu Trump vom Verlag erhalten und gelesen. Humor ist die richtige Antwort.

Ich habe ein Besprechungsexemplar vom Verlag angefordert und dankend erhalten. Und wahrscheinlich scheint Humor und Satire die richtige Antwort auf Donald Trump zu sein. Ein ganzes Heft über Donald Trump – eigentlich ja nicht auszuhalten. Wir haben es in der Familie gelesen und ich habe mich köstlich amüsiert. K1 hat dagegen viele Witze nicht verstanden. Eine gewisse politische Bildung muss wohl vorausgesetzt werden, um dieses Sonderheft zu verstehen. Auch MAD hat sich wohl verändert. Unter Herbert Feuerstein hatte ich es damals als pubertierender Jugendlicher verschlungen und über die Witze gelacht. ich stand sogar in Briefkontakt mit Herrn Feuerstein. Ich muss diese Form der Kundenbindung mal aus meinen Archiv heraussuchen und darüber bloggen. Das vorliegende Sonderheft über Trump ist aber nicht so einfach zu verstehen. Natürlich gibt es die klassischen Sparwitze, aber der Humor ist zeitweise schon tiefgehender und erinnert mich an Titanic.

Am Hauptbahnhof in München wird das MAD-Heft angeboten.

Am Hauptbahnhof in München wird das MAD-Heft angeboten.

Satirisch stellt MAD-Urgestein Ivo Astalos zum Beispiel die Frage, welche Dekrete der unterschriftswütige Präsident noch unterzeichnen wird, Autor Desmond Devlin beäugt mit Zeichner Ward Sutton Trumps Verhältnis zur Bibel und zusammen mit Tom Richmond gibt Devlin Einblicke in das trump’sche Familienunternehmen, während Ward Sutton den Wahlslogan „Make America Great Again“ auf einer Doppelseite um ein paar Facetten erweitert. Matthias Kringe gestaltete ein Trump-An-und-Ausziehpüppchen (inklusive Grapsch-Hand und Twitter Man-Gürtel), damit neben der „ernsten“ Satire auch der Spaß für den Leser nicht zu kurz kommt. Das obligatorische Faltbild schließt das 52-seitige Special ab, das mit einer Cover-Abbildung von Trump und Alfred E. Trump beginnt. Also zahlreiche Ideen, um sich Trump satirisch zu nähern. Ein lesenswertes Presseprodukt, das hier aufgelegt wurde.

Journalismus geht gestärkt hervor
Ach ja Presse. Eines ist Donald Trump zu verdanken. Durch seine alternativen Fakten, Verzeihung Lügen, hat der vierte Stand in den USA wieder an Bedeutung gewonnen. Selten zuvor habe ich soviel Washington Post oder New York Times gelesen oder CNN geschaut wie heute. Die Auflagen der Digitalausgaben der Zeitungen gehen nach oben und unabhängiger Journalismus gewinnt durch Trump. Jetzt war das jährliche Pressedinner im Weißen Haus. Donald Trump nahm daran nicht teil, sondern weilte auf einer Wahlveranstaltung und hetzte die Leute gegen die einige Medien auf. Das ist eines US-Präsidenten unwürdig und eine Schande.

Der US-Präsident hetzt gegen unliebsame Medien.

Der US-Präsident hetzt gegen unliebsame Medien.

New York Reiseführer – Meine Reiseimpressionen Teil 16

25. Januar 2017

Die Entscheidung nach New York zu fahren lag an K2. Im vergangenen September hatte ich groß getönt, wenn der Donald Trump die US-Präsidentschaftswahlen gewinnt, dann fährt die Familie Silvester nach New York. Die große Klappe konnte ich mir leisten, da damals Hillary Clinton ganz weit vorne lag. Am Wahltag schaute ich doof aus der Wäsche und K2 erinnerte mich an mein Versprechen. So wurden Flug und Hotel gebucht, denn Versprechen gilt es einzuhalten.


Mit dem Zeitpunkt begann ich auch, meine New York-Reiseführer aus meinen Archiv herauszuholen. Was wollten wir alles besichtigen? Ich habe rund zehn Bücher über New York, klassische Führer mit so genannten Insider-Tipps. Wenn ich ehrlich bin: Ich habe keinen einzigen angeschaut. Ich habe mich komplett im Internet in der Blogosphäre umgesehen, habe ein paar Freunde vom Bloggerclub gefragt und bei meinen New York-Bekannten angeklopft. Irgendwie hatte ich keine Lust, klassische Reiseführer zu wälzen. Aber zwei Ausnahmen gab es dennoch: Ich habe ausführlich zwei Fotobücher genossen: New York von Jeff Chien-Hsing Liao und New York von Serge Ramelli. Das eine Buch ist in Farbe, das andere Buch in Schwarzweiß – beide Bücher bieten einen aktuellen Blick auf Big Apple, auf die Stadt die niemals schläft.


Ich liebe Fotobücher, sehr zum Leidwesen meiner Frau. Fotobücher sind teuer und nehmen viel Platz weg, aber gute Fotobücher erzählen Geschichten. Sie bilden nicht nur die Wirklichkeit ab, sondern wenn sie gut gemacht sind, dann geben sie Inspiration und Motivation. Sie erzählen Geschichten aus einer fremden Welt, von bekannten und unbekannten Orten. So ging es mir mit diesen beiden New Yorker-Fotobüchern. Wenn ich ehrlich bin, dann schaute ich auch noch in ein drittes Buch: Humans of New York. Über diesen Klassiker der Street-Fotografie habe ich ja früher bereits gebloggt. Aber da ich dieses Mal mit Familie unterwegs war, rutschte das Thema Street-Fotos etwas in den Hintergrund und ich will meinen Focus auf die klassischen Bildbände mit Motiven der Stadt legen. Dennoch klarer Buchtipp für Humans of New York.

Jeff Chien-Hsing Liao: New York
Jeff Chien-Hsing Liao zeigt uns großformatige Bilder und bewegt sich auch abseits der touristischen Routen der Stadt. Freilich, Schmelztigel wie Time Square dürfen nicht fehlen, aber Jeff Chien-Hsing Liao wirft auch einen anderen Blick auf seine Stadt New York. Seine Bilder sind extrem detailliert, aufgenommen mit einer Großformatkamera und anschließend nachbearbeitet.

Als Betrachter hatte ich das Gefühl, in die Szenerie der Fotos einzutauchen und die Atmosphäre aufzusaugen. Es ist anders wie bei klassischen Bildbänden. Ich bin wirklich an den Ort teleportiert und blicke nicht wie ein Betrachter von außen auf das Motiv. Hier zeigt sich das geniale Talent von Jeff Chien-Hsing Liao.

Serge Ramelli: New York
Den Namen Serge Ramelli kannte ich vor allem von Photoshop- und Lightroom-Tutorials aus dem Netz. Er ist ein großer Magier der Adobe-Software. Der Franzose hat ein gewaltiges Fotobuch über seine Heimatstadt Paris auf den Markt gebracht.

Atemberaubende Schwarzweiß-Fotos von der Stadt der Liebe. Nicht ganz so perfekt ist sein Fotobuch über New York geworden, aber dennoch ist es eine Inspiration für mich gewesen. Das ging sogar soweit, dass ich einen kleinen Fotoblog mit Schwarzweiß-Bilder eingerichtet habe, in dem ich unregelmäßig Bilder poste. Ramelli ist der klassische HDR-Fotograf, der am Rechner seine Bilder nachbearbeitet. Ich bin nicht von allen Motiven begeistert, die er von New York geschossen hat. Manche Aufnahmen sind großartig, manche sind langweilig und die Luftbilder aus dem Heli sind etwas unscharf. Er besucht vor allem die touristischen Plätze und zeigt uns ein New York in Schwarzweiß – für mich eine Liebeserklärung an die Stadt wie Woody Allens Manhatten.

Vielen Dank
Mit diesem Beitrag beende ich meine New York-Serie und freue mich über die große Resonanz. Vielen Dank für die zahlreichen Kommentare und Klicks. Mal sehen, wohin mich meine nächsten Reiseimpressionen mich führen. Ich kehre damit wieder zu meinen gewohnten Beiträgen zurück.

Silvester in New York – Meine Reiseimpressionen Teil 6

10. Januar 2017

Perfekt ausgestattet für den Silvesterabend in New York.

Perfekt ausgestattet für den Silvesterabend in New York.

Silvester war der eigentliche Grund, weshalb ich mit meiner Familie nach New York reiste. Wir wollten das neue Jahr an einem anderen Ort begrüßen und da kam uns der Big Apple gerade recht. Ich hatte K2 diese Reise versprochen, für den Fall, dass Donald Trump das US-Präsidentschaftsamt gewinnt.
Silvester in New York heißt in der Regel Silvester am Times Square. Dort findet der so genannte Ball Drop statt: Der Times Square Ball ist ein Kristallball, der seit 1907 an Silvester auf dem Dach des Wolkenkratzers One Times Square 23 Meter an einer Stange herabgelassen wird. Diese Ball Drop genannte Show beginnt 60 Sekunden vor dem Jahreswechsel. Um ehrlich zu sein: Diesen Zirkus am Times Square wollten wir uns nicht antun. Wir wollten nicht mittags auf den Platz sein und bis 0 Uhr in der Kälte warten. Der Platz ist einfach voll, richtig voll. Und außerdem ertrage ich Mariah Carey nicht, die an diesem Abend zu Silvester singen sollte. Ja sollte, aber sie tat es nicht. Mariah Careys Playback versagte und auch ihre Tänzer waren nicht so, wie es die zickige Sängerin haben wollte. Im Internet sah ich mir später die chaotische Show an und war glücklich, dass uns diese Peinlichkeit erspart bliebt. Mariah Carey brach nach sechs Minuten ab.
Also am Times Square waren uns zu viele Leute. Daher entschlossen wir uns, Silvester im Central Park zu feiern. Die grüne Lunge New Yorks bietet genug Platz zum Feiern und genug Platz für viele Leute.

Läufer aus Sindelfingen in der U-Bahn fahren zum Silvesterlauf.

Läufer aus Sindelfingen in der U-Bahn fahren zum Silvesterlauf.

Die U-Bahn brachte uns zum Central Park. In der U-Bahn begegneten uns Läufer aus aller Herren Länder. Für viele Sportler in New York ist der Silvesterlauf im Central Park die wahre Party am New Years Eve. Im Central Park startet genau um Mitternacht der Emerald Nuts Midnight Run des Läuferclubs New York Road Runners. Etwas mehr als sechs Kilometer läuft man um Mitternacht ins neue Jahr. Dabei ist viel Show wichtig. Neben mir saßen seltsame Läufer als Kakerlaken verkleidet und auch eine Seniorenläufergruppe „Midnight Madness 2017“ aus Sindelfingen fieberte dem sonderbaren Laufereignis entgegen. In der U-Bahn feuerte sich die Gruppe auf schwäbisch gegenseitig an. Ausstiegsplatz für die Gruppe war die 72. Straße beim Dakota, dem einstigen Wohnort von John Lennon, vor dem der ehemalige Beatles erschossen wurde.


Wer nicht laufen, sondern nur feiern wollte, der fand sich bei der Tavern on the Green weiter südlich ein. Die Polizei hatte Absperrungen errichtet. Am Eingang zum Central Park wurde ein großer Scheinwerfer aufgebaut und die Polizisten führten stichprobenartig Kontrollen durch. Es war auffällig, wie wenig Gedränge es trotz der großen Menschenmassen gab. Vor dem Ausflugslokal Tavern on the Green teilte sich die Menge auf und verstreute sich. Als Neuling wussten wir zunächst nicht, wo wir hinblicken sollten. Wo findet jetzt das Feuerwerk statt? Ich ging zunächst davon aus, dass die südliche Skyline von Manhattan erleuchtet wird. Leider falsch. Also mussten wir uns umdrehen. Die Besucher des Parks waren ausgelassen, aber nicht betrunken. Ich habe keine grölenden Betrunkenen gesehen. Die New Yorker-Polizei tolerierte keinen Alkohol in der Öffentlichkeit. Ein paar Besucher hatten Klappstühle dabei, einige ließen sich auf den Bänken im Park nieder. Und wir als Familie standen eben herum.


Zehn Sekunden vor Jahreswechsel ging der Countdown los: 10, 9, 8, 7, 6, 5, 4, 3, 2, 1, happy new year. Die Null ging im Jubel der Masse unter. Gleichzeitig startetet das zentrale Feuerwehr im Central Park. Rund 15 Minuten brannte ein großes Brillantfeuerwerk mit lautem Krachen und Zischen ab. Rakete um Rakete stiegen in den Himmel und explodierten mit einem Donnern. Dann war alles vorbei. Kein Geballere mehr. Die Leute lagen sich in den Armen. Unsere Familie wünschte sich ein gutes neues Jahr. Wir küssten uns, nahmen uns in die Arme und freuten uns auf ein gesundes, erfolgreiches Jahr 2017.
Nach rund 30 Minuten war alles vorbei. Die Menge löste sich auf. Auch wir gingen Richtung U-Bahn und dann zurück zum Hotel.

Kommentar: Ich will bei uns ein anderes Silvester

Nicht alles in den USA ist gut, aber im Vergleich zu unserem Silvesterfest in Deutschland hat mir Silvester im Central Park außergewöhnlich gut gefallen. Ich plädiere künftig für ein zentrales Feuerwerk in deutschen Städten. Private Feuerwerke braucht kein Mensch.
Durch das zentrale Feuerwerk gab es keinen öffentlichen Verkauf von Feuerwerkskörpern. Der Einzelhandel bei uns würde zwar kotzen, aber die Vorteile überwiegen meiner Meinung nach. Durch ein zentrales Feuerwerk gibt es keine Böllerei vor und nach dem Jahreswechsel. Es gibt keine Verletzten durch irgendwelche Deppen, der an ihren Feuerwerkskörpern herumdoktern und ihnen das Zeug um die Ohren fliegt.
Überlasst das Abbrennen doch einfach den Profis. Die Feuerwehr steht bei einem zentralen Fest bereit und kann im Ernstfall eingreifen. Bei uns passieren Brände durch Raketen, enorme Kosten durch das Ausrücken der Floriansjünger.

Frohes neues Jahr - ich plädiere für ein zentrales Feuerwehr zu Silvester.

Frohes neues Jahr – ich plädiere für ein zentrales Feuerwehr zu Silvester.

Durch das zentrale Abbrennen der Feuerwerkskörper leiden keine Haustiere in dem Maße wie bei uns in Deutschland. Meine Wellensittiche scheinen durch das Feuerwerk nicht groß gestört zu sein, die Hunde und Katzen der Nachbarn leiden durch die Böllerei.
Auch eine Konsequenz: Es gab keinen großen Raketenmüll am nächsten Tag. Die Putztruppe in New York trat gleich nach dem Abbrennen des Feuerwerks in Aktion und räumte auf. Wenn ich bei uns dagegen nach Silvester durch die Straßen gehe, treffe ich auf Müll im öffentlichen Raum. Zum Teil gibt es noch Blindgänger, zerschlagene Flaschen, ausgebrannte Feuerwerkskörper, China-Böller, Raketen.
Die Massen in New York sind groß, sehr groß sogar und dennoch ging es friedlich zu. Es gab keine besoffenen Deppen, die herumpöbeln, provozieren oder randalierten. Das sehe ich bei uns im Dorf immer wieder, dass Menschen mit Alkohol nicht umgehen können. Zwar wurde im Central Park auch mit einem Sekt angestoßen, aber öffentliche Alkoholleichen mit entsprechender Kotzerei hab ich nicht gesehen. Das fand ich sehr gut. Und bei einem zentralen Fest kommen die Leute aus der Gemeinde oder des Stadtteils zusammen und unterhalten sich, feiern zusammen und begrüßen zusammen das neue Jahr. Silvester kann auch eine gesellschaftliche Angelegenheit sein.
Gerade in Deutschland wird viel über Feinstaub diskutiert und polemisiert. Nach Abbrennen des Feuerwerks legte sich auf deutsche Straßen und Plätze eine Feinstaubglocke. Dieses Mal war bei uns im Dorf sogar Nebel mit dabei, dass einem das Atmen schwer fiel, da an jeder Ecke ein Feuerwerk abgebrannt wurde. Ich hab im Netz einen Film gesehen, bei dem München unter einer Nebelglocke lag und das Feuerwerk im Nebel explodierte. Sah interessant aus, aber der Feinstaub war enorm. Also hört endlich auf mit dieser Umweltschweinerei. Einfach mal über den Tellerrand schauen und Betrachen, wie es andere machen.

President-elect in New York – Meine Reiseimpressionen Teil 4

8. Januar 2017

Trump macht den Mund ganz weit auf.

Trump macht den Mund ganz weit auf.

Eigentlich muss ich Donald Trump dankbar sein. Ohne ihn wäre die Familie nicht über Silvester nach New York geflogen. Ich hatte K2 versprochen nach New York zu reisen, wenn The Donald die US-Präsidentschaftswahl gewinnen würde. Ich hatte nie daran geglaubt und hatte dann den Salat. Aber versprochen ist versprochen und ab ging es in die USA. Und dann wohl für die nächsten acht Jahre nicht mehr, solange Donald Trump in den Vereinigten Staaten von Amerika regiert.
Dieser Blog ist in der Regel unpolitisch und auch meine Gespräche in den USA waren nicht von politischer Natur. Und dennoch bin ich ein politischer Mensch und versuche viel zu beobachten und meine Schlüsse zu ziehen. Mir ist aufgefallen, dass ich in Manhattan anders als in München kaum verschleierte Frauen sah. Während in München in den teuren Läden viele verschleierte Damen aus Arabien einkaufen, hab ich sie in New York City kaum gesehen. Vielleicht ist das auch schon eine Auswirkung von Donald Trump und seinem Kreuzzug gegen Muslime.

new_york_2028

Make America great again
Die Amerikaner haben einen gewissen Nationalstolz und ab und zu begegnete ich markige Sprüche wie „Make America great again“. Was damit gemeint ist, konnte oder wollte mir keiner erklären. In New York findet sich sicherlich nicht die typische Trump-Wählerschaft. New York ist eher liberal. Die Stadt ist für mich eine wunderbare Mischung der Kulturen. Das Zusammenleben funktioniert auf den ersten Blick ganz gut, schließlich sind die USA ein Einwanderungsland und New York eine Einwanderungsstadt.

Ausverkauf von Hillary Clinton
Und die Amerikaner haben eine nette Art von Humor. Am Flughafen begegnete ich Geschäfte, die Devotionalien von Hillary Clinton um die Hälfte billiger anboten. Aber ich habe keinen Menschen gesehen, der die Clinton T-Shirts oder Aufkleber kaufen wollte. Hillary entwickelte sich bei meinem Besuch zu einem Ladenhüter. In den Staaten zählen wohl eher die Gewinner. Das Land interessierte sich nicht für Verlierer. Die Bevölkerung bereitete sich auf die Amtseinführung seines 45. Präsidenten vor.

Dog Toys: Donald- und Hillary-Puppen
In einer Tierhandlung am Broadway sah ich Hundespielzeuge in Form von Donald- und Hillary-Puppen. Donald in Blau, Hillary in Rot. Am nächsten Tag war die Trump-Puppe verkauft und die Hillary-Puppe blieb allein im Schaufenster zurück. Trump war ausverkauft und wurde nicht mehr aufgefüllt. Symbolischer kann man den Zweikampf der beiden US-Politiker nicht beschreiben, obwohl ich natürlich nicht weiß, ob die Donald-Puppe als Beißspielzeug für Hunde herhalten musste. Hillary saß bis zu meiner Abreise alleine im Schaufenster herum.

Trump und Clinton als Hundespielzeug.

Trump und Clinton als Hundespielzeug.

Absperrungen am Trump Tower
Scheinbar haben sich die Amerikaner abgefunden, dass Donald Trump ihr nächster Chef wird. Vor dem Trump Tower gibt es noch Absperrungen und Polizeiwägen. Auch in den Seitenstraße stehen Fahrzeuge des New Yorker Police Departments. Ob Trump allerdings in seinen Gemächern war, konnte ich nicht sagen. Aber die Sicherheitsstufe war auf jeden Fall hoch.


Es zeigte sich, dass seine Sprüche Wirkung hatten. Der Automobilhersteller Ford gab an, eine geplante Autofabrik nicht in Mexiko sondern in Michigan zu eröffnen. Arbeitsplätze wurden in den USA geschaffen. Ford nannte wirtschaftliche Gründe für die Entscheidung. US-Medien meldeten, dass die in Mexiko gebauten Fahrzeuge sonst mit hohen Zöllen belegt werden würden.

Präsidiale Wackelköpfe
In einem Souvenir-Laden am Time Square gab die präsidiale Wackelköpfe zum Kaufen. Lincoln, Kennedy, Bush, Reagan, Bill Clinton – naja und auch Hillary. Ich wollte einen Kopf von Nixon haben, den es aber nicht gab. Der Verkäufer schüttelte nur den Kopf und fragte sich wohl, warum im liberalen New York nach einem konservativen Richard Nixon gefragt wurde. Also trat kein Wackelkopf in die Reise nach Good Old Germany an, ein Staubfänger weniger.

Präsidenten und Co als Wackelköpfe.

Präsidenten und Co als Wackelköpfe.

Die vielleicht bizarrste Sympathiebezeugung für Donald Trump fand ich in einer Toilette. Hier hatte ein Schmierfink an die metallische Toilettentüre den Spruch „I love Mr Trump“ geschmiert. Ich weiß nicht, ob der President-elect dies so toll findet.

Liebesbeweis auf einer Toilette.

Liebesbeweis auf einer Toilette.

Message for the President-elect
Eine interessante Idee fand ich in der New Yorker Historischen Gesellschaft in der Nähe des Central Parks. Dort gibt es das Projekt „Message for the President-elect“ zu der alle Bürgerinnen und Bürger eingeladen sind zum Mitmachen. Auf farbigen Postits können die New Yorker ihre Gedanken und Wünsche an den neuen US-Präsidenten aufschreiben. Dieses Projekt wurde inspiriert durch die Installation „Subway Therapy“ von Matthew „Level“ Chavez. Er hatte im November 2016 in einem U-Bahn-Tunnel zwischen der 14th Straße und 6th Avenue eine Installation geschaffen, die sich über das ganze Land ausbreitete. Die Historische Gesellschaft hat das Projekt aufgegriffen und führt es als aktive Auseinandersetzung mit der Demokratie fort. Die Zettel schwankten zwischen humorvollen und politisch ernsthaften Aussagen. Natürlich war die Frisur des künftigen Präsidenten auch ein Thema. Wenn man sonst keine Sorgen hat.

New York, wir kommen – Meine Reiseimpressionen Teil 1

5. Januar 2017

Es lag an meiner großen Klappe. Ich hatte sie im September 2016 weit aufgerissen, als ich mit K2 über die US-Präsidentschaftswahl sprach. Großspurig hatte ich K2 versprochen, dass wir Weihnachten oder Silvester nach New York reisen würden, wenn Donald Trump gewinnt. Damals lag Hillary Clinton weit vorne – uneinholbar, wie ich dachte. Aber ich hatte mich verschätzt. Der Donald hatte gewonnen und K2 hatte nichts besseres zu tun, als mir mein Versprechen aufs Brot zu schmieren. „Papa, wir fahren nach New York“, lautete die Botschaft.
Nun ja, um etwas Medienkompetenz einzuüben, suchte K2 Flüge und Hotel aus, wir überzeugten meine Frau und K1, und damit war klar: Wir verbringen Silvester im Big Apple. New York, wir kommen!

Klar zum Abflug am Flughafen München.

Klar zum Abflug am Flughafen München.

Als Fluggesellschaft wählten wir aus Preisgründen United. Als Social Media-Fuzzi natürlich nicht ohne Hintergrund, denn wir wissen ja alle „United breaks guitars“. Bitte entsprechenden Blogpost in meinem Blog verfolgen, um den Hintergrund zu verstehen.


Nun galt es im Groschengrab New York zu dieser Zeit ein bezahlbares Hotel zu finden. K2 wählte das Hotel Marrakesch, 2688 Brodway 103rd Street aus. Also kurz vor Harlem – ich beruhigte mich, dass Harlem nicht mehr das gewalttätige Harlem der Siebziger und Achtziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts sei. Außerdem waren wir in einem harmlosen Teil der Stadt. Harlem beginnt bei der 125 Straße. Bei der Buchung hatte ich allerdings übersehen, dass wir ein Zimmer mit nur einem Doppelbett haben – und das für vier Personen. Mir fiel dieser Fehler bei Booking.com erst ein paar Tage vor Abflug auf. Ein weiteres Zimmer zu Silvester in New York in dem Hotel zu bekommen, war illusorisch und auch zu kostspielig. Also mussten wir wohl improvisieren.
Beim Packen gilt: Wenig Gepäck und drei Koffer. New York hat so viel, die verkaufen uns gerne etwas. Die Damen der Familie suchen Klamotten, ich Schuhe und K1 wollte eigentlich erst gar nicht mit. Nur der Direktflug München – New York überzeugte K1.
8,5 Stunden reine Flugzeit lagen also vor uns. Tags zuvor spielte ich frische Filme auf die iPads, lud Bücher auf die Kindles, frischte die Powerbanks auf. Als musikalische Begleitung auf meinen iPhone wählte ich die großen Songs über New York.
Der Flieger war eine 22 Jahre alte Boing. Wir saßen verstreut in der Maschine, weil die Online-Sitzplatzbuchung über die Website OneTrip nicht geklappt hat. Aber mit ein wenig freundlichen Worten gelang ein Sitzplatztausch, so dass K1/2 und meine Frau und ich zusammensitzen konnten.

Tolles Entertainment-System an Bord, aber nicht, wenn man ein Lightning-Kabel hat.

Tolles Entertainment-System an Bord, aber nicht, wenn man ein Lightning-Kabel hat.

Erste Begeisterung kam auf, als ich das Entertainment-System an Bord betrachtete. Zahlreiche Filme wie Finding Dory, Snowden, Ghostbusters und mehr, die ich noch nicht gesehen hatte. Aber es scheiterte am Kopfhörer. Als iPhone 7plus-Besitzer hatte ich keinen Klinke-Kopfhörer mehr dabei. Das Lightning-Kabel passte nicht und die Bluetooth-Kopfhörer von Bose gingen natürlich auch nicht. K1/2 wollten mir ihre Kopfhörer nicht leihen, weil sie selbst schauen wollten. Zudem hatte K1 sich vorgenommen die beiden Pokémon-Spiele Sonne und Mond während des Flugs durchzuspielen. Das Nintendo 3DS wurde während des Fluges von einer USB-Steckdose am Entertainment-Center geladen. Naja und ich hatte vergessen, die freundlichen Stewardessen von United zu fragen – beim Rückflug habe ich es dann gemacht und einen kostenlosen Kopfhörer bekommen. Hätte ich nur beim Hinflug den Mund aufgemacht, wie sonst auch immer.

WLAN über den Wolken - eine Welt haben wir.

WLAN über den Wolken – eine Welt haben wir.

So hörte ich Musik: George Gershwin, Lou Reed, Bob Dylan, Velvet Underground, The Ramones, Frank Sinatra und freilich Leonard Cohens Chelsea Hotel – New Yorks Songs halt.


Als Filmunterhaltung wollte ich mir als erstes eine Arte-Dokumentation über den Abschuss des Lockerbie-Fluges ansehen, erntete aber stutzig Blicke meiner Nachbarn. Als setzte ich auf die vierte Staffel von House of Cards. Wir fliegen zwar nicht nach Washington, aber Wallstreet und die Klassiker Nie wieder New York und Frühstück bei Tiffany hatte ich schon im Vorfeld der Reise gesehen.

Über den Wolken glotzen alle Filme.

Über den Wolken glotzen alle Filme.

Ohne Verspätung gelandet und ab zur Homeland Security. Ich hatte schon lange Wartezeiten in der Vergangenheit, aber dieses Mal ging zügig voran. Eine kurze Runde noch beim Landwirtschaftsministerium, weil der Grenzer uns ein F wie Fruits auf das Einreisedokument gemalt hatte und schon waren wir im Land der unbegrenzten Möglichkeiten.

Eigentlich darf man dieses Bild nicht machen. Ich hab es aber trotzdem gemacht.

Eigentlich darf man dieses Bild nicht machen. Ich hab es aber trotzdem gemacht.

Gelandet waren wir in Newark Liberty International Airport im US-Bundesstaat New Jersey. Das war auch für mich Premiere. Um in die Stadt zu unserem Hotel zu gelangen, wählte wir ein gelbes Taxi. Die Reise mit dem Zug nahmen wir dann beim Rückflug auf uns. Jetzt hieß es nur: Ankommen im Hotel und ab nach New York.

Der gelbe Taxi-Berechtigungsschein.

Der gelbe Taxi-Berechtigungsschein.

Am Flughafen wurden Taxibestellungen auf einen gelben EWR-Wisch ausgegeben – ohne diesen Wisch kein Taxi. Ab in die Reihe, denn Amerikaner lieben die Schlange stehen und sind darin noch besser als die Briten. Taxis kamen und fuhren, aber leider kein Minivan, wie uns die beschäftigte Dame mit Trillerpfeife am Taxistand erklärte. Daher wählte sie ein ganz normales Cab aus, sehr zum Missfallen des Taxifahrers. Bei vier Personen sollte ich mich auf den Beifahrersitz setzen, was in New York absolut unüblich ist. Passagiere kommen hinten rein, denn auf dem Beifahrersitz hat der Taxifahrer seine persönlichen Gegenstände samt Pausenbrot. Mit Bleifuß ging es dann ab zum Hotel – inzwischen war es schon dunkel geworden und New York breitete sein Lichtermeer vor uns aus. Beeindruckend dieses Stadt, beeindruckend aber auch der Verkehr. Bisher war ich es gewohnt, dass ist die Mautgebühren an den Tunnels direkt zu bezahlen hatte. Unser Taxi war mit einem E-ZPass ausgestattet, eine Art elektronische Mautkarte. E-ZPass ist ein elektronisches Maut-System auf Basis von RFID-Chips, das in weiten Teilen der nord-östlichen Vereinigten Staaten von Amerika etabliert ist. Es klappte einwandfrei und so hatten wir freie Fahrt für freie Bürger. New York, wir sind da.

Taxifahren mit E-ZPass - eine Form von Mautkarte.

Taxifahren mit E-ZPass – eine Form von Mautkarte.

Was sagt Edward Snowden zum US-Wahl?

10. November 2016

Edward Snowden wird heute um 22.30 Uhr über StartPage die US-Wahl kommentieren.

Edward Snowden wird heute um 22.30 Uhr über StartPage die US-Wahl kommentieren.

Ja, ich war auch überrascht über den Wahlausgang in den USA. Ich hatte mit einem knappen Vorsprung von Hillary Clinton gerechnet und schaute am Morgen des 9. November 2016 ab 4 Uhr durchgehend C-Span im Internet an. Mir blieb die Spucke weg.
K2 hatte im September gemeint, ob wir als Familie gemeinsam in die USA reisen würden und ich sagte damals etwas leichtsinnig: „Wenn Donald Trump gewinnt, dann fliegen wir bis 20. Januar 2017 gemeinsam nach New York und dann acht Jahre nicht mehr.“ Ich lachte damals über den Wunsch von K2 und nun halte ich Tickets für einen New York-Aufenthalt in der Hand. So kann es gehen.
Jetzt heißt es abwarten, wie sich der Neue im Weißen Haus macht. Ich verfolgte am 9. November die Massenmedien und kann es noch immer nicht fassen. Ich bin glücklich und dankbar in einem Land wie der Bundesrepublik zu leben und werde mich für Demokratie in Deutschland einsetzen. Versprochen.

Edward Snowden nimmt live Stellung
Nun kommt die Zeit für Brennpunkte und Expertengespräche und viel Blabla. Mich interessiert eine Meinung besonders. Mich interessiert die Meinung von Edward Snowden.
Wie gestaltet sich die Zukunft der Privatsphäre unter dem neu gewählten US-Präsidenten Donald Trump? Und wir haben die Chance es zu erfahren. Edward Snowden wird am heutigen Donnerstag 10. November Fragen wie dieser in einem StartPage.com-Livestream zum Ergebnis der US-Wahl beantworten. Der kostenlose Livestream finden wir auf https://www.startpage.com/snowden ab ca. 22:30 MEZ. Der Feed wird vom Pathé Tuschinski in Amsterdam ausgestrahlt, wo Snowden per Satellitenübertragung aus Moskau zugeschaltet wird.
“Niemand könnte die um die jüngsten weltweiten Entwicklungen wie die US-Wahl besser kommentieren als Edward Snowden, wenn es um deren Einfluss auf die Privatsphäre der Verbraucher geht”, so StartPage-CEO Robert Beens. Snowden musste 2013 aus den USA fliehen, um einer Verhaftung zu entgehen und lebt derzeit in Russland im Asyl. Snowdens Enthüllungen der verdeckten staatlichen Überwachung brachte die Bedeutung der Privatsphäre in den Vordergrund, ihn selbst jedoch in große Gefahr.

Aussagen zum Verbraucherschutz 
Ob Snowden ein Held oder ein Verbrecher ist, muss jeder für sich selbst entscheiden. Ich halte seine Meinung für wichtig, schließlich halte ich sehr viele Seminare zum Thema Verbraucherschutz.
Die Freedom of the Press Foundation und Edward Snowdens Anwalt Ben Wizner vom ALCU Speech, Privacy and Technology Project haben maßgeblich dazu beigetragen, dass dieses heutige Ereignis möglich wird, so Beens. Er dankte auch Amnesty International und pardonsnowden.org für die Petition, die US-Präsident Barack Obama um darum bittet, Snowden vor seinem Ausscheiden aus dem Amt im Jänner 2017 zu begnadigen. Ich bin sehr gespannt, ob Obama der Bitte nachkommt.

Aufkleber für Snowden gab es haufenweise.

Aufkleber für Snowden gab es haufenweise.

In meinem Seminaren weise ich immer wieder auf die Bedeutung von alternativen Suchmaschinen hin. In erster Linie sind dies DuckDuckGo.com, Ixquick.eu und StartPage.com. Die niederländische Suchmaschine StartPage.com bietet ihren Usern Datenschutz und Privatsphäre. Es werden keine IP-Adressen gespeichert, keine personenbezogenen Daten erhoben oder an Dritte weitergegeben und keine Tracking-Cookies gesetzt. Edward Snowdens Enthüllungen im Jahr 2013 schufen große Aufmerksamkeit in Bezug auf Privatsphäre, sodass die Menschen nach Alternativen zu Google, Yahoo und Bing suchten. Dies führte auch zu einem exponentiellen Wachstum bei der Suchmaschine StartPage.com, die jetzt rund zwei Milliarden Suchanfragen pro Jahr verzeichnet.
StartPage.com gab kürzlich bekannt, dass seit November keine Yahoo-Suchergebnisse über die Metasuchmaschine Ixquick.eu ausgegeben werden. CEO Robert Beens, dessen Unternehmen sich als erstes von Yahoo distanziert, geht davon aus, dass noch andere folgen werden.
„Wir sind nicht die einzigen, die Yahoos mangelnde Offenheit über grobe Privatsphäre-Verletzungen stört“, so Beens in Bezug auf die aktuellen Ereignisse. „Auch, wenn Ixquick.eu aufgrund unseres strengen Datenschutzes und unseres Sitzes außerhalb der US-Gerichtsbarkeit von den Yahoo-Verwicklungen mit der US-Regierung nicht direkt betroffen ist, fühlt sich das Unternehmen mit dieser Partnerschaft nicht mehr wohl.“
Gegen Ende August, hat Yahoo zum ersten Mal eine Privatsphäre-Verletzung zugegeben, bei der E-Mail-Adressen, Passwörter und Geburtsdaten von mehr als 50 Mio. Usern gestohlen wurden. Anfang Oktober wurde Yahoo mit dem Vorwurf konfrontiert, der US-Regierung beim Ausspionieren von E-Mails der User geholfen zu haben – unabhängig davon, ob sie eines Vergehens verdächtig waren oder nicht.