Ich hatte (für mich) die große Ehre mehrmals den ehemaligen Apple-CEO Steve Jobs bei Veranstaltungen zu treffen und einmal durfte ich ihn sogar einmal kurz persönlich sprechen. Und ja, ich geb es zu, ich bin ein Steve Jobs-Fanboy und hänge am Steve-Tropf, obwohl der Meister schon vor einigen Jahren verstorben ist.
Vor kurzem kam mit Make Something Wonderful eine kuratierte englischsprachige Sammlung von Steves Reden, Interviews und Korrespondenz auf den Markt. Es gibt ein paar gedruckte Exemplare, aber für den Rest von uns gibt es ein kostenloses PDF. Das PDF-Buch und bietet einen Einblick in das Leben und die Arbeit des Menschen und Unternehmers Steve Jobs. Auf diesen Seiten erzählt Steve von seiner Kindheit, von der Gründung und dem Rauswurf bei Apple, von seiner Zeit bei Pixar und NeXT und schließlich von seiner Rückkehr zu dem Unternehmen, mit dem alles begann. Und nein, es ist keine verspätete Autobiografie, sondern eine Sammlung von Statements, die zusammengefasst wurden. Die Einführung macht die Jobs-Witwe Laurene Powell Jobs. Das PDF wurde von Leslie Berlin herausgegeben. LoveFrom, die Firma von Jony Ive, dem ehemaligen Design-Chef von Apple, hat das Buch gestaltet.
Es ist keine Verklärung, sondern die Texte zeigen einen Getriebenen. Hier gibt es keine Sammlung weiser Zitate, sondern für mich brachte die Lektüre vor allem Inspiration auf Kreativität. Schließlich heißt das Buch auch „Make Something Wonderful: Steve Jobs in his own words„. Ich habe mich von dieser Mischung aus posthumen Memoiren und einem Sammelalbum, das anhand von Notizen und Entwürfen, die Jobs an sich selbst gemailt hat, gut unterhalten.
Natürlich geht das Buch auch auf die Stanford-Rede ein. Und es gibt hier die interessanten ersten Entwürfe. „Stellen Sie sich vor, Sie wären ein alter Mensch, der auf Ihr Leben zurückblickt“, schrieb Jobs im Juni 2005 in einer E-Mail an sich selbst. „Ihr Leben wird eine Geschichte sein. Es wird Ihre Geschichte sein, mit ihren Höhen und Tiefen, ihren Helden und Schurken, ihren Weggabelungen, die alles bedeuten.“
London bridge is down. Queen Elisabeth II. ist am Donnerstag Abend im Alter von 96 Jahren verstorben. Ich verneige mich vor dieser starken, pflichtbewussten Persönlichkeit. Die Königin ist tot, es lebe der König.
Kolumnisten aus aller Welt werden in dien nächsten Tagen die Leistung dieser außergewöhnlichen Frau würdigen. Und ich habe in meiner Bibliothek gesucht, welche Biografie mich am meisten berührt hat. Für mich war es das Buch Philip und Elisabeth – Porträt einer Ehe aus dem Jahre 2004. Autor war Gyles Brandreth, der für die Toires im Parlament saß, Mitglied der Regierung John Majors war und später als Kolumnist für britische Medien tätig ist.
Brandreth schrieb eine lesbare und unterhaltsame Doppelbiografie von Philip und Elisabeth, die als Paar unschlagbar waren. Sie regierte und er war ihr Halt in guten wie in schlechten Tagen. Dabei werden nicht nur die Herrscher Britanniens und des Commonwealth in ihren unterschiedlichen Arbeitsalltag gezeigt, sondern vor allem die Eheleute, die es mit ihren Kindern nicht leicht hatten. Brandreth hat Elisabeth und Philip als Mitglied der Upper Class öfters getroffen und gewährt uns Lesern einen informativen Einblick ohne in den Adelsklatsch abzugleiten. Die dargebotenen Informationen scheinen mir verlässlich, ohne dass ich sie überprüfen kann. Es klingt alles in allem plausibel und schlüssig. Ich habe am Abend des Todes der Queen wieder einige Seiten gelesen und mich erinnert, dass ich dieses Buch ehrlich geschätzt habe und ich es daher empfehlen möchte.
Queen Elisabeth II. hatte vor allem Haltung bewiesen, Stärke über all die Jahre – und das finde ich bewundernswert. Sicher, die alte Dame hat einen sturren Kopf, aber sie machte ihre Sache ausgezeichnet. Sie hatte so viel erlebt und schwere Zeiten hinter sich gebracht. Sie hatte ihre eigenen Bedürfnisse zurückgestellt und für die Monarchie und die Pflichterfüllung gelebt. Das Buch endet lange vor Philips Tod, aber wir wissen, die Queen war durch diesen Verlust geprägt. Die authentische Dame ist nun von uns und zu ihrem Philip gegangen. Charles III ist neuer König. Die Frau auf den meisten Münzen und Geldscheinen dieser Welt ist nicht mehr. Eine Ära geht zu Ende.
Wenige Tage vor der US-Wahl habe ich das Buch Zu viel und nie genug der Trump-Nichte Mary L. Trump ausgelesen und es lässt mich entsetzt zurück. Dass Donald Trump nicht die hellste Kerze am Kuchen ist, das habe ich geahnt. Aber wie schlimm die Familie Trump ist, wurde mir erst durch dieses lesenswerte Buch aufgezeigt, das mir der Heyne Verlag zur Verfügung gestellt hat.
Die promovierte klinische Psychologin beschreibt ihre eigene Familiengeschichte. Natürlich läuft in jeder Familie nicht alles rund, aber bei Familie Trump ist die verfahrene Familiensituation der Auslöser allen Übels. Das soll das Verhalten des US-Präsidenten nicht entschuldigen, aber ich kann es nach der Lektüre dieses Buches Zu viel und nie genug nachvollziehen. Zu viel und nie genug beschreibt nicht den Politiker Donald Trump – das machen ausgebildete Journalisten wie der große Bob Woodward mit seinen beiden Bücher Furcht und Wut ausgezeichnet. Mary L. Trump zeichnet ein intimeres Bild ihres Onkels und ich bin mir sicher: Sollte Donald das Buch von Mary gelesen haben, dann liegen familiäre Bindungen auf Eis. Mary L. Trump rechnet mit ihrer Familie ab. Aber es ist keine kaltschnäuzige Abrechnung aus dem Bauch, sondern sie setzt alles in Beziehung zueinander und erklärt, wie das Familienleben im Trump-Clan so abläuft.
Die Wurzel allen Übels liegt in Donalds Vater Fred. Der Immobilien-Tycoon regierte seine Familie und sein Unternehmen mit harter Hand. Liebe gab es nicht, Freundlichkeiten waren Fehlanzeige. Und in der Erziehung zeigte sich, dass Lüge zum Tagesgeschäft gehört. „Wie für Donald üblich, war die Story wichtiger als die Wahrheit, die leichtherzig geopfert wurde, vor allem, wenn eine Lüge die Geschichte besser klingen lässt“, heißt es bei Mary Trump. Fred Trump wusste, wie man Politiker abhängig machen konnte und „Wie man zur richtigen Zeit einen Gefallen einfordert.“ Fred Trump ist mit seinen Sozialbauten reich geworden und kassierte staatliche Gelder für seine Vorhaben. „Fred bekam sein Geschäft durch Geld vom Staat finanziert aber Steuern zahlen war nicht seine Sache, das vermied er mit allen Mitteln.“ Komisch, das erinnert mich dann doch an Donald Trump. „Für Fred Trump waren Geldwert, Selbstwert und menschliche Werte ein und dasselbe. Je mehr er hatte, desto besser war er. … Diese Einstellung bekam Donald schaufelweise von ihm eingetrichtert.“
Über seinen Vater Fred und den Mafia-Anwalt Roy Cohn lernte Donald das dreckige Spiel des Mobbings und des Dreckwerfens. So lässt sich die Autorität des Gegners durch Mobbing untergraben. Und Donald lernte von den Besten und war ein gelehriger Schüler. Klare Leseempfehlung von Zu viel und nie genug
Ich geb es gleich am Anfang zu: Ich bin kein besonderer Queen-Fan. Ich mochte die alten Queen-Scheiben, kann aber mit den neueren Alben nichts anfangen. Die Musik war nett, viele Ohrwürmer, aber so richtig überzeugte mich Queen eigentlich nicht. Und dennoch wollte ich die Biografie über den Queen-Sänger Freddie Mercury lesen, weil mich das Phänomen Queen und damit auch Freddie Mercury reizt.
Die Musik von Queen begleitet mich mein gesamtes musikalisches Leben und wer Queen nicht kennt, der hat noch nie Musik gehört. Keine Party in meiner Jugend ohne „We will rock you“, keine Siegerehrung bei meinen Friseuren im Landesinnungsverband ohne „We are the champions“, keine Fahrradtour, ohne dass einer „Bicycle Race“ (freilich ohne nackte Frauen) anstimmte und ich geb es zu, unter der Dusche stimme ich „Flash“ gerne an. Auch brauchen wir nicht diskutieren, ob Bohemian Rhapsody ein Klassiker ist oder nicht – er ist es ohne Zweifel und ein großartiger noch dazu.
Ich glaube, ich nahm Abstand zu Queen nach den Veröffentlichungen zu Works. Bis dahin war ich kein großer Queen-Fan, aber die Musik störte mich nicht. Mit The Works wurde die Musik zu Pop und Queen öffnete sich dem Kommerz. Radio Ga Ga mochte ich nicht, die Hommage an Metropolit fand ich schauderhaft. Die nachfolgenden Alben A Kind of Magic, The Miracle, Innuendo und Made in Heaven fand ich grausam.
Eine lesenswerte Biografie über Freddie Mercury von Lesley-Ann Jones aus dem Piper Verlag
Ich erinnere mich gerne zurück, als ich mit meinem Kollegen Thomas Schmelzer, heute erfolgreicher Buchautor und Moderator, im Wohnzimmer seiner Eltern das Live Aid-Konzert ansahen. Es waren tolle Leute auf der Bühne, viele Leute nach meinem Geschmack, aber Queen rockte das Stadion und prägte sich mir ein. Ich hoffe auf geniale Auftritte von The Who und Led Zeppelin, aber Queen rockte die Hütte. Wir waren sprachlos auf dem Fernseher und muss sagen, der Freddie versteht sein Handwerk.
Und genau mit Live Aid setzt das Buch Freddie Mercury: Die Biografie von Lesley-Ann Jones, einer britischen Rockjournalistin, ein. Ihr Buch Freddie Mercury wurde mir vom Piper Verlag kostenlos zu Rezensionszwecken überlassen. Lesley-Ann Jones berichtet von der Faszination von Live Aid und von der Faszination zur Person Freddie Mercury. Das Buch ist gut geschrieben, aber leider fehlt mir die kritische Distanz der Autorin zu Freddie Mercury. Die Biografie liest sich wunderbar schnell, ist aber zum Teil eine reine Heldenverehrung. Wer aber Bestätigung braucht, welch toller Sänger der Herr Mercury war, der bekommt bei der Lektüre des Buches Balsam auf die Seele. Es stimmt schon, Freddie Mercury hatte absolutes Talent, aber eine Biografie muss auch eine Einordnung und Bewertung für mich sein. Das ist das vorliegende Buch eher nicht.
Vielleicht braucht es dies auch nicht. Rechtzeitig zum 25. Todestag am 24. November 2016 ist dieses Buch erschienen und gibt einen Einblick in die gigantige Rock’n Roll-Party des charismatischen Freddie Mercury. Freddie hat in seinem Lebens nichts ausgelassen. In diesem Buch ergänzt Lesley-Ann Jones die Legenden und Mythen um Mercurys Person kenntnisreich und liefert ein sehr persönliches und intimes Portrait des Mannes, der einst erklärte: „I won’t be a rockstar. I will be a legend.“ Zwischen Genie und Wahnsinn liegen nur wenige Momente. Über die Arbeit mit Queen wird eher in Statistiken und Plattenverkäufen berichtet. Über den Prozess der Studioarbeit und des Schreiben von Songs geht die Autorin weniger ein. Es wird der Fokus auf Konzerte und Live-Acts gelegt. Queen waren zwar eine einzigartige Live-Band, aber sie schufen auch im Studio großes. Ich hätte mehr über Bohemian Rhapsody gelesen, die Bedeutung und den Hintergrund, den dieser Song einnimmt.
Einen Teil der Biografie nimmt die sexuelle Orientierung von Mercury ein. Freddie Mercury war schwul, hatte zahlreiche Liebhaber und starb an der HIV-Krankheit AIDS. Die Fans erfuhren erst sehr spät von der Erkrankung. Trotz Showman blieb die Erkrankung Privatsache. Spät informierte Mercury seine Band-Kollegen und sein Umfeld. Und hier muss ich die Autorin Lesley-Ann Jones zum großen Teil loben. Während sie über das Musikgeschäft fasziniert und aus der Sicht eines Fans sehr seicht schreibt, geht sie beim Privatleben von Mercury einen Schritt weiter und hat gut in Großbritannien recherchiert. Freunde und Kollegen, männliche und weibliche Liebhaber kommen zu Wort. Schließlich war Lesley-Ann Jones in den Achtzigerjahren Rock-Korrespondentin bei der britischen Tageszeitung Daily Mail. Das britische Umfeld des Stars kommt zu Wort.
Leider kommen mir dagegen die Münchner Geschichten zu kurz. Über sein Verhältnis mit Barbara Valentin, einstmals Ehefrau von Helmut Dietl, wird zwar berichtet, doch gibt es in München in der Schwulenszene so viele Geschichten von Freddie Mercury, die hätten erzählt werden können. München war damals ein Mekka der europäischen Szene und Freddie Mercuy war mitten im Auge des Hurrikans. Hier hätte die Klatsch-Reporterin zeigen können, was sie kann. Münchner Boulevardzeitungen wie die Abendzeitung haben eine tolles Archiv. Vielleicht lag es am mangelnden Deutsch der Autorin, dass solche Quellen nicht berücksichtigt wurden. Das ist schade und hier wurde eine Chance vertan, entscheidende Jahre von Mercury im Buch Freddie Mercury: Die Biografie aufzuarbeiten.
Nun, 25 Jahren ist es nun her, seitdem Freddy Mercury verstorben ist. Heute wäre Freddie Mercury 70. Jahre alt. Queen ist nicht mehr Queen und gerne höre ich die Aufnahmen vor Works zum Jubiläum an. Und die Show wird weitergehen.
Heute am 6. September 2015 hätte Franz Josef Strauß seinen 100. Geburtstag gefeiert. Ich bin gerade zu diesem Zeitpunkt in Wildbad Kreuth. Ein Ort, der eng mit Strauß verbunden ist und es regnet in Strömen. Der Himmel beweint FJS. Kreuth bedeutete Franz Josef Strauß den Kreuther Geist, das Aufkündigen der Fraktionsgemeinschaft CSU/CDU und viele Geschichten mehr. Das Ehepaar Strauß wohnte in den 1980er Jahren in Kreuth. Kreuth ist aber auch ein tragischer Ort für die Familie Strauß. Am 22. Juni 1984 verunglückte Marianne, die Ehefrau von FJS, kurz nach der Brücke bei Scharling mit ihrem Fahrzeug tödlich. Gestern Nacht besuchte ich bei einer Fahrt nach Rottach-Egern die Todesstelle von Marianne Strauß. Es war eine eigenartige Stimmung, muss ich zugeben, keine Kerzen, nichts.
In den vergangenen Wochen beschäftigte ich mich ein wenig mit FJS und ging auf eine Reise in meine/seine Vergangenheit. Ich habe bereits darüber gebloggt.
Als politisch interessierter Mensch wollte ich mehr über den umstrittenen Übervater der CSU und bayerischen Ministerpräsidenten erfahren. Ich bin 1968 geboren und bekam als Kind und Jugendlicher den Streit um die Person FJS mit. Wo Strauß auftrat, da polarisierte er. Politisch habe ich ihn nicht bewusst erlebt, den Streit um ihn dafür um so mehr. In Gesprächen mit Zeitzeugen wurde mir nur deutlich: Er war umstritten, und das ist vornehm ausgedrückt. Von Verehrung bis Hass auf seine Person habe ich in den vergangenen Tagen viele Stimmen vernommen. Was habe ich alles gehört und gelesen: Übervater der CSU, Gauner, Schöpfer des modernen Bayern – auf jeden Fall war er eine faszinierende Persönlichkeit mit Ecken und Kanten. Ich denke, diverse Vorfälle wie Fibag, Lockheed oder dem Verkehrspolizisten Hahlbohm, die Spiegel-Affäre oder die Wienerwald-Rede von 1976 sind ganz schön heftig.
Strauß-Vortrag bei der HSS
Zum 100. Geburtstag von Franz Josef Strauß veranstaltete die CSU-nahe Hanns Seidel Stiftung eine Vortragsveranstaltung „Franz Josef Strauß – Staatsmann und Freund“ mit Wilfried Scharnagl. Wilfried Scharnagl, ehemaliger Chefredakteur der CSU-Mitgliederzeitschrift Bayernkurier und politischer Publizist, genoss das besondere Vertrauen von Strauß, der dies mit dem Satz zum Ausdruck brachte: „Scharnagl schreibt, was Strauß denkt, und Strauß denkt, was Scharnagl schreibt.“
Diskussion mit dem Publikum
Diskussion mit dem Publikum
Alles ok mit der Aufnahme?
Wilfried Scharnagl beim Vortrag
Hans Peter Niedermeier organisierte den Abend.
Ich habe den Vortrag von Scharnagl und die anschließende Diskussion mit Prof. Hans Peter Niedermeier von der HSS für Youtube mitgeschnitten.
Ich war überrascht, dass Scharnagl in seinem Rahmen kritisch mit dem Übervater Strauß umging. Entsetzt war ich allerdings in der anschließenden Podiumsdiskussion über so manche Wortmeldung aus dem Publikum. Schaut euch die Videos mal an, wenn ihr ein bisschen Zeit habt.
Horst Möller: Herrscher und Rebell
Am Rande der Veranstaltung wies Scharnagl auf das Buch von Horst Möller hin: Franz Josef Strauß: Herrscher und Rebell. Das Buch erschien im Piper-Verlag, der mir das Buch zur Rezension zur Verfügung stellte. Vielen Dank dafür.
Wilfried Scharnagl stellte das Buch Herrscher und Rebell besonders heraus.
Das 832 Seiten dicke Buch wurde von Horst Möller verfasst, der einst das Institut für Zeitgeschichte in München leitete. Anfangs befürchtete ich ein trockenes Werk eines deutschen Professors, aber er orientiert sich an der angelsächsischen Erzählweise und an vier Tagen hatte ich das Buch gelesen. Vom Stil her flüssig, aber wissenschaftlich, gleitet mir das Werk in so mancher Formulierung in eine Art Heldenverehrung ab.
Und dennoch ist es ein wichtiges Zeitdokument, das Leben und Werk von Strauß vortrefflich beleuchtet. Allerdings mit Detailfehler, die einem Direktor des renommierten Instituts für Zeitgeschichte nicht passieren dürfen – Stichwort ist die berühmte Put Put-Rede. Hier hätte spätestens der Lektor besser aufpassen müssen. Auch Strauß außereheliche Affäre mit einer 17jährigen Schülerin wird mir zu wenig kritisch hinterfragt. Gut, ich war nicht dabei und das Privatleben soll privat bleiben, wenn es das öffentliche Amt nicht berührt.
Mir wurde das Buch von Horst Möller von Wilfried Scharnagl ans Herz gelegt.
Mir hat das Lesen dieses detailreichen Werkes große Freude gemacht, auch wenn ich mit der kommentierenden Form des Autors nicht einverstanden bin. Verfehlungen von Strauß müssen bei so einem Werk stärker berücksichtigt und klar benannt werden. Dennoch: Ohne FJS wäre Bayern nicht dort, wo sich der Freistaat heute wirtschaftlich befindet. Hervorragend unterstreicht das Buch, wie umstrittenen FJS war und heute noch immer ist. Erwähne ich bei der älteren Generation den Namen Strauß, schlägt mir Begeisterung oder Ablehnung entgegen – dazwischen scheint es nichts zu geben. Alle betonen aber übereinstimmend, welch Redner Strauß gewesen war – Redeschlachten zwischen Wehner und Strauß gehören in die Kategorie deutliche Worte. Immer wieder wurde mir gesagt, dass es solche Politiker wie Strauß heute bräuchte. Ja, sie bräuchte es, aber sie würden mit ihrer Art nur eine Zeitlang in ihren gewählten politischen Ämtern überleben. Wir als Volk fordern zwar deutliche Worte und Charakterköpfe – kommt es mal zu ihnen, dann ist die Aufregung aber groß.
Wirtschaftspolitik und Standortpolitik
In dem Vortrag der HSS wurde Wilfried Scharnagl gebetsmühlenartig vom Publikum gefragt, wie Strauß denn heute diese oder jene Sachen sehen würde. Wilfried Scharnagl lässt sich auf dieses Glatteis nicht führen und wiegelt zurecht ab. Und dennoch ist es in der Biografie von Horst Möller interessant nachzulesen, wie intensiv sich Strauß für Airbus gegen Boing einsetze und damit aktive Wirtschaftspolitik für den Freistaat machte. Solche klaren Worte bräuchten wir gegenüber Google und Facebook aus Deutschland (oder Bayern). Das System Strauß brauche ich heute nicht mehr, die Ecken und Kanten eines Politikers wie Franz Josef Strauß sehne ich herbei.
Originelles FJS-Plakat von Peter Gauweiler. Strauß wirkt noch heute in der Öffentlichkeit.