Mit Spannung habe ich dieses Album OXYMORE des 74jährigen Jean-Michel Jarre erwartet und ich wurde nicht enttäuscht. Es steht in der Tradition von Pierre Schaeffer, dem Begründer der Musique concrète. Und für viele Fans der alten Musik von Jarre ist wohl genau dies das Problem. Der Meister schreitet voran.

Das neue Album OXYMORE basiert auf Hinterlassenschaften von Pierre Henry, einem Schüler von Schaeffer und Freund von Jarre. Pierre Henry verstarb im Juli 2017.
Und daher ist OXYMORE eine Hommage an die Wurzeln der französischen elektronischen und elektroakustischen Musik – und als Bestandteil der Musique concrète ist es ungewohnt für Hörer, die Hitparadenmusik oder die alten elektronischen Werke von Jarre gewohnt sind. OXYMORE geht weit über die alltagstaugliche Musik hinaus und man muss sich auf dieses musikalische Experiment mit offenen Ohren und offenen Geist einlassen. Musique concrète sind Alltagsgeräusche, die zu einer Komposition zusammengefügt werden – für die Ohren ungewohnt.
Pierre Henry hinterließ Jean-Michel Jarre einige Geräusche für ein zukünftiges Projekt. „Pierre Henry hat mich dazu inspiriert, ein Album mit den alten analogen Techniken zu erstellen“, schreibt Jarre in seinem Facebook-Account.
Die Musik und die Geräusche brechen über den Zuhörer herein, dessen Anlage bestenfalls mit Dolby Atmos ausgestattet ist, um das komplette Klangspektrum zu erfassen. Ich bin kein Audiotechniker, aber erahne, was Jarre hier geleistet hat, denn OXYMORE nimmt mich akustisch gefangen und die Welle, der Schall, der Druck trägt mich hinfort.
Ein paar Tage nach der Veröffentlichung gab Jarre ein VR-Konzert im Netz, wie er es schon zweimal gemacht hat. Während Notre Dame in Farbe strahlte, war OXYMORE meist in Schwarzweiß, aber nicht ebenso packend. Mir hat es gefallen, obwohl ich nur die schlichte 2D-Version in YouTube gesehen hatte.



Und wer den alten Jean-Michel Jarre hören will, dem empfehle ich das Album Concert in China, das zum 40. Jubiläum remastered in wenigen Tagen neu aufgelegt wird.
