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Ein Leben für den Nervenkitzel – Alfred Hitchcock und die Macht der Emotionen Vortrag am Mittwoch, 3. Dezember

2. Dezember 2025

Ich freue mich auf mein anstehenden Vortrag im Rahmen der Maisacher Gespräche zur Popkultur (MGP) in der Gemeindebücherei Maisach. Am Mittwoch, 3. Dezember spreche ich um 18 Uhr zum Thema Ein Leben für den Nervenkitzel – Alfred Hitchcock und die Macht der Emotionen. Der Eintritt ist frei. im ganzen Gemeindegebiet wurde plakatiert.

Es gibt Filme, die man betrachtet – und es gibt Filme, die einen betrachten. Das Werk Alfred Hitchcocks gehört zweifellos zur zweiten Kategorie. Wer seine Filme sieht, wird nicht nur Zeuge einer Geschichte, sondern gerät unweigerlich in einen Sog, in eine psychologische Spirale, die sich unbemerkt um das eigene Bewusstsein legt. Hitchcock verstand das Kino nicht als Abfolge bewegter Bilder, sondern als gigantisches Nervensystem, das die Zuschauer direkt an ihre Gefühle anschloss. Er war Regisseur, Architekt und Psychologe zugleich, ein Meister, der nicht nur Geschichten erzählte, sondern die Seele seiner Betrachter sezierte. Seine Filme wirken wie Spiegel – sie zeigen uns weniger die Figuren auf der Leinwand als unsere eigenen Ängste, Begierden und Abgründe.

Hitchcock wusste, dass Angst nicht dort entsteht, wo das Monströse sichtbar wird, sondern dort, wo es sich im Schatten versteckt – im Erwarteten, im Unausgesprochenen, in der Stille vor dem Schrei. Die Spannung, die man heute „Hitchcock’s suspense“ nennt, ist kein technischer Trick, sondern eine existenzielle Erfahrung. Wenn in Psycho die Duschszene beginnt, wenn die Geige sticht wie ein Messer, dann lauscht der eigene Herzschlag plötzlich lauter als die Musik. Die Szene erschreckt uns nicht, weil sie brutal ist, sondern weil sie uralte Gefühle weckt: Verletzlichkeit, Einsamkeit, das Unbekannte, das uns in einem Moment der Intimität überfällt. Hitchcock zeigte, dass Horror nicht im Monster liegt, sondern in uns selbst. Der wahre Schock ist, dass wir uns in jedem Opfer, in jedem Täter wiedererkennen könnten.

In Vertigo führte er die Sehnsucht, die Obsession und das Scheitern an der eigenen Fantasie in neue Tiefen. Diese Liebesgeschichte, die sich als Alptraum tarnt, entfaltet eine beklemmende Wirkung: Man spürt die Verlorenheit des Protagonisten nicht intellektuell, sondern körperlich. Das Spiel mit Realität und Illusion, mit der Frage, wie weit wir für unsere Sehnsüchte gehen, trifft mitten ins Herz. Hitchcocks Filme sind nie nur Handlung – sie sind emotionale Zustände. Sie lassen uns taumeln, sie ziehen uns hinein in Räume, in denen logische Erklärungen verblassen. Kino, so scheint Hitchcock zu sagen, ist kein Fenster zur Welt. Es ist ein Fenster zu uns selbst.

Sein Einfluss geht weit über Genres und Jahrzehnte hinaus. Jeder Thriller, der mit dem Ungewissen spielt, jeder Film, der den Atem anhält, jeder Moment, in dem man im Kinosessel vergisst, wer man neben sich hat oder wie spät es ist – all das trägt Spuren von Hitchcock. Die Vögel, dieses verstörende Lehrstück über das Einbrechen des Unbegreiflichen in den Alltag, ist exemplarisch dafür: Die Angst entsteht nicht durch das Federn und Flattern, sondern durch das Ausbleiben einer Antwort. Warum greifen die Vögel an? Hitchcock verweigert die Erklärung. Er entreißt uns die schützende Ordnung und zwingt uns, mit unserer eigenen Hilflosigkeit zu leben. So entsteht ein Gefühl, das uns lange nach dem Film verfolgt – etwas, das man nicht abschütteln kann, weil es aus dem Inneren kommt.

Hitchcock gelang das Unglaubliche: Er machte aus Kino eine emotionale Versuchsanordnung. Er vertraute nicht auf spektakuläre Effekte, sondern auf die Macht des Blicks, die Spannung zwischen Wissen und Nichtwissen, den Puls des Zuschauers. Seine Kamera ist kein neutraler Beobachter, sondern ein neugieriges Wesen, das uns dorthin führt, wo wir eigentlich nicht hinsehen wollen. Manchmal zeigt sie zu viel, manchmal zu wenig – immer aber zwingt sie uns, die Geschichte aktiv mitzuerleben. Darin liegt Hitchcocks Zauber: Seine Filme passieren nicht vor uns, sondern mit uns.

Noch heute, Jahrzehnte nach seinem Tod, haben Hitchcocks Werke nichts von ihrer Kraft eingebüßt. Sie lassen uns erschauern, staunen, schwitzen. Sie machen uns zu Komplizen, zu Zeugen, zu Opfern unserer eigenen Ängste. Hitchcock hat das Kino nicht nur geprägt – er hat ihm eine neue Sprache gegeben: die Sprache der Ungewissheit, der Obsession, des psychologischen Vibrierns, das uns Grenzen vergessen lässt. Seine Filme wirken nach, wie ein Traum, dessen Bedeutung wir ahnen, aber nie ganz verstehen. Und vielleicht ist genau das die größte Wirkung Alfred Hitchcocks: Er hat uns gelehrt, dass das wahre Grauen, die wahre Faszination und die wahre Spannung nicht im Außen liegen, sondern in jenem tiefen, geheimen Raum, den wir Seele nennen.

Alfred Hitchcock fasziniert uns bis heute, weil er wie kein anderer Regisseur die Tiefen unserer Seele kannte – unsere Ängste, unsere Sehnsüchte, unsere Schuldgefühle. Seine Filme sind mehr als bloße Spannung: Sie sind ein Spiegel unserer inneren Abgründe. Hitchcock verstand es meisterhaft, das Alltägliche in Bedrohung zu verwandeln – ein harmloser Zug, ein Motel am Straßenrand, ein Vogelschwarm am Himmel. In seiner Welt lauert das Unheimliche immer dort, wo wir uns sicher wähnen.

Doch was uns wirklich gefangen nimmt, ist die psychologische Präzision, mit der Hitchcock seine Figuren – und damit uns – seziert. Er zwang uns, hinzusehen, auch wenn wir uns abwenden wollten. Er ließ uns mitschuldig werden, ließ uns zittern, hoffen, atmen und zweifeln. Seine Filme sind Lektionen in Emotion, Spannung und Moral – und zugleich zeitlose Studien über das Menschsein selbst.

Dass wir uns seiner Faszination nicht entziehen können, liegt vielleicht daran, dass Hitchcock nie einfach Angst zeigen wollte. Er wollte sie fühlbar machen. Und das gelingt ihm bis heute – jedes Mal, wenn sich der Vorhang hebt und wir uns unweigerlich fragen: Was, wenn das Böse längst in uns wohnt?

Shining (1989) – phantastische Matinee am 16. November im Scala Fürstenfeldbruck

14. November 2025

Mit The Shining schuf Stanley Kubrick 1980 einen der stilprägendsten Horrorfilme der Kinogeschichte – ein Meisterwerk, das bis heute nichts von seiner verstörenden Faszination verloren hat. Ich bespreche und zeige den Film in meiner phantastischen Matinee am Sonntag, 16. November, um 10:45 Uhr im Scala Fürstenfeldbruck. Karten gibt es hier.

In der atemberaubenden Kulisse des abgelegenen Overlook Hotels entfaltet sich ein psychologischer Albtraum, der mit seiner beklemmenden Atmosphäre und ikonischen Bildern Kinogeschichte schrieb. Jack Nicholson liefert in seiner Paraderolle als Jack Torrance eine unvergessliche Darstellung zwischen Wahnsinn, Isolation und unheimlicher Gewalt, während Shelley Duvall und Danny Lloyd als Familie am Rand des Zusammenbruchs brillieren. Kubricks präzise Kameraarbeit, die hypnotische Musik und die meisterhafte Inszenierung erzeugen eine Spannung, die unter die Haut geht – subtil, elegant und unerbittlich. The Shining ist mehr als ein Horrorfilm: ein visuelles Erlebnis, ein psychologischer Trip und ein zeitloser Klassiker, der Zuschauerinnen und Zuschauer immer wieder in seinen Bann zieht – “for ever and ever and ever.”

Meine Vinyl des Monats: Bruce Springsteen, Kate Bush, John Lennon, The Yardbirds, Jean-Michel Jarre, Led Zeppelin, King Crimson, Howard Shore, Bernard Herrmann, Richard Wagner, Chuck Berry

29. Oktober 2025

Vinyl-Schallplatten üben bis heute eine besondere Faszination aus. Ihr warmer, voller Klang unterscheidet sich deutlich von der glatten Perfektion digitaler Formate und vermittelt ein Gefühl von Echtheit und Nähe zur Musik. Auch das haptische Erlebnis spielt eine große Rolle: Das Auflegen der Platte, das leise Knistern der Rille und das große, oft kunstvoll gestaltete Cover machen das Musikhören zu einem bewussten, beinahe rituellen Vorgang. Viele Liebhaber schätzen zudem den nostalgischen Charakter und die Handwerkskunst vergangener Jahrzehnte. In einer Zeit, in der Musik meist nur noch gestreamt wird, steht die Schallplatte für Entschleunigung, Wertschätzung und den besonderen Moment, wenn Musik wirklich greifbar wird. Und hier sind meine Anschaffungen im Monat Oktober.

Bruce Springsteen: Nebraska ’82 Expanded Edition
Über vierzig Jahre nach der Veröffentlichung seines wohl intimsten Albums gewährt uns Bruce Springsteen tiefe Einblicke in eine Schaffensphase, die längst Musikgeschichte geschrieben hat. Mit „Nebraska ’82: Expanded Edition“ und dem begleitenden Soundtrack zum Biopic „Deliver Me From Nowhere“ erscheinen gleich zwei Veröffentlichungen, die das Vermächtnis des 1982 entstandenen Kultalbums in neuem Licht zeigen. Und ich hatte das unglaubliche Glück, die Vinyl-Box in den Händen zu halten!
Als langjähriger Springsteen-Fan war der Moment, in dem das Paket ankam, schon etwas Besonderes. Nebraska war schon immer anders – rau, ehrlich, reduziert auf das Wesentliche. Während alle Welt den bombastischen Sound von „Born in the USA“ erwartete, lieferte Bruce damals diese kargen, auf einem Vierspur-Kassettendeck aufgenommenen Lieder ab. Geschichten von Menschen am Rand der Gesellschaft, erzählt mit einer Intensität, die einem unter die Haut geht.
Die Expanded Edition ist mehr als nur eine Neuauflage. Schon die Verpackung zeigt, mit wieviel Liebe zum Detail hier gearbeitet wurde. Das schwere Box-Set öffnet sich wie eine Schatztruhe, und drinnen wartet nicht nur das remastered Original-Album, sondern auch bisher unveröffentlichte Aufnahmen, alternative Versionen und Demos, die einen noch tieferen Blick in Bruces damalige Seelenlage gewähren. Die Liner Notes, vollgepackt mit Hintergrundinformationen und Fotografien aus jener Zeit, sind ein absolutes Highlight für jeden, der verstehen möchte, wie aus diesen einsamen Sessions in Bruces Schlafzimmer ein Meisterwerk entstand.
Das Vinyl selbst klingt fantastisch – warm, direkt, unmittelbar. Man hört jedes Knacken, jedes Atmen, jede Nuance von Bruces Stimme und seiner akustischen Gitarre. Genau so sollte Nebraska klingen. Die zusätzlichen Tracks offenbaren Songs, die es nicht aufs Original geschafft haben, aber genauso kraftvoll und berührend sind. Es ist, als würde man Bruce damals über die Schulter schauen, während er mit seinen Dämonen ringt und daraus Kunst erschafft.
Der Soundtrack zu „Deliver Me From Nowhere“ ergänzt das Erlebnis perfekt und macht die gesamte Ära noch greifbarer. Für mich als Fan ist diese Veröffentlichung ein Geschenk – eine Möglichkeit, ein Album, das ich schon hunderte Male gehört habe, noch einmal ganz neu zu entdecken. Nebraska war damals mutig, kompromisslos und seiner Zeit voraus. Heute, über vier Jahrzehnte später, hat es nichts von seiner Kraft verloren. Im Gegenteil: Es fühlt sich relevanter denn je an.

Kate Bush: The Kick Inide
Kate Bushs Debütalbum The Kick Inside, erschienen 1978, ist ein außergewöhnliches Werk voller künstlerischer Eigenwilligkeit und jugendlicher Genialität. Mit nur 19 Jahren schuf Bush ein Album, das sowohl lyrisch als auch musikalisch weit über das hinausging, was man damals von einer Newcomerin erwarten konnte. Ihre unverwechselbare Stimme, die zwischen ätherischer Zartheit und dramatischer Expressivität pendelt, prägt Songs wie Wuthering Heights, The Man with the Child in His Eyes oder Moving.

Stilistisch verbindet das Album Pop, Rock und Artrock-Elemente mit literarischen und mythologischen Anspielungen – ein Konzept, das Bush später zu einer der faszinierendsten Künstlerinnen der Popgeschichte machte. The Kick Inside wirkt auch heute noch frisch und originell – ein visionäres Debüt, das die Grenzen des Pop neu definierte.

John Lennon: Gimme Some Truth
Gimme Some Truth von John Lennon ist weniger ein klassisches Album als eine pointierte Werkschau seines Schaffens, die seine kompromisslose Haltung und sein Gespür für eingängige Melodien eindrucksvoll zusammenfasst.

Die Songs zeigen Lennon als politischen Idealisten, als scharfen Gesellschaftskritiker, aber auch als verletzlichen Menschen, der nach Wahrheit und Frieden sucht. Klassiker wie Imagine, Instant Karma! oder Working Class Hero stehen dabei exemplarisch für seine Mischung aus Aufrichtigkeit, Wut und Hoffnung. Gimme Some Truth ist damit nicht nur eine Zusammenstellung bekannter Stücke, sondern ein musikalisches Manifest für Authentizität und Menschlichkeit.

The Yardbirds: Roger the Engineer
Das Album „Roger the Engineer“ der britischen Band The Yardbirds erschien 1966 und gilt als ihr einziges Studioalbum mit komplett eigenem Songmaterial. Offiziell hieß es in Großbritannien Yardbirds, bekam aber aufgrund des Cover-Designs, das eine Karikatur des Tontechnikers Roger Cameron zeigt, schnell den Spitznamen „Roger the Engineer“.

Musikalisch markiert es eine Übergangsphase: Die Band entfernte sich von reinem Rhythm & Blues und experimentierte stärker mit Psychedelic-, Bluesrock- und Hardrock-Elementen. Mit Jeff Beck als Leadgitarrist enthält das Album einige wegweisende Riffs und Sounds, die später viele Musiker beeinflussten. Heute gilt es als ein Schlüsselwerk der 60er-Jahre-Rockmusik.

Jean-Michel Jarre: Zoolook
Jean-Michel Jarres Album Zoolook aus dem Jahr 1984 gilt als eines seiner experimentellsten Werke und markiert einen deutlichen Schritt weg von reiner Synthesizer-Musik hin zu einem stärker samplingsbasierten Klangbild. Charakteristisch ist der innovative Einsatz von Sprachaufnahmen aus rund 25 verschiedenen Sprachen, die verfremdet, rhythmisch eingebunden und so zu einem eigenständigen musikalischen Element werden. Dadurch entsteht eine außergewöhnliche Textur, die dem Album eine besondere Tiefe und Identität verleiht. Stücke wie Ethnicolor oder Diva erzeugen dichte, atmosphärische Klangräume, die teilweise fast beklemmend wirken, während andere Passagen mit spielerischen Fragmenten überraschen. Kritiker heben das Album häufig als wegweisend für die Verwendung von Sprachsamples im elektronischen Popkontext hervor.

Gleichzeitig ist Zoolook kein leicht konsumierbares Werk: Der Spannungsbogen wirkt stellenweise unausgeglichen, und wer Jarres melodischere Klassiker wie Oxygène oder Équinoxe bevorzugt, könnte den Zugang zu Zoolook als sperrig empfinden. Auch manche Produktionstechniken wirken aus heutiger Sicht etwas gealtert. Dennoch bleibt Zoolook ein ambitioniertes Album, das Mut zur Innovation beweist und als wichtiger Meilenstein in der Geschichte der elektronischen Musik gilt.

Led Zeppelin: III
Mit Led Zeppelin III schlug die Band 1970 neue Wege ein und überraschte Fans wie Kritiker gleichermaßen. Während die Vorgängeralben klar vom harten, elektrischen Bluesrock geprägt waren, zeigt sich hier ein deutlicher Fokus auf akustische Klänge und Folk-Einflüsse. Songs wie Gallows Pole oder Bron-Y-Aur Stomp schöpfen aus britischer und amerikanischer Folk-Tradition, während Stücke wie Immigrant Song oder Celebration Day die gewohnte Energie und Härte der Band transportieren.
Diese Mischung aus akustischer Intimität und elektrischer Wucht machte das Album zunächst zu einem Streitpunkt: Manche Hörer vermissten die durchgehende Wucht der ersten beiden Werke. Doch mit der Zeit setzte sich die Erkenntnis durch, dass Led Zeppelin III ein mutiger Entwicklungsschritt war, der die Band musikalisch breiter aufstellte und ihren Sound erheblich erweiterte.
Besonders hervorgehoben wird heute die Vielseitigkeit des Albums: von hymnischen Riffs über filigrane Gitarrenarrangements bis hin zu sensiblen Akustikpassagen. Kritiker sehen darin einen wichtigen Grundstein für Led Zeppelins Fähigkeit, Hardrock, Blues, Folk und psychedelische Elemente zu einem unverwechselbaren Stil zu verschmelzen.
Im Rückblick gilt Led Zeppelin III nicht als das eingängigste, wohl aber als eines der einflussreichsten und künstlerisch spannendsten Werke der Band – ein Album, das zeigt, dass sich Led Zeppelin nicht auf ihre Erfolgsformel beschränkten, sondern den Mut hatten, neue Klangwelten zu erschließen.

King Crimson: Beat
Beat ist das neunte Studioalbum von King Crimson und erschien am 18. Juni 1982. Es war das zweite Album der „’80er-Formation“ mit Robert Fripp, Adrian Belew, Tony Levin und Bill Bruford, und erstmals blieb die Besetzung gegenüber dem Vorgängeralbum Discipline unverändert. Unter dem Einfluss der Beat-Generation (z. B. Jack Kerouac, Allen Ginsberg) konzipierte Belew die Texte, angeregt durch Fripp, der ihm Lesestoff aus der Beat-Literatur nahelegte. Der Name Beat verweist also nicht auf Rhythmus allein, sondern auf die literarische Bewegung, deren Geist (“On the Road”, “Howl” etc.) im Album mitschwingt.

Da Discipline 1981 als Comeback-Album gefeiert wurde, lagen die Erwartungen für Beat hoch: Könnte King Crimson die musikalische Neuausrichtung stabilisieren und weiterentwickeln? Viele Fans und Kritiker hofften auf eine Weiterentwicklung statt auf Wiederholung. Eines der stärksten Merkmale von Beat liegt in seiner instrumentalen Qualität und der Präzision, mit der die Musiker – insbesondere Fripp, Bruford und Levin – ihre Parts ineinander verschachteln. Selbst wenn der Pop- und New-Wave-Einfluss deutlich herauszuhören ist, bleibt die progressive DNA present. Die Technik, das Zusammenspiel und die Dichte mancher Arrangements erinnern an die besten Momente von Discipline, auch wenn Beat insgesamt zugänglicher klingt. Beat ist ein Album, das in King Crimsons Diskografie zwischen Experiment und Zugänglichkeit steht. In den besten Momenten – etwa mit Sartori in Tangier und Requiem – erinnert es daran, dass die Band immer noch bereit war, Grenzen zu verschieben. In anderen Momenten wendet es sich bewusst dem Pop-Songwriting zu, was manche Fans als Kompromiss ansehen.
Wenn man Beat mit seinem Vorgänger Discipline vergleicht, liegt es rückblickend oft etwas darunter: wohltuend solide, aber nicht so kraftvoll und einflussreich wie das Comeback-Album. Dennoch besitzt Beat genug individuell starke Stücke, um es auch heute noch wertvoll zu hören – vor allem für jene, die den Chinesen des 80er-Crimson-Sounds nachspüren wollen.

Howard Shore: Lord of the Rings
Die Musik von Howard Shore zu Der Herr der Ringe zählt zu den bedeutendsten Filmmusikwerken überhaupt und ist weit mehr als eine bloße Begleitung der Bilder. Shore erschuf ein eigenständiges musikalisches Universum, das die Tiefe und Vielfalt von Tolkiens Welt hörbar macht. Zentral ist dabei die konsequente Verwendung der Leitmotivtechnik: Mehr als neunzig verschiedene Themen und Motive ziehen sich durch die Trilogie, die Völker, Orte, Gegenstände oder auch abstrakte Ideen verkörpern und sich im Verlauf der Handlung weiterentwickeln. So wird die Musik des Auenlands von warmen, volksliedhaften Klängen mit Geige, Flöte und Klarinette bestimmt, während Rohan durch die rauen Töne der Hardangerfiedel charakterisiert wird. Gondor klingt majestätisch und feierlich mit Blechbläsern und Chor, während Mordor und Isengard von schweren, dissonanten Klangmassen aus Blech und Schlagwerk geprägt sind.

Einen besonderen Reiz verleihen die groß angelegten Chorpassagen, die in Tolkiens Sprachen wie Sindarin, Quenya oder Khuzdul gesungen werden und der Musik eine archaische, mythische Aura verleihen. Shore gelingt es, sowohl intime, zarte Momente voller Geborgenheit als auch monumentale Schlachtszenen von überwältigender Wucht zu gestalten und so die emotionale Bandbreite der Filme auf einzigartige Weise zu verstärken. Trotz der Vielfalt an Themen und Stilen wirkt die Komposition als geschlossenes Ganzes, das wie eine Oper ohne Bühne funktioniert und die epische Dimension der Geschichte hörbar macht.

Bernard Herrmann: Vertigo
Der Soundtrack zu Alfred Hitchcocks Vertigo (1958), komponiert von Bernard Herrmann, gilt als eines der eindrucksvollsten Beispiele für die enge Verbindung von Film und Musik. Herrmanns Komposition ist von einer hypnotischen, fast unheimlichen Qualität geprägt und spiegelt die psychologische Tiefe des Films ebenso wider wie dessen traumartige Atmosphäre. Zentral sind die schwebenden, kreisenden Motive, die musikalisch das titelgebende Schwindelgefühl nachzeichnen. Durch die geschickte Verwendung von sich aufbauenden und wiederholenden Figuren, schraubenartigen Tonbewegungen und dichten Orchesterfarben entsteht ein Klangbild, das sowohl Spannung als auch Obsession vermittelt.
Die Partitur arbeitet intensiv mit Streichern, die oft in breiten, wogenden Klangflächen eingesetzt werden und ein Gefühl von Sehnsucht, aber auch von Beklemmung erzeugen. Über diesen Teppichen legen sich unheilvolle Bläserakzente, die die Bedrohung und die innere Zerrissenheit der Hauptfigur unterstreichen. Besonders hervorzuheben ist das berühmte Liebesthema, das zugleich romantisch und beunruhigend wirkt – es steigert sich immer wieder in leidenschaftliche Höhepunkte, die jedoch abrupt abbrechen oder in Dissonanzen münden, was die unerfüllte, obsessive Natur der Liebe im Film reflektiert.
Herrmanns Musik für Vertigo ist weniger auf klassische Hollywood-Melodien ausgelegt, sondern auf eine durchgängige Klangdramaturgie, die den Zuschauer unweigerlich in die psychologische Abwärtsspirale der Figuren hineinzieht. Sie ist zugleich lyrisch und bedrohlich, schön und verstörend, und verstärkt so die traumwandlerische, beklemmende Stimmung des Films auf unverwechselbare Weise.

Richard Wagner: Lohengrin
Die Bayreuther Festspiele 1982 präsentierten mit Richard Wagners „Lohengrin“ eine Aufführung, die sowohl musikalisch als auch szenisch nachhaltigen Eindruck hinterließ. Im Zentrum stand der Tenor Peter Hofmann, der zu dieser Zeit bereits als charismatischer und moderner Wagner-Sänger galt. Seine Interpretation der Titelpartie zeichnete sich weniger durch ein heroisch stählernes Timbre aus, als vielmehr durch eine lyrische, fast schlanke Stimmführung, die dem geheimnisvollen Charakter des Schwanenritters eine besondere Verletzlichkeit und Menschlichkeit verlieh. Hofmanns heller Tenor, geprägt von klarem Höhenstrahl und nuancenreicher Phrasierung, traf den Ton eines „modernen Lohengrin“, der sich von den kraftvollen, manchmal schwergewichtigen Bayreuth-Traditionen unterschied. Kritiker bemerkten zwar eine gewisse vokale Fragilität in den dramatischeren Passagen, doch gerade die „Gralserzählung“ gewann durch seine fast introvertierte Gestaltung eine intime Intensität, die im Festspielhaus große Wirkung entfalten konnte.

An der Seite Hofmanns überzeugte die Sopranistin Katalin Komlósi (Elsa) mit lyrischer Innigkeit, auch wenn ihre Stimme nicht immer das durchschlagende Volumen für den großen Saal besaß. Die Gegenspieler, insbesondere Ortrud und Telramund, lieferten hingegen kraftvoll-dramatische Kontraste, die der Aufführung die nötige Spannung gaben. Dirigent Woldemar Nelsson entschied sich für ein transparentes, fließendes Klangbild, das weniger den monumentalen Wagner-Klang kultivierte, sondern eine fein austarierte Balance zwischen Orchester und Bühne herstellte. Die Bayreuther Akustik trug dazu bei, dass selbst die zarten Passagen Hofmanns klar verständlich blieben.

Auch die 1982 veröffentlichte Aufnahme dieser Produktion dokumentiert diese besondere Ära Bayreuths. Auf Schallplatte und später CD festgehalten, vermittelt das Album die Atmosphäre eines Ensembles, das nicht allein auf stimmliche Wucht setzte, sondern auf psychologische Zeichnung und klangliche Durchsichtigkeit. Hofmanns Lohengrin wirkt hier fast wie ein Gegenentwurf zum traditionellen „Helden“ – ein sensibler, geheimnisvoller Ritter, der in seiner Menschlichkeit greifbarer wird. Während manche Puristen den fehlenden „stahlblauen Heldentenor“ kritisierten, schätzten andere gerade den frischen Zugang, der Wagner näher an eine neue Generation von Opernfreunden brachte.

In der Rückschau lässt sich die Bayreuther „Lohengrin“-Produktion von 1982 als ein wichtiger Moment in der Rezeption des Werkes werten. Sie markierte eine Phase, in der die Festspiele begannen, sich von schwerfälligen Wagner-Klischees zu lösen und neue stimmliche und szenische Wege zu beschreiten. Das Album mit Peter Hofmann bleibt bis heute ein Dokument dieses Aufbruchs, das seine Hörer mit einer Mischung aus Spannung, Kontroverse und Faszination zurücklässt.

Chuck Berry: Ultimative Collection
Chuck Berry gilt als einer der entscheidenden Wegbereiter des Rock ’n’ Roll. Mit Songs wie Johnny B. Goode oder Roll Over Beethoven verband er treibende Rhythmik, eingängige Gitarrenriffs und jugendnahe Texte zu einer bis dahin unbekannten Mischung, die Generationen von Musikern beeinflusste. Berry prägte nicht nur den Sound, sondern auch die Bühnenästhetik des Rock: Seine energiegelbe Performance, der berühmte „Duckwalk“ und seine unverwechselbare Gitarrentechnik machten ihn zu einem Idol für Bands wie die Beatles, die Rolling Stones oder später auch Bruce Springsteen.

Er brachte das Lebensgefühl einer neuen, selbstbewussten Jugendkultur auf den Punkt und gilt bis heute als „Vater des Rock ’n’ Roll“, dessen musikalisches Erbe den Grundstein für nahezu alle späteren Spielarten der Rockmusik legte.

Geschüttelt, nicht gerührt – James Bond eröffnete die Maisacher Gespräche zur Popkultur

31. Mai 2025

Erfolgreich ist Vortragsreihe Maisacher Gespräche zur Popkultur gestartet mit einem Abend über James Bond. Nun folgt am kommenden Mittwoch, 4. Juni , in der Gemeindebücherei mein Vortrag über Science-Fiction-Sagas.

Ziel meiner ehrenamtlichen Reihe ist es, Interesse an Popkultur zu wecken und zur kulturellen Vielfalt in meiner Wohnortgemeinde beizutragen. Wer könnte dazu besser geeignet sein, als James Bond? Der berühmte britische Geheimagent, fasziniert seit über 60 Jahren: Er ist stilvoll, mutig, charmant – und zugleich menschlich. Hier ist die Auszeichnung des Vortrags, der Lust auf die nächsten Veranstaltungen machen soll.

Der Vortrag beleuchtete die Entwicklung der Figur von Connery bis Craig, die spektakulären Schauplätze, die legendären Gadgets, Kultautos wie den Aston Martin DB5 und ikonische Gegenspieler. Auch der Wandel im Zeitgeist – vom Kalten Krieg bis zur digitalen Bedrohung – wurde thematisiert. Bond bleibt zeitlos modern und ein Mythos der Popkultur.

James Bond ist eine der bekanntesten und langlebigsten Filmfiguren der Kinogeschichte. Seit der erste Film „Dr. No“ (1962) der offiziellen Reihe erschien, zieht der britische Geheimagent Millionen von Fans weltweit in seinen Bann. Ich klärte in meinem Vortrag, was die ungebrochene Faszination für 007 ausmacht.

Die verbotene Seite des Wissens – Eine filmische Reise durch Bibliotheken mit der Name der Rose

9. April 2025

Im Rahmen der Veranstaltungen zur langen Nacht der Bibliotheken durfte ich im Scala Kino Fürstenfeldbruck einen Vortrag zum Thema Zwischen Regal und Leinwand – Bibliotheken im Film halten. Als Beispiel diente mir die Jean-Jacques Annauds Verfilmung des Romans Der Name der Rose von Umberto Eco aus dem Jahr 1986. Der Film verbindet eine spannende Handlung mit tiefgründigen Themen wie Macht, Wissen und Glauben.

Hier die Aufzeichnung meines Vortrags auch mit Beispielen aus anderen Filmen, die einen Bezug zur Bibliothek haben.

Die Geschichte Der Name der Rose spielt im Jahr 1327 in einer abgelegenen Benediktinerabtei, in der mehrere Mönche unter mysteriösen Umständen sterben. Der Franziskanermönch William von Baskerville (Sean Connery) und sein Novize Adson von Melk (Christian Slater) untersuchen die Morde. Die Handlung entfaltet sich als Detektivgeschichte, die gleichzeitig philosophische Fragen nach Wahrheit, Freiheit und der Kontrolle von Wissen aufwirft.

Wissen und Macht
Die Bibliothek symbolisiert das kontrollierte Wissen der Kirche. Das verbotene Buch „Aristoteles‘ Zweites Buch der Poetik“ steht für Freiheit des Denkens.

Philosophie und Religion
Der Konflikt zwischen rationalem Denken und kirchlichem Dogma wird durch die Figuren und ihre Handlungen verkörpert.

Wahrheit
William hinterfragt absolute Wahrheiten und sucht produktiv nach Erkenntnis, was im Gegensatz zur destruktiven Haltung der Kirche steht.

Unzugänglichkeit des Wissens
Die verwirrenden und verschlungenen Wege der Bibliothek symbolisieren die Komplexität und die bewusste Kontrolle über Wissen durch die Kirche. Der Zugang ist nur wenigen vorbehalten, was Macht und Geheimhaltung unterstreicht.

Metapher für das kulturelle Gedächtnis
Die labyrinthische Struktur repräsentiert das Gedächtnis und die systematische Ordnung von Wissen. Sie zeigt, wie Erinnerungen und Erkenntnisse verschlüsselt und schwer zugänglich gemacht werden können.

Gefahr und Orientierungslosigkeit
Das Labyrinth erzeugt eine Atmosphäre der Unsicherheit und Bedrohung. Es ist nicht nur räumlich schwierig zu durchqueren, sondern birgt auch Gefahren wie optische Täuschungen und Fallen, was die Risiken des Wissens metaphorisch darstellt.

Unterschiede zum Roman
Während Umberto Ecos Roman komplexere philosophische Diskussionen bietet, konzentriert sich der Film stärker auf die Kriminalgeschichte. Einige Handlungsebenen werden vereinfacht oder ausgelassen, um die Spannung zu fokussieren.

Zwischen Regal und Leinwand – Bibliotheken im Film – der Name der Rose bei der ersten Nacht der Bibliotheken am 4. April

30. März 2025

Ich liebe Bücher, seien sie analog und digital und so ist es für mich als Filmfan eine Selbstverständlichkeit mich an der bundesweiten ersten Nacht der Bibliotheken am 4. April zu beteiligen.

Ich darf an diesem Abend um 20 Uhr im Scala Kino Fürstenfeldbruck einen Vortrag halten und anschließend zeigt das Kino den Film Der Name der Rose. Karten gibt es hier.

Bibliotheken spielen in Filmen immer eine große Rolle und dies werde ich in meinem Vortrag würdigen. Beispielsweise in Indiana Jones and the Last Crusade“ (1989) gilt die Bibliothek als Rätselort für die Suche nach dem Heiligen Gral. Die Bibliothek gilt auch als als magischer Ort wie in „Harry Potter“-Reihe – Die Verbotene Abteilung in der Hogwarts-Bibliothek als Ort der Geheimnisse oder in der „Die Schöne und das Biest“ (1991, 2017) ist die riesige Schlossbibliothek als Symbol für Bildung und Liebe zu Büchern.

Bibliotheken können Orte der Veränderung und Inspiration sein, wie in „Die Verurteilten“ (1994) mit Brooks‘ Bibliothek im Gefängnis als Hoffnungsschimmer. Oder die Schulbibliothek als Quelle rebellischer Gedanken, wie in „Der Club der toten Dichter“ (1989). Es geht aber auch unheimlich, wenn die Bibliotheken als Orte der Gefahr und Spannung stehen wie in „Ghostbusters“ (1984) – Die New York Public Library und der legendäre Geisterschreckmoment oder in „Sieben“ (1995), wenn Detektiv Mills die Bibliothek zur Recherche über die Todsünden nutzt.

Aber schwerpunktmäßig will ich mich um die mittelalterliche Klosterbibliothek als Schauplatz eines Krimis in „The Name of the Rose“ (1986) widmen. Jean-Jacques Annauds Verfilmung des Romans von Umberto Eco aus dem Jahr 1986 ist eine meisterhafte Mischung aus mittelalterlichem Krimi, philosophischem Diskurs und historischer Fiktion. Der Film verbindet eine spannende Handlung mit tiefgründigen Themen wie Macht, Wissen und Glauben.

Der Film greift zentrale Themen des Romans auf. Dazu gehören Wissen und Macht: Die Bibliothek symbolisiert das kontrollierte Wissen der Kirche. Das verbotene Buch „Aristoteles‘ Zweites Buch der Poetik“ steht für Freiheit des Denkens.

Es wird diskutiert über Philosophie und Religion: Der Konflikt zwischen rationalem Denken und kirchlichem Dogma wird durch die Figuren und ihre Handlungen verkörpert. Im Mittelpunkt steht die Wahrheit: William hinterfragt absolute Wahrheiten und sucht produktiv nach Erkenntnis, was im Gegensatz zur destruktiven Haltung der Kirche steht. Lassen Sie sich überraschend und genießen Sie meinen Ausführungen und einen schönen Kinoabend im Scala bei der ersten Nacht der Bibliotheken. Karten gibt es hier

Christbäume und Weihnachtsdeko mit Haustieren

14. Dezember 2024

Ich finde es befremdlich, wenn Mitmenschen dieser Tage ihren Christbaum aufstellen. Bei uns wurde der Christbaum oder Weihnachtsbaum am Morgen des Heiligen Abends aufgestellt und geschmückt, um die Spannung bis zum Weihnachtsfest zu bewahren.

In anderen Gegenden, besonders in den USA und Teilen Nordeuropas, steht der Baum oft schon Anfang Dezember, manchmal direkt nach dem ersten Advent oder sogar nach dem Thanksgiving-Fest. Moderne Gewohnheiten, wie etwa der Wunsch, die festliche Atmosphäre länger zu genießen, führen dazu, dass der Baum immer häufiger schon zu Beginn der Adventszeit seinen Platz findet. Persönlich finde ich es daneben, aber meine Meinung ist nicht maßgeblich.

Wenn ich ganz ehrlich bin, werden wir dieses Jahr keinen Baum aufstellen. Zum einen sind unsere Kinder schon größer, zum anderen haben wir seit Corona zwei Kater. Und für die ist der geschmückte Christbaum eine absolute Provokation.

Für Heimtiere kann das schmückende Beiwerk zur echten Gefahr werden. Wer mit tierischen Mitbewohnern lebt, muss nicht auf eine festliche Stimmung verzichten, sollte aber bei der Dekoration einige wichtige Punkte beachten, so eine Info des Zentralverbandes Zoologischer Fachbetriebe (ZZF).
Alles, was neu ist, kann die Neugier von Hund, Katze, Kleinsäuger und Ziervogel wecken, nicht nur an Weihnachten. Manche Tiere reagieren sicher sensibler als andere auf die Veränderungen und unbekannten Gegenstände. Aber selbst ruhige oder ältere Tiere, die sich im Alltag weniger für das häusliche Inventar interessieren, können Adventskranz und Krippenfigur plötzlich als potenzielles Spielzeug betrachten. Kleinteilige, verschluckbare Dekoartikel sollten außerhalb der Reichweite aufgestellt werden oder lieber gleich im Schrank bleiben. Unsere beiden Kater Atari und Parsifal reagieren komplett unterschiedlich. Atari macht die Düse bei Veränderungen, Parsifal ist neugierig und test aus.

Schleifen, Bänder und raschelndes Geschenkpapier laden zum Spielen ein, können aber beim Verschlucken die Atemwege blockieren oder zu Verstopfungen führen. Außer Reichweite von Heimtieren gehören wegen ihrer reizenden und giftigen Inhaltsstoffe auch Schneespray und Glitzerstreu. Aufpassen sollten Tierhalter außerdem bei Girlanden und Lichterketten: Besonders frei fliegende Ziervögel können sich darin verfangen oder strangulieren, für sie und nagefreudige Mitbewohner können die Kabel beim Anpicken oder Anknabbern zur Stromfalle werden.

Wer über die Feiertage keine „umwerfende“ Überraschung erleben will, sollte den Weihnachtsbaum gut vor stürmischen Heimtieren sichern. Der ZZF rät, einen stabilen Ständer zu verwenden und den Stamm zusätzlich an Wand oder Decke zu befestigen. So bleibt der Baum bei kletternden Katzen oder tobenden Hunden standhaft.

Der bunte, baumelnde Baumschmuck weckt oft den Spieltrieb von Vierbeinern, daher sollten die Anhänger möglichst nur in den höheren Zweigen angebracht werden. Damit sich die Tiere nicht an zerbrochenen Glaskugeln verletzen, greifen Tierfreunde lieber auf bruchsichere Ornamente aus Kunststoff oder auf natürliche Materialen wie Holz, Zapfen oder Stroh zurück. Das beliebte Lametta enthält heute zwar meist kein schädliches Blei mehr, aber eventuell Spuren von Schwermetallen, und: Die Glitzerfäden können beim Verschlucken einen Darmverschluss verursachen. Früher war mehr Lametta.

Echte Kerzen gehören nicht in die Reichweite von Heimtieren. Das Flackern der Flamme findet mancher tierische Mitbewohner sehr anziehend, was zu Verbrennungen an Pfoten, Nasen und Tasthaaren führen kann. Schnell passiert, dass ein wedelnder Schwanz oder ein Federkleid im Vorbeiflug mit dem Feuer in Kontakt kommt, ein kippeliger Kerzenständer unachtsam beim Spielen umgeworfen wird.

Hunde und Katzen sollten, ebenso wie Kleinsäuger beim Auslauf und frei im Zimmer fliegende Ziervögel, niemals mit entzündeten Kerzen allein gelassen werden. Noch besser: Auf offene Flammen im direkten Umfeld der Vierbeiner und Ziervögel möglichst verzichten. Eine sichere Alternative sind LED-Kerzen.

Was der Mensch als wohltuend empfindet, hat für Heimtiere unter Umständen eine schädliche Wirkung: Duftkerzen, ätherische Öle und Räucherwerk können die empfindlichen Atemwege von Ziervögeln reizen und bei der Aufnahme zu Vergiftungen führen. Wer die Wohnung mit Hund oder Katze teilt, sollte bedenken, dass ihre empfindlichen Nasen diese Gerüche viel intensiver wahrnehmen, zudem können bestimmte Inhaltsstoffe allergische Reaktionen auslösen.

Im tristen Winter sorgen grüne, neu ins Haus geholte Farbtupfer für Lichtblicke – und wecken, besonders bei jungen Tieren, die Neugier. Doch Tierhalter sollten aufpassen, welche Pflanzen sie auf das Fensterbrett stellen oder über dem Türrahmen anbringen: Weihnachtsstern, Mistelzweige und Stechpalme sind für viele Heimtiere giftig.

Der ursprünglich aus Mittelamerika stammende, meist rote Weihnachtsstern gehört zu den Wolfsmilchgewächsen. Bei Tieren (und auch bei Menschen) kann sein milchiger Pflanzensaft zu Reizungen der Atemwege und auf der Haut oder nach der Aufnahme zum Erbrechen führen.

Die weißen Beeren der Mistel stehen zwar bei Wildvögeln wie der Singdrossel auf dem Speiseplan, bei Ziervögeln, auch bei Hunden, Katzen und Nagern, ist allerdings Vorsicht geboten: Die Pflanze enthält in allen Teilen sogenannte Viscotoxine, die Erbrechen und Atembeschwerden auslösen können.
Die für ihren rot-grünen Farbmix zur Adventszeit beliebte Stechpalme, auch Ilex oder Christdorn genannt, kann Erbrechen und Durchfall verursachen. Bei der Aufnahme von größeren Mengen besteht sogar die Gefahr von Atemnot und Herzrasen. An ihren ledrigen, dornigen Blättern können sich Heimtiere schmerzhafte Verletzungen zum Beispiel im Mundbereich oder in der Speiseröhre zuziehen.

Die vielen neuen Eindrücke und die veränderte Wohnung können, ebenso wie der Festtrubel, bei manchen Tieren Stress auslösen. Tierhalter sollten daher die Bedürfnisse ihrer Lieblinge besonders rund um die Feiertage berücksichtigen: Eine sichere Umgebung, ein ruhiger Rückzugsort und die Routinen aus dem Alltag sorgen dafür, dass auch Heimtiere die Feiertage genießen können.