Amazon treibt die Digitalisierung voran und experimentiert auch in klassischen Marktsegmenten. Wie bekannt wurde, eröffnete Amazon in London einen 140 Quadratmeter großen Friseursalon – zunächst für eigene Mitarbeiter. Der Laden heißt Amazon Salon und befindet sich im Londoner Stadtteil Spitalfields. Er hat sieben Tage die Woche geöffnet und liegt neben der Hauptverwaltung von Amazon in Großbritannien. Dort sind 5000 Mitarbeiter beschäftigt, die nun zum hauseigenen Friseur gehen können. Promi-Friseurin Elena Lavagni arbeitet im Salon. Der Schnitt kostet hier zwischen 50 und 300 Euro.
Klingt witzig, dass der haarlose Jeff Bezos in Friseursalons investiert. Aber er hat nicht nur den modischen Haarschnitt seiner Mitarbeiter im Blick, es geht im ums Geld. Der Friseurmarkt bei uns ist in der Regel mittelständisch geprägt und neben schneiden, waschen, legen ist ein weiteres Geschäftsmodell des mittelständischen Friseurs der Verkauf friseurexklusiver Produkte. Diese sind in der Regel hochwertiger und teuerer als die Produkte in der Drogerie und der Verkauf ist über spezielle Einkaufsformen nur dem Friseur vorbehalten.
Dieses Geschäftsmodell kann Bezos jetzt aufbrechen in dem er als Amazon einen Friseursalon betreibt und als Friseur damit Zugriff auf friseurexklusive Produkte hat. Und über sein geniales Shopsystem kann er es an den Endkonsumenten weiterverkaufen – und wie man Amazon kennt in der Regel zu einem niedrigeren Preis. Marktverdrängung ist das Zauberwort.
Zudem will Amazon in dem Friseursalon neue Technologien ausprobieren. Welche dies in aller Konsequenz sind, darüber schweigt sich das Unternehmen freilich aus. Experimente mit Augmented-Reality-Bildschirme laufen bereits. So lässt sich via AR problemlos die Haarfarbe wechseln. Mal sehen, ob eine eigene AR-Brille hier eingesetzt wird.
In der Branche wird auch über „Point-and-learn“ (Zeige und lerne)-Technologie gesprochen. Kunden zeigen mit dem Finger auf Ware im Regal und lösen dabei eine Produktpräsentation auf einem Bildschirm in der Nähe aus. Klingt spannend und die Digitalisierung schreitet voran. Bleibt der mittelständische Friseur auf der Strecke? Er hat bisher keinen Zugriff auf solche Technologien, denn die Berater der Branche sind wohl noch nicht soweit, oder?
Die Mischung macht es. Das merke ich bei meinen Kunden besonders deutlich. Einer meiner Kunden ist der Landesinnungsverband des bayerischen Friseurhandwerks, also die Arbeitgeberorganisation der bayerischen Friseure. Neben der klassischen Verbandsarbeit wie Tarife und Stellungnahmen in arbeitsrechtlichen Fragen sind die Friseure natürlich wichtiger Teil der Beauty-Branche und führen Modeveranstaltungen durch. Ach ja und sie feiern gerne, sie sind gesellig und sich ihrer Tradition bewusst. Das gefällt mir. Und daher veranstaltet der Landesinnungsverband einmal im Jahr eine Wallfahrt nach auf den Heiligen Berg nach Andechs. „Als modernes und modisches Handwerk sind wir Friseure unserer Tradition verpflichtet“, so der Landesinnungsmeister Christian Kaiser.
Eine Wallfahrt und geselliges Feiern passt das zusammen? Ja tut es, wie die jüngste Wallfahrt mit rund 150 Friseurinnen und Friseuren aus ganz Bayern wieder zeigte. Ich war dabei und half bei der Dokumentation der Veranstaltung mit.
Der Hintergrund zur Friseurwallfahrt ist ein sehr ernster: Im Jahre 2003 drohte das Friseurhandwerk aus der Liste der Vollhandwerke gestrichen zu werden. Der Bundesgesetzgeber war am Streichen, viele Gewerbe blieben auf der Strecke. Das bedeutet: Bei einem Rauswurf aus der Anlage A der Handwerksrolle braucht es keinen Meister als Voraussetzung, um sich selbstständig zu machen. Die Qualität im Friseurhandwerk stand auf dem Spiel.
Auf Initiative des LIV-Vorstandsmitglied Josef Wieser veranstaltete der Verband einen Bittgang nach Andechs, um auch göttlichen Beistand zu erbeten. Mit allerlei Plakaten und Transparenten bauten sich die Friseure vor der Wallfahrtskirche in Andechs auf und veranstalteten dann einen Festgottesdienst.
Ob die Pakete, die Gespräche im Hintergrund, der Druck der Öffentlichkeit, der Bittgang oder der Festgottesdienst am Ende ausschlaggebend war, weiß ich nicht. Fest steht, die Friseure sind in der Anlage A der Handwerksrolle geblieben.
Seitdem veranstaltet der Landesinnungsverband jedes Jahr eine Friseurwallfahrt nach Andechs, wobei einmal auch Vierzehnheiligen bei Staffelstein auch das Ziel der Pilger war. Die Wanderung von Herrsching nach Andechs durch das schöne Kiental dauerte eine Stunde. Dann war der heilige Berg erklommen. Nach dem obligatorischen Gruppenbild vor der Kirche ging es in den Gottesdienst. Mit dabei waren zahlreiche Fahnendelegationen verschiedener Friseurinnungen. Auch der LIV hat eine eigene Fahne. Sehr schön war auch, dass die Zunftfahne der Münchner Friseure in Andechs im Einsatz war. Vor kurzem wurde auch die historische Zunftfahne von 1927 der Friseurinnung München aufwendig restauriert. Sie wurde in alter Tradition geweiht. Der kirchliche Segen wurde am Schrein von St. Cosmas und St. Damian, den Schutzpatronen des Friseurhandwerks, in der Münchner Jesuitenkirche St. Michael erteilt.
Zu Andechs gehört auch der Biergarten mit Bier und Haxn. Und zum bayerischen Biergarten gehört eigentlich auch Blasmusik. Die ist im Biergarten des Heiligen Bergs von den Geistlichen nicht so gerne gesehen, aber die Friseure verhandeln geschickt und so spielt jedes Jahr zur Freude aller eine bayerische Kapelle. Und mitten drin ist auch LIV-Vorstandsmitglied Josef Wieser.
Der Friseurmeister aus Mammendorf im Landkreis Fürstenfeldbruck ist nicht nur erfolgreicher Friseurunternehmer, er ist im auch Musiker. Nach jahrelangen Einsätzen auf dem Oktoberfest in der Vergangenheit greift er auch bei der Friseurwallfahrt zur Posaune. Dabei kommt es vor allem auf die Stimmung an. Viele Bilder gibt es hier.
Wie eingangs gesagt: Die Mischung macht es und hier stimmt die Mischung.
Die Beautybranche hat mich endlich als Mann entdeckt. Auf der HAARE 2014 in Nürnberg, der wichtigsten Regionalmesse für das Friseurhandwerk, wurde ich als Mann fündig. Wer dachte, Friseurmessen seien nur für Friseurinnen und deren Kundinnen interessant, der irrt sich. Auf der HAARE wurde ich als Mann als Zielgruppe entdeckt und zwar beim Thema Nassrasur.
Das musste ich gleich mal ausprobieren. Auf der HAARE war ein großartiger Barber-Shop errichtet worden. Barbers 101, so hieß der Aussteller, hatte ganze Arbeit geleistet. Stilvoll und geschmackvoll hatte er einen Shop in warmen Holzfarben aufegbaut. Alles erinnerte an die fünfziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts und das lag nicht nur an der Elvis-Mucke, die aus den Boxen lief.
Im Mittelpunkt des Barber-Shops war der Barbersessel, auf dem ich zugleich Platz nahm. Vertrauensvoll begab ich mich in die Hände von Friseurmeister Joachim Groha aus Schweinfurt. Ich hatte mit Joachim Groha bereits mehrmals gearbeitet und bin von seinem Konzept eines Barber-Shops begeistert. Groha mit weißem Hemd und schwarzem Hut unter dem seine schwarzen Locken herausquollen, ist eine interessante Erscheinung. Ich wählte die klassische Messerrasur. Also zurücklehnen, Brille ab und genießen.
Als erstes wurden warme Handtücher auf das Gesicht gelegt. Dadurch wurde mein Bart weicher. Anschließend wurde die Rasiercreme aufgetragen und dann kam der Moment, wo Joachim Groha sein Rassiermesser ansetzte. Mit geschlossenen Augen genoss ich die Dienstleistung eines Profis. Das scharfe Messer rasierte den Bart wunderbar ab. Nassrasur mit dem Messer will gelernt sein und Joachim Groha ist ein Meister seines Fachs. Dazu gibt er auch Kurse. Hier wird beispielsweise an einem aufgeblasenen Ballon mit Rasierschaum geübt.
Dieses Mal mussten die Frauen auf ihre Männer im Barer-Forum auf der HAARE warten.
Ich stand nach 10 Minuten vollkommen zufrieden und entspannt aus meinem Barbierstuhl auf. Das nenne ich Beauty-Dienstleistung für den Mann von heute.
Friseure erinnern sich noch gut an die Zeit, als das Rasieren in den Salons zu den Standarddienstleistungen gehörte. Die jüngere Generation schaut beim Thema Nassrasur des Öfteren genauer hin, da das Rasieren nach wie vor im Ausbildungsplan steht. Das Barber-Forum auf der HAARE 2014, organisiert vom Landesinnungsverband des bayerischen Friseurhandwerks, hatte es sich auf die Fahne geschrieben, die professionelle Dienstleistung in den Salons zu stärken. Die Aussteller der HAARE präsentieren rund um das Programm-Highlight Barber Shop alles, was für eine traditionelle und professionelle Rasur notwendig ist. Angefangen bei Rasiermessern, über Dachshaarpinsel, Seifen und Mugs bis zu Pflege-Tonics und After-Shave. Die HAARE bewies damit wieder, dass sie Trendsetter ist. Vor Jahren hat das HAARE-Team das Thema Nassrasur aufgegriffen und dieser fast ausgestorbenen Friseurtätigkeit einen breiten Raum eingeräumt.
Vielleicht ist es nur eine kleine Spielerei, die ich auf der insideAR-Konferenz von metaio gesehen habe, aber ich denke, es steckt mehr dahinter.
Im Ausstellungsbereich der wichtigsten AR-Konferenz waren zwei Asiaten, die eine interessante augmented reality-Lösung für Optiker gezeigt haben. Dabei ist die Technik auch für andere Berufe interessant, wie Friseur, Bekleidungsfachhandel oder auch Schmuckdesigner. Im Moment wirkt die Sache noch etwas angestrengt und fehlerhaft, aber wenn man über den Tellerrand blickt, wird man feststellen, welche Möglichkeiten es hier gibt.
Zunächst musste mein Kopf und Gesicht eingescannt werden. Durch leichte und langsame Kopfdrehung wurden meine Daten erfasst. Anschließend konnte ich eine virtuelle Brille aufziehen und mich bewundern, wie mir die Brille denn steht. Bei mir hat das Standpersonal etwas geschampt, aber bei einem anderen Besucher passte die Brille ideal. Aus dem Brillensortiment konnte man sich andere Gestelle aussuchen und damit herumspielen. Spielerei oder doch mehr?
Ich geb es zu, ich bin eine Fußball-Niete. Aber ich durfte neulich den Mammendorfer Friseurmeister Josef Wieser zum TSV 1860 München begleiten. Wieser ist Löwen-Fan und wir machten eine Kooperation zwischen dem Haarstudio Wieser und dem TSV 1860 München klar. Und ich schaute im Fan-Shop vorbei.
Über die Einzelheiten der Kooperation kann ich noch nichts sagen, aber eines steht fest: Das Team vom Haarstudio Wieser wird am 27. Juli beim Fanfest des alteingesessenen Fußballvereins mit von der Partie sein.
Ich finde die Idee wunderbar – Der TSV 1860 München feiert am Sonntag, 27. Juli 2014, gemeinsam mit allen Sechzgern – Fans, Partnern und den 1860-Profis – das Löwen-Fanfest 2014 auf dem Trainingsgelände an der Grünwalder Straße. Ab 11 Uhr heißt es „Löwen zum Anfassen“. Die Spieler Gabor Kiraly & Co. gebe beim Showtraining Vollgas. Und es wird eine Autogrammmeile mit der kompletten Zweitliga-Mannschaft der Löwen geben.
Heiligtümer für Löwen-Fans.
Mitten drin ist das Team vom Haarstudio Wieser, die an diesem Tag ein Besucherstyling anbieten werden. “Mode und Fußball sind eine ideale Verbindung. Auch junge Burschen haben einen Anspruch an Mode”, so Löwenfan und Friseurmeister Josef Wieser. “Mit Herz und Blut bin ich Löwe”, so sein Statement.
Eine gute Idee finde ich, dass beim TSV die DFB-Pokalgewinner von 1964 zu Gast sind. Zum 50-jährigen Jubiläum ihres Erfolgs werden den Fans die Spieler noch einmal hochleben lassen und symbolisch die Original-Nachbildung des Henkelpokals übergeben, der in diesem Jahr mit einer großartigen Spendenaktion finanziert und angeschafft werden konnte.
Gerne halte ich auf Messe die Augen offen nach neuen Ideen und Konzepten. Und ich wurde auf der Hair and Beauty in Frankfurt wieder fündig. Eigentlich ist die Hair and Beauty eine klassische Friseur- und Beautymesse. Zudem veranstaltete der Zentralverband des deutschen Friseurhandwerks noch eine sehenswerte Deutsche Meisterschaft in der Halle 11 der Messe.
Beim Schlendern durch die Ausstellung entdeckte ich den Stand Hergo Creation. Im Grunde ist es ein Schmuckhersteller, wie es in viele gibt. Aber die Idee Schmuck und Friseurhandwerk zu verbinden ist für mich ein Volltreffer. Die in aufwändiger Handarbeit hergestellten Artikel zeichnen sich durch trendige Muster und faszinierende Farbverläufe aus. Die bunten Muster entstehen durch Schichten verschiedener Farben-Sie sind wieder aufgemalt noch aufgedruckt. Jedes Stück ist somit ein Unikat. Das Material ist angenehm zu tragen, es ist weich und leicht auf der Haut.
Entstanden ist das Unternehmen von Christina Hergouth-Czelniak und Oliver Czelniak mit der Produktion von individuellen Glücksbringer. Diese werden in Österreich auf Wochenmärkten verkauft. Damit hatten die beiden Jungunternehmer einen riesigen Erfolg. Das setzt sich jetzt auch in Deutschland fort.
Schöner Schmuck muss nicht teuer sein Und wirkt alle mal eindrucksvoller als der billige Modeschmuck aus Blech und Plastik aus Asien. Und damit ist Hergo Creation eine wunderbare Ergänzung im Friseursalon. In der Fachsprache heißt das, es entsteht einen Impulskauf. Hergo Creation liefert die Ausstattung, Aufsteller und natürlich den Schmuck aus einer Hand. Erfahrungen haben die jungen Unternehmer aus Zweibrücken bereits erfolgreich gesammelt mit Kooperationen aus dem Buchhandel und anderen Branchen. Der Börsenverband des Deutschen Buchhandels rät seinen Mitgliedern, freiwerdende Regalmeter zu füllen. Ein paar Buchhändler setzen auf Spielzeug, andere setzen auf Schmuck. Jetzt wagt sich Hergo Creation in den Friseurmarkt und ich sehe sehr gute Chancen darin.
Ich glaube, die wenigsten Besucher haben das Designkonzept verstanden.
Vor kurzem durfte ich auf dem angeschlossenen Unternehmerkongress der Hair & Beauty in Frankfurt verschiedene Vorträge zum Thema Social Media halten. Es hat großen Spaß gemacht und das Publikum war sehr begeistert. Ich besuche gerne Friseur- und Beautymessen. Neben Vorträgen laufe ich immer gerne durch die Messehallen und lasse mich inspirieren. So auch dieses Mal in Halle 11 in Frankfurt.
Sehr interessant fand ich diesmal das Designkonzept der Halle. Für mich ein kompletter Widerspruch: Beauty auf der einen Seite und Streetlife auf der anderen Seite. In der Vergangenheit war ich in Frankfurt aufwändige Teppiche in der Halle gewohnt umfangreichen Verkleidung am Steg, viel viel Trallala. Im Jahre 2013 ist nichts davon übrig geblieben. Die Messeveranstalter, die Messe Frankfurt, setzte auf Urban Dschungel. Ich fand es sehr interessant, glaube aber nicht das es bei dem Publikum und bei den Ausstellern ankam.
Der Bruch war für mich zu groß.
Vor der Messehalle 11 war ein großes Baustellenschild, Absperrungen, Schubkarre, und als Verzierung ein paar grüne Turnschuhe in Größe 45. Betritt man die Halle sieht man den nackten Betonboden auf dem Zebrastreifen und Straßenmarkierungen aufgemalt sind. Läuft der Besucher diese improvisierten Straßen entlang, trifft er immer wieder auf Litfaßsäulen mit imaginären Konzerten. Am Ende ihrer Straße stößt der Besucher auf Graffitti-Wände.
Allerdings kein aktuelles Graffitti, sondern wie sich eben Messe-Menschen Graffitti vorstellen. Irgendwie erinnerte es mich an die achtziger Jahre als Peter Illmann Formel eins im Fernsehen präsentierte mit Graffiti und brennenden Mülltonnen.
So stellt man sich also Graffitti vor.
Als Medien-Mensch konnte ich kräftig lachen, als Anhänger der Beauty Branche hatte ich meine Zweifel, dass dieses Konzept bei der Zielgruppe überzeugte.Im Schlussbericht der Veranstaltung heißt es auch: „Das konstruktive Feedback der Teilnehmer zur Hallenrahmengestaltung und zur Zusammenstellung der ausstellenden Firmen werden wir nutzen, um gemeinsam mit unseren Partnern, dem Zentralverband des Deutschen Friseurhandwerks und der haarkosmetischen Industrie an einem neuen nationalen Konzept für die Hair and Beauty 2015 zu arbeiten.“
Böse Zungen behaupten, dass der Messe das Geld ausgegangen ist. Aber das sind nur Gerüchte. In der Vergangenheit war man als Besucher fulminante Designkonzepte gewöhnt. Aber ich weiß es nicht. Im nächsten Jahr wird Frankfurt sicherlich sehr interessant werden, denn dann findet die Weltmeisterschaft der Friseure dort statt.
Eine Bühne ohne Verkleidung geht bei einer Beautymesse nicht.
Kerstin Lehmann von L’Oreal am Stand von Ich bin Friseur.
Auch wenn das Thema von vielen Handwerksbetrieben immer noch tot geschwiegen wird, steht fest: Das Handwerk hat Nachwuchsprobleme. Die demographische Entwicklung sorgt für weniger Schulabgänger und zahlreiche Firmen können freie Lehrstellen nicht mehr mit qualifizierten Bewerbern besetzen.
Das Friseurhandwerk hat das Problem erkannt und meiner Meinung nach den richtigen Weg eingeschlagen. Der Zentralverband des Deutschen Friseurhandwerks hat sich mit seinen Berufsfachleuten in den Landesverbänden beraten und zusammen mit der kosmetischen Industrie in Form von L‘Oreal eine coole Nachwuchsaktion auf den Weg gebracht. Unter dem Slogan „Ich bin Friseur“ nimmt diese frische Kampagne in den nächsten Wochen Fahrt auf und soll Schülern den Beruf des Friseurs schmackhaft machen. Die Premiere der Nachwuchskampagne fand vor kurzem auf der Hair&Beauty in Frankfurt statt. In meiner Reihe „Matthias fragt nach …“ traf ich mich mit Kerstin Lehmann von L‘Oreal, die federführend für die Aktion zuständig war.
Bei der zweitägigen Friseurmesse in Frankfurt sollte die Aktion auch Obermeistern vorgestellt werden. Diese blieben aber der Veranstaltung als Masse fern, was wahrscheinlich an dem unglücklichen Termin an einem Montagnachmittag lag. Montag ist bei Friseurmessen traditionell der Tag der Lehrlinge. Effektiver hätte die Vorstellung am Sonntag sein können, wenn Obermeister auch bei der Veranstaltung anwesend waren.
Dennoch die Aktion ist gut durchdacht. Die Nachwuchskampagne „Ich bin Friseur“ basiert auf drei Säulen: Klassische Information, digitale Information und persönliche Information. Eine ansprechend gemachte Broschüre stellt emotional Erfolgsgeschichten im Friseurhandwerk vor und zeigt die Vielfalt der Branche. Nicht nur klassisches Haareschneiden gehört hier zum Beruf, sondern u.a. Arbeit als Creative Director, Manager, Artist. Damit die Broschüre auch von den Betrieben angenommen wird, kann der Friseur eine Seite in dem Magazin beisteuern. Das erhöht die Glaubwürdigkeit und Akzeptanz.
Natürlich gehört heute ein digitaler Auftritt dazu. Neben einer statischen Website setzt „Ich bin Friseur“ auf Facebook als Massenmedium. Dienste wie Twitter oder Pinterest sind bisher noch nicht eingebunden. Das liegt wahrscheinlich daran, dass die Kampagne erst einmal in die Welt getragen werden und schnell Fahrt aufnehmen soll. Zahlreiche Videos sind auch bei YouTube eingebunden und können so einfach viral verbreitet werden.
Als anspruchsvollste Aufgabe und dritte Säule der Kommunikation setzen die Organisatoren auf persönliche Informationen. Hier sollen Botschafter in die Schulen und die Botschaft verbreiten. Dies ist vor allem Aufgabe des Zentralverbandes des Deutschen Friseurhandwerks, der mit seinen Landesverbänden und angeschlossenen Innungen viele Friseure erreicht. Hier muss sich jetzt zeigen, ob die Aktion von den Handwerkern vor Ort angenommen wird. Wenn diese aber weiterhin das Problem der fehlenden Lehrlinge nicht wahrhaben wollen, dann wird die Aktion ins Leere laufen.
Auf der Friseurfachmesse Hair & Beauty in Frankfurt habe ich etwas entdeckt, was mein Geek-Herz höher schlagen ließ. Ihr kennt die Situation: Ihr seid beim Friseur, sitzt auf dem Frisierstuhl und der Friseurmeister geht seiner Arbeit nach. Mein Friseur Christian Kaiser weiß, dass ich nicht quatschen will und so schweigen wir uns an, während meine Frisur Schnitt um Schnitt die modische Form annimmt. So gerne würde ich an einem iPad oder iPhone meine Mails checken, im Netz surfen oder bei Foursquare einchecken. Geht aber nicht, weil ich den Friseurumhang trage und so in den Spiegel schauen muss oder Augenpflege betreiben kann.
Jetzt habe ich die Lösung: Den Friseurumhang Smart Cape oder auch Otium & Tium mit Sichtfenster fürs iPad oder iPhone. An einem kleinen Stand auf der Hair & Beauty habe ich diese Idee aus Korea gefunden. Einen Plastikumhang mit Fenster. Durch einen Klappmechanismus kann das iPad bequem auf dem Schoß ausprobiert werden. Die Idee fand ich super und musste es auch gleich ausprobieren. Ich wählte einen Umgang im neutralen Beige-Ton. Buntere, wildere Farben sollen in der Saison noch erscheinen. Die Firma heißt tiumntium und Jiyeon Seo ihr Chef. Der Spaß hat mich 10 Euro gekostet und meine Zeit beim Friseur kann ich nun auch mit meinem iPad verbringen – großartig.
Auf der HAARE 2011 in Nürnberg habe ich einen genialen Shop entdeckt, der das Hairstyling der 20er bis 50er Jahre zurückbringt. Ich liebe diesen Retro-Style und der Pomade Shop schwimmt auf dieser Welle mit. Das Geschäft in München in der Schlierseestraße 75 ist einer der größten Spezialshops für klassisches Haarstyling und ein Mekka für Haarpflegeartikel der 1920-50er Jahre. Und da jetzt die aktive Faschingszeit kommt, kann man ungefährdet einen neuen Stil ausprobieren.
Wer seine Haare wie die Hollywood-Größen von einst gelen will, der kommt hier voll auf seine Kosten. James Dean benutzte es, und für mich viel wichtiger: Johnny Cash und Elvis Presley nutzen es auch: Pomade.
Sie dient dazu, meine Haare in Form zu bringen und ihnen einen schönen Glanz zu verleihen. Und es sieht für mich besser aus als moderne Styling-Produkte. Auch die Verpackungen haben irgendwie Kultcharakter und sind nicht so Einheitsbrei wie heute. Einst war Pomade das Haarpflegeprodukt Nummer eins und der Retro-Trend sorgt dafür, dass Pomade wieder in Mode kommt – und das ist gut so.
Friseure erklärten mir als Fachleute, dass Pomade meine Haare und die Kopfhaut nicht angreifen, anders als so manches moderne Stylingprodukt wie Haarspray. Pomade macht mein Haar geschmeidig und es wirkt gepflegt. Es soll sogar bei Schuppen, Spliss und stumpfes Haar helfen. Genial: Das Haar kann ich formen wie ich will und meine Frisur bleibt den ganzen Tag kämmbar. Und Kämme , darunter coole Klappkämme, gibt es beim Pomade Shop in München auch.
Experten unterscheiden bei Pomade vier verschiedene Härtegrade: Weich für viel Glanz. Mittelfest und fest für die Elvis-Tolle der modernen Teds. Wer sturmfeste Frisuren auf seinen Kopf trägt, der wählt natürlich sehr fest. Klar ist: Je fester die Pomade ist, desto schwieriger ist das Auswaschen. Es gibt dazu spezielle Pomade-Shampoos mit Ölen, die die Haarpflege unterstützen.
Die Marken von früher sind Murray´s (seit 1926), DAX Wax, Sweet Georgia Brown (seit 1934). Sweet Georgia Brown kommt aus New York und war der Renner in den USA der 1940er Jahre. Sie wurde 1934 erstmals hergestellt und wurde durch eine Serie von Werbekampagnen landesweit bekannt. Sie ist mittelfest. Der Duft ist legendär. Die Kult-Pomade aus Memphis heißt Black & White Genuie Pulko. Sie ist mittelfest und wurde von den Rock´n Rollern der 50er Jahre verwendet und duftet nach Kokkus, Sonne und Strand. Die Country-Stars ab 1936 waren Fan der Royal Crown Hair Dressing. Sie eine weiche Pomade, die das Haar immer wieder genussvoll kämmen lässt. Royal Crown Men´s Pomade wurde von Johnny Cash und Elvis verwendet, ist mittelfest und duftet nach süßem Lavendel. Wer es ganz extravagant will, greift zum weichen Blue Magic Pressing Oil und duftet nach Biker-Jacke.
Übrigens: Die Basis von Pomade ist duftfreie, allergiefreie Vaseline. Sie schließt die Feuchtigkeit in das Haar ein und schützt es vor Austrocknung durch Kälte, Wind, Wasser, Sonne und natürliche Luft. Klassische Pomade wird wie in alten Zeiten hergestellt und ist frei von Zusatzchemie. Verpackt ist Pomade in Retrodosen.