Auch wenn das Thema von vielen Handwerksbetrieben immer noch tot geschwiegen wird, steht fest: Das Handwerk hat Nachwuchsprobleme. Die demographische Entwicklung sorgt für weniger Schulabgänger und zahlreiche Firmen können freie Lehrstellen nicht mehr mit qualifizierten Bewerbern besetzen.
Das Friseurhandwerk hat das Problem erkannt und meiner Meinung nach den richtigen Weg eingeschlagen. Der Zentralverband des Deutschen Friseurhandwerks hat sich mit seinen Berufsfachleuten in den Landesverbänden beraten und zusammen mit der kosmetischen Industrie in Form von L‘Oreal eine coole Nachwuchsaktion auf den Weg gebracht. Unter dem Slogan „Ich bin Friseur“ nimmt diese frische Kampagne in den nächsten Wochen Fahrt auf und soll Schülern den Beruf des Friseurs schmackhaft machen. Die Premiere der Nachwuchskampagne fand vor kurzem auf der Hair&Beauty in Frankfurt statt. In meiner Reihe „Matthias fragt nach …“ traf ich mich mit Kerstin Lehmann von L‘Oreal, die federführend für die Aktion zuständig war.
Bei der zweitägigen Friseurmesse in Frankfurt sollte die Aktion auch Obermeistern vorgestellt werden. Diese blieben aber der Veranstaltung als Masse fern, was wahrscheinlich an dem unglücklichen Termin an einem Montagnachmittag lag. Montag ist bei Friseurmessen traditionell der Tag der Lehrlinge. Effektiver hätte die Vorstellung am Sonntag sein können, wenn Obermeister auch bei der Veranstaltung anwesend waren.
Dennoch die Aktion ist gut durchdacht. Die Nachwuchskampagne „Ich bin Friseur“ basiert auf drei Säulen: Klassische Information, digitale Information und persönliche Information. Eine ansprechend gemachte Broschüre stellt emotional Erfolgsgeschichten im Friseurhandwerk vor und zeigt die Vielfalt der Branche. Nicht nur klassisches Haareschneiden gehört hier zum Beruf, sondern u.a. Arbeit als Creative Director, Manager, Artist. Damit die Broschüre auch von den Betrieben angenommen wird, kann der Friseur eine Seite in dem Magazin beisteuern. Das erhöht die Glaubwürdigkeit und Akzeptanz.
Natürlich gehört heute ein digitaler Auftritt dazu. Neben einer statischen Website setzt „Ich bin Friseur“ auf Facebook als Massenmedium. Dienste wie Twitter oder Pinterest sind bisher noch nicht eingebunden. Das liegt wahrscheinlich daran, dass die Kampagne erst einmal in die Welt getragen werden und schnell Fahrt aufnehmen soll. Zahlreiche Videos sind auch bei YouTube eingebunden und können so einfach viral verbreitet werden.
Als anspruchsvollste Aufgabe und dritte Säule der Kommunikation setzen die Organisatoren auf persönliche Informationen. Hier sollen Botschafter in die Schulen und die Botschaft verbreiten. Dies ist vor allem Aufgabe des Zentralverbandes des Deutschen Friseurhandwerks, der mit seinen Landesverbänden und angeschlossenen Innungen viele Friseure erreicht. Hier muss sich jetzt zeigen, ob die Aktion von den Handwerkern vor Ort angenommen wird. Wenn diese aber weiterhin das Problem der fehlenden Lehrlinge nicht wahrhaben wollen, dann wird die Aktion ins Leere laufen.