
Lagerverkauf beim Roeckl.
Nichts wollte ich kaufen, gar nichts. Ich habe alles, was ich brauche. Ich wollte einfach nur höflich sein und meine Frau beim Shoppen begleiten. Es war Lagerverkauf beim Roeckl in München. Ich geb es zu, als qualitätsbewusster Mensch trage ich nur Handschuhe von Rockl, eine der Münchner Traditionsfirmen. Roeckl steht bei mir für Handschuhe und Accessoires. Das Geschäft gibt es seit 1839.
Nun hatte meine Frau von einem Lagerverkauf bei Roeckl erfahren. In einer Lagerhalle in der Kistlerhofstraße (U-Bahn Aidenbachstraeße) soll die Ware vom Vorjahr preiswerter abgegeben werden. Ich rede nicht von billig, ich rede von preiswerter. Ein Paar Handschuhe kosten statt 150 Euro dann doch 40 Euro – ein Schnäppchen ja, billig nein.
Jetzt habe ich mindestens 15 Paar Handschuhe von Roeckl für alle Gelegenheiten. Für den Winter, für die Übergangszeit, mal aus Leder, mal aus Stoff, mal verziert, mal schlicht, ich habe Handschuhe fürs Auto und für die S-Bahn – rundum ich habe genug Handschuhe. Sogar welche mit Touch-Oberfläche fürs iPhone und iPad. Also kann ich getrost meine Frau zum Lagerverkauf von Roeckl begleiten.
Wir waren in der Mittagszeit dort. Viele Münchner nutzten die Mittagspause und taten es uns gleich. Es gab sogar extra einen ausgewiesenen Parkplatz mit Parkeinweisern, um dem Ansturm Herr zu werden. In einer schlichten Lagerhalle war dann auch der Lagerverkauf im Parterre. Hier strömte die Münchner Schnäppchengesellschaft hin. Wenn ich den Wagenpark und die Kleidung der Besucher ansehe, waren dies keine Hartz IV-Empfänger. Die Kundschaft verfügt über Geld, will aber ein paar Schnäppchen machen. Mal ehrlich, Handschuhe unterliegen für mich nicht den klassischen Modezyklen. Meine Gattin wollte ein paar neue Handschuhe, weil ihre durch das Tragen der Laptoptasche Schaden genommen haben.
Als Fan der englischen Tweedmode erinnerte ich mich daran, dass Roeckl einstmals Tweed-Handschuhe im Programm hatte. Handschuhe mit Tweed-Applikationen, sehr nett anzusehen und passend zu meiner Tweedklamotte von Harris und Walker. Vielleicht finde ich ja doch was, so mein Gedanke. Gleich ärgerte ich mich, denn eigentlich brauche ich ja nichts. Ich war nur als Begleitung und im Zweifelsfall als Berater dabei.
Der Lagerverkauf befand sich in zwei, drei großen Lagerhallen. Jeder Kunde bekam einen leuchtend orangen Stoffbeutel mit dem Aufdruck Roeckl. Der Beutel war groß, sehr groß – eigentlich viel zu groß für ein paar Handschuhe.
In der ersten Halle waren Taschen und Tücher, Schals und Gürtel. Die Gattin wählte aus. Wunderbare Schals in wunderbarer Qualität. Vielleicht wäre dieser Schal etwas für meine Mutter? Na gut, statt 150 Euro 50 Euro – nehme ich ihn halt mit. Und dieser hier würde mir auch ganz gut stehen. 100 Prozent Seide, sieht gut aus – ok, nehme ich für mich mit, obwohl ich ja nichts brauche. Aber der geht einfach noch. In dem zweiten Raum waren Damenhüte, Strickwaren, Handschuhe, Handschuhe, Handschuhe. Meine Gattin steuerte auf die Damenauslagen zu – meterweise Handschuhe. Ich bog in die deutlich kleinere Herrenabteilung ab. Leider sind Handschuhe für Männer eher langweilig. Schwarz und braun sind die Farben – öde, öde, öde. Aber diese braunen Lederhandschuhe mit schwarzem Stretch sehen super aus – und sie passen sogar. Naja, ich lege sie in meinem orangen Roeckl-Einkaufsbeutel. Was ich habe, hab ich. Und ich kann am Ende unserer kleinen Shoppingtour immer noch aussortieren. Auf jeden Fall schon mal eingesackt, denn die Konkurrenz ist groß. Immer mehr Menschen kommen zum Lagerverkauf, immer mehr Menschen probieren an, immer mehr Menschen sind auf der Suche nach Schnäppchen. Ich ja nicht, denn ich habe ja schon alles.
Oh, da sind auch noch interessante Handschuhe. Autofahrerhandschuhe mit Wolle verstärkt – so etwas habe ich nicht – noch nicht. Bis jetzt. Und sogar meine Größe ist da. Nehm ich, brauch ich, kauf ich. Also auch rein in den Einkaufssack.
Ich schiele zu meiner Frau. Sie hat mehrere paar Handschuhe in der Hand – farbenfrohe. Ich bin neidsch auf ihre Farben. Frauen haben es einfach besser in Sachen Mode. Zudem hat die Gattin einige Schals, eben ein paar Schnäppchen. Eigentlich nichts großes, denn wir brauchen ja nichts.
Am Ende unserer Roeckl-Shopping-Tour sortieren wir ein paar Sachen aus, nicht viel. Ich bin ganz kleinlaut. Ich, der nichts braucht, ich, der nichts benötigt, hatte dann doch einige Schnäppchen. Ach Roeckl!
Es ging ans Zahlen. Und hier meine Kritik. Es gab vier Kassen und wir stellten uns zielsicher bei der lahmen Schnecke an. So etwas habe ich im Einzelhandel noch nicht erlebt. Die Kassiererin war komplett überfordert. Sie ordnete die Waren in Zeitlupentempo und tippte die Preise nach Adlerkreissuchsystem in der Kasse ein. Auch das Verpacken dauerte und versaute mir das komplette Roeckl-Einkaufserlebnis.
Übrigens, den Lagerverkauf vom Roeckl in München in der Kistlerhofstraße gibt es noch bis einschließlich Samstag.