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Buchtipp: Zintstoff von Günter Zint

6. März 2017
Wunderbares Fotobuch über die deutsche Geschichte: Zintstoff

Wunderbares Fotobuch über die deutsche Geschichte: Zintstoff

Seine Bilder habe ich immer wieder gesehen, aber sein Name war mir unbekannt. Gemeint ist der Journalist und Fotograf Günter Zint. Er schrieb seit nunmehr 50 Jahren bundesdeutsche Fotogeschichte und schuf ein beeindruckendes fotografisches Werk.
Günter Zint mischte sich immer ein. Er bezog mit seinen Bildern Stellung. Er berichtete weniger – vielmehr richtete er mit seinen Bildern. Damit ist er für mich kein unabhängiger Bildjournalist mehr, sondern vielmehr jemand, der auf einer Mission war. Ich bin mit der Botschaft von Hajo Friedrichs aufgewachsen: Mache dich nicht mit einer Sache gemein, auch wenn es eine gute Sache ist. Diesen Rat von Hanns Joachim Friedrichs, dem ehemaligen Tagesthemen-Mann, hat Günter Zint gewiss nicht gefolgt. Seine Kamera nahm Einfluss.
Und vielleicht deswegen bin ich seinen Bilder jahrelang begegnet. Als ich auf den Fotoband Zintstoff stieß, war ich gleich hin und weg von der Kraft seiner Reportagefotos. Als Gymnasiast schrieb ich 1988 meine Facharbeit in Bayern im Fach Geschichte über die APO, den SDS und die Springer-Proteste. Ich blätterte die Archiven viele Zeitungen und Zeitschriften durch. Immer wieder waren dort Fotos von Günter Zint abgebildet, allen voran im Spiegel. Als ich das Buch Zintstoff aufschlug, kamen die ganzen Erinnerungen an meine gymnasiale Zeit wieder hoch. Ich schlug die Seiten mit den Bilder der 68er Jugend auf, die mir vertraut waren und ich jetzt wieder entdeckte.


Die Fotos von Günter Zint schlugen mich in den Bann. Als ich dann noch las, dass er zusammen mit Günter Wallraff auf Tour ging, musste ich das Buch kaufen. Die legendären investigativen Wallraff-Geschichten, die jeder Journalistenschüler heute kennen muss, waren hier bildlich versammelt: Der BILD-Skanal Hans Esser und später vor allem der Türke Ali in Ganz unten. Heute braucht man für seine Reportagen keinen eigenen Fotografen mehr. Smartphone und Co haben den Journalismus verändert. Dann gab es die Krawalle in Wackersdorf – die Bilder gegen die WAA, die Franz-Josef Strauß durchsetzen wollte, prägten sich in das Bewusstsein einer ganzen Generation ein.
Zint sagt selbst, dass er sich seine Werkschau einfacher vorgestellt hatte. Er meint, dass er rund drei Millionen Fotos geschossen hat. Klingt gewaltig, aber nicht übertrieben. Was haben wir in der analogen Zeit gelernt? Das Billigste am Fotografieren ist der Film. Und so hat Günter Zint wohl auch gehandelt und drauf gehalten: „Einmal hoch, einmal quer – was will man mehr.“ oder „Wenn Sonne lacht, nimm Blende 8“ – das waren die Fotosprüche der damaligen Zeit und sie waren wichtig für jeden Bildjournalisten.
Für meine Kinder ungewohnt, und für mich noch gut in Erinnerung: Die Fotos sind allesamt in Schwarzweiß. SW war die Sprache im Journalismus, Farbe druckten nur Illustrierten – die Zeitung war Schwarzweiß.
Interessant waren seine Bilder aus Berlin zur Mauer. Ich kannte noch beide deutsche Staaten und Zint fotografierte hier und drüben. Er hatte sogar einen Fotojob im deutschen Osten und bekam eine Stasi-Akte. Die Bilder aus der DDR und der Grenzöffnung berührte meine eigenen Vergangenheit und zeigten das deutsch-deutsche Alltagsleben.
Zint war im Star Club in Hamburg dabei, fotografierte die Beatles, Jimi Hendrix und die Stones und sogar die bekifften Who. Und diese Bilder finde ich schwach. Wer solche Stars vor der Linse hat, von dem erwartete ich stärkere Bilder. Für mich liegt die Stärke von Günter Zint in seinen politischen und gesellschaftlichen Fotos und nicht in der Gesellschaftsfotografie. Atmosphärisch dicht waren seine Milleu-Studien, sei es die Hafenstraße oder der Kiez in Hamburg. Subkultur – das kann Zint. Er kommt nahe ran und fängt Stimmungen ein. Rocker und Nutten, Jünger und Protestler – alles sehr spannend zu sehen.
Für mich war das Buch Zintstoff eine spannende Reise in die vergangenen 50 Jahre. Dabei fällt mir auf, dass meine Fotobücher über Journalismus sehr oft rückwärts gewandt ist. Ich muss mich mal auf die Suche nach aktuellen Fotojournalismus machen.

Am Mythos Franz Josef Strauß wird weiter gearbeitet

13. August 2015

Lange Zeit hing dieses Bild in Wildbad Kreuth bei der Hanns Seidel Stiftung.

Lange Zeit hing dieses Bild in Wildbad Kreuth bei der Hanns Seidel Stiftung.

Die CSU feiert ihren Übervater Franz Josef Strauß. Ich bin gespannt auf eine Podiumsdiskussion mit dem Weggefährten von FJS Wilfried Scharnagl, die nächste Woche bei der Hanns Seidel Stiftung in München stattfinden wird. Scharnagel war dicke mit Strauß: „Er schreibt, was ich denke, und ich denke, was Scharnagl schreibt“, soll Strauß gesagt haben. Kritisches wird bei der Veranstaltung zum 100. Geburtstag sicher nicht herauskommen. Wahrscheinlich aber viele kleine und große Geschichten, die den Ruhm des bayerischen Politikers mehren sollen.
Um mich den Phänomen FJS zu nähern, kramte ich in meiner Erinnerung. Ich war zu den Zeiten des Politikers noch ein Jugendlicher. In der Schule hatten ein paar Mitschüler die legendären Stopt Strauß Buttons auf ihren Bundeswehrparkas, die damals in Mode waren. Von Bayerns Finanzminister Markus Söder kursierte vor kurzem ein Jugendbild in Facebook. Söder hatte in seinem Jugendzimmer übers Bett ein FJS-Poster aufgehängt – Heldenverehrung der besonderen Art. Er bekam über 1400 Likes in Facebook und von mir ein Kopfschütteln für diese Glorifizierung.

Ich kann nur den Kopfschütteln bei dieser Heldenverehrung. Medial aber wieder ein Coup von Söder.

Ich kann nur den Kopfschütteln bei dieser Heldenverehrung. Medial aber wieder ein Coup von Söder.

Zwei Geschichten zu FJS, die mir eingefallen sind:
Bei uns in Fürstenfeldbruck, westlich von München, stand nach dem Volksfest das Festzelt leer und wurde von den Parteien zu politischen Veranstaltungen genutzt. Auch FJS hielt dort Hof. Es warben Plakate mit der Aufsschrift „Strauß spricht“ für den Event. Darunter das Datum, Zeit und Ort – mehr nicht. Keine Themen wurden proklamiert, sondern die Ankündigung allein reichte aus, das Festzelt zu füllen. Das war wahrlich eine starke Marke.
Zweite Geschichte: Bei einem Abendessen mit einem Freund meiner Eltern erinnerte er sich an seine Soldatenzeit, die in die Zeit der Wiederbewaffnung der Bundeswehr fiel. Dort lief er bei einem Manöver als einfacher Soldat auch FJS über den Weg. Minister Strauß setzte sich zu den einfachen Soldaten und speiste mit ihnen Erbsensuppe. Drei Wochen später traf bei einer anderen Veranstaltung der Soldat den Minister zufällig wieder. Strauß löste sich aus seiner Entourage und ging auf den Soldat zu, begrüßte ihn mit Namen. Für den Freund meiner Eltern war dieses Erlebnis prägend und zeigte das Namensgedächtnis von Strauß – Strauß ein Netzwerker.
Aber genug der Verklärung. Ich wollte mich mit der Person näher beschäftigen und besuchte die Ausstellung im Münchner Stadtmuseum Fanz Josef Strauß Die Macht der Bilder. Selten habe ich so ein Aufschaukeln von Gefühlen wahrnehmen können: Von seinen Freunden vergöttert, von seinen Gegnern verdammt, polarisierte er die öffentliche Debatte wie kein Zweiter. Wer sich durch YouTube klickt, wird diese Emotionen spüren.

Ein Besuch im Stadtmuseum brachte mich dem medialen Phänomen FJS näher.

Ein Besuch im Stadtmuseum brachte mich dem medialen Phänomen FJS näher.

Anhand von Fotografien, Plakaten, Zeitschriften und Filmdokumenten wurden Strategien der medialen Darstellung wie auch der visuellen Demontage aufgezeigt. Eine zentrale Bedeutung kam dabei den gestalterischen Mitteln zu, mit denen die inhaltlichen Aussagen transportiert werden. An ihnen ließen sich exemplarisch Fragen der Wirkungsästhetik und politischen Ikonografie behandeln, die weit über die Person Strauß hinausreichen. Ich platze bei Dreharbeiten von Erich Lejeune für tv München im Stadtmuseum herein, der Interview anlässlich FJS aufnahm. Auch hier zeigt sich, wie medial das Thema Strauß noch heute ist.

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Am politischen Lebensweg von Franz Josef Strauß lässt sich eindrücklich nachvollziehen, wie bereits seit den 1950er Jahren ein Trend zur Personalisierung einsetzte und sich dieser zunehmend verstärkte. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, wie wichtig die Imagebildung von Politikern für den Machterwerb und Machterhalt ist. Spätestens seit 1953, als Strauß in der Funktion eines Ministers für besondere Aufgaben dem Bundeskabinett angehörte, wurde das Interesse auch überregionaler und internationaler Medien an seiner Person geweckt. Es entstand eine Beziehung, die ihn zu einer öffentlichen Person machte und die sein gesamtes politisches Leben hindurch bis weit über seinen Tod hinaus andauern sollte. Viele der heute etablierten Bildstrategien der Repräsentation eines Politikers finden sich in den Darstellungen von Franz Josef Strauß wieder. Darunter klassische Rollen, wie die des Landesvaters, des „Mannes von nebenan“, die ihn in einer vorgeblich authentischen Privatsphäre bei einer Home Story zeigen, aber auch die des Visionärs und einflussreichen Staatsmanns.

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Nachdem die Vorwürfe gegen Netzpolitik.org wegen Landesverrat aufkamen, kommt natürlich die Spiegel-Affäre wieder auf den Tisch. „Bedingt abwehrbereit“ lautete der Titel eines Spiegel-Artikels, der den Zustand der Bundeswehr zeigte. Auf Initiative von Strauß und Adenauer wurden die Spiegel-Redakteure festgenommen und die Bundesrepublik gegen für die Pressefreiheit auf die Straße. Vor dem Bundestag log Strauß und musste zurücktreten. Strauß war ein Lügner, da gibt es nichts zu rütteln. Ja, die Sache mit der Wahrheit, damit hatte Strauß zeitlebens wohl seine Probleme.

Die Lektüre dieses Buches hat mich erschreckt,

Die Lektüre dieses Buches hat mich erschreckt,

Da ich viel für die bayerische Verwaltung arbeite, wählte ich aus den Unmengen von Strauß Biografien eine kritische Bestandsaufnahme aus: Macht und Missbrauch: Franz Josef Strauß und seine Nachfolger. Aufzeichnungen eines Ministerialbeamten von Wilhelm Schlötterer. Es ist die Autobiografie eines Finanzbeamten, der das Machtsystem Strauß darstellte. Die Lektüre hat mich erschreckt, denn wir alle sind vor dem Gesetz alle gleich, manche aber gleicher. Rechtsbeugung wirft das CSU-Mitglied Schlötterer dem ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten vor. Mit viel Zivilcourage warnt Schlötterer vor dem System Strauß: Filz und Korruption. Detailreich und mit viel Hintergrundwissen legt der Staatsbeamte Schlötterer seine Argumente dar und zeichnet ein anderes Bild als des treusorgenen Landesvaters. Ich rate unbedingt zur Lektüre des Buches, wenn man das politische System des damaligen Bayerns verstehen will. und viele, der damals handelnden Personen sind heute noch politisch aktiv.

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Letzte Geschichte zum Schluss: Ich erinnere mich an den Todestag und die Beerdigung in München. Ich hatte noch nie der Beerdigung eines Monarchen beigewohnt, aber eindruchsvoller hätte es nicht sein können. Sechs Pferde zogen die Lafette mit dem von einer bayerischen Fahne bedeckten Sarg von der Residenz über den Odeonsplatz und die Ludwigstraße zum Siegestor. Leider finde ich meine Fotos von damals nicht mehr. Am Mythos wird weiter gearbeitet – auch nach dem 100. Geburtstag von Franz Josef Strauß.

Heute ist RECORD STORE DAY

18. April 2015

Heute ist der RECORD STORE DAY. Jede Branche hat ihre Feier- und Gedenktage und heute am 18. April 2015 ist eben der RECORD STORE DAY. Ich komme noch aus einer Ära, in der wir Schallplatten gehört haben. Kassetten waren nicht so mein Ding, ich mochte die Langspielplatte und die Covers.

Plakat zum RECORD STORE DAY in Coburg.

Plakat zum RECORD STORE DAY in Coburg.

Meine Bezugsquelle für Schallplatten war der Sound in Fürstenfeldbruck, der aber trotz RECORD STORE DAY vor Jahren schließen musste. Ich habe darüber gebloggt. Eine andere Quelle war der damalige Saturn Hansa (so hieß der Laden damals noch). Er befand sich auf der Theresienhöhe in München und das Schallplattenangebot war enorm. Und es gab in München noch zweimal den WOM – World of Music. Der Laden in der Münchner Sonnenstraße hatte die Billigplatten à la Nice Price für 10 Mark und in der Fußgängerzone war im Keller der hochpreisige Dealer. Ein guter Freund arbeitete dort und versorgte mich immer mit Infos über Neuerscheinungen – so lief Kommunikation damals. Später kam für mich dann der Drogeriemarkt Müller als Quelle für LPs hinzu. Im Bereich des Sendlinger Tors und in Schwabing waren die Second Hand-Händler, bei denen ich so manche D-Mark für Schallplatten ließ. Berüchtigt waren auch die Fahrten als Schüler nach London, um eine Woche die Second Hand-Läden unsicher zu machen, um vor allem britische Singles zu kaufen.

Nein, Vinyl ist kein Massenmarkt.

Nein, Vinyl ist kein Massenmarkt.

All das ist vorbei. Der Schallplattenmarkt ist zusammengebrochen. Musik ist digital. Es gibt ein gewisses Revival des Vinyls, aber wir sprechen hier nicht von einem Massenmarkt. Wenn jemand meint, seine Karriere als Plattenhändler steht aufgrund des RECORD STORE DAY bevor, kann man ihn nur warnen. Das Zeitalter der Schallplatte als Massenmarkt ist vorbei und kommt auch nicht wieder. Geblieben ist der Liebhabermarkt und ein paar Audiophile, die über richtig Geld verfügen. Der Spiegel spricht sogar von einem „Vinyl-Boom“ und das zeigt die journalistische Qualität des Magazins. Es gibt wieder Vinyl-Charts und der Spiegel veröffentlicht sie auch – für mich ein Sturm im Wasserglas.
In Zahlen heißt es: Der Bundesverband Musikindustrie meldet für 2014 insgesamt 1,8 Millionen verkaufte Schallplatten. Das sind die Zahlen von 1992. Aber um realistisch zu bleiben: Der Marktanteil des Vinyls an allen Musikverkäufen beträgt nur schlappe 2,6 Prozent.


Ab und zu gehe ich noch auf Börsen, kaufe die eine oder andere CD oder sogar noch seltene Schallplatten. Erst neulich habe ich für einen Soundtrack in Vinyl viel Geld hingelegt. Es handelte sich um den Soundtrack zum Kubrick-Film The Shining von 1980. Der wunderbare Score von Wendy Carlos mit der Musik von György Ligeti, Béla Bartok und Krzysztof Penderecki ist meines Wissens nie auf CD erschienen. Also musste die analoge Scheibe für viel Geld her und sie wurde dann gleich digitalisiert. Die letzte Schallplatte, die ich mir gekauft habe, war eine Single von den Kinks für meine Rock-o-la.
Am heutigen RECORD STORE DAY werde ich mich auf meine schwarzen Scheiben besinnen. Ich werde dieser Tage in mein Archiv hinabsteigen und meine Schallplatten durchschauen. Vielleicht finde ich den ein oder anderen Schatz zum Digitalisieren. Gerade Bootlegs von Bob Dylan hatte ich einige auf Vinyl, die ich ins digitale Zeitalter retten möchte.
Und endlich konnte ich Gladsax nutzen. Gladsax ist kein spezielles Saxophon, sondern ein Bilderrahmen für Schallplatten von IKEA. Bei meinem jüngsten IKEA-Besuch habe ich drei Gladsax-Rahmen mitgenommen. Ich rahmte drei Picture Disc, über die schon einmal gebloggt habe. Gladsax hat die Größe von 32×32 Zentimeter und ist ideal für Schallplatten. Also kamen unlängt Bob Dylan, Elvis Presley und Jimi Hendrix hinter Glas. Die Herrschaften hängen jetzt zum RECORD STORE DAY  an den Wändern zum Archiv.

Mein Besuch bei FOCUS Online

27. August 2014

Bei den Print-Magazinen geht es wieder rund. Der Spiegel ist mit sich selbst beschäftigt und die Print-Garde mag kein Online. Beim Stern und beim Focus – beide Print – müssen die Chefredakteure gehen. Der Medienwandel wird auch durch einen Wechsel der Chefredaktion nicht aufgehalten.
Daher blicke ich einmal auf den Reichweitenprimus FOCUS Online. Im Rahmen meines Lehrauftrags bei der Macromedia Akademie organisierte ich für meine Studenten einen Besuch bei FOCUS Online. Angesiedelt bei TOMORROW Focus, einem Burda-Unternehmen, bekam ich als langjähriger Zeitungs- und Zeitschriftenjournalist einen kleinen Eindruck von der Arbeit eines Online-Journalisten. Vielen Dank dafür.

Chefredakteur Daniel Steil und seinem Stellvertreter Florian Fest

Chefredakteur Daniel Steil und seinem Stellvertreter Florian Fest

Selbst bezeichnet sich FOCUS Online als Portal für Qualitätsjournalismus, dies wurde von Chefredakteur Daniel Steil und seinem Stellvertreter Florian Festl in den Gesprächen immer wieder betont. Die Reichweite von FOCUS Online sei enorm. Im Moment steht die Newsportal an der Spitze vor Spiegel online und der Absatz zwischen München und Hamburg wird größer. Kein Wunder, wenn sich Hamburg nur um sich selbst dreht. Schnelligkeit ist eine absolute Stärke des Mediums.

Der erste Action Room bei der Besichtigung.

Der erste Action Room bei der Besichtigung.

Bei meinem Besuch in München hatte ich das Gefühl, dass in der Online-Welt nur der Schnellste auch gewinnt. Klicks zählen, Reichweite zählt, dann fließt das Werbebudget. Und diese Klicks werden mit unterschiedlichen Zielen erreicht, sei es durch klassische Bilderklickstrecken, sei es aber auch durch unterschiedliche Aufmachungen eines und des selben Themas. Bei meinem Besuch konnte ich feststellen, dass einzelne Themen unterschiedlich angepackt und immer wieder neu aufgemacht und verpackt werden. Kein großer Artikel, lieber viele kleine zum Thema mit unterschiedlichen Ansprachen. Überschriften gewechselt, Einstiege und Leads geändert, doch der Nachrichtenwert hat sich kaum verändert – nur die Perspektive auf die Nachricht selbst. Das habe ich in Print noch anders gelernt, aber ich bin ja lernfähig.

Der Action Room der Redaktion.

Der Action Room der Redaktion.

Als ich die beiden Redaktionsräume besuchte, die bei FOCUS Online als Action-Rooms bezeichnet werden, erreichte gerade eine Eilmeldung die Redaktion. Der mutmaßliche Dieb der Schumacher-Krankenakte habe sich in der Schweiz erhängt. Diese News-Meldung musste für ein führendes Nachrichtenmedium natürlich so schnell als möglich online gehen. Ich stand hinter dem Desk des CvD (Chef vom Dienst) und sah ihn bei seiner Arbeit zu.

Über die Schulter geschaut: Die Arbeit des CvD

Über die Schulter geschaut: Die Arbeit des CvD

Gleichzeitig verfolgte ich über das iPhone die relevanten Websites wie Bild, Spiegel und Kollegen. Twitter hatte die Nachricht als erstes – und dann folgte FOCUS Online. Ob die Meldung gegengecheckt wurde, kann ich nicht sagen. Als Quelle wurde die Schweizer Boulevardzeitung Blick genannt. Ob der Blick.ch eine seriöse Quelle ist, muss jeder für sich selbst beurteilen. Reicht es für ein Portal des Qualitätsjournalismus nur eine Quelle zu nennen und diese ist noch eine reißerische dazu? Ob mit der Staatsanwaltschaft in der Schweiz gesprochen wurde, bevor die Meldung in München online ging, weiß ich nicht. Gesehen habe ich keinen bei der Gegenrecherche, so dass mein Eindruck rein subjektiv ist.
Eindrucksvoll war auf alle Fälle das Monitoring in der Redaktion. So etwas hätte ich mir als Print-Redakteur auch gerne gewünscht. Als Papiermann musste ich auf die Scannerkassen und später auf die IVW-Zahlen warten, um zu wissen, ob eine Geschichte beim Leser ankommt oder nicht. Mein persönliches Monitoring damals war meine langjährige Erfahrung, oftmals mein Bauchgefühl. Heute sind es harte Zahlen im Online-Geschäft.

Eilmeldung - der Online-Dienst hat gewonnen.

Eilmeldung – der Online-Dienst hat gewonnen.

Im Online-Zeitalter ist es schließlich anders: Die Klickzahlen und andere KPIs werden laufend erfasst und in die Redaktion gegeben. So kann jeder sehen, wie sein Artikel läuft und ob er erfolgreich ist. Und erfolgreich heiß, wenn er geklickt wird. Wahrscheinlich haben die festangestellten Mitarbeiter auch vereinbarte KPI-Ziele, um Unternehmensprämien zu erhalten. Nur so kommt die enorme Reichweite zustande.

Die Kommando-Brücke - die KPI-Zahlen links habe ich unkenntlich gemacht.

Die Kommando-Brücke – die KPI-Zahlen links habe ich unkenntlich gemacht.

Traffic kommt auch über die zahlreichen Social Media Kanäle und die Push-Meldungen auf Smartphones. Hier muss im Fall einer Einmeldung, die Technik stimmen und die Server nicht in die Knie gehen. Zudem werden zahlreiche Artikel mit PDFs verknüpft, um ein Zusatzgeschäft zu generieren. Das kommt mir in vielen Fällen sinnvoll vor, aber manches Mal ist es nur krampfhaft, eine Meldung mit einem kostenpflichtigen PDF zu verbinden. Aber der Erfolg gibt dem Unternehmen recht. So werden als den digitalen Pennys wieder analoge Dollars, in Anlehnung an Hubert Burdas berühmten Ausspruch.
Mit den arbeitenden Online-Journalisten konnte ich mich nicht unterhalten. Ich wollte nicht bei der Arbeit stören. Mir fiel nur auf, dass die Mannschaft sehr jung ist und wahrscheinlich dadurch auch sehr preiswert. Alte Zeitschriftenhasen (und damit teuer) habe ich nicht entdeckt. Daniel Steil, Chefredakteur FOCUS Online, erklärte, dass er freilich auch auf die Kostenstruktur achten müsse. Obwohl man Teil von Burda sei, fühle man sich bei TOMORROW Focus als junges Start-up, ergänzte der stellvertretende Chefredakteur Florian Festl.
Was aber auch klar ist: FOCUS Online setzt klar auf mobile Kommunikation. Smartphones sind die neuen Klickbringer und natürlich müssten die Journalisten für einen künftigen Smartphone-Journalismus anders schreiben als für klassischen Desktop-Journalismus am Rechner. Diesen Trend haben die beiden Chefredakteure klar erkannt und sie werden darauf reagieren. Dies sei sicher, versicherten sie mir. Ich bin also gespannt, wohin sich der Journalismus weiter entwickelt. Bei den Klicks scheint FOCUS Online die Nase vorn zu haben. Ich regte an, What’s App-Redakteure einzustellen und über diesen Kanal auch Klicks zu generieren. Und Roboterjournalismus für Sport und Wirtschaft seien auch nicht ausgeschlossen.
Nachdenklich verließ ich die Redaktion. Der Einblick war faszinierend und ich weiß nicht, ob er mir gefallen hat. Ich bin in der Tradition der Geschichtenerzähler groß geworden. Aber Geschichten zu erzählen, ist wohl in einem Newsportal nicht so wichtig. Ich werde die Sache weiter beobachten.

Einladung: Online zum Wahlerfolg? Bedeutung des Internets für den Wahlkampf

10. Mai 2013

HSS

Ich bin auf eine Podiumsdiskussion eingeladen und darf zum Thema Politik und Internet diskutieren. Die Hanns-Seidel-Stiftung veranstaltet am 14. Mai eine Podiumsdiskussion im Konferenzzentrum München (Beginn: 18.30 h) mit dem Titel Online zum Wahlerfolg? Wahlkampf 2.0 und seine Perspektiven.

Heute gehören das Twittern in Sekundenschnelle und ein Facebook-Profil für immer mehr deutsche Politiker zum Alltag. Doch wie sieht es hierzulande wirklich mit dem Potenzial von Online-Wahlkämpfen, gerade mit Blick auf die bevorstehenden Wahlen, aus? Wie kann man auf Landes- und Bundesebene den Wähler erreichen und ist das Internet auch ein Medium für den Kommunalwahlkampf?

Es diskutieren die bayerische JU-Vorsitzende Katrin Albsteiger, der Google-Manager Joel Berger, die Digitalspitze der PR-Agentur MSLGROUP Germany, Adrian Rosenthal, der Wissenschaftler Andreas Jungherr sowie ich. Wer Lust kann zu kommen, sollte sich hier anmelden.

Sicherlich werden die neuen Ergebnisse der BITKOM-Umfrage diskutiert. Der Einsatz des Internets durch die politischen Parteien wird entscheidenden Einfluss auf den Ausgang der Bundestagswahl 2013 haben. Diese Meinung vertreten 37 Prozent aller Wahlberechtigten in Deutschland. Unter den 18- bis 29-Jährigen ist mit 48 Prozent sogar fast die Hälfte dieser Ansicht. Die Befragung ist Grundlage der BITKOM-Studie „Demokratie 3.0 – Bedeutung des Internets für den Bundestagswahlkampf“.

Danach zeichnet sich ab, dass insbesondere die sozialen Medien eine zentrale Rolle im Wahlkampf spielen werden. „Das Internet wird den Wahlkampf bestimmen wie nie zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik“, sagte BITKOM-Präsident Prof. Dieter Kempf bei Vorstellung der Studie in Berlin. „Die Online-Kampagnen könnten für die Parteien zum Zünglein an der Waage werden, um die entscheidenden Stimmen zu erringen.“ Laut Umfrage informieren sich 60 Prozent der Bundesbürger über politische Themen im Web. Im Jahr der letzten Bundestagswahl 2009 waren es erst 45 Prozent. Unter den 18- bis 29-Jährigen informieren sich aktuell 80 Prozent über Politik im Internet, bei den 30- bis 44-Jährigen sind es 75 Prozent. In meinem Seminaren merke ich auf jeden Fall ein großes Interesse an den sozialen Netzen durch die Politik. Natürlich ist Social Media nur ein Teil der Kommunikation mit dem Bürger/Wähler. Viele Politiker haben noch nicht die Organisationsform für Social Media geschaffen.

Wer das Internet als Informationsquelle für politische Inhalte nutzt, steuert in erster Linie die Webseiten der klassischen Medien an: 84 Prozent informieren sich auf den Nachrichtenseiten von Spiegel, FAZ, Welt, n-tv etc. Mit weitem Abstand folgen Internetangebote von Nichtregierungsorganisationen, die 38 Prozent nutzen. Bereits mehr als ein Drittel (35 Prozent) informiert sich in sozialen Netzwerken über Politik, unter den 18- bis 29-Jährigen mit 55 Prozent sogar mehr als die Hälfte. 28 Prozent der Politikinteressierten nutzen Webseiten von Ministerien oder Behörden und 25 Prozent die Internetpräsenzen der politischen Parteien. 16 Prozent informieren sich in politischen Blogs und immerhin 12 Prozent auf den Webseiten einzelner Politiker.

Ein Drittel (32 Prozent) der Bundesbürger konsumiert nicht nur politische Inhalte, sondern nimmt aktiv am Wahlkampf im Internet teil. Unter den 18- bis 29-Jährigen sind es sogar 63 Prozent. „Grund für die hohe Aktivität der Jüngeren ist die breite Nutzung sozialer Netzwerke, die das Erstellen, Kommentieren und Teilen politischer Inhalte dramatisch vereinfachen“, sagte Kempf. So „liken“ oder teilen 42 Prozent der Jüngeren politische Inhalte in sozialen Netzwerken wie Facebook, Google+ oder Xing. In der Gesamtbevölkerung sind es dagegen nur 15 Prozent. 18 Prozent leiten E-Mails mit politischem Inhalt an Bekannte weiter und 10 Prozent kommentieren Artikel in Online-Medien zu Politikthemen. Dagegen sind erst 3 Prozent Mitglied einer politischen Kampagne im Web.

„In der Politik ist der Einsatz sozialer Medien inzwischen weit verbreitet“, sagte Kempf. Nach einer Analyse der Online-Plattform Pluragraph für den BITKOM verfügen aktuell 86 Prozent aller 620 Bundestagsabgeordneten über ein Profil in mindestens einem sozialen Netzwerk. 76 Prozent sind bei Facebook vertreten, 50 Prozent bei Twitter, 41 Prozent bei Youtube und 25 Prozent bei Xing. Im Durchschnitt haben die Abgeordneten 2.578 Facebook-Fans und 2.045 Twitter-Follower.

Das Internet bietet den Bürgern darüber hinaus die Möglichkeit der direkten Beteiligung am politischen Geschehen. So gibt ein Viertel (24 Prozent) der Bundesbürger an, dass sie sich bereits an einer E-Petition bzw. Online-Petition beteiligt haben. Das entspricht rund 16 Millionen Personen. Unter den 18- bis 29-Jährigen sind es sogar 38 Prozent. 15 Prozent aller Bundesbürger haben sich bei ihrer Kommunalverwaltung beschwert oder Verbesserungsvorschläge gemacht. 14 Prozent haben sich online an der Diskussion über lokale Bauvorhaben beteiligt und 13 Prozent Ärgernisse im öffentlichen Straßenbild benannt. Aggregiert man die unterschiedlichen Beteiligungsformen, sind 45 Prozent der Bundesbürger im Web politisch aktiv geworden, unter den Jüngeren sogar 58 Prozent. Kempf: „Das Internet ermöglicht und erleichtert die Teilhabe am politischen Geschehen und stärkt damit unsere Demokratie.“

Die wichtigsten netzpolitischen Themen sind laut Umfrage der Datenschutz und die IT-Sicherheit. 96 Prozent der Bürger sagen, dass sich die neue Bundesregierung stärker als bisher um den Datenschutz kümmern sollte, 95 Prozent nennen die Bekämpfung der Internetkriminalität. 84 Prozent meinen, die Vermittlung von Internetkompetenz bei Kindern und Jugendlichen sollte Priorität haben. 79 Prozent der Bürger fordern eine Reform des Urheberrechts und 76 Prozent die Sicherung der Netzneutralität.

Druck

Social Media: Wie Dagmar Wöhrl das Netz verstanden hat und sich gegen Spiegel-Vorwürfe wehrt

28. Februar 2012

Die CSU-Bundestagsabgeordnete Dagmar Wöhrl und ihr Beraterstab haben erkannt, dass sie mit sozialen Netzwerken ein Massenmedium bedienen und sie wissen es, dieses Massenmedium eindrucksvoll zu nutzen. Das beweist die Nürnberger Abgeordnete in ihrem Streit mit dem Hamburger Spiegel.

In der Print-Ausgabe des Magazins werden Vorwürfe gegen Wöhrl und ihre Auslandsreisetätigkeit erhoben. Es handelt sich um den Artikel: “Shopping mit VIP-Service” aus DER SPIEGEL 9/2012, Seite 46. In der Vergangenheit wären diese Vorwürfe im Raum gestanden und Frau Wöhrl hätte Schwierigkeiten gehabt, ihre eigene Position in den Massenmedien darzustellen. Doch die Macht von klassischen Massenmedien wird durch soziale Netzwerke eingeschränkt. Dagmar Wöhrl stellt ihre Position auf ihrer Website in verschiedenen Artikeln wie „Spiegelplag: Schuldig im Sinne des Anklägers“ oder „Die Wildsau im Blätterwald – Meine Gegendarstellung“ klar und verbreitet ihre Sichtweise via Social Media. Und auch festzustellen: Ihre Sichtweise wird von ihren Freunden und Followern aufgegriffen und weiter im Netz verbreitet. Großes Lob an Frau Wöhrl: Sie kommuniziert mit ihren Anhängern und Gegnern. Sie führt Dialoge statt nur zu senden. Sie diskutiert, argumentiert, sie zeigt in ihren Twitter-Tweets ihre menschliche Seite und demonstriert auch die Zweifel, die sie hat. Diese Gefühle sind keine Schwäche, wie es von manchen (auch ihrer eigenen) Politikkollegen gesehen wird, sondern sie nimmt den User, den Wähler und das Netz ernst. Das ist nicht der kalte, allwissende Politiker, sondern ein Mensch.

Damit erreicht Dagmar Wöhrl eine große Reichweite und ggf. auch eine größere Glaubwürdigkeit, die sie in der alten Welt der klassischen Kommunikation niemals geschafft hätte.

Natürlich wäre es wohl Dagmar Wöhrl lieber gewesen, der Spiegel hätte die Geschichte in der Print-Ausgabe nicht gebracht, bzw. besser recherchiert. Dennoch zeigt dieses Beispiel, dass sich die Welt der Kommunikation ändert. Dies begreifen noch zu wenig Politiker. Social Media ist für sie lästig nach dem Motto: Was soll ich jetzt noch alles tun, dafür habe ich doch keine Zeit. Manches Mal scheinen soziale Netzwerke für die Politiker auch eine lästige Pflicht. Meinung senden und Meinung verbreiten ist noch okay, aber mit dem Wähler in den Dialog einsteigen? Was will der Wähler denn jetzt schon wieder? Ab und zu wird ein Post abgesetzt und das war es dann gewesen. Ach war die Welt der alten Kommunikation mit den klassischen Pressemitteilungen doch so schön.

Hätte Dagmar Wöhrl nach dem alten Modell gehandelt, dann wäre sie in dieser Krisensituation angeschlagen. Die kleine Abgeordnete hätte gegen den mächtigen Spiegel große Blessuren erlitten. Nein, aber nicht heute. Frau Wöhrl und ihr Team haben über lange Zeit eine glaubwürdige Kommunikation in den sozialen Netzwerken aufgebaut. Sie haben kommuniziert und nicht nur gesendet. Sie ist auf Twitter-Treffen gegangen und hat lange an einer Strategie gearbeitet. Diese Arbeit hat sich jetzt ausgezahlt.

Ich vermag nicht zu urteilen, ob die Angriffe des Spiegels gerechtfertig sind. Durch die Argumente von Dagmar Wöhrl erscheinen die Recherchen des Spiegel als schlampig und tendenziös. Dies würde in das Bild des schwächelnden Qualitäts- und aufblühenden Meinungsjournalismus passen. Bravo Frau Wöhrl, Sie haben das Netz verstanden!

Rituale beim Aussteigen aus dem Flugzeug

19. September 2008

Wie kleine Kinder liebe ich Rituale, ich genieße sie richtig. Das habe ich soeben wieder bemerkt, als ich von Paris ankam und ich München mit dem LH-Flieger landete. Es folgt immer der gleiche Spruch der Stewardess, so oder so ähnlich: „Warten Sie bis das Flugzeug seine endgültige Parkposition erreicht hat, bevor Sie den Sicherheitsgurt lösen.“ Aber natürlich: Das Flugzeug rollt noch auf das Gate zu und die ersten lösen mit einem Klicken ihren Sicherheitsgurt. Mir ist es schon passiert, dass der Flieger noch einen Ruck macht. Wer nicht angeschnallt ist, bekommt die Fliehkräfte der Physik zu spüren und segelt durch den Flieger. Kaum steht die Maschine, („Cabin Crew, all doors in park“) lösen alle ihre Gurte und dann macht sich Nervosität breit: Was zuerst? Also am besten aufstehen: Also alle Passagiere an den Gangplätzen springen auf, die Nachbarn aus den Mittelreihen rucken nach und würden am liebsten auch in den Mittelgang drängen, der natürlich schon besetzt ist. Also bleiben die Passagiere der Mittelplätze zwischen Gang und Sitze hängen und verkrampfen sich. Die Gäste der Fensterplätze haben resigniert und schauen dem Schauspiel nur zu. Derweil öffnen die Gangpassagiere bereits die Gepäckfächer und nehmen Jacken und Taschen. Probleme gibt es immer noch, wohin mit dem Handy? Denn der mobile Begleiter muss angeschaltet und abgefragt werden: Pin Code eingeben und Netz suchen. Vielleicht hat einer angerufen oder eine Mail geschickt. So steht man verkrampft einige Minuten herum und langsam, ganz langsam setzt sich der Tross im Mittelgang in Bewegung. Fluggast um Fluggast bewegt sich durch die Röhre Richtung Ausgang. Bei einigen versagt die Erziehung und sie drängeln sich nach vorne. Warum warten bis sich die Reihen vor einem geleert haben? Ich bin doch wichtig! Platz da!

Ach ja und dann gibt es noch die Kollegen, die sich langsam aus der Economy-Class nach vorne in die Business-Class vorschlagen und die Sitze absuchen. Hat vielleicht jemand eine Illustrierte wie Spiegel, Fokus oder Bunte liegengelassen? Wenn ja, ein bisschen strecken und schnell verschämt das Heft eingesteckt. Ein paar Euro gespart! 

Schülerzeitung sahnt Preise ab

31. Juli 2008

Zusammen mit dem Kollegen Thomas Gerlach (Link siehe Blogroll) betreue ich seit Jahren Schülerzeitungen aus ganz Bayern. Wir machen sie fit in journalistischen Darstellungsformen, trainieren sie in Layout-Software, coachen sie in Redaktionsabläufen und üben mit Ihnen Fotoaufnahmen. Jetzt hat eine Zeitung vom Ruperti-Gymnasium Mühldorf hervorragend beim Spiegel-Wettbewerb abgeschnitten. Der „Innfloh“, so lautet der Name der Zeitschrift der aufstrebenden Nachwuchsjournalisten, wurde ausgezeichnet. Es ist bereits das zweite Mal, dass Innfloh-Redakteure zur Preisverleihung nach Hamburg fahren durften. Schon im vergangenen Jahr hatte sie sich mit ihrer Reportage über eine minderjährige Mutter den ersten Preis abgeholt. Auch dieses Jahr kann sich die Bilanz des Ruperti-Gymnasiums sehen lassen: Alleine in der Spiegel-Kategorie Reportage landete der „Innfloh“ mit vier Storys unter den ersten sieben Siegern. Aber es geht noch weiter: Nach ihrem großen Erfolg beim Spiegel-Schülerzeitungswettbewerb konnten sich die Jungjournalisten beim „Blattmacher“-Wettbewerb in Bayern erneut durchsetzen. Bei der Preisverleihung in München wurden sie als Bayerns beste Schülerzeitung ausgezeichnet. Meine Gratulation an die jungen Kollegen. Es zeigt sich, dass Lernen und Lehren doch sehr viel bringen. Und ich muss zugeben. Ich bin stolz auf die Auszeichnungen.