Ich bin auf eine Podiumsdiskussion eingeladen und darf zum Thema Politik und Internet diskutieren. Die Hanns-Seidel-Stiftung veranstaltet am 14. Mai eine Podiumsdiskussion im Konferenzzentrum München (Beginn: 18.30 h) mit dem Titel Online zum Wahlerfolg? Wahlkampf 2.0 und seine Perspektiven.
Heute gehören das Twittern in Sekundenschnelle und ein Facebook-Profil für immer mehr deutsche Politiker zum Alltag. Doch wie sieht es hierzulande wirklich mit dem Potenzial von Online-Wahlkämpfen, gerade mit Blick auf die bevorstehenden Wahlen, aus? Wie kann man auf Landes- und Bundesebene den Wähler erreichen und ist das Internet auch ein Medium für den Kommunalwahlkampf?
Es diskutieren die bayerische JU-Vorsitzende Katrin Albsteiger, der Google-Manager Joel Berger, die Digitalspitze der PR-Agentur MSLGROUP Germany, Adrian Rosenthal, der Wissenschaftler Andreas Jungherr sowie ich. Wer Lust kann zu kommen, sollte sich hier anmelden.
Sicherlich werden die neuen Ergebnisse der BITKOM-Umfrage diskutiert. Der Einsatz des Internets durch die politischen Parteien wird entscheidenden Einfluss auf den Ausgang der Bundestagswahl 2013 haben. Diese Meinung vertreten 37 Prozent aller Wahlberechtigten in Deutschland. Unter den 18- bis 29-Jährigen ist mit 48 Prozent sogar fast die Hälfte dieser Ansicht. Die Befragung ist Grundlage der BITKOM-Studie „Demokratie 3.0 – Bedeutung des Internets für den Bundestagswahlkampf“.
Danach zeichnet sich ab, dass insbesondere die sozialen Medien eine zentrale Rolle im Wahlkampf spielen werden. „Das Internet wird den Wahlkampf bestimmen wie nie zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik“, sagte BITKOM-Präsident Prof. Dieter Kempf bei Vorstellung der Studie in Berlin. „Die Online-Kampagnen könnten für die Parteien zum Zünglein an der Waage werden, um die entscheidenden Stimmen zu erringen.“ Laut Umfrage informieren sich 60 Prozent der Bundesbürger über politische Themen im Web. Im Jahr der letzten Bundestagswahl 2009 waren es erst 45 Prozent. Unter den 18- bis 29-Jährigen informieren sich aktuell 80 Prozent über Politik im Internet, bei den 30- bis 44-Jährigen sind es 75 Prozent. In meinem Seminaren merke ich auf jeden Fall ein großes Interesse an den sozialen Netzen durch die Politik. Natürlich ist Social Media nur ein Teil der Kommunikation mit dem Bürger/Wähler. Viele Politiker haben noch nicht die Organisationsform für Social Media geschaffen.
Wer das Internet als Informationsquelle für politische Inhalte nutzt, steuert in erster Linie die Webseiten der klassischen Medien an: 84 Prozent informieren sich auf den Nachrichtenseiten von Spiegel, FAZ, Welt, n-tv etc. Mit weitem Abstand folgen Internetangebote von Nichtregierungsorganisationen, die 38 Prozent nutzen. Bereits mehr als ein Drittel (35 Prozent) informiert sich in sozialen Netzwerken über Politik, unter den 18- bis 29-Jährigen mit 55 Prozent sogar mehr als die Hälfte. 28 Prozent der Politikinteressierten nutzen Webseiten von Ministerien oder Behörden und 25 Prozent die Internetpräsenzen der politischen Parteien. 16 Prozent informieren sich in politischen Blogs und immerhin 12 Prozent auf den Webseiten einzelner Politiker.
Ein Drittel (32 Prozent) der Bundesbürger konsumiert nicht nur politische Inhalte, sondern nimmt aktiv am Wahlkampf im Internet teil. Unter den 18- bis 29-Jährigen sind es sogar 63 Prozent. „Grund für die hohe Aktivität der Jüngeren ist die breite Nutzung sozialer Netzwerke, die das Erstellen, Kommentieren und Teilen politischer Inhalte dramatisch vereinfachen“, sagte Kempf. So „liken“ oder teilen 42 Prozent der Jüngeren politische Inhalte in sozialen Netzwerken wie Facebook, Google+ oder Xing. In der Gesamtbevölkerung sind es dagegen nur 15 Prozent. 18 Prozent leiten E-Mails mit politischem Inhalt an Bekannte weiter und 10 Prozent kommentieren Artikel in Online-Medien zu Politikthemen. Dagegen sind erst 3 Prozent Mitglied einer politischen Kampagne im Web.
„In der Politik ist der Einsatz sozialer Medien inzwischen weit verbreitet“, sagte Kempf. Nach einer Analyse der Online-Plattform Pluragraph für den BITKOM verfügen aktuell 86 Prozent aller 620 Bundestagsabgeordneten über ein Profil in mindestens einem sozialen Netzwerk. 76 Prozent sind bei Facebook vertreten, 50 Prozent bei Twitter, 41 Prozent bei Youtube und 25 Prozent bei Xing. Im Durchschnitt haben die Abgeordneten 2.578 Facebook-Fans und 2.045 Twitter-Follower.
Das Internet bietet den Bürgern darüber hinaus die Möglichkeit der direkten Beteiligung am politischen Geschehen. So gibt ein Viertel (24 Prozent) der Bundesbürger an, dass sie sich bereits an einer E-Petition bzw. Online-Petition beteiligt haben. Das entspricht rund 16 Millionen Personen. Unter den 18- bis 29-Jährigen sind es sogar 38 Prozent. 15 Prozent aller Bundesbürger haben sich bei ihrer Kommunalverwaltung beschwert oder Verbesserungsvorschläge gemacht. 14 Prozent haben sich online an der Diskussion über lokale Bauvorhaben beteiligt und 13 Prozent Ärgernisse im öffentlichen Straßenbild benannt. Aggregiert man die unterschiedlichen Beteiligungsformen, sind 45 Prozent der Bundesbürger im Web politisch aktiv geworden, unter den Jüngeren sogar 58 Prozent. Kempf: „Das Internet ermöglicht und erleichtert die Teilhabe am politischen Geschehen und stärkt damit unsere Demokratie.“
Die wichtigsten netzpolitischen Themen sind laut Umfrage der Datenschutz und die IT-Sicherheit. 96 Prozent der Bürger sagen, dass sich die neue Bundesregierung stärker als bisher um den Datenschutz kümmern sollte, 95 Prozent nennen die Bekämpfung der Internetkriminalität. 84 Prozent meinen, die Vermittlung von Internetkompetenz bei Kindern und Jugendlichen sollte Priorität haben. 79 Prozent der Bürger fordern eine Reform des Urheberrechts und 76 Prozent die Sicherung der Netzneutralität.