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Wenn Kunst und Musik verschmelzen: Debbie Harry & HR Giger – Eine surreale Begegnung

11. Februar 2025

Ich mag es, wenn Künstler verschiedener Genre zusammenarbeiten. So einstmals geschehen bei einer meiner Lieblingsbands Emerson, Lake & Palmer (ELP) und dem Schweizer Künstler HG Giger für das Plattencover des wegweisenden Albums Brain Salad Surgery.

Ähnliches geschah bei der Zusammenarbeit von Debbie Harry mit Giger für das Album KooKoo aus dem Jahr 1983. Endlich habe ich ein Buch Metamorphosis gefunden, dass die Zusammenarbeit der beiden Künstler mit vielen Fotos zeigt. Es enthält alle Bilder des visuellen Konzeptes, das vom Fotografen Chris Stein dokumentiert wurde.

Gerne wäre ich bei der Zusammenarbeit Mäuschen gewesen und hätte die Kooperation beobachtet. Debbie Harry, die Frontfrau der amerikanischen Band Blondie, und HR Giger, der renommierte Schweizer Künstler, der für seine biomechanischen Kunstwerke und das Design des Aliens im Film „Alien“ bekannt ist, hatten eine bemerkenswerte Begegnung, die in der Musik- und Kunstwelt Wellen schlug. Diese Zusammenkunft zweier kreativer Geister aus unterschiedlichen Disziplinen führte zu einer faszinierenden Kollaboration.

Debbie Harry: Die Punk-Ikone
Debbie Harry, geboren als Angela Tremble, stieg in den späten 1970er Jahren mit ihrer Band Blondie zu einer der bekanntesten Figuren der Punk- und New-Wave-Bewegung auf. Mit Hits wie „Heart of Glass“ und „Call Me“ eroberte Blondie die Charts weltweit. Harrys charismatische Bühnenpräsenz und ihr unverwechselbarer Stil machten sie zu einem Symbol für die rebellische Energie der Zeit.

HR Giger: Der Meister des Biomechanischen
HR Giger, geboren als Hans Rudolf Giger, war ein Schweizer Maler, Bildhauer und Designer, der für seine düsteren, surrealen und biomechanischen Kunstwerke bekannt ist. Sein Design des Aliens im gleichnamigen Film von Ridley Scott brachte ihm 1980 einen Oscar für die besten visuellen Effekte ein. Gigers Arbeiten sind geprägt von einer faszinierenden Mischung aus organischen und mechanischen Elementen, die oft als verstörend und gleichzeitig hypnotisierend beschrieben werden.

Die Begegnung
Die Begegnung zwischen Debbie Harry und HR Giger fand in den frühen 1980er Jahren statt, als beide auf dem Höhepunkt ihrer Karrieren waren. Harry, die sich schon immer für Kunst und visuelle Ästhetik interessierte, war fasziniert von Gigers Arbeiten. Die beiden trafen sich in Gigers Studio in der Schweiz, wo Harry die Gelegenheit hatte, seine Werke aus nächster Nähe zu betrachten und sich von seiner einzigartigen Vision inspirieren zu lassen.

Die Kollaboration
Aus dieser Begegnung entstand eine kreative Zusammenarbeit, die in mehreren Projekten mündete. Eines der bekanntesten Ergebnisse dieser Kollaboration ist das Albumcover von Debbie Harrys Soloalbum „KooKoo“ aus dem Jahr 1981. Das Albumcover von KooKoo (1981) von Debbie Harry, gestaltet von HR Giger, ist ein ikonisches Kunstwerk, das surrealistische und biomechanische Elemente kombiniert.

Das Cover zeigt ein nahes Porträt von Debbie Harrys Gesicht, das eine fast skulpturale, glatte Qualität hat. Ihr Gesicht ist durchstochen von vier langen Nadeln – zwei an den Schläfen und zwei an den Wangen. Diese Nadeln wirken wie chirurgische oder rituelle Instrumente, die durch ihre Haut gedrungen sind, aber es gibt keine sichtbaren Wunden oder Blutspuren, was dem Bild eine unheimlich sterile, aber auch hypnotische Atmosphäre verleiht. Der Hintergrund und die gesamte Komposition erinnern an Gigers typische biomechanische Ästhetik: fließende, metallisch-organische Strukturen, die eine Mischung aus Fleisch und Maschine andeuten. Die monochrome Farbgebung in silbrigen, grauen und blauen Tönen verstärkt den futuristisch-düsteren Look. Das Bild ist ein perfektes Beispiel für die Verschmelzung von Musik und Kunst, die beide Künstler anstrebten.

Die Anzüge
Im Rahmen der Zusammenarbeit für das Album KooKoo (1981) entwarf H.R. Giger nicht nur das ikonische Cover, sondern auch biomechanische Anzüge für Debbie Harry. Diese Anzüge wurden speziell für die Musikvideos und eine Fotoserie konzipiert, um Gigers unverwechselbare Ästhetik mit Harrys futuristischer Vision zu verbinden.

Giger schuf hautenge Anzüge, die Debbie Harrys Körper vollständig umhüllten und mit seinen charakteristischen biomechanischen Mustern verziert waren. Diese Designs bestanden aus fließenden, organisch-mechanischen Strukturen, die den Eindruck erweckten, als würde ihr Körper mit einer außerirdischen oder maschinellen Lebensform verschmelzen. Die Anzüge waren mit skelettartigen Rippen, metallischen Segmenten und symmetrischen Ornamenten versehen, die oft an seine Arbeiten für Alien erinnerten.

Diese Anzüge kamen besonders in den Musikvideos zu KooKoo zum Einsatz, darunter Backfired, das ebenfalls von Giger visuell mitgestaltet wurde. In diesem Video sieht man Debbie Harry in einer surrealen, albtraumhaften Umgebung, in der sie sich durch eine dystopische Szenerie bewegt – ein Zusammenspiel von Gigers dunkler Ästhetik und Harrys ikonischem Stil.

Für eine spezielle Foto-Session mit Chris Stein, ihrem Bandkollegen und damaligen Partner, wurde Debbie Harry in diesen Anzügen abgelichtet. Die Bilder zeigen sie in skulpturalen Posen, fast wie eine lebendige Giger-Kreation, inmitten von metallisch-organischen Strukturen. Diese Bilder sind komplett in dem Buch Metamorphosis abgebildet und erläutert.

Das Album KooKoo (1981)
Mit KooKoo wagt sich Debbie Harry auf solistisches Terrain, bleibt dabei aber stark in den New-Wave- und Funk-Einflüssen verwurzelt, die Blondie bereits erforschte. Produziert von Nile Rodgers und Bernard Edwards von Chic, bringt das Album eine Mischung aus funkigem Post-Disco-Sound, experimentellen Pop-Elementen und düsteren Synthesizer-Klängen.

Die Single Backfired ist ein treibender Funk-Track mit markanten Gitarrenriffs und einer energiegeladenen Produktion, während The Jam Was Moving mehr nach Blondies Dance-Rock-Wurzeln klingt. Jump Jump und Chrome zeigen die mutigere, avantgardistischere Seite des Albums, die jedoch nicht immer ganz ausgereift wirkt. Die futuristische, fast dystopische Atmosphäre, die durch Gigers Coverkunst angedeutet wird, findet sich in Songs wie Now I Know You Know wieder, bleibt aber musikalisch eher subtil.

Obwohl das Album innovative Momente hat und Debbie Harrys charismatische Stimme immer überzeugt, fehlt ihm ein klarer Fokus. Es wirkt fragmentierter und weniger eingängig als Blondies beste Werke, was vermutlich auch ein Grund für den mäßigen kommerziellen Erfolg war. Trotzdem ist KooKoo ein spannendes Zeitdokument, das Harrys Experimentierfreude und die musikalische Wandlungsfähigkeit der frühen 80er-Jahre widerspiegelt. Ich muss zugeben, dass ich das Album eher schwach finde und es vor allem aus ätherischen Gründen gekauft habe. Die Arbeit, die aus dieser Begegnung hervorging, ist ein bleibendes Zeugnis ihrer kreativen Visionen und ihres Einflusses auf die Popkultur.

Der Einfluss
Die Zusammenarbeit zwischen Debbie Harry und HR Giger hatte einen nachhaltigen Einfluss auf beide Künstler und ihre jeweiligen Disziplinen. Für Harry bedeutete es eine Erweiterung ihres visuellen Stils und eine Vertiefung ihrer künstlerischen Identität. Für Giger war es eine Gelegenheit, seine biomechanischen Visionen nach dem ELP-Album von 1974 in einem neuen Kontext zu präsentieren und ein breiteres Publikum zu erreichen.

Erinnerungen an Pete Sinfield

15. November 2024

Heute läuft schon den ganzen Tag die Musik von und mit Pete Sinfield. Die wenigsten Musikfreunde außerhalb der Prog- oder Lyrikszene werden diesen Namen überhaupt kennen. Auf jeden Fall ist der Mann, der viel für meine persönliche Musikgeschichte zu tun hat, im Alter von 80 Jahren verstorben. Carl Palmer wies auf den Tod des Künstler in Facebook hin.

Peter John “Pete” Sinfield war ein einflussreicher englischer Lyriker, Songtexter und Musiker, der maßgeblich zur Entwicklung des Progressive Rock beitrug. Als Gründungsmitglied und Texter der Band King Crimson prägte er deren frühe Werke mit seinen poetischen und oft surrealen Texten. Das Debütalbum In the Court of the Crimson King (1969) gilt als Meilenstein des Genres und beeinflusste zahlreiche nachfolgende Künstler. Für mich der Einstieg in die Szene. Schnell kam ich dann zu ELP.

Nach seiner Zeit bei King Crimson arbeitete Sinfield mit verschiedenen Bands und Musikern zusammen. Er schrieb Texte für Emerson, Lake & Palmer, darunter das epische Werk “Karn Evil 9” auf dem Album Brain Salad Surgery (1973). Er war auch beim Besuch der Band bei HR Giger dabei. Dabei entstand das berühmte Foto. Der zweite von links ist Pete Sinfield.

Zudem produzierte er das Debütalbum von Roxy Music und schrieb englische Texte für die italienische Band Premiata Forneria Marconi.

In den 1980er Jahren wandte sich Sinfield dem Pop zu und schrieb Hits wie “The Land of Make Believe” für Bucks Fizz und “Think Twice” für Celine Dion, wofür er 1995 den Ivor Novello Award erhielt. Seine Fähigkeit, komplexe und emotionale Texte zu verfassen, machte ihn zu einem der herausragendsten Songtexter seiner Zeit.

Sinfields Einfluss auf die Musikszene ist vielfältig. Er verband Poesie mit Musik und trug dazu bei, dass Texte im Progressive Rock eine tiefere Bedeutung erhielten. Seine Arbeiten inspirierten zahlreiche Künstler und hinterließen einen bleibenden Eindruck in der Musikgeschichte.

Ich mag sein Album Still von 1973, das meines Wissens sein einiges Solo-Album geblieben ist. Mit prominenter Unterstützung war es ein Flop und blieb nur eingeweihten Sammlern als Kunstwerk in Erinnerung. Und weil bald Weihnachten ist, höre ich von Greg Lake von ELP I Believe in Father Christmas

Musik- und Filmtipp: Deep Purple, California Jam 1974

30. Mai 2024

Natürlich ist die Ton- und Bildqualität von Konzerten aus den sechziger und siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts nicht immer ideal und dennoch mag ich die Konzerte aus dieser Zeit. Sie haben oftmals mehr Power und Spielfreude als heutige cleane und durchgestylte Konzerte von Stars.

Vor 50 Jahren fand im April 1974 das 3 Tages-Festival California Jam auf der ehemaligen Rennstrecke Ontario Motor Speedway in Ontario, Kalifornien, USA, statt. Mit dabei zwei meiner Lieblingsbands ELP und Deep Purple. Leider existieren von Emerson, Lake & Palmer nur Videoausschnitte aus dem fulminanten Auftritt. Von Deep Purple ist das komplette Konzert mitgeschnitten worden. Es ist eine rauhe Perle und ein grandioser Auftritt der Mark III-Besetzung.

Ich hab das Konzert auf VHS und mir jetzt auf Bluray gekauft. Die Qualität ist besser, aber natürlich nicht mit heutigen Konzertaufnahmen vergleichbar. Die Originalaufnahmen sind US-Fernsehen, also NTSC (Never the Same Color)
Deep Purple war jung, voller Kraft und die Mark III-Besetzung wollte sich beweisen. Sie trat das erste Mal live vor großem Publikum auf. David Coverdale war der neue Sänger und Glenn (Graf Koks) Hughes der neue Bassist, nachdem sich die Mark II-Besetzung mit Ian Gillan und Roger Glover aufgelöst hat. Das Album Burn war vor kurzem auf dem Markt und es sollte unters Volk gebracht werden.

Das Konzert begann verspätet, weil Richtie – der schwarze Mann – Blackmore den Sonnenuntergang abwarten wollte, um sich besser in Szene zu setzen. Und dann wurde die Sau rausgelassen und mit Sau meine ich vor allem Blackmore. Die Band präsentierte unter einem künstlichen Regenbogen neue Stücke und zeigte sich improvisationsfreudig und voller Spiellaune. Große Monitore und Displays gab es nicht und wer weiter hinten stand, hat eigentlich nicht gesehen, aber wohl viel gehört. Es sollen 400000 Zuschauer dabei gewesen sein, um die beiden Headliner zu hören. Die Soundanlage galt als die lauteste dieser Zeit.

Und nachdem Herrn Blackmore die Regieanweisungen oder Bitten wohl zusehends auf den Geist gingen, riss bei ihm wohl der Faden und der Rest ist Legende. Blackmore stieß seinen Gitarrensteg in eine Fernsehkamera, zertrümmerte sein Instrument und machte den wilden Mann. Die Bühne brannte und die Show war perfekt.

Gitarrenzertrümmerer Pete Townshend von the WHO musste neidisch werden. So viel Feuer, so viel Agression auf der Bühne habe ich selten erlebt. Blackmore flippte aus, der Rest der Band spielte weiter.

Die Bluray hat einen neuen Schnitt, aber der alte Videoschnitt der VHS liegt auch als Bonus vor und als wirkliches Bonbon gibt es Super 8-Aufnahmen der Crew, verwackelt und unscharf, wie es eben so bei Super 8 möglich war. Aber der Fan bekommt einen kleinen Einblick hinter die Kulissen und sieht den wilden Mann Blackmore unscharf und von der Ferne seine Show machen.

Deutsches Museum: Der erste Moog-Synthesizer in Deutschland

29. Dezember 2023

Robert Moog gehört ein Denkmal gesetzt. Für mich hat er mit seinen Erfindungen die Musikwelt revolutioniert. Bands wie meine Liebslingsband Emerson, Lake and Palmer wären ohne Robert Moog und seinem Moog-Synthi nie möglich gewesen.


Ich kam neben ELP auch über Wendy Carlos zum Moog und träumte immer davon so ein Wunderwerk an Elektronik zu besitzen. Nun, heute habe ich die Smartphone-App vom Moog, die ähnliches leistet, aber natürlich nicht an die Faszination des Moog herankommt.

Im Deutschen Museum München traf ich auf den ersten Moog, der in Deutschland gespielt wurde. Er wurde von Eberhard Schoener gestiftet. Leider war ich damals bei der Übergabe nicht dabei, denn auch Schoener ist einer meiner musikalischen Helden. Zu den frühesten Synthesizern zählt der Moog IIIp. Der Physiker Robert Moog entwickelt ihn 1967. Das Instrument besteht aus vielen einzelnen elektronischen Funktionseinheiten, den Modulen. Diese können über mehrere Kabel beliebig miteinander verbunden werden. Dadurch bietet dieser analog-modulare Synthesizer maximale Flexibilität, ist aber schwierig zu bedienen. Die Beatles verwenden einen Moog IIIp für ihre Schallplatte „Abbey Road“. Das Exponat kauft der Komponist Eberhard Schoener 1969 in den USA. Es war der erste Moog-Synthesizer in Deutschland.

Später kam dann der Synthesizer Minimoog, Typ D. „Here it is!“ – so kündigt die Firma Moog 1970 ihren ersten preiswerten Mini-Synthesizer an. Die kompakte Bauweise macht ihn zu einem völlig neuen Instrument. Die Signalwege sind fest verdrahtet, so dass nur die grundlegenden Klänge eines modularen Synthesizers möglich sind.

Das Konzept zielt auf einfache Bedienbarkeit und Verwendung auf der Bühne. Bis 1981 werden insgesamt über 12 000 Exemplare des vierten Modells, des Typs D, in Serie gebaut. Durch Keith Emerson wird der Minimoog zum Standardinstrument der Rockmusik.

Der Moog-Synthesizer verkörpert eine entscheidende Phase in der Evolution der Rockmusik und hat diese nachhaltig geprägt. Entwickelt von Robert Moog in den frühen 1960er Jahren ermöglichte dieser Synthesizer erstmals die Erzeugung und Manipulation elektronischer Klänge. Seine markante Fähigkeit, vielfältige Klänge von warmen Bässen bis zu experimentellen Tönen zu erzeugen, eröffnete Musikern eine neue Welt kreativer Möglichkeiten.

Insbesondere im Progressive Rock und Psychedelic Rock der 1960er und 1970er Jahre etablierte sich der Moog-Synthesizer als Instrument der Wahl. Bands wie Pink Floyd und Emerson, Lake & Palmer integrierten seine expressiven Möglichkeiten, um epische Klanglandschaften zu schaffen. Dies trug zur Entstehung von Musik bei, die nicht nur hörbar, sondern erlebbar war.
Der Moog-Synthesizer beeinflusste nicht nur das Klangspektrum, sondern prägte auch das Sound-Design und die Innovationskraft in der Rockmusik. Künstler experimentierten mit dem Instrument, schufen einzigartige elektronische Texturen und erweiterten so die kreative Palette der Rockmusik.

Darüber hinaus hatte der Moog-Synthesizer einen maßgeblichen Einfluss auf die Entstehung der elektronischen Tanzmusik und Ambient-Musik. Die Integration des Moog in Produktionen von Bands wie Kraftwerk ebnete den Weg für die elektronische Musikrevolution der 1980er Jahre.

In der Rockgeschichte hat der Moog-Synthesizer einen unverkennbaren, ikonischen Sound hinterlassen. Sein warmer, analoger Klang wurde zu einem Markenzeichen für viele Bands und trug dazu bei, einige der unvergesslichsten Songs zu schaffen. Kurz gesagt, der Moog-Synthesizer ist nicht nur ein Instrument, sondern ein kreativer Meilenstein, der die Grenzen der Rockmusik erweitert und eine neue Ära des Klanges eingeleitet hat.

Musiktipp: Brain Salad Surgery von ELP auf Picture Disc

1. August 2023

Brain Salad Surgery von 1973 ist nicht nur eines der besten Alben von Emerson, Lake and Palmer (wenn nicht sogar das beste), sondern auch eines der Alben mit dem höchsten Wiedererkennungswert der Band. Und es ist eines meiner Lieblingsalben. Jetzt kam es als Picture Disc heraus und ich musste zuschlagen.

Die Bekanntheit liegt zum großen Teil an dem beeindruckenden Artwork, das das Album ziert. Es ist das Werk des Schweizer surrealistischen Malers, Bildhauers, Filmregisseurs und Bühnenbildners Hans Ruedi Giger, der später für seine einzigartige Arbeit an der Alien-Filmreihe bekannt ist. Ich verehre Giger.

Wie kam es zu diesem Cover? Als ELP auf der Suche nach einem neuen Artwork für ihr viertes Studioalbum waren, schlug ihr Schweizer Promoter Gustav Zumsteg seinen Freund HR Giger vor.
„Mein Promoter-Freund bestand darauf, mich zu Gigers Haus zu fahren“, erinnert sich Keith Emerson. „Ich erinnere mich, dass es von außen ein ziemlich bescheidener Bungalow war – bis man hineinging. Das Innendekor war überwältigend, gotisch bis zum Äußersten. Vom Boden bis zur Decke hatte seine einzigartige Airbrush-Technik einen einfachen Raum in eine Kathedrale verwandelt.

Die ursprüngliche Hülle war in der Mitte geteilt, beide Seiten öffneten sich nach außen und enthüllten darunter ein menschliches Frauengesicht mit außerirdisch anmutendem Haar und verschiedenen Markierungen im Gesicht – vermutlich Narben. Für mich ist es Gigers damalige Frau, der Schauspielerin Li Tobler, die später aus dem Leben geschieden ist, Der damalige Arbeitstitel für die LP Whip Some Skull On Ya, ein Euphemismus für Fellatio. Das gefiel Giger natürlich sehr gut.

„Es war naheliegend, Lippen, Penis und Schädel zu kombinieren“, erklärte er damals 1991. „Diese Elemente flossen in das Bild ein. Trotzdem teilte mir Keith plötzlich mit, dass der Titel des Albums Brain Salad Surgery lauten würde. Ich war konsterniert, bis er mir erklärte, dass dieser Ausdruck ebenfalls Fellatio bedeutet.“

Mit der Welttournee „Brain Salad Surgery“ und dem daraus resultierenden Dreifach-Live-Album „Welcome Back My Friends…“ feierten ELP weitere Erfolge.
Gigers wurde bekannt. Im Jahr 1977 veröffentlichte er sein erstes Buch, Necronomicon. Regisseur Ridley Scott war so begeistert dass Giger schließlich das Alien entwerfen durfte und den Oscar bekam.

Gigers Arbeit auf dem Gebiet der Musik ging ebenfalls unvermindert weiter. Er arbeitete an Magmas Album Attahk von 1978, Debbie Harrys Album Koo Koo, Danzigs Danzig III: How The Gods Kill und Stevie Stevens Atomic Playboys und entwarf Mikrofonständer für Jonathan Davis von Korn. Er arbeitete auch eng mit Thomas Gabriel Fischer zusammen und entwarf das Cover für das 1985 erschienene Album To Mega Therion von Celtic Frost sowie für das in diesem Jahr erschienene Album Eparistera Daimones von Triptykon.

Doch das Cover von ELP verschwand: Die Ausstellung Giger in Prag lief vom 14. April bis zum 31. August 2005. Nach dem Ende der Ausstellung wurde das Werk für die Rückreise in die Schweiz verpackt und über das Wochenende im Museum verschlossen. Das Werk kam am Dienstag, den 6. September, wieder in Zürich, in Gigers Haus, an und wurde von zwei Assistenten Gigers auf einen anderen Lastwagen umgeladen, der es zum Museum in Gruyeres fuhr, wo man feststellte, dass die beiden einflussreichen Werke fehlten. Ich hab sie nicht.

Picture Discs von ELP und Asia

6. Dezember 2022

Musikalisch bin ich im Grunde in den Siebzigern stehen geblieben und eine meiner Lieblingsbands waren Emerson, Lake and Palmer, die großen Prog-Rocker. ELP existieren nicht mehr, Keith Emerson hat sich umgebracht, Greg Lake ist an Krebs verstorben – nur noch Carl Palmer tourt durch die Weltgeschichte. Gleich vorweg das Unboxing meiner folgenden Vinyl-Käufe:/

Als persönliches Weihnachtsgeschenk habe ich mir vier Vinyl-Platten der alten Zeit gekauft, obwohl ich die Aufnahmen als CD und auch auf Vinyl natürlich schon längst hatte. Und weil es bald Weihnachten ist, machte I Believe in Father Christmas von Greg Lake den Anfang. Eine EP auf rotem Vinyl mit einem der schönsten Weihnachtslieder. Der Song stammt aus dem ELP-Doppelalbum Works 1 bei dem jeder der Musiker eine Seite nach eigenem Gutdünken aufnehmen durfte. Seite 4 von Works 1 war wieder ein Gemeinschaftswerk. Greg Lake steuerte Balladen, unter anderem dieses Weihnachtslied bei. Ich mag es.

Nun folgen drei Picture Discs, also Vinyl-Schallplatten mit Aufdruck, oftmals durch den Druck mit verminderter Tonqualität, aber nett anzusehen. Ich habe die Alben für die Wand gekauft und sie sollen Weihnachten aufgehängt werden, wenn die beste Ehefrau von allen mitspielt und mithilft.
Den Anfang macht Asia mit dem 2012 Studioalbum XXX zum 30jährigen Bandjubiläum. Es war das neunte Studioalbum der Band mit wechselvoller Besetzung. Dieses Mal waren die Originalbesetzung Geoff Downes, Steve Howe, Carl Palmer und John Wetton mit von der Partie. Nicht das ganz große Ding, aber durchaus hörbar. Das Cover gestaltete Roger Dean. Progressive Rock wobei der Schwerpunkt eher auf Rock liegt.

ELP pur gab es 1972 mit Trilogy. Ich habe die 2022 Version zum Record Store Day als Picture Disc. Der Zugang zu dieser Art von Musik ist sicherlich nicht ganz einfach, aber ELP waren in ihrer kreativen Hochphase. Mehr gibt es eigentlich nicht zu sagen.

1992 kamen ELP nochmal zusammen und versuchten es nochmal. Das Album hieß Black Moon und war dem Zeitgeist angepasst, machte mir aber dennoch zu großen Teilen Spaß. Das Cover war ein Kettenkarussell und sieht auf der Picture Disc gut aus.

Musiktipp: ASIA in Asia Live at Budokan, Tokyo, 1983

20. Juni 2022

Meine Lieblingsbands aus dem Bereich Prog-Rock sind eindeutig Emerson, Lake & Palmer sowie King Crimson. Gemeinsam haben die beiden Bands, dass Greg Lake dort als Bassist und Sänger tätig war. Und er führte diesen Job kurzzeitig bei einer Band aus, die ich als enorm reizvoll in den achtziger Jahren inmitten von Disco, Pop und Rock empfand: ASIA

Jetzt erschien das ASIA in Asia Live at Budokan, Tokyo, 1983 als Deluxe-Boxset. Die Box musste ich einfach haben, denn die Aufnahme ist in vieler Hinsicht bemerkenswert. Zum einen ist es die erste Satellitenübertragung zwischen Japan und MTV America, zum anderen hatte Greg Lake ein kurzzeitiges Gastspiel in der Supergroup, nachdem John Wetton vor der Japan-Tour das Handtuch schmiss und erst nach der Tour wieder einstieg.

ASIA waren für mich eine wirkliche Offenbarung. Ihr Album AISA 1982 mit dem Chartbreaker Heat of the Moment taten meinen Prog-Rock-Ohren einfach gut. Hier hatten sich vier Meister ihres Fachs gefunden und eine wirkliche Supergroup gegründet. Es waren Geoff Downes (The Buggles & YES), Steve Howe (YES) und Carl Palmer (Emerson, Lake & Palmer) und John Wetton (King Crimson, Roxy Music). Es folgte mit Alpha ein zweites starkes Album 1983. Dann kam noch das schwächere Album Astra 1983 und dann ging es auf Tour und John Wetton hatte keine Lust und stieg aus. Guter Rat war teuer, aber Greg Lake stieg ein, nachdem sich ELP ja aufgelöst hatte und Palmer bereits bei AISA untergekommen war.

Jahreslanges Zusammenspiel mit Carl Palmer zahlte sich aus. Lake mit seiner eindrucksvollen Stimme lernte die Songs und ab ging es zu drei Konzerten nach Budokan, Tokyo. Das zweite Japan-Konzert am 6. Dezember 1983 wurde per Satellit übertragen. Ich habe davon in der Prawda der jungen Leute Bravo gelesen und wollte das Konzert unbedingt haben. Erst Jahre später bekam ich eine japanische Laserdisc in die Hände. Es umfasste die Songs der ersten beiden ASIA-Alben. Trotz dem Neuling Lake macht das Konzert wirklich Spaß – wenn man den Prog-Rock der achtziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts mag.

In dem Deluxe-Boxset gibt es das Konzert auf zwei farbigen Vinyl, einer Doppel-CD und Bluray, wobei die Bildqualität gegenüber der Laserdisc wohl etwas aufgehübscht wurde. Zudem gibt es ein kleines Buch mit Tourbildern und Schnickschnack wie Eintrittskarten.

Introduction From Mark Goodman (MTV)
Time Again
The Heat Goes On
Here Comes The Feeling
Eye To Eye
Steve Howe Solo (Sketches In The Sun)
Only Time Will Tell
Open Your Eyes
Geoffrey Downes Solo (Ihiri – The Setting Sun / Bolero)
The Smile Has Left Your Eyes
Wildest Dreams
Carl Palmer Solo
Heat Of The Moment
Sole Survivor
Cutting It Fine
Daylight

50 Jahre das Meisterwerk Uhrwerk Orange von Stanley Kubrick

29. Dezember 2021

Ein Meisterwerk, das ich voller Abscheu und voller Faszination zugleich betrachte, kam vor 50 Jahren in die Kinos und ist heute genauso umstritten wie bei seiner Premiere. Der Film kam am 19. Dezember 1971 in die britischen Kinos. Bei uns startete er am 23. März 1972.

Stanley Kubrick verfilmte den Roman von Anthony Burgess Uhrwerk Orange mit einer solchen durchdringenden Radikalität und Wucht, wie kaum ein Film zuvor und danach. Clockwork Orange stellt die unangenehme Frage nach dem Bösen im Menschen und nach dem freien Willen in einer schonungslosen Intensität. Wie gehen wir mit einem Menschen um, der sich aus freien Willen für das Böse entschieden hat? Wie kann ihn die Gesellschaft sanktionieren und darf sie den freien Willen brechen und unter Zwang einen bösen kriminellen Triebtäter mit freiem Willen zu einem guten unauffälligem Menschen ohne freien Willen machen?

Uhrwerk Orange ist ein moralisches und filmisches Meisterwerk und auch nach 50 Jahren ist die Brutalität der handelnden Personen, ob gut oder böse, ekelhaft faszinierend und im höchsten Maße diskussionswürdig. Er bekam vier Oscar-Nominierungen und was viel wichtiger ist, er zählt heute zu den besten Filmen der Filmgeschichte. Leider haben so manche Zuschauer damals und heute die gesellschaftliche Parabel Kubricks nicht verstanden und ergötzen sich an der nackten, brutalen Gewalt des Films. Das ging soweit, dass Kubrick und seine Familie Attentatsdrohungen erhielten, so dass sie den Film Uhrwerk Orange zweitweise aus dem Verkehr zogen. Dabei ist der Film schlichtweg ein Meisterwerk der Kinogeschichte.

Nach dem inhaltsschweren und durch seine Spezialeffekte aufwändigen 2001: Odyssee im Weltraum wandte sich Stanley Kubrick einen Stoff zu, er einfacher zu verfilmen war. Dabei setzte er stark auf Ultraweitobjektive, um den Ganzen einen surrealen Look zu verpassen. Seine Wahl fiel auf Anthony Burgess Roman Uhrwerk Orange. Durch den Einsatz von klassischer Musik gelang es Kubrick die brutalen Raubzüge einer Jugendgang um ihren Anführer Alex zu relativieren. Nie wieder nach dem Film konnte ich Gene Kellys unbeschwerten Lied Singing in the Rain ohne Kubricks Bilder im Kopf mehr hören. Für die Opfer, die unter Verletzungen, Vergewaltigung und auch Mord leiden, hat Alex und seine Gang kein Mitleid. Hooligan Alex selbst wird in seinem Aufzug mit Bowler, Schminke und Stock zur Modeikone stilisiert, die noch heute seinen Einfluss nicht verloren hat. Gedreht in Betonhochburgen und Unterführungen vermittelt der Film eine abstoßende, aggressive Kälte.
Obwohl der Film 1971 in die Kinos kam, ist er gut gealtert. Die Dystopie von damals ist in einen Bereichen Realität geworden. Jugendkriminalität ist kein Fremdwort mehr. Das liegt mit absoluter Sicherheit auch an der deutschen Synchronisation, die Wolfgang Staude zu verantworten hat. Der Film, der vor kurzem als 4K UDH Version von Warner A Clockwork Orange veröffentlicht wurde, verstört zutiefst. Was ist die Entscheidung eines Individuums wert? Darf eine Regierung den Menschen zwanghaft verändern und ihn somit einen anderen Willen aufzwängen auf Kosten des Individuums? Der Staat lässt sich gegenüber Alex zu enormer Brutalität hinreißen. Auge um Auge.
Nach der Heilung durch den Staat ist Alex zahm, nahezu brav, aber wohl kein Mensch mehr. Der Wille ist gebrochen. Der Pfarrer im Film sagt dazu den wichtigen Satz: „Er wird nichts Böses mehr tun, ja, aber er ist hinfort auch kein Wesen mehr, das einer freien moralischen Entscheidung fähig ist.“
Der Zuschauer sitzt verstört in seinem Kinosessel, ähnlich wie Alex bei der Ludovico-Methode, der Anti-Gewalt-Konditionierung. Wir Zuschauer sind nicht wie Alex an den Stuhl gefesselt, doch niedergedrückt von den Fragen: Fasziniert mich Gewalt? Darf ein Film soweit gehen?

Die Musik von Uhrwerk Orange
Beethoven Musik spielt in diesem Film eine zentrale Rolle. Nach einer Gewalt- und Sexorgie sagt Alex aus dem Off: „Es war ein wunderbarer Abend. Und was er noch brauchte, um wahrhaftig großartig zu enden, war ein wenig vom alten Ludwig van.“ Die wunderbare Musik Beethovens in Verbindung zu Gewalt und Onanie zu bringen, da mussten die Zuschauer ganz schön schlucken. Aber Klassik funktioniert in der Kubrickschen Choreografie der Gewalt.
Walter Carlos (heute Wendy Carlos) Score hat Filmmusikgeschichte geschrieben. Kubrick, der ja gerne klassische Musikvorlagen für seine Filme nutzt, bat Carlos sie elektronisch zu verfremden. Der Moog-Synthesizer mit seinen unendlichen Klangmöglichkeiten war noch nicht lange erfunden. Walter Carlos traf sich mit Robert Moog und der Rest ist Musikgeschichte. Verschiedene Prog-Rockbands wie ELP experimentierten damit herum, doch Walter Carlos führte die Elektronik in die klassische Musik ein und veränderte zunächst Johann Sebastian Bach. Warner veröffentlichte den Score, später brachte Carlos seine gesamten Aufnahmen Clockwork Orange – Complete Original Score zum Film auf einer eigenen Veröffentlichung zu Gehör.

Die literarische Vorlage von Clockwork Orange
Der Roman von Anthony Burgess ist lesenswert. Sein Stil mit einer Mixtur an verschiedenen Spracheinflüssen ist sehr interessant: Jugendsprache, russische Lehnwörter und viktorianisches Englisch, von Kubrick genial adaptiert und von Wolfgang Staude noch genialer ins Deutsche übersetzt. Trotz aller Begeisterung für das Buch: Für mich ist Uhrwerk Orange einer der wenigen Fälle, bei dem der Film besser ist als das ihm zugrunde liegende Buch. Heyne brachte das Buch in Deutschland als Taschenbuch auf den Markt in der Übersetzung von Walter Brumm. 1991 wurde das Buch von Herr der Ringe-Übersetzer Wolfgang Krege Clockwork Orange neu übersetzt und mit Glossar erweitert. Ich werde in einem späteren Post die beiden Versionen vergleichen.

Dieser Beitrag erschien zunächst in der Facebook-Gruppe Erdbeben‘74.

Konzertkritik: Claudio Simonetti’s Goblin live in Berlin

4. November 2019

Es war eine Reise in meine Vergangenheit. Als Filmfan genoss ich eine Phase des italienischen Horrorfilms der siebziger und achtziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Regisseure wie Dario Argento oder Lucio Fulci standen bei mir hoch im Kurs. Und weil ich diese schrägen, zumeist blutigen Filme mochte, hörte ich auch die entsprechenden Soundtracks von u.a. Claudio Simonetti und seiner Band Goblin.

Jetzt bekam ich die Gelegenheit, Claudio Simonetti’s Goblin live in Berlin im ehemaligen Kino Lido in Kreuzberg zu hören. Ich war überrascht, wie gut Simonettis Musik funktioniert. Als Fan von Filmscore bewundere ich Meister wie John Williams oder Jerry Goldsmith. Diese schufen große orchestrale Werke. Claudio Simonettis Musik ist anders – es war Bandmusik. Musiker wie der leider verstorbene Keith Emerson von einer meiner Lieblingsbands ELP hämmerten ein paar Soundtracks herunter, darunter auch für italienische Horrorstreifen, aber Claudio Simonetta’s Goblin blieb eine besondere Ausnahme.

Es war ein theatralischer Prog-Rock mit starken Synthesizer-Elementen, mal gefühlvoll, mal hart. Damit wurde die Musik von Streifen wie Rosso – Farbe des Todes (Profondo rosso), Suspiria, Tenebrae (Tenebre), Phenomena oder Terror in der Oper (Opera) von Dario Argento untermalt. Mein Gott, was waren dies für brutale stilvolle Filme – eine Mischung zwischen Gothic Horror und verrückten Hexenmärchen. Ich habe noch einige der Filme auf VHS, DVD, Bluray und sogar seltene Laserdisc im Archiv. Besonders mag ich die Regiearbeit von Dario Argento. Vielleicht ist sein Suspiria sogar mein Lieblingsfilm des italienischen Horrors, weil er in Freiburg dem „Mekka der Parapsychologie“ und München spielt. Der Film macht mir Angst und wirkt vor allem durch die Musik von Goblin hervorragend. Schön ist, dass es auch andersherum funktioniert: Ich höre die Musik von Suspiria und reise geistig ins Horrorkino zurück. Suspiria wurde auch gegen Ende des Konzerts gespielt und das Publikum miteinbezogen – Claudio Simonetta wir danken dir dafür.

Das Konzert der Band fand am Halloween-Abend in Berlin statt. Einige Besucher erschienen verkleidet. Meine Nachbarin brachte eine (Plastik-)Sense in ihrer Handtasche mit. Im Publikum waren allerhand Grufties und Gestalten der Nacht anzutreffen, wobei ich mir nicht sicher war, ob sie sich zu Halloween extra herausgeputzt haben oder ob es ihre Standardbekleidung war.

Auch ein Michael Myers mit weißer Maske war im Publikum. Als Claudio Simonetti ihn entdeckte, brach er vom regulären Konzertprogramm ab und spielte unter dem Jubel der Fans die Titelmelodie von John Carpenter Halloween – damit hatte Simonetti einen klaren Pluspunkt bei seinem Publikum.

Die Band spielte vor einer Leinwand. Per Beamer wurden visuelle Effekte und Filmausschnitte der jeweiligen Horrorstreifen ohne Ton eingespielt. So bekamen wir die italienische Gewaltorgie zu sehen: Das Abtrennen des Kopfes in Profondo rosso, der Verfall und das Verwesen der Körper von Demoni und mehr. Wenn kein Film vorhanden war, dann kamen einfach bunte Effekte wie bei einer neueren Aufnahme wie Roller.

Kurz, nur ganz kurz, besinnlich wurde es, als Dawn of the Dead gezeigt und von der Band gespielt wurde. Goblin hat Argento viel zu verdanken, aber internationale Bekanntheit bekam die Band durch George R. Romero und seiner Zombie-Version. Das wusste auch Claudio Simonetta, der sich ausdrücklich beim verstorbenen Romero auf der Bühne bedankte. Nein, lieber Claudio Simonetta wir haben zu danken für einen außergewöhnlichen Abend, der mir sehr viel Spaß gemacht hat.

Am Merch-Stand nutzte ich die Möglichkeit, ein paar CDs noch zu erwerben. Ich hatte zudem einige CD-Covers nach Berlin mitgebracht und wollte ein Autogramm. Mir gelang es und fand den Weg in die Garderobe der Band und wechselte ein paar freundliche Worte mit Claudio Simonetta. Im Nachhinein ärgere ich mich, dass ich meine Laserdiscs und Picture-Discs nicht zum Unterschreiben mit nach Berlin genommen habe. Aber ich hoffe auf ein Wiedersehen mit Claudio Simonetta’s Goblin irgendwann. Die Band hat eine kleine Tour in den USA und Japan hinter sich, spielte nur ein einziges Konzert in Deutschland und zieht dann weiter. Aber sie werden sicher wiederkommen und ich werde dann wieder die Musik von Claudio Simonetta’s Goblin genießen. Bis es soweit ist, schaue ich mir Suspira nochmals an.

Persönlicher Nachruf Ginger Baker

6. Oktober 2019

Ginger Baker und Cream auf Vinyl

Ginger Baker und Cream auf Vinyl

Mein Jugendkumpel Roland brachte mich ihm in Kontakt als er mir das Album Goodbye von The Cream vorspielte. Drei Musiker in silbernen Anzügen mit silbernen Zylindern und Stock. The Cream war die erste Supergroup der Rockgeschichte: Neben Jack Bruce und Gitarrengott Eric Clapton war Ginger Baker der unangefochtene Meister hinter der Schießbude. Jetzt starb Ginger Baker im Alter von 80. Jahren.
Baker war ein genialer Drummer, aber als Mensch wohl eher schwierig, wenn man es freundlich ausdrücken wollte. Experten nennen seinen Drumstil polyrhythmisch, er war immer einen Takt hinter Clapton und Bruce hinterher und erzeugte dadurch eine interessante Stimmung.

Für mich gab es immer vier Götter am Schlagzeug: Carl Palmer von ELP, Keith Moon von the Who, John Bonham von Led Zeppelin und eben Ginger Baker von The Cream. Moon, Bonham und Baker können jetzt im Himmel zum Drum-Battle gegeneinander antreten.
Ich kaufte mir als Jugendlicher alle Scheiben von The Cream, spielte aber meist die Live-Platten Live I und II sowie Goodbye. So toll Cream musikalisch waren, so schlecht waren ihre Tonaufnahmen, aber wenn man laut aufdrehte, dann ging es. Später kaufte ich auch die einzige offizielle Scheibe der Nachfolgeband Blind Faith. Ginger Baker’s Air Force gefiel mir nicht mehr so und von den Afrika-Experimenten Ginger Baker’s nahm ich nur noch am Rande Notiz und erfuhr erst mehr durch die hervorragende Doku „Beware of Mr. Baker“. Unter Polo-Spielern soll sich Baker einen Namen gemacht haben, aber auch das ging an mir vorbei.
Das letzte Mal als ich Ginger Baker zelebrierte war die kurze Wiedervereinigung von The Cream 2005. Ich wollte Karten für eines der vier Konzerte in der Londoner Royal Albert Hall, ging aber leer aus. So kaufte ich mir das Album Royal Albert Hall London und genoss die Streithälse auf der Bühne im musikalischen Kräftemesse. Und ich werde meine Cream-Alben von damals raussuchen und dem Musiker Ginger Baker gedenken.