Posts Tagged ‘Wolfgang Krege’

50 Jahre das Meisterwerk Uhrwerk Orange von Stanley Kubrick

29. Dezember 2021

Ein Meisterwerk, das ich voller Abscheu und voller Faszination zugleich betrachte, kam vor 50 Jahren in die Kinos und ist heute genauso umstritten wie bei seiner Premiere. Der Film kam am 19. Dezember 1971 in die britischen Kinos. Bei uns startete er am 23. März 1972.

Stanley Kubrick verfilmte den Roman von Anthony Burgess Uhrwerk Orange mit einer solchen durchdringenden Radikalität und Wucht, wie kaum ein Film zuvor und danach. Clockwork Orange stellt die unangenehme Frage nach dem Bösen im Menschen und nach dem freien Willen in einer schonungslosen Intensität. Wie gehen wir mit einem Menschen um, der sich aus freien Willen für das Böse entschieden hat? Wie kann ihn die Gesellschaft sanktionieren und darf sie den freien Willen brechen und unter Zwang einen bösen kriminellen Triebtäter mit freiem Willen zu einem guten unauffälligem Menschen ohne freien Willen machen?

Uhrwerk Orange ist ein moralisches und filmisches Meisterwerk und auch nach 50 Jahren ist die Brutalität der handelnden Personen, ob gut oder böse, ekelhaft faszinierend und im höchsten Maße diskussionswürdig. Er bekam vier Oscar-Nominierungen und was viel wichtiger ist, er zählt heute zu den besten Filmen der Filmgeschichte. Leider haben so manche Zuschauer damals und heute die gesellschaftliche Parabel Kubricks nicht verstanden und ergötzen sich an der nackten, brutalen Gewalt des Films. Das ging soweit, dass Kubrick und seine Familie Attentatsdrohungen erhielten, so dass sie den Film Uhrwerk Orange zweitweise aus dem Verkehr zogen. Dabei ist der Film schlichtweg ein Meisterwerk der Kinogeschichte.

Nach dem inhaltsschweren und durch seine Spezialeffekte aufwändigen 2001: Odyssee im Weltraum wandte sich Stanley Kubrick einen Stoff zu, er einfacher zu verfilmen war. Dabei setzte er stark auf Ultraweitobjektive, um den Ganzen einen surrealen Look zu verpassen. Seine Wahl fiel auf Anthony Burgess Roman Uhrwerk Orange. Durch den Einsatz von klassischer Musik gelang es Kubrick die brutalen Raubzüge einer Jugendgang um ihren Anführer Alex zu relativieren. Nie wieder nach dem Film konnte ich Gene Kellys unbeschwerten Lied Singing in the Rain ohne Kubricks Bilder im Kopf mehr hören. Für die Opfer, die unter Verletzungen, Vergewaltigung und auch Mord leiden, hat Alex und seine Gang kein Mitleid. Hooligan Alex selbst wird in seinem Aufzug mit Bowler, Schminke und Stock zur Modeikone stilisiert, die noch heute seinen Einfluss nicht verloren hat. Gedreht in Betonhochburgen und Unterführungen vermittelt der Film eine abstoßende, aggressive Kälte.
Obwohl der Film 1971 in die Kinos kam, ist er gut gealtert. Die Dystopie von damals ist in einen Bereichen Realität geworden. Jugendkriminalität ist kein Fremdwort mehr. Das liegt mit absoluter Sicherheit auch an der deutschen Synchronisation, die Wolfgang Staude zu verantworten hat. Der Film, der vor kurzem als 4K UDH Version von Warner A Clockwork Orange veröffentlicht wurde, verstört zutiefst. Was ist die Entscheidung eines Individuums wert? Darf eine Regierung den Menschen zwanghaft verändern und ihn somit einen anderen Willen aufzwängen auf Kosten des Individuums? Der Staat lässt sich gegenüber Alex zu enormer Brutalität hinreißen. Auge um Auge.
Nach der Heilung durch den Staat ist Alex zahm, nahezu brav, aber wohl kein Mensch mehr. Der Wille ist gebrochen. Der Pfarrer im Film sagt dazu den wichtigen Satz: „Er wird nichts Böses mehr tun, ja, aber er ist hinfort auch kein Wesen mehr, das einer freien moralischen Entscheidung fähig ist.“
Der Zuschauer sitzt verstört in seinem Kinosessel, ähnlich wie Alex bei der Ludovico-Methode, der Anti-Gewalt-Konditionierung. Wir Zuschauer sind nicht wie Alex an den Stuhl gefesselt, doch niedergedrückt von den Fragen: Fasziniert mich Gewalt? Darf ein Film soweit gehen?

Die Musik von Uhrwerk Orange
Beethoven Musik spielt in diesem Film eine zentrale Rolle. Nach einer Gewalt- und Sexorgie sagt Alex aus dem Off: „Es war ein wunderbarer Abend. Und was er noch brauchte, um wahrhaftig großartig zu enden, war ein wenig vom alten Ludwig van.“ Die wunderbare Musik Beethovens in Verbindung zu Gewalt und Onanie zu bringen, da mussten die Zuschauer ganz schön schlucken. Aber Klassik funktioniert in der Kubrickschen Choreografie der Gewalt.
Walter Carlos (heute Wendy Carlos) Score hat Filmmusikgeschichte geschrieben. Kubrick, der ja gerne klassische Musikvorlagen für seine Filme nutzt, bat Carlos sie elektronisch zu verfremden. Der Moog-Synthesizer mit seinen unendlichen Klangmöglichkeiten war noch nicht lange erfunden. Walter Carlos traf sich mit Robert Moog und der Rest ist Musikgeschichte. Verschiedene Prog-Rockbands wie ELP experimentierten damit herum, doch Walter Carlos führte die Elektronik in die klassische Musik ein und veränderte zunächst Johann Sebastian Bach. Warner veröffentlichte den Score, später brachte Carlos seine gesamten Aufnahmen Clockwork Orange – Complete Original Score zum Film auf einer eigenen Veröffentlichung zu Gehör.

Die literarische Vorlage von Clockwork Orange
Der Roman von Anthony Burgess ist lesenswert. Sein Stil mit einer Mixtur an verschiedenen Spracheinflüssen ist sehr interessant: Jugendsprache, russische Lehnwörter und viktorianisches Englisch, von Kubrick genial adaptiert und von Wolfgang Staude noch genialer ins Deutsche übersetzt. Trotz aller Begeisterung für das Buch: Für mich ist Uhrwerk Orange einer der wenigen Fälle, bei dem der Film besser ist als das ihm zugrunde liegende Buch. Heyne brachte das Buch in Deutschland als Taschenbuch auf den Markt in der Übersetzung von Walter Brumm. 1991 wurde das Buch von Herr der Ringe-Übersetzer Wolfgang Krege Clockwork Orange neu übersetzt und mit Glossar erweitert. Ich werde in einem späteren Post die beiden Versionen vergleichen.

Dieser Beitrag erschien zunächst in der Facebook-Gruppe Erdbeben‘74.

Welche Herr der Ringe-Übersetzung ist die beste?

2. Januar 2013
Zahlreiche Ausgaben von Herr der Ringe gibt es auf dem Markt.
Zahlreiche Ausgaben von Herr der Ringe gibt es auf dem Markt.

Die Herr der Ringe-Trilogie als Filme und jetzt die Hobbitverfilmung bringt hat bei vielen Bekannten das Interesse an den Büchern von J.R.R. Tolkien geweckt. Immer wieder kommt die Frage: Welche Ausgabe der Bücher soll ich mir denn kaufen? Welche Übersetzung ist die beste?

Und mit dieser Frage treffen sich einen wunden Punkt in der ganzen Diskussion unter den Mittelerde-Fans, denn es gab im Laufe der Zeit mehrere Ausgaben der beliebten Bücher. Natürlich ist das englische Original am besten: Hier kommt die Sprache von Tolkien natürlich hervorragend zur Geltung. Wer aber des Englischen mächtig ist, sich aber dennoch bei rund 1000 Seiten Herr der Ringe dann doch nicht so sicher ist, der greift auf eine der zahlreichen deutschen Übersetzungen zurück. Und hier der klare Tipp: Schaut euch den Übersetzer an und wann das Buch erschienen ist. 

Ich selbst bin mit der Herr der Ringe-Übersetzung von Margaret Carroux eingestiegen. die das Buch 1970 vom Englischen übertrug. Für mich die beste Übersetzung, die auch zeitweise von Tolkien selbst verfolgt wurde. Es gelang ihr, die Sprache Tolkiens ins Deutsche zu übertragen. Für junge Mittelerde-Fans mögen die Worte und Formulierungen etwas anstrengend sein, dennoch Freude: Da muss man durch.

Beim Herr der Ringe-Kauf bitte genau auf die Übersetzung achten.
Beim Herr der Ringe-Kauf bitte genau auf die Übersetzung achten.

Dann veröffentlichte der deutsche Verlag von der Herr der Ringe, Hobbit-Presse/Klett-Cotta 2000 die Übersetzung von Wolfgang Krege. Krege war deutscher Tolkien-Experte und übersetzte in meiner Jugend das Silmarillion. Allerdings waren viele Fans sauer über seine Herr der Ringe-Übersetzung. Die Sprache wurde an die moderne Zeit angepasst und es fanden sich – meiner Meinung nach – zu viele flapsige Übersetzungen darin. So wurde Master Frodo (Englisch) mit Chef übersetzt. Nein, das geht nicht. Ich liebe meiner Übersetzung von Margaret Carroux treu, auch wenn sie noch in alter Rechtschreibung vorlag.

Der Streit innerhalb der Tolkiengemeinde zwischen Traditionalisten und Anhängern der Moderne wurde heftiger. Und so entschloss sich Klett-Cotta die Kuh zu melken. Im Jahre 2012 wurden sowohl die Carroux- als auch die Krege-Übersetzung überarbeitet und neu veröffentlicht. Und siehe da: Beide Übersetzungen sind prima. Die Carroux wurde an die neue Rechtschreibung angepasst und beim Krege wurden die Sünden der ersten Übersetzung herausgestrichen. Hier gibt es ein paar Versionen bei Amazon.

Tipp: Unbedingt auf die Ausgaben des Jahres 2012 achten. Wer eine etwas gedrechselte Sprache mag, der greift auch künftig zur Version von Carroux. Wer es etwas moderner haben möchte, der nimmt sich die Krege-Ausgabe.

UPDATE 28. Dezember 2021

Vor nunmehr 8 Jahren verfasste ich einen Blogpost, über die beste Herr der Ringe-Übersetzung. Nun sind doch ein paar Tage ins Land gegangen und Hobbit-Presse legte die Tolkien-Bücher in verschiedenen Versionen neu auf. Und daher ist es Zeit für die im Moment beste Herr der Ringe Ausgabe in Deutsch. Der Herr der Ringe: mit Illustrationen des Autors

Sie kam bei Klett Cotta im Oktober 2021 auf den Markt und ist für mich als Tolkien-Fan die mit Abstand beste Ausgabe unseren Lieblingsbuches: Es ist eine luxuriöse Gesamtausgabe in einem Band in der Übersetzung von Margaret Carroux in neuer Rechtschreibung und mit den gesamten Illustrationen von J.R.R. Tolkien. Dabei handelt es sich um: Einbändige Ausgabe im Schuber, vierfarbig gedruckt, mit 32 Illustrationen gebunden mit gestanztem Schutzumschlag und zweifarbiger Prägung, zwei Lesebändchen, Rundumfarbschnitt, Fadenheftung, überzogener Schuber mit Prägung, Karte, Anhänge und Register. Mein Video zeigt die Version. Die Illustrationen waren bisher nur in einem eigenen Band veröffentlicht – jetzt ist alles zusammen.

Als Fan will ich aber natürlich auch einen Wunsch äußern. Diese Ausgabe Der Herr der Ringe: mit Illustrationen des Autors ist nahezu perfekt, aber sie besitzt als einbändige Ausgabe ein hohes Gewicht. Das Lesen im Bett ist mühsam. Mir wäre die bisherige dreibändige Ausgabe, die im August 2019 erschien, lieber mit den Ergänzungen des Jahres 2021. Aber es soll bitte nicht weitere acht Jahre dauern, bis mir dieser Wunsch erfüllt wird.

Vorfreude auf den kleinen Hobbit: Alles Gute zum Geburtstag J.R.R. Tolkien

3. Januar 2012

J.R.R. Tolkien im Jahre 1916.  Foto: Wikipedia

J.R.R. Tolkien im Jahre 1916. Foto: Wikipedia

Am 3. Januar 1892 erblickte einer meiner Lieblingsautoren J.R.R. Tolkien das Licht der Welt. Seit dem ich ein Jugendlicher den kleine Hobbit in die Finger bekam, begleitete mich die Welt von Mittelerde mein Leben lang. Ich bekam von einem Schulfreund eine zerfledderte Ausgabe der dtv-Taschenbuch-Fassung in die Finger und ich versank in die Welt von Bilbo Beutlin, Gandalf und Thorin Eichenschild. Ich hatte sogar Thorin Eichenschild als Avatar-Name bei unseren analogen Schwarze Auge-Spiele.

Dann kam die Buchtrilogie Herr der Ringe und ein neues Universum tat sich vor meinem geistigen Auge auf. Zuerst hatte ich die grüne Klett-Cotta-Ausgabe, später leistete ich mir verschiedene gebundene Ausgaben des Werkes. Und Neueinsteigern kann ich nur raten, sich die alte Übersetzung von Margret Carroux zu besorgen. Lasst bitte die Finger von der sicherlich moderneren Version von Wolfgang Krege. Sie hat längst nicht die sprachliche Klasse, die Tolkien angestrebt hatte.

Von soviel Tolkien beseelt besuchte ich Ende der siebziger Jahre auch gleich die Verfilmung von Ralph Bakshi. Ich fand sie damals gar nicht so schlecht – heute kann ich nur noch den Kopf schütteln über so viel Pathos. Technisch hatte der Film mit seiner Rotoskopie-Technik einiges zu bieten. Realszenen wurden nachträglich koloriert und überzeichnet. Auch einige Szenen blieben in Erinnerung, doch Bakshi hat sich mit dem Werk übernommen. Einzig der geniale Soundtrack von Leonard Rosenman ziehe ich heute noch hervor – ich habe sogar noch eine Doppel-Picture-Disc auf Vinyl im Keller. Es gab dann noch eine unwichtige Fortsetzung mit Namen The Return of the King, die vom US-TV produziert wurde, aber nicht mal halbwegs an Bakshi heranreicht.

Um Trost bei solchem Schrott zu finden, widmete ich mich dem weiteren literarischen Werk Tolkiens und war vor allem vom Silmarillion begeistert. Während der kleine Hobbit als Kinderbuch auf der Oberfläche des Mittelerde-Universums schwimmt und der Herr der Ringe ein wenig eintaucht, so schafft Das Silmarillion den konsequenten Schritt in eine eigene Welt. Hier hat Tolkien im wahrsten Sinne des Wortes fabelhaftes geleistet. Aber ich muss zugeben, ich bin an der Grammatik der Elben gescheitert, da ist Tolkien wohl doch ein zu kluger Kopf für mich.

Nach Nachrichten aus Mittelerde und Die Kinder Húrins lese ich heute meinen Kindern die Fabelhafte Geschichten und vor allem die Briefe vom Weihnachtsmann vor.

Ich geb es zu, ich war skeptisch, als ich hörte, dass Mr. Bad Taste Peter Jackson sich an die Verfilmung von Herr der Ringe traute. Aber das ist Hollywood: In Deutschland hätte nie ein Trash-Regisseur wie Jackson mit seinem wunderbaren Gore Brain Dead das Millionenbudget in die Hand bekommen. Ja und mir hat das Resultat der drei Teile von Herr der Ringe gefallen, erst im Kino, dann die Langfassungen auf DVD und Blu ray. Ich habe mich massiv über das Gemurkse der Veröffentlichungspolitik bei Warner aufgeregt und der Gipfel waren noch die fehlerhaften Tonspuren der ersten Version der Blu ray. Und nun kommt am 13. Dezember 2012 der kleine Hobbit in die Kinos. Mein Ring zum Geburtstagskind Tolkien schließt sich damit. Teil 1 wird auf Deutsch: Der kleine Hobbit – eine unerwartete Reise heißen und das gesamte Buch umfassen. Teil 2 mit dem noch englischen Titel The hobbit – there and back again kommt wohl 2013. Die Story von Teil 2 ist noch unbekannt, soll aber eine Art Überleitung zu Herr der Ringe werden.

Elijah Wood und Orlando Bloom sind wieder dabei sowie Gandalf und Elrond werden wieder von Ian McKellen und Hugo Weaving gespielt. Ich freue mich auf ein Wiedersehen mit dem Schatz Gollum alias Andy Serkis.

Gemütlich mit Hobbits und Zwergen.  Foto: New Line Cinema

Gemütlich mit Hobbits und Zwergen. Foto: New Line Cinema

Die Produktion der Hobbit-Filme war ziemlich heftig: Hellboy Guillermo del Toro sollte ursprünglich die Regie führen, warf aber alles hin, so dass Peter „ich trage keine Schuhe“ Jackson wieder auf dem Regiestuhl Platz nahm. In den Videoblog von Jackson lässt sich wieder großartiges VFX erahnen, aber freilich sieht man heute noch nicht fiel. Der Trailer deutet auch mehr an als er wirklich zeigt. Jackson sagt selbst, dass es die Verfilmung eines Kinderbuches sei. Mit Spannung und Dramatik sei zu rechnen, aber der Hobbit ist und bleibt ein Kinderbuch. Ich freu mich schon auf die Trolle und den bösen Drachen Smaug. Und Weta Digital macht wieder fett Effekte bei der 500 Millionen US-Dollar-Produktion.

Also ich freu mich schon und kram bis es soweit ist, mein altes dtv-Taschenbuch vom kleinen Hobbit wieder heraus. Auf jeden Fall heute: Alles Gute zum heutigen Geburtstag lieber J.R.R. Tolkien.