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Für mich als Foto-Nostalgiker: Polaroid SX-70 und The Polaroid Book

27. Mai 2025

Es gibt Momente, die sind zu schön, zu flüchtig, um sie einfach nur auf dem Handy zu speichern. Momente, die nach etwas Greifbarem verlangen – nach einem Bild, das man in der Hand halten, an die Wand pinnen oder einem geliebten Menschen mitgeben kann. Genau hier beginnt für mich die Magie der Polaroid-Fotografie. In einer Welt, in der alles digital, perfekt bearbeitet und sofort geteilt ist, wirkt ein Polaroid-Foto wie ein kleiner Schatz. Unperfekt, ehrlich, einmalig. Und vielleicht ist es genau diese Unmittelbarkeit und Einmaligkeit, die uns so tief berührt.

Meine beiden Polaroid SX-70
Besonders faszinierend wird diese Art der Fotografie, wenn ich meine beiden Kameras Polaroid SX-70 in den Händen halte. Sie sind mehr als nur ein technisches Gerät – sie sind für mich ein Kunstobjekt, ein Stück Designgeschichte, ein Fenster in eine andere Zeit. Ich habe die Version 2 und 3 in schwarz.

Die SX-70 war bei ihrer Einführung in den 1970er Jahren eine Revolution: Die erste Sofortbildkamera, die sich zusammenklappen ließ, mit einem Sucher zum Durchblicken, einem Autofokus, der für seine Zeit bahnbrechend war, und einem Auswurfmechanismus, der das Bild wie durch Zauberhand in die Welt entließ. Man faltet sie auf, hört das leise Klicken beim Spannen des Mechanismus, sieht durch den Sucher, drückt den Auslöser – und dann geschieht etwas beinahe Magisches: Das Bild gleitet aus der Kamera, noch ganz grau, noch unklar. Und dann beginnt das Warten.

Diese Minuten, in denen das Foto langsam entsteht, sind fast schon meditativ. Es ist, als würde sich die Erinnerung in Zeitlupe auf Papier legen. Kein Filter, keine Vorschau, keine zehn Versuche. Ein Schuss, ein Moment, ein echtes Bild. Die Farben wirken weicher, die Kontraste rauer, das Licht lebendiger. Es sind diese kleinen Fehler – Unschärfen, Farbstiche, Schatten – die das Polaroid so charmant machen. Sie geben dem Bild eine Seele.

Originale in einer Welt der Kopien
Vielleicht liegt die Faszination auch darin, dass jedes Polaroid ein Original ist. Es gibt keine Kopie, kein Duplikat. Was du da in der Hand hältst, gibt es nur ein einziges Mal auf der Welt – so wie den Moment, den es festhält. Und genau das macht es so kostbar. In Zeiten der endlosen Bilderflut auf Social Media wirkt ein Polaroid wie ein Gegenpol. Es zwingt uns, achtsamer zu sein. Überlegter. Bewusster. Es erinnert uns daran, dass Erinnerungen nicht perfekt sein müssen, um schön zu sein. Sie müssen nur echt sein.

Die Polaroid SX-70 ist für mich nicht einfach eine Kamera. Sie ist ein Erlebnis. Eine Einladung, die Welt wieder mit anderen Augen zu sehen – und sie so festzuhalten, wie sie wirklich ist: unperfekt, vergänglich und wunderschön. Ich übe jetzt ein bisschen und werde sie dann in meinem Jahresurlaub mitnehmen (und meine Gattin nerven).

The Polaroid Book
Und weil es mich so fasziniert, hab ich mich nach einem interessanten Buch umgesehen und The Polaroid Book gefunden. Nach einer Woche auf dem Sofa ist für mich The Polaroid Book aus dem renommierten Taschen Verlag weit mehr als ein reines Fotobuch – es ist eine Liebeserklärung an ein ikonisches Medium und eine Hommage an die Magie des Moments. Mit über 250 ausgewählten Polaroid-Aufnahmen aus der Sammlung der Polaroid Corporation bietet das Buch einen Überblick über die künstlerische Bandbreite, die dieses Format hervorgebracht hat. Die seit mehr als 50 Jahren bestehende Fotosammlung der Polaroid Corporation ist das weltweit größte Portfolio von Polaroid-Bildern. Die Sammlung, einst begonnen von Polaroid-Firmengründer Edwin Land und dem Fotografen Ansel Adams, enthält zur Zeit rund 23.000 Bilder von fast 2.000 Fotografen aus aller Welt, darunter Berühmtheiten wie David Hockney, Andy Warhol und Jeanloup Sieff. Der Band enthält über 250 Fotos aus der Polaroid-Sammlung, einen Essay von Polaroid-Kuratorin Barbara Hitchcock über die Anfänge und die Geschichte der Sammlung, sowie einen technischen Anhang mit dem Verzeichnis der verschiedenen Typen von Polaroid-Kameras.

Stimmung der Polaroids
Ich habe mir die preiswerte Ausgabe zum 40. Geburtstag von Taschen gekauft. Schon beim Durchblättern spürt man die besondere Stimmung, die Polaroids ausstrahlen. Es sind intime, spontane und oft überraschend poetische Bilder, die in ihrer Unmittelbarkeit berühren. Ob Porträts, Stillleben, abstrakte Experimente oder Momentaufnahmen aus dem Alltag – jedes Foto erzählt eine eigene kleine Geschichte. Und genau darin liegt der Reiz: Die Bilder wirken nie inszeniert, sondern nahbar und ehrlich.

Vielfalt
Besonders beeindruckend ist die Vielfalt der Künstler, die im Buch vertreten sind. Von weltbekannten Namen wie Andy Warhol, David Hockney oder Helmut Newton bis hin zu unbekannteren Fotografen – die Sammlung zeigt, wie unterschiedlich das Sofortbild interpretiert und genutzt wurde. Auch die Tatsache, dass das Buch sowohl professionelle als auch amateurhafte Aufnahmen zeigt, unterstreicht die demokratische Natur der Polaroid-Fotografie: Jeder konnte mitmachen, jeder Moment konnte zum Kunstwerk werden.

Optisch und haptisch ist das Buch – ganz TASCHEN-typisch – ein Genuss auch wenn es sich nur um die Volksausgabe von Taschen handelt. Die Verarbeitung, das großzügige Layout und die liebevolle Gestaltung machen es zu einem Sammlerstück für alle, die Fotografie lieben. Es eignet sich wunderbar zum Verschenken, aber eigentlich möchte man es gar nicht mehr aus der Hand legen. Wem sollte ich das Buch auch verschenken? Ein Muss für alle Fotobegeisterten, Nostalgiker und Freunde des Unperfekten.

Polaroid I-2: ein weiterer Schritt in der Sofortbildfotografie

18. September 2023

otografie ist ein Hobby, eine Leidenschaft, eine Passion. Ich begann mit Analogfotografie, entwickelte Filme, vergrößerte im heimischen Badezimmer Abzüge, wechselte dann auf die digitale Fotografie und während all dieser Entwicklung hatte ich immer ein Fable für Sofortbilder. Mein Onkel zeigte mir seine erste Polaroid-Kamera und die Idee nicht Nichtrproduzierbarkeit eines Bildes hat mir immer gefallen.

Ich fotografierte mit den klassischen Polaroid-Kameras, mein Liebling ist die erste faltbare Sofortbild-Spiegelreflexkamera der Welt SX-70 von 1972 und ich fühlte mich ein wenig wie Andy Warhol. Leider habe ich nicht die Klasse von Warhol.

Problem: Die Filme sind sehr teuer und ich setzte daher auf die Instax-Serie von Fujifilm. Unlängst hab ich beim Wiesn-Einzug der Wiesn-Wirte aufs Oktoberfest ein paar Sofortbilder mit meiner Instax-mini 12 geschossen, weil es mir einfach Spaß macht. Weit mehr Bilder schoss ich freilich mit meiner Reportagekamera Fujifilm X100V.

Und beim Warten auf die Entwicklung der Bilder entdeckte ich im Netz, dass Polaroid vor kurzem eine neue Highend-Kamera auf den Markt gebracht hat: Die Polaroid I-2 für rund 700 Euro. Ein Fotoabzug kostet etwa 2 Euro.

Die Kamera machte mich neugierig. Es soll eine Kombination von Analog-Feeling und moderner Kameratechnologie sein. Ich habe das Gerät nicht in der Hand gehabt, geschweige denn damit fotografiert, aber damit zeigt sich, dass es in digitalen Zeiten einen Trend zur analogen Fotografie gibt. Ich hatte also über die Jahre das richtige Näschen dafür.

Die 563 Gramm leichte Polaroid I-2 hat das Design der etablierten Polaroid-Serie, aber ganz andere innere Werte. Die Optik ist ein Drei-Linsen-Objektiv mit 98 mm Brennweite und einer maximalen Blendenöffnung von f/8. Also im Grunde eine Schönwetter-Kamera für draußen. Wenn Sonne lacht, nimmt Blende 8. Die kürzeste Verschlusszeit der Polaroid I-2 beträgt 1/250 s. Es passen 49 mm Linsen auf das Filtergewinde. Ich habe aus Analogzeiten noch einige 49 mm Farblinsen herumliegen, die würden passen. Sehr fein: Die Kamera hat den klassischen eingebauten Blitz mit maximal 2,5 Meter Reichweite, verfügt aber über einen 2,5-mm-Klinkenanschluss für externe Blitzgeräte. Damit wäre die Polaroid I-2 endlich für Studioblitze geeignet.

Über USB-C wird die Kamera geladen. Das Interessanteste sind die Kameraeinstellungen im Display und auf der Oberseite. Es gibt den vollen Umfang: Automatik, Blendenpriorität, Verschlusspriorität, Manuell, Selbstauslöser und Mehrfachbelichtung. Also nicht mehr nur Klick, sondern Fotografie, wie man sie gelernt hat. Per Blauzahn lässt sich die Kamera auch vom Smartphone aus steuern, warum ich auch immer das machen sollte. Vielleicht wenn Sie am Stativ steht und ich daneben meinen Kaffee trinke.

Hier nochmal die Magie der Sofortbilder.

Erinnerungen an Nico – sie starb vor 35 Jahren

18. Juli 2023

Ich bin nicht immer in der Stimmung für Ihre Musik, aber wenn ich sie bewusst hören will, dann bin ich ihr verfangen. Diese Stimme starb heute vor 35 Jahren am 18. Juli 1988 auf Ibiza. Gemeint ist Nico.

Die Sängerin Nico war zweifellos eine außergewöhnliche Künstlerin, die durch ihre einzigartige Stimme, ihren unverkennbaren Stil und ihre tiefsinnigen Interpretationen einen bleibenden Eindruck in der Musikwelt und auf mich hinterlassen hat. Geboren am 16. Oktober 1938 als Christa Päffgen in Köln wurde sie später unter ihrem Künstlernamen Nico bekannt und fand ihren Platz in der alternativen Musikszene der 1960er und 1970er Jahre.

Nico begann ihre Karriere als Model und Schauspielerin, bevor sie durch ihre Verbindung zur New Yorker Künstler- und Musikszene in den Fokus der Aufmerksamkeit rückte. Ihre Zusammenarbeit mit dem legendären Produzenten Andy Warhol und dessen Projekt The Velvet Underground machte sie zu einem prominenten Mitglied der Underground- und Avantgarde-Bewegung. Ihre markante, tiefe Stimme, die oft mit einem Hauch Melancholie durchzogen war, verlieh den Liedern der Band eine einzigartige Faszination und ergänzte perfekt die experimentellen Klänge der Musik. Meine erste LP war The Velvet Underground by The Velvet Underground und dann gleich darauf das Meisterwerk mit der Banane The Velvet Underground & Nico.

Nach ihrem Ausstieg bei The Velvet Underground begann Nico eine Solokarriere und veröffentlichte mehrere Alben, die ihre Vielseitigkeit als Künstlerin unter Beweis stellten. Ihre Musik bewegte sich zwischen experimentellem Rock, Folk und elektronischen Klängen, wobei sie oft von düsteren und existenziellen Themen inspiriert wurde. Dabei war sie stets ehrlich und authentisch, was ihr eine treue, aber kleine Anhängerschaft einbrachte, die ihre Kunst zu schätzen wusste.

Schauspielerin und Künstlerin
Neben ihrer Musikkarriere war Nico auch als Schauspielerin aktiv und trat in mehreren Filmen auf, darunter Federico Fellinis „La Dolce Vita“. Diese Vielseitigkeit in ihrem künstlerischen Ausdruck zeigte, dass sie nicht nur eine Sängerin, sondern eine wahre Künstlerin in allen Facetten war.
Nico führte ein intensives, aber auch schwieriges Leben, das von Drogenabhängigkeit und persönlichen Herausforderungen geprägt war. Leider endete ihre Reise viel zu früh, als sie am 18. Juli 1988 nach einem tragischen Fahrradunfall verstarb. Sie starb aufgrund einer nicht rechtzeitig erkannten Hirnblutung am selben Tag im Krankenhaus. Nico wurde in Berlin auf dem Friedhof Grunewald-Forst im Grab ihrer Mutter beigesetzt.

Ihr Vermächtnis lebt jedoch weiter. Nico wird als Ikone der Avantgarde-Musik verehrt und hat zahlreiche Künstler nach ihr beeinflusst. Ihre eindringliche Stimme und ihre einzigartigen Kompositionen werden weiterhin gehört und geschätzt, und ihre Bedeutung für die Musikgeschichte bleibt unbestreitbar.
In Erinnerung an Nico werde ich ihre Kunst und ihren Mut, Grenzen zu überschreiten, stets in Ehren halten. Möge ihre Musik weiterhin Menschen inspirieren und dazu anregen, die Vielfalt und Tiefe der menschlichen Emotionen zu erforschen. Nico wird unvergessen bleiben und als eine der bedeutendsten Künstlerinnen ihrer Zeit in die Geschichte eingehen.

Dazu einen Filmtipp
NICO, 1988 ist ein Roadmovie über die letzten Lebensjahre von Christa Päffgen. Der Film erzählt von ihren letzten Auftritten in den achtziger Jahren und spielt in Paris, Prag, Nürnberg, Manchester, auf dem polnischen Land und an der römischen Küste. Regisseurin Susanne Nicchiarelli taucht tief ein in das Leben einer tragischen, aber bemerkenswerten Frau, die von der dänischen Schauspielerin und Sängerin Trine Dyrholm (DIE KOMMUNE, DAS FEST), kompromisslos dargestellt wird. Alle Songs im Film werden von Trine Dyrholm selbst gesungen.

Buchtipp: Vault of Frankenstein von Paul Ruditis

15. August 2020

Das Thema Frankenstein ist im Zeitalter von Robotik und KI höchst aktuell. Das künstliche Wesen mit eigenem Bewusstsein fasziniert die Menschen und wurde wieder und wieder interpretiert. Mir läuft es noch immer kalt den Rücken herunter, was vor 200 Jahren erdacht wurde – welche enorme künstlerische Leistung. Nachdem sich der Roman Frankenstein im vergangenen Jahr seinen 200. Geburtstag hatte, bestellte ich mir bei Forebidden Planets in London das Buch Vault of Frankenstein.
Dabei handelt es sich nicht nur um ein Filmbuch, sondern Autor Paul Ruditis näherte sich den Frankenstein-Mythos auf unterschiedliche Weise aus verschiedenen Richtungen. Natürlich stand Mary Shelley und ihre Figur am Anfang des Buches, zusammen mit einer literarischen Werkschau und das Zustandekommens des Romans über den modernen Prometeus.
Am Umfangreichsten im Coffeetable-Buch sind die Frankenstein-Filme. Der erste Frankenstein war für mich Thomas Edisons Stummfilmversion. Die Spezialeffekte wirken noch immer.
Der Klassiker ist bei Universal und Boris Karloff zu finden, dann geht es weiter über die britischen Hammer-Filme und greift schließlich ein paar exotische Verfilmungen auf. Es endet mit Variationen des Themas durch beispielsweise Tim Burton.
Erinnerungen kommen beim Lesen des schön gestalteten Buches hoch: Wer erinnert sich noch an den Heuler Abbott und Costello treffen Frankenstein oder Black Frankenstein, der auch als Blackenstein kurz in den Kinos lief oder die zahlreichen TV-Verfilmungen?
Immer wieder begegnet uns in dem Buch der legendäre Carl Lämmle, der viel für den Universal-Horror getan hat indem er seinen Sohn freie Hand für neue Stoffe gab.
Große und weniger große Regisseure haben sich mit Frankenstein befasst: Mel Brooks von der komischen Seite, Kenneth Brannagh von der dramatischen Seite, Andy Warhol von der sexuellen Seite, Tim Burton von der Animationsseite.

Aber Frankenstein ist auch ein Symbol der Pop-Kultur geworden. Es gibt allerhand Merch, wie Masken, Spielzeug, Corn Flakes, Briefmarken, Comic-Hefte und mehr. Für das Atari 2600 gab es sogar mal ein Videospiel, das 1983 unter dem Titel Frankenstein’s Monster erschien.
Zum Abschluss gibt es auf der U3 des Buches einen Umschlag mit Filmposter, Theaterposter, Filmbild und vor allem ein Faksimile einer Seite von Mary Shelleys Frankenstein.

Lust der Täuschung in der Kunsthalle München

25. Dezember 2018

Wem die Zeit zwischen Weihnachten und Jahreswechsel zu langweilig wird und etwas Zerstreuung sucht, dem sei die unterhaltsame Ausstellung Lust der Täuschung in der Kunsthalle München empfohlen. Es ist ein Streifzug von der antiken Kunst bis zur VR, ideal für ein breites Publikum. Bis zum 13. Januar 2019 hat die Ausstellung Lust der Täuschung geöffnet. 

Beim ersten Durchgang war ich zugegeben etwas enttäuscht. Ich hatte mir etwas anderes erwartet, mehr Ausstellungsstücke im Stile von Maurits Cornelis Escher und seinen unmöglichen Figuren. 

Die Ausstellung fasst über vier Jahrtausende Augentäuschung zu einem Kunsterlebnis zusammen. Dabei gilt es, sowohl unbekanntere Künstler zu entdecken als auch Werke großer Meister der Kunst- und Designgeschichte zu bestaunen, darunter Cornelis Gijsbrechts, Viktor&Rolf, Laurie Anderson, Jean Paul Gaultier, Thomas Demand und viele weitere. Für mich waren Gerhard Richter und Andy Warhol sicherlich die absoluten Highlights. 

Zu Laurie Anderson konnte ich nur reinschauen, aber die Schlange der Besucher war zu lange und so hatte ich für diese großartige Künstlerin keine Zeit – und das tut mir sehr leid. Ein Foto des Raumes – mehr war nicht drin.

only you can make me feel this way von Philipp Messner

Als Medienfuzzi fand ich zwei, drei Werke sehr interessant, die mich zum Nachdenken gebracht haben. Gleich zu Beginn der Ausstellung Lust der Täuschung traf ich auf die Masken des in München arbeitenden Künstlers Philipp Messner. Der Titel: only you can make me feel this way Er fragt in unseren digitalen Zeiten nach Identität und Privatsphäre. Gesichtserkennung und digitaler Daumenabdruck sind allgegenwärtig und Messner antwortet mit seinen Masken für jedermann, denn die Überwachungskameras lassen sich täuschen. Es gibt ein ausdrucksstarkes Foto von Philipp Messner unter einer Überwachungskamera am Münchner Hauptbahnhof, der durch den Grundig-Schriftzug erkennbar ist. 

Newspaper von Robert Gober

Nachdem ich als Referent im Moment sehr viel über Fake News spreche, hat mich das Werk Newspaper von Robert Gober von 1992 angesprochen. In einer Ecke der Kunsthalle liegt ein Stapel von gebündelten Tageszeitungen. Ich verstand die Absicht von Gober nicht, beugte mich über den Zeitungsstapel und bekam eine Ermahnung von einem Guide der Kunsthalle. Erst beim Lesen der Artikel erkannte ich die Fake News. Gober manipulierte die Artikel und Fotos. Es handelt sich um die Diskriminierung von Homosexuellen durch den Vatikan. Dieses Ausstellungsstück war für mich aktueller denn je: Fake News in den Medien – der Spiegel lässt zum Jahresende 2018 grüßen.

Virtuelle Welten

Im Vorfeld des Besuchs haben mir viele Besucherinnen und Besucher den Tipp gegebenen: „Du musst dir die VR-Installation ansehen, die haut dich um.“

Nun, das tat sie nicht. Es ist eine Standard-VR-Umgebung. Das Laufen auf einem Brett in großer Höhe. In den Staaten habe ich eine ähnliche Simulation mal ausprobiert, die aber noch mit Ventilatoren arbeitete, um einen 4D-Effekt heraufzubeschwören. 

Was mich mehr in München beeindruckte, war die Reaktion der Besucherinnen und Besucher, die das erste Mal mit virtueller Realität in Beruhigung kamen. Die Probanden schreckten auf, bekamen Angst, manche riefen auf, als die wohl das erste Mal in ihrem Leben eine VR-Brille übergezogen bekamen. Als Gamer, der seit längerer Zeit VR-Spiele mit der Sony VR spielt, ließ mich die Installation in der Kunsthalle völlig kalt. Und mit mir absolvierten viele jungen Menschen, die mit Videogames aufwachsen, das Abschreiten über das Brett mit Leichtigkeit.

Aber der Kunsthalle gehört hier meine größte Hochachtung. Sie bringen das Thema VR einer breiten Schicht von Bevölkerung näher. Menschen, die absolut keine Gamer sind oder in VR-Umfeld arbeiten. Hier leistet die Kunsthalle einen großen Dienst für die Medienkompetenz, in dem sie einen kunstinteressiertem Otto Normalverbraucher die virtuelle Realität näher bringen, eine Welt, die für eine ganze Generation bereits völlig normal ist. Das ist für mich vielleicht die größte Erkenntnis des Ausstellungsbesuchs Lust der Täuschung in der Kunsthalle München.

Aktionskunst in der Kunsthalle

Am Ende der Ausstellung stieß ich auf einen wunderbaren Scherz, eigentlich war es ein doppelter Scherz. In einer Ecke war ein junges Mädchen mit Cape gelehnt. Sie blicke Richtung Wand und hatte sich ein Shirt über den Kopf gezogen. Eine Puppe? Schließlich waren wir in dem Raum der Modepuppen mit Kostümen von Gautier. 

Auf einer Bank in der Nähe saß eine zusammengesunkene junge Frau in einem Hoodie mit der Aufschrift Abitur 2017. Sie bewegte sich auch nicht. Vielleicht auch eine Puppe? Besucherinnen und Besucher blätterten im Katalog und fotografierten die beiden Damen. Ist das eine Installation? Ist das Kunst? Ich setzte mich neben die Frau, machte ein Selfie. Irgendwann fragte eine Aufpasserin die Puppe bzw. Frau auf der Bank, ob es ihr nicht gut gehe. Und da löste sich die Aktionskunst auf. Das junge Mädchen lachte und erhob sich. Freunde von ihr hatten die ganze Aktion gefilmt. Besucherinnen und Besucher, auch ich, klopften der jungen Dame auf die Schulter und beglückwünschten sie zur gelungenen Kunstaktion. Die Truppe zog weiter, nur die Dame, die sich mit dem Kopf gegen die Wand lehnte, blieb bewegungslos zurück. Vielleicht doch eine Puppe? 

Die Lust der Täuschung endete mit dieser humorvollen Lust auf Täuschung. 

50. Todestag von Ernesto „Che“ Guevara – Buchtipps

9. Oktober 2017

Che im Amerika Haus Berlin für einen Euro.

Che im Amerika Haus Berlin für einen Euro.

Für die einen ist er ein Freiheitskämpfer gewesen, für die anderen ist er ein Terrorist. Manch einer sah in ihm ein Idol, andere wiederum verteufelten ihn. Eines ist aber ganz gewiss: Che ist ein eine Kulturikone des 20. Jahrhunderts geworden. Heute jährt sich sein 50. Todestag.
In den Studentenbuden der sechziger und siebziger Jahre hing sein Poster an den Wänden. Beim RAF-Terroristen Andreas Baader hing ein Bild in seiner Zelle. Im kommunistischen Kuba hängt sein Abbild an jeder Ecke. Mal sehen, wer den Todestag von Ernesto Rafael Guevara de la Serna, genannt Che Guevara, begeht. Die Gazetten sind voll von Che. Vor kurzem wurde die Landshut zurück nach Deutschland transportiert. Im Deutschlands heißem Herbst trug einer Landshut Entführerin ein T-Shirt von Che – von wegen Freiheitskampf und so.
Ches berühmtestes Foto stammt von Alberto Korda aus dem Jahre 1960. Es wurde beschnitten und ein wenig nachbearbeitet. Das Resultat schlug ein, wie eine Bombe und wurde immer wieder reproduziert. Es gehört sicherlich zu den meist verbreitesten Motiven in der Fotografie, hat aber seinem Fotografen kein Geld eingebracht. Für manche gilt der argentinische Kämpfer als Synonym für Widerstand, Emanzipation und Rebellion. Ich habe neulich im Amerika-Haus Berlin (!) eine Postkarte von Che gesehen. So kommt Kapitalismus und Kommunismus zusammen. Die Postkarte kostete einen Euro.
Ich selbst habe ein paar Porträtbilder von Che aus Kuba mitgenommen. Und eine rote Fahne mit dem Antlitz von Che Guevara hab ich mir in Kuba gekauft und seitdem nicht ausgepackt. So eine große Rolle spielt Che in meinem Leben dann doch nicht. Ich persönlich fand das Porträt von Andy Warhol am besten und werde mir mal einen Druck besorgen.
Irgendwann hatte sich Che bei der Revolution verzettelt. Er gab seinen Job als Minister in Kuba auf und machte wieder ein bisschen Revolution und wollte die Welt befreien. Er wollte den Volksaufstand in Bolivien vorantreiben. In Bolivien wurde er 1967 von bolivianischen Regierungssoldaten gefangengenommen und heute vor 50. Jahren erschossen.
Irgendwie seltsam, dass bolivianische Politiker die Idee hatten, den Todestag von Che zu feiern. Die Militär des lateinamerikanischen Staates schüttelten den Kopf und die Feierlichkeiten für den Terroristen Che wurden abgeblasen. Und die Kommunisten in Kuba stilisierten Che nach seinem Tod zum Märtyrer und Idol. Nach seinem Tod wuchs der Ruhm von Che weiter an. Und das Interesse an diesen Berufsrevolutionär geht bis ins 21. Jahrhundert. Daher ist es kein Wunder, dass zum 50. Todestag das interessante Buch Che Guevara von Matthias Rüb bei Reclam erschienen ist. Matthias Rüb ist Lateinamerika-Korrespondent der FAZ, also einer Zeitung, die traditionell dem linken Gedankengut eher skeptisch gegenüber steht. Er widmet sich in seinem Buch nicht nur dem Revolutionär, sondern auch dem Menschen Ernesto „Che“ Guevara. Reclam stellte mir das Buch für meinen Blog kostenlos als Rezensionsexemplar zur Verfügung und ich möchte nach der ausführlichen Lektüre es empfehlen.
Rüb ist ein gelernter Journalist, daher lesen sich die 100 Seiten des Büchleins sehr flüssig. Ich hatte schon sein Buch über den Kosovo-Krieg gelesen. Natürlich lässt sich das Leben und Wirken von Che bei Wikipedia auch nachlesen, doch Matthias Rüb Schreibstil ist einfach besser.
Als Jugendlicher schmökerte ich einstmals in Ches Bolivianisches Tagebuch und sah mir 2004 auch den verklärten Kinofilm Die Reise des jungen Che an, in dem Che mit dem Motorrad durch Südamerika bretterte. Matthias Rüb räumt mit diesem verklärendem Mythos schnell auf.
Dann habe ich ein wenig in meinem Archiv gekramt und ein interessantes Fotobuch gefunden. Fidel’s Cubastammt von 1998 und zeigt die Revolution in Bildern. Im Mittelpunkt der Fotografien von Osvaldo und Roberto Salas steht natürlich der Maximunm Leader Fidel, aber auch von Che Guevara sind einige interessante und stimmungsvolle Aufnahmen zu finden. Wer es noch im Antiquariat findet, sollte zuschlagen. Text auf Englisch und Bilder in Schwarzweiß lohnen sich.
Also, Ernesto „Che“ Guevara – Ruhe in Frieden: Dein Ausruf „zwei, drei, viele Vietnams“ zu schaffen hat nicht immer so geklappt und die Parole „Auf immer bis zum Sieg – Hasta la Victoria siempre“ wird immerfort von der politischen Linken gerufen.

Instagram im Querformat – muss das sein?

4. September 2015

Instragram, das Fotonetzwerk von Facebook, hat seit dem jüngsten Update ein neues Feature. Fotos können jetzt auch im Querformat gepostet werden. Keine Revolution wird man sagen. Aber ich finde, damit verliert Instagram seinen Charme. Ich fand es schon nicht richtig, dass das mobile Tool Instagram seit längeren via Website erreichbar ist.

Der Schieberegler auf der linken Seite macht aus dem Quadrat ein Querformat.

Der Schieberegler auf der linken Seite macht aus dem Quadrat ein Querformat.

Wenn jemand Instagram noch nicht kennt: Hier eine (ganz kurze) Erklärung. Es ist ein kostenloser Online-Dienst zum Teilen von Foto und Videos. Instagram gehört zum Zuckerberg-Imperium. Wer Instragam nutzen will, muss die kostenlose App für Android, iOS und Windows Phone laden. Der Reiz sind die zahlreichen Filter mit denen der User die Fotos und Videos verändern kann. Es erinnert alles an die Aufnahmen vergangener Zeiten. „In Anlehnung an die Kodak Instamatic und an Polaroid-Kameras haben mit Instagram gemachte Fotos und Videos eine quadratische Form“, so steht es bei Wikipedia zu lesen.
Mit dem Update kam die Änderung: Jetzt kann ich Fotos und Videos nicht nur als Quadrat veröffentlichen, sondern auch im Landscape-Modus, also im Querformat. Bisher geht es nur mit Fotos aus meiner Smartphone-Bibliothek. Dazu muss dann ein Schieberegler auf der linken Seite betätigt werden, dann wird das Foto oder Video im Querformat gepostet. Meiner Meinung nach, verliert Instagram dadurch ein wenig von seinem Retro-Charme.

Als Pressfotograf weiß ich natürlich, dass quadratische Fotos meist die langweiligsten Fotos sind. Spannung in Fotos kommt in der Regel durch den richtigen Anschnitt. Der Satz bei meiner Ausbildung als Bildberichterstatter bei der Tageszeitung lautete: „Einmal hoch, einmal quer, was will man mehr!“ Nun, für mich waren Instagram-Fotos wie Polaroid-Fotos und die hatten ihre eigenen Stil und etablierten sich sogar zur eigenen Kunstform.

warhol

Ich denke hier beispielsweise an die Polaroids von Andy Warhol. Der Taschen-Verlag hat vor kurzem ein wunderbares Buch herausgegeben. Andy Warhol. Polaroids. In der Einführung des Buches gibt es ein treffendes Zitat von Warhol: „Ein Foto bedeutet, dass ich von jeder Minute weiß, wo ich war. Deshalb mache ich Fotos. Das ist eine Art visuelles Tagebuch.“ – Damit nimmt Andy Warhol die Instagram- und Selfie-Bewegung der heutigen Zeit vorweg. Wenn sich heutige Kritiker darüber aufregen, dass an allen Ecken und Enden Selfie geschossen werden und dies als neuen Trend bezeichnen, dann sollten sie mal beim alten Andy Warhol vorbeischauen, der diesen Trend schon vor etlichen Jahren seit den 60er Jahren etablierte. Dieses Buch, das in Zusammenarbeit mit der Andy-Warhol-Stiftung entstand, enthält Hunderte dieser Sofortbilder, von denen viele niemals zuvor ventlicht wurden. Porträts von Berühmtheiten wie Mick Jagger, Alfred Hitchcock, Jack Nicholson, Yves Saint Laurent, Pelé, Debbie Harry sind ebenso zu sehen wie Fotos seiner Entourage und seines High Life, Landschaftsfotos und Stillleben, die von Cabbage Patch Dolls bis zu den unverwechselbaren Suppendosen reichen. Klarer Kaufbefehl übrigens.

Vor kurzem durfte ich dem Online-Portal GMX ein Interview geben über die Macht der Kardashians in sozialen Netzwerken. TV- und Modestar Kim Kardashian nutzt Instgram und setzt sich (und ihre beiden schlagenden Argumente samt Hintern) für ihre Fans in Szene. „Mit gezielten Aktionen wird der Hype am Köcheln gehalten“, sagte ich meiner Interviewpartnerin Miriam Zöllisch. „Solche Influencer sind Meinungsführer in ihrem Gebiet, sei es Mode, Computer, Autos, Tourismus oder Medien. Sie werden auch als Social Hub bezeichnet, weil sie optimal vernetzt sind“, sagte ich weiter „Wenn diese Wortfühhrer ein Produkt oder eine Meinung pushen, dann finden sie in ihrer Community Gehör. Wie enorm die Reichweite ist, sehen wir an ein paar Promi-Accounts. Kim Kardashian, Paris Hilon, Miley Cyrus oder gerade Avril Lavigne, die ihre Scheidung via Instragram verkündete.
Mit diesen Auftritten machen die Stars und Sternchen die klassischen Promi-Fotografen arbeitslos. Früher war es ein Bild wert, welches Kleid welcher Star bei einer Party anhat. Heute postet der Star dieses Bild selbst und stellt es seinen Fans zur Verfügung und die Promi-Fotografen werden arbeitslos. Das ist auch das Verdienst von Instagram.

Im Moment habe ich das Gefühl, dass Instagram explodiert. Auch ich empfehle meinen Kunden dort Flagge zu zeigen und sich und ihre Marke zu etablieren. Durch die Verbindung zu Twitter und Facebook ist Instagram auch ein schönes Tool, um Content zu verbreiten. Auch das Plugin zu WordPress kann wunderbar genutzt werden. Durch das Querformat biedert sich Instagram den Massengeschmack an. Zuvor zog man mit Videos nach, nachdem Twitter mit Vine eine Videoplattform gestartet hat. Vine Videos sind sieben Sekunden, Instagram-Videos nun 15 Sekunden. So richtig innovativ ist das Ganze nicht.

Vor 27 Jahren gestorben: Andy Warhol

22. Februar 2014

warhol

Heute vor 27 Jahren starb der Künstler Andy Warhol. Den meisten ist Warhol als Pop Art-Künstler bekannt, die Suppendose von Campell’s oder die Farbvariationen von Marilyn Monroe seien genannt. Andere kennen Warhol als Filmer oder Musiker, wie beispielsweise als Protegé für die genialen Velvet Underground. Ich möchte heute an den Grafiker und Zeitungsdesigner Warhol erinnern. Das Buch Warhol: Headlines vom Presel-Verlag zeigt die künstlerische Auseinandersetzung mit dem Thema Massenmedien.

In einem Vor-digitalen-Zeitalter war Warhol mit Schere und Kleber zu Gange. Das Buch zeigt 80 Arbeiten des Künstlers, die von damaligen Boulevardzeitungen und anderen Massenmedien beeinflusst sind. Ich denke, vor allem der Boulevard-Journalismus der 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts hat es Warhol angetan. In den Warhol-Exponaten, darunter Gemälde, Zeichnungen, Drucke, Fotografien, Skulpturen und Videos, geht es um Sensationslust. Zeitungsausschnitte, Fotos, Schnipsel wurden verwendet und von Warhol neu interpretiert. – beleuchten seinen einprägsamen Umgang mit der Sensationslust zeitgenössischer Medien. Andy Warhol, der als einer der wichtigsten Künstler des 20. Jahrhunderts gilt, konzentrierte sich vor allem in den 1960er-Jahren auf triviale Sujets der Popkultur, sammelte Zeitungsausschnitte sowie Pressebilder aus Tageszeitschriften, Kinoheften und Flugblättern. Die Beschäftigung mit den Printmedien nimmt eine herausragende Stellung in seinem Schaffen ein und wird jetzt erstmals umfassend und gebührend gewürdigt.

Autorin Molly Donovan ist Kuratorin der Modern and Contemporary Art an der National Gallery of Art in Washingtonon. Sie hat ganze Arbeit geleistet und erstmals alle Arbeiten in den Buch Warhol: Headlines zusammengefasst, die von Zeitungen und Massenmedien beeinflusst sind. Von Februar bis Mai 2012 war eine Ausstellung im Frankfurter Museum für moderne Kunst zu sehen, zu der dieses Buch auf Deutsch erschien. Ich bekam das Buch leider jetzt erst zum 27. Todestag des Künstlers in die Hände. Leider habe ich die Ausstellung nicht gesehen, was mich im Nachhinein ärgert. Warhol hat mir immer Anregungen gegeben, obwohl mir vieles nicht gefallen hat. Filme und Musik waren immer eine Provokation und es waren sicherlich seine vorliegenden Arbeiten über die Massenmedien auch. Das Buch befasst sich intensiv mit den Zeitungsallegorien, den frühen Zeitungsbildern, die Film-, Fernseh- und Videowelten sowie die Scrapbooks von Warhol. Ausführlich werden die Arbeiten von fachkundigen Kunstprofessoren besprochen und analysiert und interpretiert. Auch hier stimme ich nicht mit allen Interpretationen überein, dennoch lasse ich mich auf die Kunst von Warhol immer wieder aufs neue ein.

Schade lieber Warhol, dass du so früh von uns gegangen bist. Was hättest du heute mit den digitalen Medien machen können?

Persönlicher Nachruf auf Lou Reed

28. Oktober 2013

Das erste Mal als ich Lou Reed gehört habe, war ich ein Teenager auf der Suche nach neuen musikalischen Ufern. Bei einem Kumpel hörte ich die VU-Aufnahmen mit Nico. Die Stimme der schönen Deutschen faszinierte mich, aber noch mehr der Sound der Band. Ungemein rhythmisch, doch zugleich kalt und hart. Mein Popmusikhimmel geriet ins Wanken, als ich von der Band die ersten Bilder sah. Internet gab es damals nicht und so musste ich in Rockalmanachs stöbern, um einen Eindruck von den Kerlen zu bekommen. Typen in Lederjacken mit Sonnenbrillen – das war anders als die Sunnyboys, die ich kannte.

Ich hörte mich in VU ein und musste erst einmal schlucken. Die besungene Welt war ganz anders als die heile Welt in der ich aufgewachsen sind. Ich wartete nie auf einen Freier und spritze mir kein Heroin, machte einen Entzug oder experimentierte nicht mit Sadomaso. Obwohl ich nichts mit der Welt von VU gemeinsam hatte bis auf die Vorliebe für Andy Warhol gefiel mir der Sound. Erst auf LP und später auf CD kaufte ich mir alles von VU. Zuletzt bekam ich von meiner Frau die Bananen-Box geschenkt. Ich glaube, sie weiß gar nicht, welche Freude sie mir gemacht hat.

Box

Als Lou Reed auf Solopfaden wandelte, folgte ich ihm. Zwar war ich kein Transvestit, der von Miami nach NYC kam, sich die Beine rasierte und einen Walk of the wild Side antrat. Klar die Transformer war wichtig, aber persönlich noch wichtiger war das New York Album. Ich hatte es bei meinen Streifzügen durch Big Apple im Ohr, verschenkte die CD ein paar Mal. Das war für mich das Meisterwerk von Lou Reed. Die Gosse, die dunklen Seiten – welch Faszination.

Dann verlor ich Reed aus den Augen bzw. aus den Ohren. 1993 kam er für mich zurück als er mit Fool of Pride eine der besten Nummern des 30th Anniversary Concert Celebration von Bob Dylan ablieferte. Da war es wieder das alte Feuer, der hypnotische Sprechgesang. Ich kramte meine alten Scheiben hervor und lauschte den Worten. Reed studierte einstmals Kreatives Schreiben an der Syracuse University, und der Dichter Delmore Schwartz war sein Lehrer – das merkt man.

Von jüngeren Aufnahmen gefielen mir die Poe-Aufnahmen von 2000. Ich wollte nach Hamburg, um mir die Aufführungen anzusehen, kam aber nie dazu. Jetzt ist es vorbei. Da die CD ohne Textbuch auskam, besorgte ich mir die Buchversion The Raven mit Zeichnungen von Lorenzo Mattotti, um das alte Englisch von Edgar Allan zu verstehen. Die Worte hab ich dann verstanden, ob es mir mit dem Sinn auch so ging, sei dahingestellt.

Auch blieb mir die Sinnhaftigkeit in der Zusammenarbeit mit Metallica bei Lulu zunächst verborgen. Zu radikal war die Wendung Reeds. Rückblickend gesehen, ist es ein großartiges Album geworden. Aber sehr gewöhnungsbedürftig. Gerne hätte ich dich oder Auftritte mit seiner Frau Laurie Anderson gesehen. Sie war jahrelang ein absoluter Geheimtipp für mich. Oh Superman und Home of the Brave gehören für mich zu den Klassikern der Performanceart.

New York-Ausstellung übers Mittagessen: Lunch Hour

6. Februar 2013

Lunch Poetry - Gedichte zum Mittagessen

Lunch Poetry – Gedichte zum Mittagessen

Wer zufällig in New York ist, der sollte sich unbedingt die (kostenlose) Ausstellung Lunch Hour in der New York Public Library ansehen. Es lohnt sich für alle, die gerne essen. Die Ausstellung dreht sich bis 17. Februar schließlich ums Essen, speziell ums Mittagessen der vergangenen 150 Jahre in New York.

Es ist kulturgeschichtlich interessant, wie und in welcher Form Mittagessen in dieser Stadt serviert wurde und wird. Die einen essen an einem Tisch, die anderen stopfen sich Fast Food im Gehen hinein. Durch den Schmelztiegel New York kamen unterschiedliche (Ess-)Kulturen zusammen und entwickelten immer wieder neue Formen. Heute interessant für mich die Pretzel-Stände mit Sauerkraut in den Straßenfluchten von New York. Diese Prezeln haben nur noch entfernt mit der bayerischen Brezn etwas zu tun. In der Ausstellung gibt es Gedichte zum Mittagessen (Lunch poetry) sowie eine umfangreiche Sammlung an Brotzeitboxen und Kochzeitungen. Ich erinnere mich an meine Jugend zurückversetzt, als meine Mutter Rezeptsammlungen von Dr. Oetker oder dem Meister Verlag sammelte.

Heinz hat auch Suppen zu bieten.

Heinz hat auch Suppen zu bieten.

Mein Herz als Ketchup-Fan schlug höher als ich Heinz entdeckte. Heinz ist in den USA eine Institution, spätestens nachdem Andy Warhol seine Heinz-Bilder als Kunst veröffentlichte. In den US-Supermärkten bietet Heinz nicht nur Ketchup an, sondern auch enorm viele Suppe. Die Reaktion der US-Besucher der Ausstellung war typisch nach dem Motto „erinnerst du dich an diesen Geschmack?“

Ein Original-Restaurantautomat

Ein Original-Restaurantautomat

Wunderbar ist ein aufgebautes Automatenrestaurant, das einst in den USA populär war. Der Automat war ein Wunder in New York. Als Joe Horn und Frank Hardart am 2. Juli 1912 ihr erstes Automatenrestaurant am Time Square eröffneten war es eine Sensation. In den 1940er Jahren gab es in New York einen regelrechten Boom in der Stadt. In den 1950er Jahren ebbte die Flut ab als die Kaufhäuser ihre eigenen Cafeterias eröffneten. Der Besuch der Ausstellung erinnerte mich so sehr an den Jacques Tati-Film Herrliche Zeiten (Playtime), als der französische Komiker 1967 ein Automatenrestaurant besuchte. Das letzte Automatenrestaurant in New York schloss 1991.

Münze rein, Klappe auf, Essen raus

Münze rein, Klappe auf, Essen raus

Also bevor die Ausstellung Lunch Hour in New York schließt, solltet ihr sie unbedingt in der New York Public Library besuchen oder mein Video ansehen.