Posts Tagged ‘Ridley Scott’

Meine Vinyl im November: Danny Elfman, Propaganda, Kraftwerk, the Supremes, Kate Bush, Vangelis, the Grateful Dead

30. November 2025

Vinylplatten bedeuten für mich weit mehr als nur Musik. Beim Auflegen einer Platte entsteht ein Moment der Ruhe, fast ein Ritual – das Knistern, das sanfte Absetzen der Nadel, der warme Klang, der den Raum füllt. Jede Platte erzählt ihre eigene Geschichte, nicht nur über die Lieder, sondern auch über die Spuren der Vergangenheit auf ihrer Oberfläche. Ich liebe das Haptische, das Analoge, das bewusste Hören, fern vom hektischen Skippen digitaler Playlists. Eine Vinylplatte zwingt mich, Musik wieder mit Aufmerksamkeit und Gefühl zu erleben. Hier meine Vinyl-Scheiben vom November.

Sleepy Hollow von Danny Elfman

Der Soundtrack zu „Sleepy Hollow“ zählt zu den eindrucksvollsten Arbeiten von Danny Elfman und ist ein Musterbeispiel dafür, wie Filmmusik Atmosphäre erschafft. Elfman verbindet hier düstere, barock anmutende Orchesterpassagen mit bedrohlichen Chören und scharf gesetzten musikalischen Akzenten. Das Ergebnis ist ein Klangbild, das perfekt zur nebelverhangenen, gothic-haften Welt des Films passt.
Seine Musik trägt die Spannung, verstärkt das Unheimliche und schafft zugleich eine märchenhaft-melancholische Grundstimmung. Besonders hervorzuheben sind die leitmotivischen Themen, die Figuren und Motive des Films subtil charakterisieren. Der Sleepy Hollow-Score zeigt Elfman auf dem Höhepunkt seiner Kunst: opulent, unheimlich und emotional präzise – ein Soundtrack, der den Film nicht nur begleitet, sondern entscheidend prägt.

A Secret Wish von Propaganda

A Secret Wish gilt bis heute als eines der markantesten Synthpop- und Art-Pop-Alben der 80er-Jahre. Produziert von Trevor Horn und veröffentlicht auf ZTT, verbindet es kalte, präzise Elektronik mit dramatischem Bombast und einer ästhetischen Strenge, die ihrer Zeit weit voraus war. Tracks wie “Duel”, “Dr. Mabuse” oder “P-Machinery” zeigen eine Mischung aus düsterer Atmosphäre, technoidem Experiment und Pop-Eingängigkeit, die Propaganda zu etwas Einzigartigem machte.
Das Album beeindruckt durch seine filmische Breite, den ambitionierten Produktionsanspruch und die stilistische Konsequenz. Es klingt gleichzeitig nach 80er-Jahre-Avantgarde und erstaunlich zeitlos. Für viele gilt A Secret Wish als ein verborgenes Meisterwerk des Jahrzehnts – kühl, kraftvoll und voller ikonischer Momente.

Radio-Activity von Kraftwerk

Radioaktivität“ ist das erste Album, das Kraftwerk vollständig mit elektronischen Mitteln realisierte – ohne Gitarren oder akustische Drums. Es war der Übergang von der experimentellen Frühphase (Autobahn, Ralf & Florian) hin zum klar strukturierten, maschinell-präzisen Sound, der später mit Trans Europa Express und Die Mensch-Maschine vollendet wurde. Hier die englische Fassung.


Die Kombination aus Rhythmusmaschinen, Vocoder-Stimmen und minimalistischen Synthesizer-Loops wirkte damals visionär. Besonders beeindruckend war, wie das Album ein Gleichgewicht zwischen melodischer Eingängigkeit und konzeptueller Kühle herstellte.
Der Doppelsinn des Titels – Radioaktivität im physikalischen wie auch im medialen Sinn („Radio Activity“) – ist typisch für Kraftwerks ironisch-distanziertes Spiel mit Technik, Fortschritt und Gefahr.
Das Album schwankt zwischen Faszination und Warnung: Songs wie „Radioaktivität“ oder „Geigerzähler“ setzen sich mit der unsichtbaren, unkontrollierbaren Macht der Strahlung auseinander, ohne explizit moralisch zu urteilen. Später, in der überarbeiteten Fassung von 1991, fügten Kraftwerk allerdings eindeutige politische Bezüge hinzu („Stop Radioactivity“ mit Hinweisen auf Tschernobyl und Harrisburg).

Motown Number 1’s von The Supremes
The Supremes, die kommerziell erfolgreichste Girlgroup der Popgeschichte, gehörten zu den Glanzstücken im Künstlerrepertoire von Motown Records. Mit herausragendem Songmaterial aus der Feder der großartigen Motown-Songwriter landete die Gruppe zahlreiche Nummer-eins-Hits in den Popcharts – ebenso wie Sängerin Diana Ross, nachdem sie die Gruppe verlassen und eine Solokarriere begonnen hatte. Das strahlende, moderne und elegante Image des Labels Motown war eng mit der Art verbunden, wie diese Damen sich präsentierten und einen Song mit Anmut und Stil interpretierten. Zwei Dutzend dieser Nummer-eins-Hits – sowohl von The Supremes als auch von Diana Ross solo – sind hier versammelt, darunter zeitlose Klassiker wie „Come See About Me“, „You Can’t Hurry Love“, „You Keep Me Hangin’ On“ und „Stop! In the Name of Love“. Jetzt erhältlich auf limitiertem gelbem Vinyl. Hier mein Unboxing der Vinyl.

Never for Ever von Kate Bush

Mit Never for Ever (1980) veröffentlichte Kate Bush ihr drittes Studioalbum und schuf damit ein Werk, das ihre künstlerische Eigenständigkeit endgültig festigte. Nach den orchestralen und teilweise überproduzierten Vorgängern zeigt sie hier eine neue Balance zwischen Experiment und Struktur. Elektronische Klänge, erstmals mithilfe des Fairlight-Samplers, verbinden sich mit verspielten Melodien und erzählerischer Fantasie. Songs wie „Babooshka“ oder „Army Dreamers“ zeigen Bushs Fähigkeit, Pop mit theatralischem Ausdruck und erzählerischer Tiefe zu vereinen, während Stücke wie „Breathing“ eine emotionale und gesellschaftskritische Dimension hinzufügen. Never for Ever ist ein Album zwischen Märchen, Traum und Albtraum – zugleich zugänglicher als frühere Arbeiten, aber noch immer von eigenwilliger Kunstfertigkeit geprägt. Es markiert den Übergang von der jungen Pop-Sensation zur ernstzunehmenden Musikerin, die das Artpop-Genre nachhaltig prägen sollte.

1492: Conquest of Paradise von Vangelis

1492: Conquest of Paradise von Vangelis ist eines jener seltenen Soundtrack-Alben, die sich vom Film nahezu vollkommen emanzipieren und zu einem eigenen musikalischen Ereignis werden. Der Score, 1992 zum gleichnamigen Ridley-Scott-Film erschienen, entfaltet eine klangliche Monumentalität, die gleichermaßen erhaben, mystisch und emotional zugänglich wirkt. Vangelis arbeitet hier – wie so oft – mit einer Mischung aus warmen Synthesizerflächen, orchestralen Simulationen und groß angelegten Chorpassagen, die zusammen eine zeitlose, beinahe sakrale Atmosphäre erzeugen. Der berühmte Titelsong „Conquest of Paradise“, der später durch diverse kulturelle Kontexte einen eigenen, fast mythischen Status erreichte, ist das Herzstück des Albums: ein kraftvolles, hymnisches Motiv, getragen von donnernden Percussions und einem eindringlichen Chor, dessen pseudo-lateinische Textsilben eher als Klangfarbe denn als Botschaft funktionieren. Dieses Thema legt den emotionalen Maßstab fest, an dem sich der Rest des Albums orientiert.


Im weiteren Verlauf zeigt Vangelis seine Fähigkeit, Stimmungen zu modulieren, ohne den übergeordneten tonalen Bogen zu verlieren. Stücke wie „Monastery of La Rábida“ oder „Deliverance“ setzen auf introspektive, beinahe meditative Klangräume, die die spirituelle Dimension des Kolumbus-Stoffs hervorheben. Andere Tracks – etwa „Light and Shadow“ oder „Conquest of the Ocean“ – greifen die erzählerische Dynamik auf und verbinden pulsierende rhythmische Muster mit einer breiten, filmisch anmutenden Harmonik. Die Musik vermittelt weniger historische Authentizität als vielmehr einen emotionalen, idealisierten Blick auf die Epoche der Entdeckungen. Kritisch ließe sich anmerken, dass die majestätische Klangsprache eine gewisse romantisierende Glätte besitzt, die historische Ambivalenzen ausblendet. Doch gerade diese Mischung aus Pathos und zeitloser Klangästhetik macht den Score so wirkungsmächtig.
Insgesamt ist 1492: Conquest of Paradise ein typischer, aber zugleich herausragender Vangelis: atmosphärisch dicht, melodisch prägnant und geprägt von einer spirituell aufgeladenen Klangarchitektur, die sowohl cineastisch als auch als reines Album funktioniert. Es ist ein Werk, das weniger konkrete Bilder eines historischen Moments zeichnet, sondern vielmehr die Idee von Entdeckung, Weite und Utopie musikalisch übersetzt – und damit bis heute nichts von seiner Faszination verloren hat.

The Man Machine von Kraftwerk
Kraftwerks Mensch Maschine, hier die englische Ausgabe, ist mehr als ein Album – es ist ein Meilenstein der Musikgeschichte, ein Manifest der Moderne, ein kalter, funkelnder Kristall im kulturellen Gedächtnis. Mit diesem Werk haben Ralf Hütter, Florian Schneider und ihre Mitstreiter nicht einfach elektronische Musik geprägt; sie haben die Zukunft geöffnet. Mensch Maschine klingt wie das, was Jahrzehnte später Realität wurde: eine Welt, in der Mensch und Technik ineinanderfließen, in der klare Linien, digitale Impulse und synthetische Stimmen unser Lebensgefühl formen.

Das Album ist von einer ästhetischen Strenge, die gleichzeitig poetisch wirkt. Jeder Ton sitzt, jede Sequenz erfüllt einen Zweck, jeder Klang hat einen eigenen Atem. „Die Roboter“ – mit seinem ikonischen Sprechgesang – ist nicht nur ein Song, sondern ein Bild: der Mensch als Maschine, die Maschine als Spiegel des Menschen. Es ist gleichzeitig ironisch und ernst, verspielt und prophetisch. Und gerade dadurch so zeitlos.

Die titelgebende „Mensch-Maschine“ fasst die Grundidee des Albums wie ein Gedankenkern zusammen: die Verschmelzung von Körper und Technik, Emotion und Algorithmus. Kraftwerk zeigen nicht die Angst vor der Zukunft, sondern ihre Faszination, ihre Schönheit, ihre Unerbittlichkeit. Das Album wirkt wie ein Blick durch ein Neonfenster in eine Welt, die damals noch Vision war – heute ist sie Gegenwart.

Und dann ist da „Neonlicht“ – ein Stück, das im Herzen warm glimmt, obwohl es aus elektronischen Bausteinen besteht. Es zeigt die melancholische, fast romantische Seite der Band. Ein Song, der im urbanen Nachtlicht schwebt, in dem sich Einsamkeit und Fortschritt treffen. Und natürlich „Das Model“, der unerwartete Pop-Hit, glasklar, minimalistisch, elegant – ein Lied, das die Ästhetik der späten 70er einfängt und gleichzeitig den Synth-Pop der 80er vorwegnimmt.



Mensch Maschine ist ein Album, das nicht altert. Es wirkt nicht nostalgisch, sondern seltsam aktuell – als hätte Kraftwerk schon damals gespürt, wie sehr die nächsten Jahrzehnte durch Digitalisierung, Automatisierung und ein neues Verhältnis zwischen Mensch und Technik geprägt sein würden. Es ist Kunst ohne Überfluss, reduziert aufs Wesentliche, präzise wie ein Laserstrahl.

In diesem Werk zeigt sich Kraftwerks größte Leistung: Sie schufen Musik, die nicht nur gehört, sondern gedacht wird. Musik, die Konzepte öffnet, Räume schafft und Visionen formt. Mensch.Maschine ist einer der seltenen Momente, in denen ein Album den Takt der Zeit verändert. Und bis heute schlägt sein elektronisches Herz weiter – in Pop, Techno, Electropunk, Ambient, in all jenen Klängen, die sich trauen, nach vorne zu blicken. Es bleibt ein Monument – kühl, klar, schön. Ein Album wie eine architektonische Zeichnung: pur, präzise und voller Zukunft.

Blues for Allah von Grateful Dead
Blues for Allah von Grateful Dead, 1975 erschienen, markiert einen besonderen Moment im Schaffen der Band: ein zugleich experimentelles und spirituell durchdrungenes Album, das sich von den vorherigen, stärker folk- und countrygeprägten Werken deutlich abhebt. Nach einer schöpferischen Pause kehrten die Musiker mit einer beachtlichen kreativen Energie zurück und schufen ein Werk, das zwischen jazzigen Improvisationen, komplexen Arrangements und hypnotischen Klanglandschaften oszilliert. Besonders bemerkenswert ist die atmosphärische Titel-Suite, die mystische Motive mit einer für die Dead typischen improvisatorischen Freiheit verbindet. „Blues for Allah“ gilt nicht nur als künstlerisch ambitioniertes Statement, sondern auch als Beweis dafür, dass Grateful Dead bereit waren, Risiken einzugehen und ihren Sound neu zu definieren – ein Album, das bis heute eine faszinierende Ausstrahlung besitzt und die musikalische Vielseitigkeit der Band eindrucksvoll würdigt.

Filmkritik: Gladiator 2

13. November 2024

Wenn eine Fortsetzung eines Films gedreht wird, um die Story interessanter zu machen, freue ich mich und kaufe mir gerne eine Kinokarte. Wenn jedoch eine Fortsetzung nur gedreht wird, um ausschließlich die Fans abzukassieren, fühle ich mich hinters Licht geführt. Nun kann man selbst entscheiden, was bei Gladiator 2 zutrifft.

Die Story, die uns Ridley Scott hier präsentiert, ist recht dünn. Er entscheidet sich für fettes Popcorn-Kino à la Michael Bay. Bei den Kampfszenen ist Scott in seinem Element, wie er auch bei Napoleon bewiesen hat. Allerdings blieb bei Napoleon die Geschichte auf der Strecke, was zu einem schwachen Film führte. Bei Gladiator 2 hat er offenbar nichts aus dem Napoleon-Desaster gelernt, dennoch wird der Film wohl kein Flop, da eine starke Fan-Base dahintersteht. Hier meine spontanen Eindrücke nach der Pressevorführung.

Die dünne Geschichte des Sandalenfilms zieht sich über eine Spielzeit von 2 Stunden und 30 Minuten – eine Katastrophe für Kinobetreiber, die den Film unterbringen müssen. Die Spielzeit wird nicht mit Story gefüllt, sondern mit Effekten und Kämpfen – klar, wir sind ja im alten Rom. Ridley Scott schreckt dabei nicht davor zurück, CGI-Haie im Kolosseum einzusetzen. Geht es noch absurder? Ein Fokus auf die politischen Intrigen in Rom hätte dem Film sicher gutgetan. Stattdessen gibt es nur den Austausch von Plattitüden, sorgenvollen Gesichtern, und dann folgt die nächste Klopperei mit Schwert und Schild.

Wenn die insgesamt überzeugenden Schauspieler miteinander agieren, lassen sie pathetische Phrasen ab. Immer wieder wird von Ehre und Stärke gefaselt. Der Ausdruck „Stärke und Ehre“ leitet sich vom lateinischen „Virtūs et Honos“ ab. „Virtūs“ lässt sich wörtlich mit „Stärke, Mut, Exzellenz“ übersetzen, und „et Honos“ bedeutet „und Ehre“. In der römischen Gesellschaft bezog sich „virtus“ nicht nur auf körperliche Stärke, sondern auch auf moralische Vortrefflichkeit. Diese Worte scheinen eine Zielgruppe anzusprechen, die dafür empfänglich ist, obwohl sie kaum den lateinischen Ursprung kennt. „Stärke und Ehre“ ist übrigens auch der Name einer politischen Partei in der Ukraine, die am 26. Oktober 2009 gegründet wurde.

Im Kino erinnerte ich mich an „Meine Ehre heißt Treue“, den Wahlspruch der nationalsozialistischen Schutzstaffel (SS), die mit solchen Parolen Menschen köderten. Und da wir schon beim Thema Nationalsozialismus sind: Hollywood hat keinerlei Berührungsängste vor der Bildsprache von Leni Riefenstahl. Immer wieder werden diese gefährlichen Bilder in Hollywood-Filmen verwendet, sei es in Star Wars oder Gladiator 1. Im zweiten Teil wird diese teuflische Bildsprache von Macht und Kraft nochmals verstärkt von Scott eingesetzt.

Paul Mescal spielt unseren Helden Lucius. Der eher unbekannte, 28-jährige irische Schauspieler macht seine Sache gut, bleibt jedoch im Schatten von Filmpapa Russell Crowe und kann daraus nicht hervortreten. Besonders gefallen haben mir die beiden verrückten Kaiser Caracalla (Fred Hechinger) und Geta (Joseph Quinn); vielleicht sind irre römische Kaiser ein gutes Betätigungsfeld, wie man schon bei Peter Ustinov (Quo Vadis) oder Malcolm McDowell (Caligula) sah. Denzel Washington brilliert als Macrinus, und sein Schauspiel ist ein Genuss.

Insgesamt wird der Film sein Publikum finden – Menschen, die nicht von allzu viel Geschichte abgelenkt werden möchten. Hatten wir im ersten Teil noch eine schöne Schlacht in realen germanischen Wäldern, so verliert man sich im zweiten Teil in einer CGI-Seeschlacht bei der Eroberung einer Stadt. Gut gemacht, aber der Auftakt im ersten Teil hatte mehr Zug. Dieses Mal ist zwar alles größer und mächtiger, doch es berührt mich weniger als im ersten Teil.

Wie zu hören ist, hat Scott bereits Ideen für einen dritten Teil. Mein Rat: Ridley, such dir einen neuen Stoff, der dein Talent zu schätzen weiß, und ruiniere nicht deinen guten Ruf.

Filmkritik: Alien Romulus – ohne Spoiler

14. August 2024

Nach dem US-Hype ist endlich Alien Romulus bei im Kino und es ist ein lauter Film geworden. Zeitlich spielt Alien Romulus von Evil Dead-Regisseur Fede Alvarez zwischen Alien (1979) und Aliens (1986). Es ist ein harter Science Fiction-Horror geworden, der gegen Ende zum Action-Film Aliens mutiert und sich zudem vor Ridley Scott verbeugt. Die Handlung ist 20 Jahre nach Alien und 37 Jahre vor Aliens angesiedelt. Hier der erste Eindruck gleich nach der Pressevorführung zusammen mit Markus Elfert von Filmreport – ohne Spoiler. Ich schau mir den Film gleich nochmal nach dem offiziellen Start im Scala Fürstenfeldbruck an.

Der Fan wird sich in Alien Romulus wohlfühlen. Das Setdesign der mit den flackernden Lichtern ausgestattet Raumstation mit großen Computerterminals und Mutter ist wunderbar retro. Zudem gibt es viele Anspielungen an den ersten Teil, die Spaß machen, wie ein Vögelchen beim Essen oder das Einsteigen in einen Raumanzug und wir treffen alte Bekannte wieder. Zudem wird Kubricks 2001 zitiert: Open the door.

Das Setdesign ist Rost, Gold und Rot gehalten, die Gänge sind eng, die Szenerie ist dreckig. Die Helden des Films sind wie in Teil eins keine Saubermänner, sondern Diebe und Abenteurer. All das sorgt bei Fans für eine bekannte Wohlfühlamtosphäre. Also keine glänzenden Sternenkrieger in sauberen Raumschiffen, sondern die Arbeiterklasse im Weltraum, wo dich niemand schreien hört. Einige Darsteller verfügen über keine tiefere Charakterisierung und werden von den bösen Aliens verfrühstückt. Das war bei Ridley Scotts-Urversion noch anders, wenn jeder Verlust eines Mannschaftsmitglieds dem Zuschauer näher ging.

HR Giger hätte sich über Alien Romulus gefreut. Sein Monster wird im Film zitiert und die Sexualität der Giger-Gemälde erwachsen in Alien Romulus zum Leben voll mit Surrealismus und seine Biomechanoiden. Fede Alvarez liebt wohl die 1971 Müllpassagen von Giger, die zum sexuellen Akt im Film werden – eine großartige Hommage an die Wiener Schule des Phantastischen Realismus.

Die YouTube-Generation wird Alien Romulus vertraut sein, wenn Prank-Videos mit „Run“ zitiert werden und das Alien-Blut als Säure gibt eine hervorragende Vorlage als Videospiel, das sicherlich kommen wird.

Die Musik oder sagen wir besser der Sound von Benjamin Wallfisch aus der schrecklichen Hans Zimmer-Schmiede unterlegt den Film mit einem lauten, aggressiven Klangteppich damit eingeblendeten Herzklopfen, der gut zur Atmosphäre passt. Mit Jerry Goldsmith als Alien ist Wallfisch aber nicht entferntesten vergleichbar.

Ohne zu Spoilern machen hab ich mich mit den letzten 15 Minuten des 119 Minuten langen Films schwer getan. Hier wollte sich wohl Fede Alvarez vor dem jüngeren Werk von Ridley Scott verbeugen, was zum einen nur bedingt gelang, zum anderen unnötig war. Fede Alvarez steht für eine neue Art von Gewalt-Regisseuren, die auf handgemachten Effekte setzen und das tut dem Film unheimlich gut. Er setzt sogar auf unerwartete Animatronic-Aufnahmen.

Alien Romulus ist ein lauter, ein schmutziger Film geworden und Alien-Fans werden ihn lieben. Und sofort wird ein Ranking beginnen, in welcher Lieblingsskala sich der Film einordnen lässt. Unbedingt im Kino ansehen.

Alien: Romulus – da kommt was auf uns zu

20. Juni 2024

Eines der Kinoereignisse auf die ich mich dieses Jahr wirklich freue ist Alien: Romulus. Der Science-Fiction-Horror wird im August in Deutschland starten und ich hatte die Gelegenheit 20 Minuten des Films genießen zu dürfen.

Zudem gab es ein gutes Frage und Antwort-Spiel mit dem Regisseur Fede Alvarez. Hier meine Aufzeichnung des Gesprächs, eine wahre Schatzgrube für Alien-Fans.

UPDATE: Leider hat Disney die Aufnahme untersagt. In der Veranstaltung war ein Filmen noch erlaubt. Sorry.

Ich denke, dass Fede Alvarez mit Alien: Romulus einen guten Job gemacht hat. Ich kann bisher nur meine Eindrücke aus den 20 Minuten des Footage wiedergeben, die mir gefallen haben. Fede Alvarez hat spätestens mit Evil Dead, der Neuverfilmung von Tanz der Teufel, gezeigt, dass er weiß, wie modernes US-Horrorkino funktioniert.

Bei Alien: Romulus handelt es sich um den siebten Film der Alien-Reihe. Er spielt zwischen den Filmen Alien (1979) und Aliens (1986). Eine Gruppe junger geldgieriger Abenteurer durchsuchen das All und treffen auf eine scheinbar völlig verlassene Station. Die Menschen sind alle tot, doch die Aliens sind an Bord und schon kann es losgehen.

Fede Alvarez vermied CGI und setzte mehr auf klassische Animatronic. Und auch das verlassene Raumschiff sieht wieder Handgemacht aus. Dem Fan geht hier das Herz auf. Der Film wird nicht die philosophische Richtung einschlagen wie die beiden jüngsten Ridley Scott-Produktionen Prometheus – Dunkle Zeichen (2012) und Alien: Covenant (2017). Fede Alvarez folgt eher dem Vorbild von James Cameron und setzt auf Action-Kino im Weltraum. Aber Action mit Niveau, wie ich hoffe.
Ich habe mal eine phantastische Matinee zum ersten Alien von 1979 durchgeführt. Das zeigt meine Liebe zum Film. Hier meine Aufzeichnung.

Filmkritik: Napoleon von Ridley Scott

18. November 2023

Was für ein großartiger Stoff und was für ein durchschnittlicher Film ist da herausgekommen. Ein Film ohne Rhythmus, zerfahren, abgehackt – und ja, ich muss es schreiben – ein Film ohne Liebe. Es ist eine Aneinanderreihung von Szenen und ich bin von der Kinofassung von Napoleon enttäuscht. Und das tut mir unendlich leid. Vielleicht muss ich auf die Veröffentlichung auf Datenträger warten, die deutlich länger ist und die vielleicht das gewaltige Erzähltalent von Ridley Scott zeigt, die Kinofassung ist leider nicht das Gelbe vom Ei.

Dabei ist es die Geschichte von Napoleon wert auf die große Leinwand zu gebracht zu werden, nachdem viele schon daran gescheitert sind. Ridley Scott sollte es eigentlich können. Für mich die beste Napoleon-Verfilmung bleibt die von Abel Gance aus dem Jahre 1925 mit 5 Stunden und 32 Minuten.
Dabei sind die Zutaten von Ridley Scotts 200 Millionen US-Dollar-Film fast alle hervorragend: Joaquin Phoenix als Bonaparte und Vanessa Kirby als dessen Ehefrau Joséphine sind wunderbar anzusehen, die Ausstattung eindrucksvoll, aber Score dagegen total daneben. Und das Drehbuch mit schrecklichen Humoreinlagen erzeugten bei mir nur zum Kopfschütteln: Der geniale Feldherr, der Europa erobert, aber im Bett eine Niete ist – will ich das wirklich sehen? Der Humor im Film ist wohl dem Zeitgeist geschuldet, doch ich empfinde ihn als absolut unpassend.

Bei den sechs gezeigten Schlachten ist Scott dagegen in seinem Element, bringt aber bis auf Austerlitz auch nur Standardware. Bei dem viel zu kurzen Waterloo fehlen in der Kinofassung das entscheidenden Zitat der Weltgeschichte „Ich wünschte es wäre Nacht oder die Preußen kämen.“ Schön, dass wenigstens die geänderte Kampfformation der Briten berücksichtigt wurde, nachdem viel Historisches auf der Strecke blieb. Blücher kommt im Grunde nur am Rande vor – vielleicht ist das in der Langfassung später anders.

Der Film springt durch die Jahre und verlangt vom nicht geschichtsbewanderten Zuschauer so einiges ab. Französische Revolution mit Marie-Antoinette auf der Guillotine – was geschah eigentlich mit den gezeigten Kindern, Maximilien de Robespierre hatte also einen Suizidversuch hinter sich und da wäre noch der Streit zwischen Jakobiner und Royalisten. Es gibt Feldzüge wie in Ägypten samt ablehender Mumie, einen Russlandfeldzug, die gescheiterte Bündnispolitik mit dem Kaiser von Österreich und dem Zar von Russland, Wiener Kongress und der Beginn der Restauration, Waterloo und Verbannung. Der Code Napoleon kommt dabei gar nicht vor, während wir das Gewimmer zwischen Napoleon und Josefine mehrmals ertragen müssen.

Interessant ist, dass kein Hollywood-Studio sich an die Produktion gewagt hat, stattdessen ist der Streamingdienst Apple eingesprungen und hat das Geld auf den Tisch gelegt. Hollywood verändert sich rapide.

Ridley Scotts Napoleon hat für mich das Problem, dass er sich mit dem Napoleon von Stanley Kubrick messen lassen muss, der nie gedreht wurde. Dessen Material ging in Barry Lyndon ein, der zeigt wie die Erzählstruktur eines Historienfilms auszusehen hat. Hier hätte Altmeister Scott nochmals bei Regiegott Kubrick spicken sollen, bevor er sich an die Regie von Napoleon gemacht hat, denn seinem Napoleon fehlt viel in der Struktur, was Barry Lyndon zu einem Meisterwerk gemacht hat.

Vielleicht ist das Urteil hart, denn eigentlich ist Napoleon großes Kino und es wird hoffentlich sein Publikum finden, denn solche Produktionen braucht das Kino. Ich warte auf die Langfassung.

Alien 1979 – Rückblick auf meine Matinee

25. September 2023

„Im Weltraum hört dich niemand schreien“ – so lautete die Verleihwerbung 1979 zu diesem heutigen Klassiker, den ich in meiner Matinee im Scala Fürstenfeldbruck zeigte.

Alien von 1979 ist ein Science-Fiction-Horrorfilm des britischen Regisseurs Ridley Scott. Der Film erzählt die Geschichte einer siebenköpfigen Besatzung eines Raumfrachters, die auf einem fremden Planeten ein außerirdisches Wesen entdeckt. Das Wesen dringt in das Raumschiff ein und beginnt, die Besatzung zu töten. Hier mein kompletter Vortrag:

Alien ist ein Meisterwerk des Genres. Der Film ist atmosphärisch, spannend und klaustrophobisch. Das Design des Aliens ist ikonisch und das Wesen selbst ist eine der furchteinflößendsten Kreaturen der Filmgeschichte.

Scotts Regieführung ist herausragend. Er schafft eine beklemmende Atmosphäre, in der man sich die Alien-Kreatur jederzeit im Nacken sitzen fühlt. Die Darsteller sind allesamt gut, wobei Sigourney Weaver als Ellen Ripley eine der stärksten weiblichen Figuren der Filmgeschichte darstellt. Dies war zu der Zeit eine bemerkenswerte Abweichung von den gängigen Geschlechterrollen in Horrorfilmen, wo die Frau eher das Opfer als der Held war.

Die Stärken von Alien liegen in seiner meisterhaften Spannungserzeugung und der Verwendung von minimalistischem Set-Design, um eine beklemmende und klaustrophobische Umgebung zu schaffen. Der Film kombiniert psychologische Spannung mit Schockmomenten und einer einzigartigen, biomechanischen Ästhetik, die zu einem ikonischen Look führte. Der Schweizer Künstler H.R.Giger schuf das Monster, erhielt dafür einen Oscar und die Türen Hollywoods öffneten sich für diesen Meister der Airbrush-Albträume.

Alien – Matinee am Sonntag, 10. September im Scala

8. September 2023

„Im Weltraum hört dich niemand schreien“ – so lautete die Verleihwerbung 1979 zu diesem heutigen Klassiker, den ich in meiner Matinee am 10. September im Scala Fürstenfeldbruck zeige, Es ist Kinotag und daher kostet der Eintritt auch nur 5 Euro. Restkarten gibt es hier.

Alien – das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt, der 1979 unter der Regie von Ridley Scott veröffentlicht wurde, ist ein wegweisender Science-Fiction-Horrorfilm, der beide Genre nachhaltig geprägt hat. Er ist sowohl als Science Fiction als auch als Horror-Film in die Geschichte eingegangen. Der Film zeichnet sich durch seine düstere Atmosphäre, innovatives Design und seine effektive Verschmelzung von Science-Fiction und Horror aus.

Die Stärken von Alien liegen in seiner meisterhaften Spannungserzeugung und der Verwendung von minimalistischem Set-Design, um eine beklemmende und klaustrophobische Umgebung zu schaffen. Der Film kombiniert psychologische Spannung mit Schockmomenten und einer einzigartigen, biomechanischen Ästhetik, die zu einem ikonischen Look führte. Der Schweizer Künstler H.R.Giger schuf das Monster, erhielt dafür einen Oscar und die Türen Hollywoods öffneten sich für diesen Meister der Airbrush-Albträume.

Der Film ging neue Wege. Die Darstellung von Sigourney Weaver als Ellen Ripley brachte eine starke, weibliche Hauptfigur in den Vordergrund, die sich gegenüber der unerbittlichen Bedrohung durch den außerirdischen Xenomorph behauptet. Dies war zu der Zeit eine bemerkenswerte Abweichung von den gängigen Geschlechterrollen in Horrorfilmen, wo die Frau eher das Opfer als der Held war.

Die Art und Weise, wie Alien die Ängste des Unbekannten, der Isolation und der menschlichen Fragilität erforscht, hebt ihn von anderen Filmen des Genres ab. Die raffinierte Mischung aus Science-Fiction und Horror hat das Filmemachen beeinflusst und eine Reihe von Fortsetzungen, Prequels und Spin-offs inspiriert, die die Faszination für das Alien-Franchise bis heute am Leben erhalten haben. Über die Qualität der Nachfolgerfilme lässt sich diskutieren – über Alien nicht.

Aber nicht nur optisch ist der Film ein Bringer, sondern auch musikalisch. Der Soundtrack von Alien wurde von Jerry Goldsmith komponiert und ist ein herausragendes Beispiel für die atmosphärische und unheimliche Filmmusik. Goldsmith schuf eine musikalische Begleitung, die die bedrohliche und beklemmende Stimmung des Films perfekt einfängt.

Ein markantes Merkmal des Soundtracks ist die Verwendung von ungewöhnlichen Instrumenten und Klängen, die dazu beitragen, eine unheimliche und unheimliche Atmosphäre zu erzeugen. Goldsmith verwendete unter anderem Blasinstrumente wie die Oboe und die Bassklarinette, um unheimliche Melodien zu erzeugen, die das Gefühl der Isolation und der Bedrohung verstärken.

Ein weiteres herausragendes Element des Soundtracks ist die Verwendung von Chorstimmen, die in einigen Stücken zu hören sind. Diese Chorstimmen verleihen dem Soundtrack eine sakrale und beinahe gespenstische Qualität, die perfekt zur mystischen und furchteinflößenden Natur des außerirdischen Wesens passt.
Ich freue mich, wenn ich Sie am Sonntag im Scala zu meiner Matinee begrüßen darf. Die Karten gibt es hier.

Ausstellungtipp Moebius – jetzt virtuell

14. März 2020

Die Moebius Ausstellung in Brühl war der Hammer.

Die Moebius Ausstellung in Brühl war der Hammer.

Nachdem die Schule ausfällt, wollte ich euch eigentlich den Tipp geben, sich die absolut geniale Moebius Ausstellung im Max Ernst Museum Brühl des LVR anzusehen. Doch nix da. Das Museum wurde gestern aufgrund Corona geschlossen. Ich wollte die sehenswerte Ausstellung jedem Comic- und Kunstinteressierten ans Herz legen. Was nun bleibt, ist ein virtueller Streifzug durch diese Ausstellung.
Der französische Comiczeichners und Szenaristen Jean Giraud (1938–2012) ist unter dem Namen Moebius international bekannt geworden. In Brühl war die bisher umfangreichste Ausstellung zum Werk dieses Multitalents zu sehen. Moebius erforschte die Sphären der Träume und der Science-Fiction und inspirierte zahlreiche Filme etwa von George Lucas, Ridley Scott oder Hayao Miyazaki. In der Ausstellung hingen beispielsweise verschiedene Entwürfe von Abyss, die aber aus rechtlichen Gründen leider nicht fotografiert werden durften.

Bei Moebius verschwimmen die Grenzen zwischen Comicstrip und bildender Kunst. In seinen Geschichten treffen utopische Architekturen und futuristische Megametropolen auf Wüstenlandschaften und schamanistische Reisen durch Raum und Zeit.
Die Ausstellung widmete sich dem umfangreichen Werk von Moebius in thematisch gegliederten Bereichen: Ausgehend von grundlegenden Ideen in seinen Notizbüchern („Carnets“) über kolorierte Zeichnungen, Comicfolgen, abstrakte Gemälde bis hin zu populären Druckgrafiken und Objekten wird das Spektrum seiner Zeichenkunst ausgebreitet.

Moebius erfand und entwickelte über Jahre hinweg ikonische Figuren wie den stummen Krieger Arzak, Major Grubert, John Difool aus L’Incal (zusammen mit Alejandro Jodorowsky) oder die Raumfahrer Stell und Atan. Mit ihnen zusammen lässt er auch die Betrachtenden in die unendlichen Welten seiner Imagination reisen. Außerdem malte Moebius abstrakte Kompositionen, die aufgrund ihres ungewöhnlichen Formenrepertoires und der zeichnerischen Dichte eine eigenständige Werkgruppe bilden.
Die Ausstellung widmete sich Jean Girauds umfangreichem Schaffen. Sie versammelte rund 450 Arbeiten aus dessen zumeist unter der Signatur „Moebius“ entstandenen Bildgeschichten und ordnet sie verschiedenen Themenbereichen zu (wie »Natur und Metamorphose«, »Der Traum vom Fliegen und Fallen«, »Die innere Wüste und ihre Darstellung«, »Wanderer zwischen den Welten« oder »Die Utopie kolorierte Zeichnungen, szenisch gegliederte Comicfolgen, Skizzen, abstrakte Gemälde bis hin zu populären Druckgrafiken und Objekten wird das Spektrum seiner Zeichenkunst ausgebreitet.

Begleitend zur Ausstellung erschien ein Katalog mit 272 Seiten, über 260 Abbildungen und Beiträgen von Patrick Blümel, Isabelle Giraud, Jean Giraud, Achim Sommer, Friederike Voßkamp und Jürgen Wilhelm. Er ist als gebundene, zweisprachige Museumsausgabe (Deutsch/Englisch) zum Preis von 49,90 € erhältlich. Ich kann diesen Katalog ausdrücklich empfehlen.

Zu den acht Themenbereichen in der Ausstellung gibt es je ein großformatiges Foto an den Wänden, das sich mit dem Smartphone und der Augmented Reality App Artivive digital animieren lässt. Die interaktive App lässt sich kostenlos im Google Playstore und im Apple iTunes Store downloaden.

Natur und Metamorphose
„Wir wandeln uns kontinuierlich, meist in Reaktion auf verschiedenste Reize, sichtbare wie unsichtbare, innere wie äußere, die zu einer Bewegung des Lebens, einer physischen und psychischen Metamorphose in uns führen. Für mich ist das Prinzip der plastischen Metamorphose, das meine Zeichnungen prägt, kein Fetisch oder zeichnerischer Einfall, sondern ein Sinnbild für den Wandel, der sich in unserem Inneren fortwährend vollzieht.“

Spiritualität und Alchemie
„Man sollte sein ganzes Leben damit verbringen, alle Facetten des eigenen Seins und Wesens zu entdecken und alles, was es darstellt: Feuer, Luft, Erde und Wasser, die Grundelemente, aber auch die animalischen und gefühlsmäßigen Archetypen, sowie insbesondere den physiologischen Funktionstypus. Gleichermaßen die mehr engelhaften Strukturen.“

Der Traum vom Fliegen und Fallen
„Die eigentliche Geburtsstunde von Moebius als einem etablierten Phänomen schlug mit Arzach. Als Junge hat mich im Alter von etwa 14 oder 15 Jahren die Entdeckung der Science-Fiction ungeheuer beeindruckt. Inzwischen ist sie Teil meiner Bildsprache und meines geistigen Gemeinguts, und das ganz spontan. So ähnlich verhielt es sich mit dem Western auch. Western und Science-Fiction kamen dann zusammen: Das in Arzach beschriebene Universum ähnelt in starkem Ausmaß einer Art imaginärem Wilden Westen, versetzt auf einen nicht weniger imaginären Planeten. Mit der Figur des Gestalt mit hoher phrygischer Mütze in Kegelform, versehen mit Ohrlaschen und Mützenschirm. Ihr wurde Tribut gezollt, indem es verschiedene Versionen, Wiederholungen, subtile Veränderungen gab, die hinzukamen und für eine Weiterentwicklung des Charakters sorgten: Mal war er richtiggehend bösartig und beängstigend, extraterrestrisch und reptilienhaft. Dann wieder gab er sich engelsgleich. Oder er warf sich in symbolisch aufgeladene Posituren, entlehnt von den Präraffaeliten oder dem Darstellungskanon klassischer griechischer Statuen. Er wurde ein Mann, androgyn, eine Frau. So hat sich die Persönlichkeit von Arzac im Laufe der Jahre leicht gewandelt. Es gab eine Zeit, da wurde er sogar zum Starwatcher.“

Die innere Wüste und ihre Darstellung
„Ich hatte wirklich ein inniges Verhältnis, eine ganz starke Neigung zur Wüste, vor allem zur nordamerikanischen, die sehr eigentümlich ist, ab und an getupft mit in regelmäßigen Abständen wachsenden Grasbüscheln, mit Kakteen, die wie reglose Wesen dastehen, und Felsblocken in unwirklichen, fast schon organischen Formen.“

Wanderer zwischen den Welten
„Mein Ausgangspunkt liegt in der Science Fiction der 1960er Jahre und ihren vorherrschenden Theorien rund um die Zeit: Alle kreisen um die Idee, dass Zeit in verschiedene Ströme unterteilt werden kann, dass jeder Moment zu jedem Zeitpunkt zahlreiche Möglichkeiten birgt. Diese Zeitströme trocknen aus oder laufen weiter, sie finden allerdings immer gleichzeitig statt. Ich habe das aber immer in einem sehr literarischen, traumähnlichen Licht betrachtet: So als ob wir im Traum dazu in der Lage sind, Tangenten zwischen diesen verschiedenen Zeiten und Räumen zu betreten.“

Abstraktionen
„Eines der Abenteuer der zeitgenössischen Kunst besteht darin, in den Teil seiner selbst abzutauchen, der nicht vollständig belegt ist von sozialer Domestizierung, Höflichkeitsformen und der Notwendigkeit, in einer komplex strukturierten Gesellschaft zu überleben. Beim Betrachten lösen die kleinformatigen Werke ungeheuer starke Gefühle in mir aus, weil ich unmöglich erkennen kann, was sie darstellen.
[Es gibt] Momente, da denkt man, das ist organisch, könnte aber auch mineralisch sein, vielleicht ja Basaltablagerungen oder halbtransparente Steine, in Lehmkrusten eingeschlossene Schmucksteine, mit Luftblasen, zwiebelförmigen Einschlüssen, teils auch Schlangen, allerdings mit keinen echten, denn sie besitzen keine Schuppen, bilden vielmehr röhrenartige Formen, so genau lässt sich das nicht sagen. Vielleicht sind es auch Organe.“
„Das ist nichts weiter als eine chaotische Anordnung völlig beliebiger Formen. Und dann, im Bestreben, Elemente auszumachen, manövriert man sich allmählich in eine ausweglose Situation und stellt sich die Frage: Was mag das wohl sein? Also beginnt man, Formen zusammenzuführen, sie zu schließen, manche von ihnen auch zu erweitern, aber nicht so sehr aus einem Abenteuergeist heraus als vielmehr im Bemühen um Strukturierung, um Einordnung, um Sinnstiftung, um einen ästhetischen Sinn, der natürlich meinem eigenen Geschmack entsprechen soll, denn ich möchte mich nach keiner Schule richten.

Da bin ich dann in der Blase meiner vollständigen persönlichen Zufriedenheit, egoistisch, dem Egoismus verfallen, total. Aber stets mit der Fähigkeit, diese seltsame Ursuppe in etwas durchaus Lebendiges für diejenigen zu verwandeln, die sie betrachten und sich sagen: ›Eigenartig ist das schon, aber da steckt etwas dahinter, denn es ist gut gemacht. Man sieht, das ist in sich stimmig, das passt.
Das ist genauso, wie es sein soll.‹ Was aber dort dargestellt ist, weiß man nicht. Etwas nicht Erkennbares, dafür aber wiedergegeben in vollendeter Weise. Das finde ich wunderbar. Vergleichbares findet sich etwa auch in der Arbeit der Surrealisten, im Bereich der Literatur und bei Texten. Die großen Dichterinnen und Dichter dieser Zeit experimentierten in diese Richtung. Den Automatismus erhoben sie zu ihrem Ausgangspunkt und schauten dann, in welchem Abenteuer sie gelandet waren. Sie kamen aus der Taucherglocke hervor und ließen – schwupp – den Schmetterling fliegen. Das gefällt mir.“

Die Utopie des Wunderbaren
„Ich denke, dass meine Kunst mein Leben widerspiegelt, und nicht umgekehrt, so wie das bei anderen Künstlern der Fall ist. Deren Leben spiegelt ihre Kunst wider. Aber das ist nichts für mich, obwohl es sehr verlockend sein kann. Es war eine bewusste Entscheidung, und für mich eine sehr große Ent- scheidung, da mein Leben in gewisser Weise zu einer Reflektion meiner Kunst wurde.“

Der doppelte Mensch
„Ich bin ein Anhänger der kontrollierten Schizophrenie. Die Schizophrenie ist ein vollkommen positiver menschlicher Zustand. Man beginnt, sie Schizophrenie zu nennen, wenn es entgleist, wenn man es nicht mehr kontrolliert. Dann wird es zu etwas, was man behandeln muss. […] Die Schizophrenie, das heißt, die Fähigkeit, getrennte, unterschiedliche Register in sich zu haben und sie zu nutzen, nicht um zu manipulieren, sondern um das zu tun, was man zu tun hat, um in der Welt zu überleben, das ist essentiell.“

Filmkritik ohne Spoiler: Star Wars 9: Der Aufstieg Skywalkers

18. Dezember 2019
Das Ende der Saga ist endlich da. Das Ende der Saga ist endlich da.

Vielen Dank Jeffrey Jacob „J. J.“ Abrams – du hast die Kurve bekommen und meine Jugend gerettet. Wie sehr habe ich den Tag der Premiere von Star Wars 9 – The Rise of Skywalker herbeigesehnt und zugleich gefürchtet. Nach dem Totalausfall von Teil 8 hat Abrams die Saga zu einem würdigen Ende geführt. Was hätte die letzte Trilogie genial werden können, wenn er auch bei Teil 8 Regie geführt hätte?
Wie soll man als Kritiker und Fan einen Film besprechen ohne Spoiler? Ich probiere es einfach mal und werde zu einem späteren Zeitpunkt die verschiedenen Handlungsstränge von Star Wars 9 analysieren und in Beziehung zu den anderen Teilen setzen. Vielleicht aber soviel: Mir hat Episode 9: Der Aufstieg Skywalkers gut gefallen. Er war nicht perfekt, aber ich möchte ihn empfehlen.

Abrams setzt weiter auf Nostalgie
Im Grunde hat es sich J.J. Abrams leicht gemacht – und das meine ich mit Respekt. Er ist ein Nostalgiker und zitiert, wo er nur kann sich selbst, die erste und die mittlere Trilogie. Er zeigt uns Orte, die wir kennen, die wir lieb gewonnen haben. Er zeigt uns Symbole, die sich in das Gedächtnis der Fans eingeprägt haben und er holt Figuren zurück, von denen wir glaubten, dass sie verloren waren. Und – und das ist wichtig: Er behandelt die verstorbene Carrie Fisher als das was sie ist: Unsere Prinzessin. Abrams verwendet vorhandenes Material sorgsam und mit Respekt – und korrigierte wohl digital nur minimal. Abrams hat Wort gehalten.
Immer wieder finden wir elegante Anspielungen an die Vergangenheit, sei es das Podracer, der Todesstern oder die Doppelsterne von Tatooine. Wir sehen mobile Superwaffen, die Planeten zerstören, Kulissen wie den Todesstern, Fahrzeuge wie den Sandkriecher, treffen alte Bekannte wie die Ewoks und Gott sei Dank nicht Jar Jar Binks. Der Regisseur spielt mit unseren Gefühlen und unseren Sehnsüchten und schafft die Balance zwischen Action und Humor und liefert viele Möglichkeiten sich vor Pathos und Rührung ein, zwei Tränen aus den Augen zu wischen.
Abrams liebt wohl auch den Gothic Horror der frühen Horrorklassiker. Da blitzt es auf Teufel komm raus bei den Siths, dunkle Schatten lichten sich, deuten an und erzählen nur mit Bildern ganze Geschichten im Kopf der Zuschauer. Anspielungen auf Ridley Scotts Übermenschen sind zu sehen. Da kommt das religiöse Motiv der Schlange ins Spiel, das Symbol des Heilers und viele Kleinigkeiten, die es beim zweiten, dritten und vierten Ansehen zu entdecken gilt. Star Wars ist und bleibt ein Märchen und die Abrams versteht es, die archetypischen Elemente zu nutzen.

Zuviel des Guten
Vielleicht und das muss sich Abrams vorwerfen lassen, versucht er das Epos in wagnerischer Breite zu erzählen und zu beenden. Gerade der Endkampf könnte einem Bühnenbild aus Bayreuth von einer Inszenierung des verstorbenen Wolfgang Wagners entsprungen sein. Symbolreiche Farben – Rot und Schwarz kommen zum Einsatz auf einer Theaterkulisse samt Zuschauer.
Der Film sprengt die Dimensionen und vielleicht wäre manches Mal weniger mehr gewesen, um die Handlungsstränge und Figuren der Saga einigermaßen schlüssig zusammenzuführen, die Rian Johnson so beschädigt hat. Aber wahrscheinlich braucht dies ein Marvel-verwöhntes Publikum so und duldet kein Verschnaufen oder Nachdenken. Aber Star Wars ist nicht zu den elenden Marvel-Filmen kitschig verkommen und behält noch eine eigene Klasse.

Verbeugung vor John Williams
Eine Konstante bei Star Wars durch alle neun Teile war Komponist John Williams. Seine Musikkulisse haben die Serie geprägt und er hat sie zu den Klassikern gemacht, die die Star Wars-Filme heute sind. Auch der Score zum letzten Teil der Sage ist grandios. Nach einem etwas schwachen achten Teil gefällt mir die Musik in Episode 9 ausgesprochen gut. Er greift in seinen typischen Leitmotiven die Figurenthemen auf und die Musik verfehlt die Wirkung nicht. Und wenn am Ende das klassische Thema ertönt, wissen wir, warum John Williams ein Meister seiner Zunft ist.

Fazit
Nun, Star Wars 9: Der Aufstieg Skywalkers muss angesehen und genossen werden. Spoiler hab ich vermieden bis auf meinen letzten Satz: Chewbacca bekommt endlich seine Medaille und der Falke hat wieder eine runde Antenne – das ist gut so.

Buchtipp: Alien Covenant: David’‘s Drawings

3. Dezember 2019

Meine Gattin ist ein großer Fan von Alexander von Humboldt und dieser Universalgelehrte ist wirklich ein Genie. Wir schauen immer wieder die Ergebnisse seiner Reisen an und bewundern die Erkenntnisse dieses Mannes. Er brachte von seinen Reisen zahlreiche Skizzen und Zeichnungen von Flora und Fauna mit. Das gefällt mir – und als Filmfan hab ich ähnliches erlebt. Ich habe vor kurzem wieder Bücher zum Ridley Scott Film Alien Covenant zusammengetragen. Darunter auch das Buch Alien Covenant: David’’s Drawings. Das 1,9 Kilogramm schwere Buch beinhaltet die kompletten Zeichnungen von David, die zeigen, wie ein Android langsam verrückt wird. Ich habe dieses Buch in London bei Forbidden Planet erstanden.
Im Grunde ist das Buch wie ein wissenschaftliches Nachschlagewerk aufgebaut. Eigentlich befinden sich in dem eleganten Schuber zwei Bücher zum gleichen Thema. Das dünnere ist ein Interview-Sammelband mit den Künstlern Dane Hallett und Matt Hatton, die das Werk von David für den Film geschaffen haben. In den Gesprächen geht es sehr darum, wie die Zusammenarbeit mit Regisseur Ridley Scott war und welche Anforderungen er an die Künstler stellte. Die Zeichnungen wirkten alt, sind aber zumeist digital erstellt. Das Interessante: Obwohl die beiden unterschiedlichen Zeichner an Davids Zeichnungen gearbeitet haben, wirken sie so, als seien sie aus einem Guss. Hier haben die Concept-Artists wirklich Großartiges geleistet. Wenn ich ehrlich bin, hätte ich gerne so eine signierte Zeichnung von den beiden Künstlern. Sie bekäme einen Ehrenplatz in meiner Sammlung.
Das zweite Buch im Schuber ist das Hauptwerk. Es enthält die Zeichnungen von David, die wir im Film sehen. Huschte die Kamera in Alien Covenant über die Bilder nur hinweg und zeigte uns eine viktorianische Hexenküche, so haben wir nun die Gelegenheit, die feinen Zeichnungen im Detail zu bewundern. Und es ist wirklich eine Abenteuerreise in die verrückte Gedankenwelt von David. Die Zeichnungen, die freilich digital erstellt wurden, zeigen die Feingliedrigkeit, die Details und die Tiefe der von David gesammelten Exponate. Es ist wie das Blättern in einem Anatomieatlas oder in einem Bestimmungsbuch für Pflanzen. Es ist eine Art visueller Führer durch eine unbekannte Welt, in der es immer wieder Neues zu entdecken gilt. Beim Durchblättern des Buches erschaudert es mich immer wieder, denn die Zeichnungen haben eine unglaubliche Tiefe – hier sieht man als Zuschauer, wie wichtig Ridley Scott ein perfektes Setdesign gewesen ist. Es wäre nur schön gewesen, wenn er beim Drehbuch von Alien Covenant auch so eine Tiefe an den Tag gelegt hätte bzw. den Film nachträglich nicht beschnitten hätte. Also klarer Buchtipp für Alien Covenant: David’’s Drawings