Die einstmals größte Computermesse der Welt, die CeBIT ist Geschichte. Wie die Deutsche Messe AG (per Fax – nein, das war böse) mitteilte, wird die CeBit 2019 nicht mehr stattfinden. Nun, das wirft ein bezeichnendes Licht auf den IT-Standort Deutschland und dennoch: Die CeBIT hat sich überholt.
Als Gründe nennt die Messegesellschaft wirtschaftliche Gründe und der Besucherschwund in den vergangenen Jahren. Ich muss zugeben, ich war auch lange schon nicht mehr in Hannover mit dabei.
Im Jahre 1986 fand die erste eigenständige CeBIT in Hannover statt und es folgten glorreiche Jahre. Das kleine Hannover war mit der immer größer werdenden Messe überfordert. Verkehrskollaps pur. Wenn ich auf der CeBIT war, kehrte ich immer krank nach München zurück. Es zog wie Hechtsuppe in den Messehallen und ich holte mir regelmäßig eine Erkältung. Schwitzen und Frieren war dort immer angesagt. Damals prägte sich der Spruch ein: Nichts ist doofer als Hannover.
CeBIT bedeutete auch immer die Unterbringung in Privatzimmer. Irgendwelche Familien räumten das Kinderzimmer ihrer Kinder und vermieteten die viel zu kurzem Kinderbetten an zahlende IT-Journalisten und Aussteller. Wie das gehasst habe, denn meine Verlage haben sich immer zu spät für die CeBIT entschieden, obwohl es eigentlich klar war, dass man dorthin musste. Ich erinnerte mich daran, dass ich Verwandtschaft in Hannover hatte und kam seitdem bei eben dieser Verwandtschaft unter. Das war zwar prima, aber ich musste dann aber auch Familiengeschichten beim Frühstück erdulden. Ich hätte so gerne meinen Rausch ausgeschlafen, denn die CeBIT-Nächte waren lang und feucht. Die Parties der Unternehmen waren der Renner. Die IT-Industrie schwamm damals in Geld und in Hannover rockte die Hütte. Oft waren es zwei, drei Parties am Abend, die es zu besuchen galt. Man wusste zu feiern.
Als ich noch Textchef der PC Professionell war, richtete der Verlag Ziff Davis und anschließend VNU auch eine Party in Hannover aus. Es war in einem Kino oder Theater. Und es war mit Abstand eine der besten Parties und das schreibe ich nicht, weil ich daran beteiligt war. Unsere Redaktion verlieh an dem Abend verschiedene Preise und Auszeichnungen und dann ging die Post ab. Ich weiß noch, wie ich mit den beiden Chefredakteuren Christoph Scholze und Franz Neumeier die Choreografie des Abends übernommen hatte. Unsere Redakteure mussten die Preise verleihen und sie waren zwar ausgezeichnete Technikredakteure, doch Sprechen auf einer Bühne war nicht so ihr Ding. Daher musste ich aus Technikern nun Rampensäue machen. Alles klappte und zudem war ich das erste Mal mit 3D-Animationen konfrontiert. Unser Layouter Clemens Strimmer bastelte aufwendige Animationen, die tagelang rendern mussten. Wehe, die Chefredaktion wollte dann die eine oder andere Szene anders, dann begann der ganze Spaß von vorne.
Meine Aufgaben auf der CeBIT
Auf der CeBIT habe ich viele Kolleginnen und Kollegen getroffen. Es war ein Stelldichein der Branche. Da ich als Textchef der PC Professionell nicht als Berichterstatter eingesetzt war, fungierte ich als eine Art Frühstücksdirektor. Ich begleitete Redakteure bei ihrer Arbeit und war für Smalltalk zuständig. Eine Kollegin, die Ingenieurin war, recherchierte für ein Taiwan-Special und ich durfte sie zu den asiatischen Ständen begleiten. Lüfter, Trafos, Netzteile – das alles ist wirklich nicht meine Welt, aber natürlich ging ich mit. Interessant war, dass die asiatischen Aussteller kein Wort mit meiner Kollegin sprachen, sondern das komplette Gespräch über mich den Ahnungslosen lief. Die Kollegin war die Expertin und sprach zudem noch die Sprache der Kunden, aber die Asiaten wollten nur mit mir sprechen. Eine seltsame Welt war das damals auf der CeBIT.
Und ich traf auf der CeBIT die eine oder andere Berühmtheit. Für mich sicherlich am bedeutendsten war Vint Cerf. Der Normalsterbliche hat den Namen wohl noch nie gehört, aber Vint Cerf ist eine Berühmtheit. Er ist nicht mehr als der Vater des Internets. Im September 1973 präsentierte er eine erste Version von TCP/IP, die im Mai 1974 auch veröffentlicht wurde. Darauf basiert heute die Kommunikation im Netz. Viel weiß ich nicht mehr über unser Gespräch. In Erinnerung ist mir nur geblieben, dass er seit frühester Jugend ein Hörgerät trägt und dass er es als Wearable Device bezeichnete. Jahrzehnte später erkannte ich, was er damals schon voraussah.
CeBIT zu Hause
Und die CeBIT ist jeden Tag bei uns zu Hause präsent. Ich brachte einmal eine Tasse von der CeBIT mit nach Hause. K1 beschlagnahmte diese rote Tasse mit CeBIT-Logo sofort und trinkt seit frühester Jugend den Kakao ausschließlich aus dieser Tasse. Ich hab richtig Angst vor dem Tag, wenn diese Tasse mal kaputt gehen sollte. Nachdem die CeBIT jetzt Geschichte ist, kann ich mir niemals wieder eine Ersatztasse besorgen und K1 wird keinen Kakao mehr trinken.
Aber jetzt Schluss mit den nostalgischen Erinnerungen. Die CeBIT ist Geschichte und es ist gut so. Messen in dieser Form haben sich überlebt. Messen als Ort, um neue Produkte zu entdecken wurden, vom Internet hinweggefegt. Für mich wurden Messen im IT-Bereich durch Conventions ersetzt, bei der Gleichgesinnte zusammenkommen und ihrer Passion frönen. Aber eine Show der Neuigkeiten brauche ich in der Form nicht mehr. Hier hat die Messegesellschaft richtig gehandelt. Teile der CeBIT werden nun in die Hannover Messe integriert, aber ob die Hannover Messe nun Community-affin ist, sei mal dahingestellt. Es ist eine wichtige Industriemesse, aber es fehlen Herz und Seele. Zur CeBIT kamen zu wenig Leute. Ich erinnere mich, dass viele Vorträge im Konferenzprogramm gekauft, aber nicht interessant waren. So macht man als Messe eine Messe auch kaputt bei der Gier den Ausstellern, Kohle zu entlocken.
Es ist aber bezeichnend, dass die CeBIT als deutsche IT-Messe zu Grabe getragen wird. Ich trauere der alten CeBIT nicht nach, genauso wie ich der Systems in München nicht nachtrauere. Und auch meine geliebte MacWorld Expo in SF ist vorbei.