Von einer guten Bekannten habe ich eine Kiste mit Filmprogrammen aus den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts geschenkt bekommen. Ich habe mich sehr darüber gefreut und nun beginnt das Sichten. Es handelt sich u.a. um die Illustrierte Filmbühne, deren Nachfolger ich in den achtziger Jahren gesammelt habe. Ich habe in einem Video ein paar Programme herausgezogen, die mir persönlich etwa bedeuten und stelle sie vor.
Illustrierte Filmbühne Die „Illustrierte Filmbühne“ war eine deutsche Filmprogrammreihe, die von 1946 bis 1969 erschien und heute zu den begehrten Sammlerstücken der Filmgeschichte zählt. Es handelte sich um kleine, handliche Hefte im Taschenformat, die vor allem in Kinos verkauft wurden. Ihr Zweck war es, die jeweils aktuellen Filme zu bewerben und dem Publikum zusätzliche Hintergrundinformationen an die Hand zu geben.
Die Hefte zeichneten sich durch ihre liebevolle Gestaltung aus: Auf dem Titelblatt prangte meist ein auffälliges Foto oder ein Plakatmotiv des Films, während im Inneren kurze Inhaltsangaben, Szenenfotos und Porträts der Hauptdarsteller zu finden waren. Häufig gab es außerdem Hintergrundinformationen über Regisseure, Schauspieler oder die Entstehungsgeschichte des Films. Mit einem Umfang von meist nur vier bis acht Seiten waren die Hefte kompakt, aber reich bebildert und boten Kinogängern eine bleibende Erinnerung an ihren Besuch.
In der Nachkriegszeit war die „Illustrierte Filmbühne“ eines der wichtigsten Filmwerbemittel in Westdeutschland. Während große Filmmagazine allgemeine Trends beleuchteten, begleiteten diese kleinen Programme konkret den jeweiligen Kinofilm. Für viele Zuschauer waren sie die einzige Möglichkeit, Szenenbilder und Produktionsinformationen mit nach Hause zu nehmen. Die Hefte deckten ein breites Spektrum ab: von deutschen Produktionen bis zu großen Hollywood-Klassikern wie Casablanca, Vom Winde verweht oder 12 Uhr mittags.
Heute sind die Ausgaben der „Illustrierten Filmbühne“ bei Sammlern sehr beliebt. Ihr Wert hängt stark von der Seltenheit, dem Zustand und dem Filmklassiker-Status ab. Besonders begehrt sind Ausgaben mit ikonischen Covern oder Filmen, die Filmgeschichte geschrieben haben. Für Filmfreunde sind diese Hefte nicht nur nostalgische Erinnerungsstücke, sondern auch wertvolle Zeugnisse der deutschen Kino- und Kulturgeschichte.
Und hier die Programme aus meinem Video, chronologisch geordnet. Am Schluss sogar ein wirklicher Hammer.
Vom Teufel gejagt 1950 Der Film ist ein Kriminaldrama. Hans Albers spielt den ehemaligen Meisterdetektiv Rolf Bernt, der sich eigentlich aus dem aktiven Dienst zurückgezogen hat. Doch als eine Serie mysteriöser Verbrechen die Stadt erschüttert, wird er erneut in die Ermittlungen hineingezogen.
Bambi 1942 Der Disney-Zeichentrickfilm „Bambi“ aus dem Jahr 1942 ist ein berührendes Tier- und Naturdrama, basierend auf dem Roman von Felix Salten. Der Film war ursprünglich 1942 in den USA uraufgeführt worden, kam aber wegen des Zweiten Weltkriegs und der Nachkriegsjahre erst acht Jahre also 1950 später in die deutschen Kinos. Das junge Rehkitz Bambi wird im Wald geboren und wächst behütet von seiner Mutter auf. Gemeinsam mit seinen Freunden, dem Hasen Klopfer und dem Stinktier Blume, entdeckt er spielerisch die Wunder der Natur. Doch das idyllische Leben wird jäh unterbrochen, als Bambis Mutter von einem Jäger erschossen wird.
Rampenlicht 1952 Der gealterte Clown und Komiker Calvero (Charlie Chaplin) hat seine besten Jahre hinter sich und kämpft mit dem Bedeutungsverlust seiner Karriere. Eines Tages rettet er die junge Ballerina Terry (Claire Bloom) vor einem Selbstmordversuch. Zwischen den beiden entwickelt sich eine tiefe Freundschaft. Calvero hilft Terry, neues Selbstvertrauen zu gewinnen und ihre Karriere als Tänzerin wieder aufzubauen. Während sie Erfolg hat, sinkt Calvero immer weiter in Vergessenheit.
Don Camillo und Peppone 1952 Der Film „Don Camillo und Peppone“ (Don Camillo, 1952) ist eine italienisch-französische Komödie. In einem kleinen Dorf in der Po-Ebene der Nachkriegszeit stehen sich zwei Gegensätze gegenüber Don Camillo (Fernandel), der temperamentvolle katholische Pfarrer Peppone (Gino Cervi), der kommunistische Bürgermeister. Beide vertreten leidenschaftlich ihre Überzeugungen und geraten ständig in Streit – ob es um Politik, Glauben oder Dorffragen geht. Ihre Auseinandersetzungen führen zu vielen humorvollen, aber auch rührenden Situationen. Trotz aller Rivalität verbindet die beiden jedoch eine heimliche Freundschaft und gegenseitiger Respekt.
Die Wüste lebt 1953 Der Film „Die Wüste lebt“ (The Living Desert) aus dem Jahr 1953 ist ein Dokumentarfilm von Walt Disney aus der Reihe True-Life Adventures. Der Film zeigt das faszinierende Leben in der nordamerikanischen Wüste und kombiniert beeindruckende Naturaufnahmen mit erzählerischem Witz. Gezeigt werden verschiedene Tiere wie Skorpione, Schlangen, Echsen, Schildkröten, Vögel und Insekten, die sich an die extremen Bedingungen der Wüste angepasst haben. Besonders bekannt ist die Szene eines „Tanzes“ der Skorpione, die mit Musik unterlegt ist. Der Film erklärt auf unterhaltsame Weise das Zusammenspiel von Überlebensstrategien, Nahrungsketten und Naturkreisläufen in dieser rauen Umgebung.
Desirée 1954 Der Film „Desirée“ aus dem Jahr 1954 ist ein historisches Liebesdrama mit Marlon Brando als Napoleon Bonaparte und Jean Simmons als Désirée Clary. Die junge Kaufmannstochter Désirée Clary aus Marseille verliebt sich in den ehrgeizigen Offizier Napoleon Bonaparte. Die beiden verloben sich, doch Napoleon verlässt sie bald, um seine militärische und politische Karriere voranzutreiben, und heiratet schließlich Joséphine. Désirée ist tief verletzt, findet aber später ihr Glück an der Seite eines französischen Generals, der später König von Schweden wird. Der Film verwebt Liebesgeschichte und Weltgeschichte und zeigt, wie persönliche Schicksale und große historische Ereignisse miteinander verbunden sind.
Sauerbruch 1954 Der Film „Sauerbruch – Das war mein Leben“ aus dem Jahr 1954 ist ein biografisches Drama über den berühmten deutschen Chirurgen Prof. Dr. Ferdinand Sauerbruch, gespielt von Ewald Balser. Er entwickelt bahnbrechende chirurgische Methoden, insbesondere im Bereich der Brustkorbenchirurgie, und kämpft unermüdlich für den medizinischen Fortschritt.
Ladykillers“ (1955) Die exzentrische ältere Dame Mrs. Wilberforce (Katie Johnson) vermietet ein Zimmer an den geheimnisvollen Professor Marcus (Alec Guinness). Er gibt vor, mit seinen vier Begleitern ein Streichquartett zu sein. In Wirklichkeit plant die Bande einen Überfall auf einen Geldtransporter.
Susi und Strolch 1955 Der Disney-Zeichentrickfilm „Susi und Strolch“ (Lady and the Tramp) aus dem Jahr 1955 ist ein romantisches Abenteuer für die ganze Familie. Die wohlerzogene Cocker-Spaniel-Hündin Susi lebt behütet bei einer wohlhabenden Familie. Ihr ruhiges Leben ändert sich, als ein Baby ins Haus kommt und sie weniger Beachtung findet. Zufällig trifft sie den streunenden Mischlingsrüden Strolch, der frei und ungebunden auf der Straße lebt.
Der Prinz und die Tänzerin 1957 Der Film „Der Prinz und die Tänzerin“ (The Prince and the Showgirl) aus dem Jahr 1957 ist eine romantische Komödie mit Marilyn Monroe und Laurence Olivier, der auch Regie führte. Im Jahr 1911 kommt der steife und pflichtbewusste Prinz-Regent von Karpathien (Laurence Olivier) nach London zur Krönung von König George V. Dort trifft er auf die lebenslustige amerikanische Tänzerin Elsie Marina (Marilyn Monroe). Der Prinz lädt sie in seine Residenz ein, zunächst mit eindeutigen Absichten, doch Elsie überrascht ihn mit Witz, Charme und Schlagfertigkeit.
Das Wirtshaus im Spessart“ 1958 Der Film „Das Wirtshaus im Spessart“ aus dem Jahr 1958 ist eine deutsche Musikkomödie mit Liselotte Pulver in der Hauptrolle, basierend auf der Novelle von Wilhelm Hauff. Die junge Gräfin Franziska (Liselotte Pulver) reist mit ihrem Verlobten und dessen Diener durch den Spessart. Als sie in einem abgelegenen Wirtshaus übernachten, werden sie von einer Bande Straßenräuber entführt, die Lösegeld erpressen wollen. Doch Franziska erweist sich als clever und mutig: Sie verkleidet sich, überlistet die Räuber und versucht, ihre Begleiter zu befreien.
Bettgeflüster 1959 Der Film „Bettgeflüster“ (Pillow Talk) aus dem Jahr 1959 ist eine romantische Komödie mit Doris Day und Rock Hudson in den Hauptrollen. Die erfolgreiche Innenarchitektin Jan Morrow (Doris Day) und der charmante Komponist Brad Allen (Rock Hudson) müssen sich in New York eine Telefonleitung teilen. Brad nutzt die Leitung ständig für seine Flirts, was Jan wahnsinnig macht.
Vom Winde verweht (1939/1953) Die Deutschlandpremiere des Films „Vom Winde verweht“ fand am 15. Januar 1953 in München statt. Der Film wurde bereits 1939 in den USA uraufgeführt, konnte aber während der NS-Zeit in Deutschland nicht regulär starten. Zum einen galt der Roman von Margaret Mitchell als „kulturfremd“, außerdem waren US-Filme generell nur eingeschränkt oder gar nicht zugelassen. Nach dem Zweiten Weltkrieg verzögerte sich die Auswertung zusätzlich wegen der Rechtefragen und der Neuordnung der Filmwirtschaft in Deutschland. Für die deutsche Erstaufführung 1953 wurde der Film komplett synchronisiert. Die erste Synchronfassung war recht frei in der Übersetzung und trug stark den Ton der 1950er-Jahre. 1977 wurde der Film noch einmal neu synchronisiert, um ihn näher am Originaldialog zu halten.
Die Geheimnisse des schönen Leo. Dokumentarfilm von Benedikt Schwarzer. Foto: Schwarzer
Als Filmfan mag ich Dokumentarfilme und wenn sie sich um Politik drehen, mag ich sie sogar besonders gerne. Und so war ich neugierig als ich eine Einladung zu Benedikt Schwarzers Film „Die Geheimnisse des schönen Leo“ bekam. Schwarzer ist Absolvent der HFF und ich durfte ihn im Rahmen des Förderprogramms für journalistische Nachwuchsförderung der HSS das ein und andere Mal schulen.
Benedikt Schwarzer hat seinen HFF-Film über seine Familie gedreht. Er ist der Enkel von Leo Wagner, den ältere Politikinteressierte noch kennen werden. Der CSU-Politiker war enger Vertrauter von Franz-Josef Strauß, hatte eine Schwäche für das Kölner Rotlichtmilieu und verkaufte Informationen an die Stasi. Unklar ist, ob er der zweite Abgeordnete war, der 1972 das Misstrauensvotum der CDU/CSU gegen Bundeskanzler Willy Brandt scheitern ließ?
Der Film lief am Vorabend der Tag der Archive in der Hanns-Seidel-Stiftung München und allerhand alte CSU-Prominenz war erschienen. Die Gebrüder Strauß waren da sowie der ehemalige Büroleiter von FJS Wilhelm Knittel. Sie und viele mehr, wollten sehen, was Benedikt Schwarzer über seinen Großvater Leo Wagner herausgefunden hat. Danke an Renate Höpfinger von der HSS, die den Abend mit ihrem Team organisierte.
Anfangs war ich skeptisch über einen Familienfilm. Fehlt hier nicht die kritische Distanz, die man als Dokumentarfilme für einen Dokumentarfilm braucht? Und als es viel über die Familie ging, hatte ich die Befürchtung, dass „Die Geheimnisse des schönen Leo“ in eine falsche Richtung gehen. Aber ich habe mich getäuscht. Mehr und mehr nimmt der Film Fahrt auf. Der gewählte Titel „Die Geheimnisse des schönen Leo“ führte mich auf einen falschen Weg. Natürlich haben wir zum einen die politische Figur Leo Wagner, die der CSU durch seinen Lebensstil enormen Schaden zugefügt hat. Aber der Titel deutet auch eine enorme innerfamiliäre Dimension an, die ich nicht erwartet habe. Als Zuschauer war ich eigentlich an der öffentlichen Person Leo Wagner interessiert. Tagsüber seriöser Politiker in Bonn, taucht der schöne Leo nach Feierabend ins Kölner Nachtleben ab. Für seinen ausschweifenden Lebenswandel braucht er Geld, viel Geld. Ein Besuch in seinem Stammlokal „Chez nous“ kostet gerne mal 2.000 DM am Abend, viel Geld in der damaligen Bonner Republik. Als die Schuldenlast zu groß wird, lässt er sich von der Stasi anwerben. Und was alle interessiert: Bis heute steht ein ungeheuerlicher Verdacht im Raum. Leo Wagner könnte 1972 einer von zwei Abgeordneten gewesen sein, die das Misstrauensvotum gegen Bundeskanzler Willy Brandt überraschend scheitern ließen – und das im Auftrag der DDR. Hier bietet der Film keine klare Antwort. Schwarzer hat im Zuge seiner Recherchen eine Vielzahl von Experten und Zeitgenossen interviewt: Weggefährten, Familienangehörige, ehemalige Stasi-Mitarbeiter. Den endgültigen Beweis, dass Wagner von der DDR für seine Stimmenthaltung bezahlt wurde, kann er nicht erbringen. Aber für viele Weggefährten aus dem schwäbischen Raum war die Enthüllung der Stasi-Akten nach der Wende neu.
Aber die öffentliche Person Leo Wagner rückt im Laufe des Films mehr und mehr in den Hintergrund und die private Person und die Umstände seiner Ehe rücken in den Vordergrund. Eigentlich sind die Ereignisse privat, aber Benedikt Schwarzer zieht sein Familienleben in den hellen Schein der Öffentlichkeit. Eigentlich dürfen einen die persönlichen Angelegenheiten nicht interessieren, aber Benedikt Schwarzer inszeniert sie so unglaublich spannend, dass man als Zuschauer nur zuschauen kann. Ich will aber nichts über die Ereignisse verraten. Ich gehe davon aus, dass alle Einstellungen dokumentarisch und damit authentisch sind. Und sie sind der Hammer.
Matthias J. Lange im Gespräch mit Benedikt Schwarzer.
Benedikt Schwarzer versteht sein Handwerk. Der Filmemacher arbeitete zunächst freiberuflich als Fotoassistent und Fotodesigner im Bereich Werbung und Porträt sowie als Regie- und Kameraassistent bei Dokumentar- und Spielfilmen. 2010 bis 2017 studierte er Dokumentarfilmregie an der Hochschule für Fernsehen und Film München (HFF). Von 2011 bis 2015 war er Stipendiat im journalistischen Förderprogramm der Hanns-Seidel-Stiftung, dort lernte ich ihn kennen. Sein Drehbuch zum Film ist hervorragend und ich muss zugeben: Das Leben schreibt die besten Geschichten. Wenn der „Die Geheimnisse des schönen Leo“ ein Spielfilm wäre, würde man sagen: Mann oh Mann, das klingt schon ein wenig an den Haaren herbeigezogen. Da es aber ein Dokumentarfilm ist, bin ich völlig platt.
Der Film wurde von der Filmförderung und öffentlich-rechtlichen Sendern finanziert, so dass „Die Geheimnisse des schönen Leo“ sicher bald im Fernsehen gezeigt wird.
Endlich habe ich den Film Apollo 11 auf Bluray erhalten und angeschaut. Leider hab ich zu spät gemerkt, dass es auch eine 4K-Version dieses Dokumentarfilms Apollo 11 gibt. Ich hatte zum 50. Jubiläum der Mondlandung diesen beeindruckenden Film damals im Juli im Kino gesehen und war gefesselt der Kraft der Aufnahmen. Daher wollte ich den Film auch daheim genießen.
Achtung, es ist kein Spielfilm, sondern ein Dokumentarfilm mit Originalaufnahmen – und was für starke Aufnahmen! Die Aufnahmen der NASA zeigen die Startvorbereitungen, den Start, den Flug zum Mond, die Landung auf dem Mond und die Rückkehr zur Erde – diese Stationen werden in atemberaubenden, packenden Bildern gezeigt. Das ist keine Hollywood-Inszenierung, sondern es sind authentische Aufnahmen aus einer spannenden Zeit. Nichts ist spannender als die Wirklichkeit.
Ich habe den Film als Bluray mit K2 angeschaut und wird haben uns zunächst über die Mode und Autos amüsiert. Coole Brillen, coole Autos, coole Klamotten. Dann trat der Humor zurück und die Verblüffung hervor: Was waren das für Zeiten, als der Traum des Menschen auf dem Mond Realität wurde. Die Rede Kennedys als Aufgabe und Richard Nixon und vor allem LBJ setzten die Vision um. Im Grunde leben wir heute mit den privaten Raumfahrtprogrammen in einer ähnlich spannenden Zeit. Ich hatte mit einem Kollegen im Auftrag von Erich Kornberger von der HSS zum Jubiläum der Mondlandung ein wunderbares Seminar.
Tolles Seminar zur Mondlandung.
Aber zurück zu Apopplo 11. Der Film war eine Zeitreise. Eine Reise in eine Vergangenheit, die heute aktueller denn je ist. Der Menschheitstraum, der Weg ins All, anhand von beeindruckenden Dokumentaraufnahmen fesselt das Publikum, unterstützt durch den hervorragenden Schnitt von Todd Douglas Miller und der Musik von Matt Morton und ist rasant produziert für das 21. Jahrhundert.
Ich kann den Film absolut empfehlen und ist neben Genesis 2.0 von Christian Frei für mich der Dokumentarfilm des Jahres 2019.
Ab und zu treffe ich Menschen, die mich absolut flashen. Sie beeindrucken mich von ihrer Persönlichkeit oder ihrer schöpferischen Kraft. Und so war es auch dieses Mal als ich auf Georg Stefan Troller traf. Troller ist einer der Männer, die mich bewogen, den Beruf des Journalisten zu ergreifen. Jahrelang wollte ich den großen Erzähler Georg Stefan Troller kennenlernen und jetzt ergab sich die Möglichkeit.
Auf Vermittlung von meiner Twitter-Kollegin Catharina Wilhelm besuchte ich eine Lesung des 97jährigen Trollers im jüdischen Gemeindezentrum in München. Er stellte sein neues Buch Liebe, Lust und Abenteuer: 97 Begegnungen meines Lebens vor. 97 Begegnungen weil 97 Jahre. Ich nutzte die Gelegenheit und sprach einfach mein journalistisches Vorbild an. Ein Interview war nicht möglich.
Georg Stefan Troller ist ein Journalist der alten Schule. In der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg war ein hervorragender Fernsehjournalist, Dokumentarfilmer und ein Vorläufer eines Talkmoderators. Er erzählte perfekte Geschichten. Der Österreicher Troller ist Jude und entkam nur knapp den Nationalsozialisten, emigrierte in die USA und berichtete nach dem Krieg aus Paris. 1962 begann er Sendungen seines Pariser Journals. Er porträtierte damalige Prominente in seinen Sendungen. Ich habe noch eine Erstausgabe des Pariser Journals und ließ es mir von Troller signieren. Mir wurde das Buch von Walther von La Roche, dem großen Mann der Ausbildungsredaktion des BR, empfohlen und ich habe das Buch verschlungen. Es sind auf der einen Seite Interviews zu lesen, aber es ist vor allem zu lesen, wie Troller seine Interviews vorbereitete, wie er sie führte und wie er arbeitete.
Jedes Jahr bringt Troller Bücher auf den Markt. Sein neuestes Buch ist Liebe, Lust und Abenteuer: 97 Begegnungen meines Lebens. Entstanden ist eine Mischung aus intimen Interviews, Aphorismen, Anekdoten, Bonmots, Fotografien und Geschichten, die in vielfältiger Form das Kernthema der menschlichen Existenz umkreisen: den Eros, unsere Trieb- und Antriebskraft. Die Liebe in ihrer körperlichen und geistigen Gestalt, der Sprung vom petite mort zu dessen großem Bruder, die latente Gefahr des Lebens und der Liebe selbst: Dies ist der Stoff des ewig alten aber ständig neuen Abenteuers mit seinen 97 Jahren, unwiderstehlich dargeboten von prominenten Protagonisten.
Ich habe mir auf der Veranstaltung neben dem Pariser Journal noch ein anders Buch signieren lassen. Es war Paris geheim – hier beschreibt Troller interessante Orte in Paris abseits der Touristenströme. Im Grunde ist der Pionier Troller ein moderner Reiseblogger. Gerne hätte ich mit ihm ein Interview zum Thema Blogs gemacht, doch leider hat der Verlag das Interview abgelehnt. Schade, denn ich hätte gerne eine Einschätzung von ihm gehabt. Vielen Dank an Ellen Presser vom Kulturzentrum der Israelitischen Kultusgemeinde, die sich redlich bemüht hatte.
Interessant war seine Meinung über die Vergänglichkeit von Büchern. Der Buchautor, der daran zweifelt, ob Buch als Darstellungsform eine Zukunft hat. Damit haben viele Besucher der Lesung sicherlich nicht gerechnet. Schließlich ist das Schlitzohr Georg Stefan Troller ja auch langjähriger Dokumentarfilmer.
Ich habe viele seiner Werke und seiner Interviews in YouTube gefunden und sie wenden sich an eine ganz andere Generation. Es gibt ein tolles Interview mit ihm, dass ich jedem empfehlen möchte.
Troller ist ein genialer Storyteller. Ich hänge an den Lippen bei seinen Erzählungen. Und auch wenn diese Erzählungen schockierend sind. Er berichtete von der Befreiung des KZ Dachau als US-amerikanischer GI und von den Verhören der Bevölkerung.
Er erzählt noch der Nachkriegszeit und von seiner Anfangszeit als Journalist. Er machte seine ersten journalistischen Schritte in München. Berichtete von dem Vorwurf: „Ihr Juden seid am Krieg Schuld“ und wie er die Frauenkirche gerettet hat.
Sehr gutes Gespräch: Matthias J. Lange mit Regisseur Christian Frei.
Eigentlich dachte ich, das Thema ist irgendwie noch weit entfernt als ich den sehenswerten Dokumentarfilm Genesis 2.0 im Monopol Kino in München genoss. Mit Regisseur Christian Frei führte ich ein Interview, sah den Film, hörte das Filmgespräch und dann traf mich es massiv: Was in Genesis 2.0 thematisiert wurde, wurde inzwischen von der Realität eingeholt.
In der Neuen Zürcher Zeitung NZZ las ich einen Bericht, dass chinesische Forscher die ersten Klone eines Affen präsentiertem, dessen Genom in einem frühen Embryonalstadium mithilfe der Genschere Crispr/Cas9 verändert wurde. Vor einem Jahr hatten die Chinesendie Geburt zweier geklonter Affen bekanntgaben. Es waren die ersten geklonten Primaten; bis dahin hatten Forscher zwar Embryonen geklont, diese aber nie austragen lassen. Was im Film Genesis 2.0 von Christian Frei angesprochen wird, ist nun Realität. Mir läuft es kalt den Rücken herunter.
Der Film Genesis 2.0 läuft in kleineren Kinos und auf zahlreichen Dokumentarfilm-Festivals und ist wirklich sehenswert.
Als ich mitbekommen hatte, dass Christian Frei nach vier Jahren wieder einen Film gedreht hatte, war es für mich eine Selbstverständlichkeit, dass ich ihn mir ansah. War Christian Frei doch der Regisseur des bahnbrechenden Films War Photographer (2001), in dem er den Kriegsfotografen James Nachtwey begleitete. Damals ersann Frei eine Kamera, die auf dem Fotoapparat von Nachtwey angebracht war. Der Zuschauer erlebte die Eindrücke von Nachtwey aus seiner Perspektive als Fotograf. Da ich selbst viel fotografierte, schauteich mir nicht nur die erschreckend faszinierenden Fotos an, sondern nahm auch die Blenden- und Zeiteinstellungen wahr. In meinen Fotoseminaren war und ist War Photographer ein Lehrstück über Kriegsfotografie. Regisseur Frei wurde damals mit dem Oscar nominiert.
Ein zweiter Film, der mich sehr beeindruckt hatte, war Im Tal der großen Buddhas (2005). Der Film handelt von den Buddha-Statuen von Bamiyan und deren Zerstörung am 12. März 2001 durch die Taliban.
In meinem Interview sprachen wir zunächst über die Digitalisierung des Mediums Film sowie der Workflow der Filmentstehung. Bei Genesis 2.0 wurde aufgrund der digitalen Technik mehr Material vom Co-Regisseur Maxim Arbugaev gedreht. Arbugaev drehte für Frei in Sibirien, da Frei als Schweizer im russischen Militärsperrgebiet von der Regierung Putins keine Drehgenehmigung bekam. Frei selbst schneidet auf Avid und führt immer wieder Testscreenings durch. Bach Grading erfolgt ein sehr hoher Aufwand für den Ton. Gerade bei Genesis 2.0 ist der Ton enorm wichtig. Als Score wurde vorhandene Musik von Max Richter und Edward Artemyev herangezogen.
Autogramm von Christian Frei.
Der Film dokumentiert den gefährlichen Alltag der Sammler von Mammutstoßzähnen, die sich alljährlich auf der abgelegenen Inselgruppe Neusibirische Inseln treffen und sich bei ihrer Suche durch den schmelzenden Permafrost graben müssen. Gleichzeitig porträtiert er Pioniere und Klonforscher, die sich an der neuen Grenze des Möglichen bewegen und aus dem schockgefrorenen genetischen Material das längst ausgestorbene Wollhaarmammut wieder zum Leben erwecken möchten. Die filmische Reise führt von der archaischen Landschaft der Inseln in ein Mammut-Museum in Jakutsk, zu Treffen von jungen Wissenschaftlern in Boston, zu einer kommerziellen Klon-Firma in Südkorea und zu einer Gen-Datenbank in China.
Als Reporterfilmer will sich Christian Frei mit seinem Filmrhythmus von vier Jahren nicht sehen. Sein Film Genesis 2.0 sieht er eher als Reisefilm. „Ich bin sehr interessiert am Realen“, gibt Frei in meinem Interview zu. Die Stilform des Doku-Dramas reizt Frei nicht. „Ich setze mehr auf die Authentizität des Realen.“
„Kino ist Emotion“, so Frei eindeutig. „Im Kino will man sich unterhalten lassen und man will etwas erleben.“
Schaut euch das Interview an. Es erzählt viel von Angst beim Drehen, von Verhältnis Bild und bewegtes Bild, von Richard Wagner, vom großen Kinoerlebnis in Afghanistan und natürlich eine Menge von Genesis 2.0: