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Die Nibelungen – Entdeckungsreise in den Expressionismus

14. Februar 2019

Ich liebe den deutschen Film des Expressionismus und der Folgezeit. Das heißt, ich verehre Leute wie Friedrich Wilhelm Murnau oder Fritz Lang. Die Murnau-Stiftung hat einige der Klassiker auf Bluray in exzellenter Qualität herausgebracht, darunter Metropolis, Nosferatu, Caligari oder der Zweiteiler Die Nibelungen. Vor kurzem dürfte ich der Deutschlandpremiere von Golem beiwohnen.

Der Drache aus den Nibelungen in der UFA-Ausstellung.

Der Drache aus den Nibelungen in der UFA-Ausstellung.

Als ich mal wieder in Potsdam weilte, besuchte ich das Filmmuseum Potsdam, weil mich ein Freund darauf aufmerksam gemacht hat, dass dort etwas interessantes zu sehen sei. Ich hatte in München die UFA-Ausstellung besucht und ein schönes Bild vom Drachen aus den Nibelungenfilm gesehen. Auf Nachfrage sagte man mir, dass mehr Material im Filmmuseum Potsdam zu sehen sei.

Maria in Metropolis
Also auf nach Potsdam und ab ins Filmmuseum. Zunächst stieß ich nur auf ein Abbild von Maria aus Metropolis von 1927.

Maria aus Metropolis im Filmmuseum Potsdam.

Maria aus Metropolis im Filmmuseum Potsdam.

Maria, die später zum Roboter wird, bedeutet mir sehr viel. Ich habe auf meinem Schreibtisch eine Statue von Maria stehen und es für mich immernoch der schönste Roboter schlechthin.

Gespielt wurde der Maschinenmensch von Brigitte Helm. In der UFA-Ausstellung war eine Tonbüste dieser schönen Schauspielerin zu sehen, die mich faszinierte. Die Büste wurde von Jussuf Abbo (1888-1953) angefertigt.

Brigitte Helm - die Maria - hier in der UFA-Ausstellung.

Brigitte Helm – die Maria – hier in der UFA-Ausstellung.

Die Nibelungen
Aber ich war ja eigentlich auf der Suche nach der Nibelungen-Saga, die Fritz Lang 1924 vor Metropolis verfilmt hatte. In einer Nische des Potsdamer Filmmuseums fand das gesuchte Material: Es gab Bilder und Skizzen von dem Fritz Lang-Zweiteiler Nibelungen.

Ein wirklicher Schatz, der dort ausgestellt ist. Mein Herz als Filmfan schlug höher. Die Reise von München nach Potsdam und der Besuch des Museums hatte sich also gelohnt. Die Nibelungen-Filme Die Nibelungen habe ich einst im Fernsehen gesehen und später dann auf Bluray erworben. Es gab später noch eine schwache Neuverfilmung des Sagenstoffs Die Nibelungen , aber mit einer gewaltigen Musik Die Nibelungen von Rolf Wilhelm.

Mechanischer Drache – lange vor CGI
Bei all der Schwere der Nibelungensaga war für mich als Kind der Drache immer das Wichtigste. Während es heute ein Drache wie Smaug bei Peter Jackson aus CGI wäre, war der Drache bei Fritz Lang noch klassische Handarbeit. Ich zeigte meinen Kindern den Drachen von damals. Natürlich grinsten sie über die Effekte aus der Stummfilmzeit im Vergleich zum CGI der Neuzeit, aber sie wollten wissen, wie der Drache damals gemacht wurde.
In der Drachen-Szene muss sich Filmarchitekt Karl Vollbrecht als Drachenlenker bewähren. Er war Mitarbeiter des legendären Otto Hunte, der den Drachen konstruiert hat. An vorderster Stelle dirigiert er Kopf und Augen des Drachens, der aus Eisen, Hartholz, Draht und Kaschierung bestand. Innen waren Mitarbeiter, die den Drachen in Bewegung versetzen. Es muss furchtbar heiß im Inneren des Drachens gewesen sein und Fritz Lang gilt ja als unnachgiebiger Filmemacher. Er ließ die Szenen wiederholen bis er zufrieden war.

Der Drache allein war schon ein Hingucker. Aber nun muss ja der Drache noch gegen Siegfried ins Felde ziehen. Und Siegfried kämpft heldenmütig gegen das Ungetüm. Sein Schwert Balmung trifft das Auge des Drachens. Der Drache windet sich vor Schmerzen. Das berstende Auge ist übrigens eine gefüllte Schweinsblase. Der Drache wird besiegt, blutet und Siegfried wird unverwundbar durch das Drachenblut, wäre da nicht ein Lindenblatt. Der Rest der Geschichte ist ja bekannt.

Otto Hunte schuf die vier Welten
Der Ur-Wald mit dem Drachen ist eine von vier Welten, die Fritz Langs damalige Ehefrau Thea von Harbous in ihrem Drehbuch forderte. Dann gibt es noch den ritualisierten Burghof, Brunhilds nordische Burg, und König Etzles Hunnenburg. „Hunte, du sollst mir die Nibelungen bauen“, soll Regisseur Fritz Lang zu seinem Filmarchitekten gesagt haben.

Und der fing detailreich für das „geistige Heiligtum einer Nation“ (Lang) zu bauen. Und Otto Hunte schuf ein Meisterwerk des Expressionismus mit Kontrasten, Ornamenten, Gewändern, Symbolen. Das Spiel mit dem Licht ist grandios. Otto Hunte war der vielleicht bedeutendste Architekt der Universum-Film AG (Ufa) in den zwanziger und dreißiger Jahren und für die opulente Ausstattung vieler Ufa-Großproduktionen verantwortlich, die Filmgeschichte schrieben.
Leider habe ich bisher ein Art of Nibelungen-Buch gefunden, denn das in Potsdam ausgestellte Material ist grandios. Es gibt nur einen vergriffenen Band vom Deutschen Filmmuseum: Otto Hunte: Architekt für den Film

Tag des Denkmals mit blauem Engel im Lichtspielhaus und Ufa-Ausstellung

11. September 2018
Das Lichtspielhaus in Fürstenfeldbruck erstrahlt wieder.

Das Lichtspielhaus in Fürstenfeldbruck erstrahlt wieder.

Im Rahmen des Tag des offenen Denkmals fand im Landkreis Fürstenfeldbruck eine schöne Veranstaltung statt. Ein Stopp bei der Rundreise durch die Denkmäler des Landkreises war auch das alte Kino Lichtspielhaus. Ein Verein hat das Kino meiner Jugend gerettet, mit Hilfe staatlicher Gelder renoviert und wieder eröffnet. 

Das Kino meiner Jugend.

Das Kino meiner Jugend.

Als ich Kind war, gab es in FFB für mich vier Kinos: Das Capitol, das Amper-Lichtspiele, das Lichtspielhaus und ein Kino im Fliegerhorst – ich glaub es hieß Luxor, das ich nur in Begleitung eines Bundeswehrangehörigen besuchen durfte. Es gab noch mehr Kinos früher, aber das war vor meiner Zeit. Alle diese Kinos gehören der Vergangenheit an, bis auf das Lichtspielhaus. Der Verein, die Stadt, die Bürger haben das Kino gerettet und wieder hergerichtet. Adolf Voll war übrigens der Architekt des Kinos, das 1930 erbaut wurde Vielleicht sollte ich Mitglied des Vereins werden. Ich hab spontan einige Ideen, was ich dort einbringen könnte. 

Ein modernes Kino hat Fürstenfeldbruck mit dem Scala, das ich auch sehr gerne mag. Das Fürstenfeldbrucker Kino ist bereits 1930 als Tonfilmkino entstanden und wurde 2013 als Baudenkmal eingestuft. Durch die Zerstörungen des Krieges und Erneuerungswelle der Nachkriegszeit sind nur noch wenige Kinos aus dieser Zeit erhalten. Das Gebäude ist das älteste erhaltene Kino in Bayern „Durch den ungewöhnlich dicht erhaltenen historischen Baubestand ist das Lichtspielhaus Fürstenfeldbruck ein ausgesprochen seltenes und wichtiges Zeugnis der Kinogeschichte“, so das Landesamt für Denkmalpflege. 

Der blaue Engel auf der großen Leinwand

Auf jeden Fall bekam vor kurzem das historische Kino eine neue Lounge. An am Tag des Denkmals wurde vom Verein auch ein Filmdenkmal gespielt: Der blaue Engel von Josef von Sternberg. Über diesen Ufa-Klassiker braucht man nichts mehr zu schreiben. Es war der Durchbruch für die junge Marlene Dietrich, die bei der Deutschlandpremiere bereits mit von Sternberg in die USA immigrierte. Der großartige Emil Jannings blieb in Deutschland und spielte unter den Nazis. Es war der Übergang von Stimm- zum Tonfilm und ich finde es prima, dass der Verein Lichtspielhaus diesen Klassiker aus dem Archiv der Murnau Stiftung gewählt hat, weil er eine Zeitwende für den Film und die deutsche Gesellschaft darstellt. Meine Gattin hatte zu ihrer Schulzeit das Buch Professor Unrat von Heinrich Mann als Facharbeit verarbeitet und ich muss sie noch näher befragen. 

Der blaue Engel - ein Klassiker auf großer Leinwand.

Der blaue Engel – ein Klassiker auf großer Leinwand.

Es war schön in diesem alten Kino mit neuer Technik zu sitzen und den Film zu genießen. Neben der Leinwand steht ein altes Klavier, das früher im ersten Stock des Kinos stand. An der Decke des Raumes leuchtete die alte Lampe, die schon zu meiner Jugend dort hin. Also Film ab und los gehts.

Die Lampe hing schon damals.

Die Lampe hing schon damals.

Leider quatschten die ganze Zeit der Vorführung ältere Herrschaften und berichteten ihren Nachbarn, was sie auf der Kinoleinwand gerade sehen. Bei modernen Action-Kino ist das weniger ein Problem, weil die Soundkulisse im Kinosaal lauter ist, aber beim Übergang von Stumm- auf Tonfilm hört man jedes Gequatsche in diesem akustisch optimierten Raum: Blub Blub Blah Blah den ganzen Abend – das nervte kolossal.

Ufa-Ausstellung in München 

Auf jeden Fall machte der blaue Engel mir Lust auf die Ufa-Ausstellung, die derzeit im Münchner  Kunstfoyer der Versicherungskammer Kulturstiftung läuft.  Bis 16. September gibt es hier Die Ufa – Geschichte einer Marke zu sehen. Die Traumfabrik des deutschen Films Ufa (Universum Film Aktiengesellschaft) hat eine wechselvolle Geschichte, dargestellt in der Ausstellung in sieben Kapiteln. 

Im Ersten Weltkrieg als Propagandainstrument gegründet, hat sich das Unternehmen Ufa heute zum „Content-Produzenten” für verschiedene audiovisuelle Plattformen entwickelt. Die Geschichte der Ufa erzählt daher auch die Geschichte der audiovisuellen Medien.

Unbedingt noch ansehen

Unbedingt noch ansehen

Zu den Konstanten, die sich durch die Geschichte der Marke ziehen, gehören die Stars, vom Unternehmen oft als die „eigenen“ reklamiert. Populäre Unterhaltungsproduktionen zielen auf den internationalen Markt, der sich für die Refinanzierung prestigeträchtiger Produktionen als unabdingbar erweist. Großproduktionen, heute mit Blick auf den globalen Markt „High-End-Dramen“ genannt, sind nur auf Grundlage dieser Mischkalkulation möglich. Häufig geht es darin um Themen und Ereignisse aus der (deutschen) Geschichte – damals wie heute.

Trotz vieler Brüche und Zäsuren in der Firmengeschichte existiert die Marke „Ufa“ seit einhundert Jahren. Der zugkräftige Name hat sich über die Dekaden hinweg gehalten – nicht zuletzt, weil seine Strahlkraft diese Marke schon früh zu einem Asset machte und bis heute macht. 

Präsentiert wird zudem die ökonomische und ästhetische Strategie des Medienkonzerns. Anhand einer Vielzahl von Exponaten, die der Stummfilmzeit über das Aufkommen des Fernsehens bis hin zu aktuellen Innovationen der heutigen UFA reichen, lassen sich die Reaktionen des Unternehmens auf gesellschaftliche und politische Rahmenbedingungen sowie die Marktmechanismen der jeweiligen Epoche nachvollziehen. Ich hab mir auch den Ausstellungskatalog Die Ufa – Geschichte einer Markegekauft, um in Ruhe die Geschichte nachzulesen. 

Lesenswerter Ausstellungskatalog

Lesenswerter Ausstellungskatalog

Teil 1: Die Restauration von Metropolis

8. März 2010
Zur jüngsten Berlinale wurde der Filmklassiker Fritz Langs Metropolis wieder in seiner ursprünglichen Länge aufgeführt. Und dies eine Ewigkeit nach seiner Premiere: Am 10. Januar 1927 wurde Metropolis mit einer Länge von 4.189 Metern und etwa 153 Minuten Laufzeit im Berliner Ufa-Palast am Zoo uraufgeführt.
Die Suche nach den verschollenen Filmszenen und die Restauration ließt sich wie ein moderner Archälogie-Krimi. Zug um Zug werde ich in diesem Blog über die Suche und die Restauration eines meiner Lieblingsfilme berichten.
Die Premierenfassung von 1927 war jedoch nur sehr kurze Zeit in den Kinos zu sehen. Die amerikanische Verleihfirma Paramount hatte bereits im Dezember 1926, noch vor der deutschen Premiere, beschlossen, den monumentalen Film auf normale Kinolänge zu kürzen. Der Theaterautor Channing Pollock nahm einschneidende Veränderungen vor: Er gab den Protagonisten amerikanische Namen, schrieb die Zwischentitel um und montierte einige Szenen neu, um die Verständlichkeit der Handlung nach der Kürzung zu erhalten.
In Deutschland legte der Ufa-Vorstand drei Monate nach der Premiere ebenfalls fest, den Film nach dem amerikanischen Vorbild zu kürzen. Fortan wurden ausschließlich die gekürzten Fassungen vertrieben, und nur dem Umstand, dass der argentinische Verleiher Adolfo Z. Wilson den Film in der langen Premierenfassung gesehen und noch vor den Kürzungen erworben hatte, ist die Wiederentdeckung der circa verloren geglaubten 25 Minuten Film zu verdanken, die in allen anderen Fassungen fehlen.
Zahlreiche Filmhistoriker und Archivare haben sich insbesondere seit den 1970er Jahren mit Recherchen nach den verlorenen Szenen beschäftigt und Überlegungen zur originalgetreuen Rekonstruktion angestellt. Immer neue Erkenntnisse über die Produktionsgeschichte des Films, über Fritz Langs Arbeitsweise und Inszenierungsmethode hielten die Erinnerung an den Film wach und gaben Aufschluss über die Spannungen zwischen den kreativen und den wirtschaftlichen Intentionen der Autoren, Produzenten und Verleiher. Zudem wurden neue Sekundärquellen wie die Zensurkarte erschlossen, die eine genauere Rekonstruktion der Szenen- und Einstellungsfolge ermöglichten.