Er ist ein wirkliches Original: Für mich eine Mischung aus Willie Nelson, Buffalo Bill und eine gehörige Mixtur aus Hank Williams und Townes van Zandt: Ich meine Todd Day Wait.
Ich habe dieses Original bei einem Privatkonzert in München genießen dürfen. Todd Day Wait ist keine Pop-Inszenierung, sondern ein echter Travelling-Singer-Songwriter: authentisch, bodenständig und mit echter Verbundenheit zur Wurzelmusik.
Seine Stücke und sein Lebensweg wirken wie eine Reminiszenz an die Ursprünge des Country – und gleichzeitig wie ein Statement für die Bedeutung von Erlebnissen. Für alle, die echten Country lieben, dessen Seele noch spürbar ist, bleibt Todd Day Wait ein lebendiges Stück Americana auf der Bühne und ich bin absolut verzaubert.
Todd Day Wait ist ein US-amerikanischer Singer‑Songwriter aus Missouri, der heute hauptsächlich in Nashville lebt und arbeitet. Er verkörpert die Tradition des amerikanischen “Freewheeling Troubadour”, der mit wenig Besitz und großer Leidenschaft durch das Land zieht. Was davon Show und was davon Realität ist, weiß ich nicht, aber es klingt zumindest gut.
Ach ja Klang: Seine Musik verwebt klassische Elemente aus Country, Blues, Folk, Early R&B und Soul – inspiriert von Legenden wie Jimmie Rodgers, Willie Nelson, Wynn Stewart und Kris Kristofferson. Mit seiner rauen Stimme und einem reduzierten, ehrlichen Sound bleibt er dem spirituellen Kern des traditionellen Country treu.
Auf Plattformen wie WesternAF oder GemsOnVHS erzielt er Millionen von Streams und zieht weltweit kleine, aber treue Fangemeinden an. Sein jüngstes Album heißt Letters from the Road (veröffentlicht 2025), das die Soundwelt seiner Tourerlebnisse einfängt – geprägt von akustischer Authentizität und Roadmovie‑Atmosphäre . In München trat er mit seiner Begleitband “Todd Day Wait & Band” live auf und hat europaweite Tourdaten bis in den Herbst 2025 hinein angekündigt. Wer die Chance hat, sollte ihn unbedingt anhören.
Ich bin nicht immer in der Stimmung für Ihre Musik, aber wenn ich sie bewusst hören will, dann bin ich ihr verfangen. Diese Stimme starb heute vor 35 Jahren am 18. Juli 1988 auf Ibiza. Gemeint ist Nico.
Die Sängerin Nico war zweifellos eine außergewöhnliche Künstlerin, die durch ihre einzigartige Stimme, ihren unverkennbaren Stil und ihre tiefsinnigen Interpretationen einen bleibenden Eindruck in der Musikwelt und auf mich hinterlassen hat. Geboren am 16. Oktober 1938 als Christa Päffgen in Köln wurde sie später unter ihrem Künstlernamen Nico bekannt und fand ihren Platz in der alternativen Musikszene der 1960er und 1970er Jahre.
Nico begann ihre Karriere als Model und Schauspielerin, bevor sie durch ihre Verbindung zur New Yorker Künstler- und Musikszene in den Fokus der Aufmerksamkeit rückte. Ihre Zusammenarbeit mit dem legendären Produzenten Andy Warhol und dessen Projekt The Velvet Underground machte sie zu einem prominenten Mitglied der Underground- und Avantgarde-Bewegung. Ihre markante, tiefe Stimme, die oft mit einem Hauch Melancholie durchzogen war, verlieh den Liedern der Band eine einzigartige Faszination und ergänzte perfekt die experimentellen Klänge der Musik. Meine erste LP war The Velvet Underground by The Velvet Underground und dann gleich darauf das Meisterwerk mit der Banane The Velvet Underground & Nico.
Nach ihrem Ausstieg bei The Velvet Underground begann Nico eine Solokarriere und veröffentlichte mehrere Alben, die ihre Vielseitigkeit als Künstlerin unter Beweis stellten. Ihre Musik bewegte sich zwischen experimentellem Rock, Folk und elektronischen Klängen, wobei sie oft von düsteren und existenziellen Themen inspiriert wurde. Dabei war sie stets ehrlich und authentisch, was ihr eine treue, aber kleine Anhängerschaft einbrachte, die ihre Kunst zu schätzen wusste.
Schauspielerin und Künstlerin Neben ihrer Musikkarriere war Nico auch als Schauspielerin aktiv und trat in mehreren Filmen auf, darunter Federico Fellinis „La Dolce Vita“. Diese Vielseitigkeit in ihrem künstlerischen Ausdruck zeigte, dass sie nicht nur eine Sängerin, sondern eine wahre Künstlerin in allen Facetten war. Nico führte ein intensives, aber auch schwieriges Leben, das von Drogenabhängigkeit und persönlichen Herausforderungen geprägt war. Leider endete ihre Reise viel zu früh, als sie am 18. Juli 1988 nach einem tragischen Fahrradunfall verstarb. Sie starb aufgrund einer nicht rechtzeitig erkannten Hirnblutung am selben Tag im Krankenhaus. Nico wurde in Berlin auf dem Friedhof Grunewald-Forst im Grab ihrer Mutter beigesetzt.
Ihr Vermächtnis lebt jedoch weiter. Nico wird als Ikone der Avantgarde-Musik verehrt und hat zahlreiche Künstler nach ihr beeinflusst. Ihre eindringliche Stimme und ihre einzigartigen Kompositionen werden weiterhin gehört und geschätzt, und ihre Bedeutung für die Musikgeschichte bleibt unbestreitbar. In Erinnerung an Nico werde ich ihre Kunst und ihren Mut, Grenzen zu überschreiten, stets in Ehren halten. Möge ihre Musik weiterhin Menschen inspirieren und dazu anregen, die Vielfalt und Tiefe der menschlichen Emotionen zu erforschen. Nico wird unvergessen bleiben und als eine der bedeutendsten Künstlerinnen ihrer Zeit in die Geschichte eingehen.
Dazu einen Filmtipp NICO, 1988 ist ein Roadmovie über die letzten Lebensjahre von Christa Päffgen. Der Film erzählt von ihren letzten Auftritten in den achtziger Jahren und spielt in Paris, Prag, Nürnberg, Manchester, auf dem polnischen Land und an der römischen Küste. Regisseurin Susanne Nicchiarelli taucht tief ein in das Leben einer tragischen, aber bemerkenswerten Frau, die von der dänischen Schauspielerin und Sängerin Trine Dyrholm (DIE KOMMUNE, DAS FEST), kompromisslos dargestellt wird. Alle Songs im Film werden von Trine Dyrholm selbst gesungen.
Vielleicht ist es ja Schicksal, dass ich an dem Tag an dem deutsche Atomkraftwerke abgeschaltet werden über den japanischen Anime-Film Suzume blogge.
Der Film von Großmeister Makoto Shinkai behandelt sehr geschickt das japanisches Trauma Fukushima, ohne den Ort oder das Ereignis der Atomkatastrophe beim Namen zu nennen. Das Unglück kommt am Rande des rauschenden Bilderflusses vor. Für deutsche Zuschauer faszinierend ist das funktionierende Handywarnsystem vor Katastrophen. Katastrophen über Hiroshima und Nagasaki und die Erdbeben sind ein Motiv im japanischen Film und Makoto Shinka bringt diese Thematik in eine neue Zeit zu einem neuen Publikum, moderner als Akira und Godzilla. Die Katastrophe, die jederzeit hereinbrechen kann, ist ein klares Motiv des Films.
Suzume ist ein bildgewaltiger Film über Verlust und Vernichtung – und es ist ein Film über die Suche nach Liebe eingebettet in typischen Naturaufnahmen, wie wir sie bei Makoto Shinkai vergangenen beiden Filmen Your Name und Weathering with You gewohnt sind. Shinkai, der inzwischen in die Oscar-Jury aufgenommen wurde, versteht es wie kein Zweiter im Anime-Kino die Komplexität, Schönheit und Gewalttätigkeit von Natur auf die Leinwand zu bringen. Natur kommt wahnsinnig hyperrealistisch ins Kino.
Aber er bringt auch typisch japanische Erzählweise auch Gewalt in seine Filme. Bei Suzume ist es der rote Wurm, der Erdbeben auslöst. Das Verderben schlummert in der Erde und bricht immer wieder aus, verursacht Erdbeben und bringt den Tod und Verwüstung. So auch bei der Hauptdarstellerin Suzume, die als vierjähriges Kind ihre Mutter bei einem Erdbeben verlor und durch die verwüstete japanische Landschaft irrte. Sie wurde von ihrer Tante Takami aufgenommen und großgezogen und begegnet im jugendlichen Alter einen Fremden, der sie nach Türen in Lost Places fragt. Diese Türen müssen geschlossen werden, damit der rote Wurm nicht aus der Erde hervorbricht und Beben auslöst. Dieser Lehramtsstudent bezeichnet sich als Schließer und ist in der familiären Tradition der Schließer. Es gilt einen Schlussstein zu setzen, um den Wurm zu zähmen. Blöderweise hat Suzume einen Schlussstein entfernt und den Tornado roter Wurm entfesselt.
Makoto Shinkai erzählt die Geschichte mit viel Details und unglaublich viel Humor. Der dreibeinige Stuhl, in den der Geist des Heiden eingeht, zeugt von Humor, hat aber auch einen tieferen Sinn des Verlustes. Der Stuhl, der durch das Erdbeben ein Bein verlor, ist die letzte Erinnerung an die Mutter von Suzume. Makoto Shinkai sagt zu seinem Film: „Suzume steht stellvertretend für all die Kinder, die im Erdbeben ihre Eltern verloren haben. Suzumes Geschichte, ihre Reise, ist sehr traurig und schwer. Ich wollte einen unterhaltenden Gegenpart an ihre Seite stellen. Etwas, dass die Stimmung ein bisschen auflockert. Ein Stuhl mit drei Beinen. Das ist erstmal lustig, denn ein dreibeiniger Stuhl bewegt sich komisch. Aber es steckt mehr dahinter, denn der Stuhl wurde vom Tsunami mitgerissen und hat ein Bein verloren. Es ist aber auch eine Metapher auf die Seele von Suzume. Das fehlende Stuhlbein steht stellvertretend für ihre Mutter, die sie verloren hat. Sie lernt aber: Selbst wenn man etwas im Leben verloren hat, kann man weiterleben, weiterlachen, sich sogar verlieben.“ Das klingt alles nach Fantasie. Aber Suzume ist mehr. Filmisch gesehen ist der Anime ein gewaltiges Roadmovie mit dem klassischen Thema der Suche. Suzume sucht sich selbst und durchstreift Städte und Gemeinden Japans mit dem Rad, mit dem Motorrad, mit dem Sportwagen, mit dem Zug – die Karte immer im Blick. Ein Film, der sich wirklich im großen Kino lohnt. Ich hab den Film im Scala Kino Fürstenfeldbruck gesehen, das eine regelmäßige Anime-Reihe durchführt.
Es gibt Filme, die muss ich mir einfach alle paar Jahre ansehen. Und da ich mir eine neu abgetastete Version von Rainer Erlers Meisterwerk Fleisch auf Bluray zugelegt habe, stand dieser Klassiker von 1979 auf meinen Filmprogramm.
Fleisch ist die deutsche Version von Michael Crichtons Film Coma aus dem Jahr 1978. Der US-Film basiert auf dem Roman von Robin Cook und greift das Thema Organhandel in der Version eines Hollywood-Films auf. Fleisch von Rainer Erler erschien 1979, basierend auf seinem Roman, der damals bei Goldmann erschienen ist. Das ZDF hat den Film ausgestrahlt und meine Eltern diskutieren damals beim Abendessen, ob so etwas wie kommerzieller Organhandel möglich sei. Ich war zu jung, um den Film damals zu sehen, geschweige denn die Tragweite zu verstehen. Aber das holte ich später nach, als ich die Filme des genialen Regisseurs Rainer Erler verschlang und auch seine Bücher in den verschiedenen Ausgaben aufkaufte.
Die neue Bluray von Fleisch ist remastered in 2K und optisch eine deutliche Verbesserung meiner DVD von Eurovision, aber natürlich optisch nicht mit heutigen Produktionen vergleichbar. Ich werde meine DVD trotz Bluray behalten, denn ich habe darauf ein Autogramm der damaligen Hauptdarstellerin Jutta Speidel. Ich habe die Schauspielerin mal auf einer Veranstaltung in München getroffen und bat sie um ein Autogramm. Sie war wohl besorgt, dass ich sie wegen der Nacktszenen im Film mit ihrem damaligen Ehegatten Herbert Herrmann ansprechen werde, aber ich wollte nur etwas über die Regiearbeit von Rainer Erler erfahren. Mit den Worten „Ach der Rainer“ unterschrieb sie und verschwand. Nun hab ich die Bluray und vielleicht ergibt sich nochmal eine Autogrammgelegenheit mit dieser tollen Schauspielerin und ein paar Worte mehr zu Rainer Erler.
Und die Bluray beinhaltet einen alternativen Start und Ende des Films, aber das Wichtigste sind drei sehr seltene Videointerviews von Erler. Gerne, sehr gerne würde ich mit dieser Regielegende sprechen, wenn er bei sich in Oberbayern und nicht in Perth in Australien weilt. Er wohnt ja nur ne halbe Stunde entfernt. Mailkontakt hatte ich früher schon mal mit ihm, während er in Australien weilte. Es gibt für mich nur zwei wirklich wichtige lebende deutsche Regisseure: Der eine ist Rainer Erler, der andere ist Hans-Jürgen Syberberg. Beim Genießen von Fleisch ist mir aufgefallen, wie sehr Erler die Totale liebt. Völlig ungewohnt unter heutigen Betrachtungsweisen, aber wunderbar anzusehen. So wird aus Fleisch nicht nur ein packender Thriller, sondern auch ein großartiges Roadmovie. Erler greift Elemente von Sam Peckinpahs Convoy auf und liefert als Deutscher einen wesentlichen Beitrag zur US-Landschaft, wie einstmals auch Wim Wenders.
Es gibt auch eine Neuverfilmung von Fleisch von Regisseur Oliver Schmitz. Statt in den USA spielt er Film in Südafrika. Ist auch interessant, aber kommt für mich lange nicht an das Original heran. Er ist klassische Pro7-Unterhaltung ohne die inhaltliche und intellektuelle Tiefe von Rainer Erlers Meisterwerk.
Ich mag die Pixar-Filme, weil sie eine Geschichte erzählen, tiefe, inhaltsreiche Geschichten. Anders wie viele Animationsfilme liefert Pixar neben technischen Raffinesse vor allem Tiefgang. Und daher ging mir das Herz auf, als ich den neuesten Pixar Onward: Keine halben Sachen im Kino ansah.
Onward steht in der Tradition von Coco, der eigenständige Pixar-Film des Jahres 2017. In Onward geht es um die beiden Elfen-Brüder im Teenager-Alter, die nicht glauben wollen, dass es in der Welt keine Magie mehr gibt. Also machen sie sich auf die Suche und haben ihren zum Leben erweckten Vater mit dabei. Onward lässt den Zuschauer lachen, mitfiebern und auch ein bisschen weinen, denn es ist eine zutiefst menschliche Geschichte, eingebettet in eine 103minütige Fantasy-Welt. Regisseur Dan Scanlon durfte zuvor 2013 Die Monster Uni inszenieren und er ist mit Onward gereift. Pixar und Disney gingen mit Toy Story 4 und anderen Franchise-Filmen auf Nummer sicher.
Dagegen bewegt sich Onward auf neuen Terrain. Dafür muss man den Verantwortlichen bei Pixar danken, dass die Kreativen dort Raum zur Entfaltung bekommen. Und in Onward gibt es eine Menge von diesem Entfaltungsraum mit allerhand Zitaten aus der Filmgeschichte. Back to the Future, Exorzist oder Kampf der Titanen seien nur als kleine, aber auffällige Beispiele genannt.
Ich habe die magische Reise unheimlich genossen, mich an die kleinen und großen Geschichten in der großen Geschichte erfreut. Und es zeigt sich, wie gut Filme funktionieren, wenn sich die Akteure auf einer Reise, auf einer Suche befinden. Es muss ein Rätsel gelöst werden und alle Spieler von Rollenspielen wie das schwarze Auge werden dem begeistert zustimmen. Nicht der direkte Weg führt zum Ziel, sondern Umwege. Und es zeigt sich bei Onward, dass Familiengeschichten das Herz berühren. Die Sehnsucht nach einer Familie ist Kern des US-amerikanischen Kinos und davon profitiert Onward.
Die Autoren des Films verbeugen sich vor der Tradition des US-Kinos und vor allem des Roadmovies. Wenn eine Unmenge von Polizeiwägen mit Blaulicht unsere Helden jagt, dann verbeugt sich Onward vor den Roadmovie Auf dem Highway ist die Hölle los oder Ein ausgekochtes Schlitzohr. Der Rockerfilm kommt vor und ich erwarte eigentlich Marlon Brando mit the Wild One. Aber dafür tritt der Vater als der Der Unsichtbare (The Invisible Man) von 1933 auf. Und wenn wieder ein Quest gelöst wird, wird der große Steven Spielberg mit Indiana Jones und der letzte Kreuzzug zitiert. Das Überschreiten der Schlucht oder die rotierenden Messer im Tunnel sind Indy Jones pur.
Onward: Keine halben Sachen ist ein absolutes Kino-Muss und für mich das Animationshighlight des Jahres. Pixar kann es eben.
Grüner wird’s nicht – samt Filmgespräch mit Regisseur Florian Gallenberger und Darstellerin Monika Baumgartner (r) sowie Marketingsdame Andrea Hailer (l.)
Oscar-Prominenz bei uns in der Region. Zu einem Kinogespräch zum neuen Film von Florian Gallenberger kam es in meinem Lieblingskino Scala in bayerischen Fürstenfeldbruck. Ich habe über ein Facebook-Gewinnspiel zwei Eintrittskarten gewonnen. So besuchten meine Frau und ich die Vorstellung des Films mit anschließendem Kinogespräch mit Regisseur Florian Gallenberger und Hauptdarstellerin Monika Baumgartner, die beide aus der Region stammen.
Vielen Dank für die Autogramme – Danke Florian Gallenberger und Monika Baumgartner.
Schön zu sehen, dass der große Saal des Scala Kinos fast komplett gefüllt war. Das Interesse an dem Film und dem anschließenden Gespräch samt Autogramm und/oder Selfie war groß. Und es war auch eine ältere Generation, die nach langer Zeit mal wieder ins Kino ging, wie eine Zuschauerin berichtete. Und diesen Zuspruch braucht Grüner wird’s nicht auch, denn er kann es nicht mit dem Marketing der Blockbuster aufnehmen. Hier haben es die Betreiber das Scala Kino richtig gemacht und setzen auf Mundpropaganda und soziale Netzwerke. „Sagt es weiter, dass euch der Film gefallen hat“, beschwor auch Andrea Hailer von der Marketingagentur Soulkino die Zuschauerinnen und Zuschauer.
Grüner wird’s nicht, sagte der Gärtner und flog davon ist für mich eine Art fliegendes Roadmovie, der die Geschichte des mürrischen Gärtners Schorsch (Elmar Wepper) schön erzählt. Er steht an einem Scheideweg im Beruf und Ehe und macht sich rücksichtslos auf den Weg, sich selbst zu finden. Also eine klassische Geschichte eines Roadmovies, wie es Regisseur Florian Gallenberger mir gegenüber im Gespräch bestätigte. Wunderschöne Luftaufnahmen mit einem roten Doppeldecker – nicht wie beim Roten Baron von Pixomondo als VFX entstanden, sondern als Realfilm, zum Teil natürlich auf einer Studiobühne. Der kauzige Elmar Wepper saß selbst in der Maschine, flog freilich nicht. Mit allerlei Studiotricks sah es in dem Greenscreen-Studio so aus, als ob sich das Flugzeug bewegt und sich der Sonnenstand ändert.
Apropos Elmar Wepper: Er heute in Planegg lebende 74jährige TV-Star spielt sich in die Herzen seiner bayerischen Zuschauer. Ich muss zugeben, dass ich Elmar Wepper als erstes immer mit Pabel Chekov identifiziere, dessen Synchronrolle er in Star Trek sprach. Im gesetzten Alter löste sich Wepper von den TV-Rollen und kann ernsthafte Schauspieler zur Schau stellen: Kirschblüten von Doris Dörries war für mich der Beweis, ebenso Grüner wird’s nicht. Der Film ist auf Wepper aufgebaut und er macht seine Rolle hervorragend. Nicht so perfekt klappte übrigens das Baggerfahren, wie der Regisseur in dem Filmgespräch verriet. Schöne Geschichte, die im Video erzählt wird.
Gärtners Schorsch, eben gespielt von Elmar Wepper, ist ein autoritärer Patriarch, der an seinen Träumen vorbeilebt. Ehe kaputt, entfremdet von Tochter und Frau, Betrieb ruiniert – und er lässt seine Frau mit den Schulden sitzen und macht sich auf der Suche nach seinen Träumen. Zurückgelassen vom egoistischen Ehemann steht Monika, wunderbar gespielt von Monika Baumgartner, ihre Frau und ordnet die Verhältnisse zu Hause, während Schorsch sein Leben sucht. Naja, aber Monika hat es auch faustdick hinter den Ohren. Kind vom fremden Mann und eine Affäre mit dem Golfplatzbetreiber, der den Familienbetrieb ruiniert hat. Nach Herzschmerz und vielen skurrilen Personen, die zu einem Roadmovie dazugehören, findet jeder seinen Weg. Die Familie bricht auseinander und jeder verwirklicht sich selbst. Schorsch allerdings, so hatte ich den Eindruck, zockt seine Familie gegen Ende nocheinmal ab und bleibt ein Egoist.
Handwerklich ist der Film sehr schön gemacht. Und die Zielgruppe ist auch ein älteres Publikum, das vielleicht selbst in die Midlife-Crisis geraten war und sich durch Kalendersprüche wie Lebe deinen Traum identifizieren kann. Dazu passt die Machart des Film: Lange Einstellungen, langsamer Schnittrhythmus, großes Schauspielkino – mal dachte ich an das Bayerische Fernsehen. Drei Bundesländer haben den Film übrigens durch ihre Filmförderung finanziert. Und es ist ein unterhaltsamer Film geworden, der zu gefallen weiß. Oscarpreisträger Florian Gallenberger versteht sein Geschäft. Der Planegger ist Professor an der HFF und kann in jungen Jahren schon auf allerhand Kinoerfahrung zurückblicken. Bisher hat mich immer John Rabe von 2009 von ihm fasziniert. Ich freue mich, dass es Leute wie Florian Gallenberger auf dem Regiestuhl gibt. Bitte weiter so – und Scala bitte weiter solche Abende.
Fotoreporter Günter Reger von der örtlichen SZ war auch da und bringt den Abend in die klassischen Massenmedien.
Irgendwie habe ich mich an den deutschen Autorenfilm der sechziger und siebziger Jahre erinnert gefühlt, als Leute wie Schlöndorff, Fassbinder, Herzog und Achternbusch sich aufmachten, das deutsche Kino aufzurütteln. Die Filme waren weiß Gott nicht perfekt. Der Ton schwankte, die Kamera wackelte, die ganze Film- und Schauspielercrew war eine Art Kommune. Improvisation war an der Tagesordnung. Und die Filmemacher fanden ihr Publikum.
So geht es sicherlich auch den beiden Filmemachern Andreas Schmidbauer und Tanja Schmidbauer mit ihrem Film Austreten. Im Nachbarort Fürstenfeldbruck kamen einige von der Filmcrew ins wiedereröffnete Lichtspielhaus zu einem Filmgespräch zu Besuch und haben ihren Film gleich mitgebracht.
Das Filmgespräch zu Austreten mit dem Team im Lichtspielhaus Fürstenfeldbruck.
Um was geht es? Im Grunde ist es eine Art Brexit auf Bayrisch – eigentlich wollte der bayerische Ministerpräsident Reitmayer (Markus Böker) bei einer Pressekonferenz nur schnell auf die Toilette. Doch der Begriff „austreten“ wurde von den versammelten Journalisten gänzlich missverstanden. Austritt aus dem Bund? Sofort erhitzen sich die Gemüter und Reitmayer taucht fürs erste unter. Die Familie macht sich auf die Suche und durchstreift ganz Bayern, dabei auch Franken.
Die Idee finde ich erfrischend und sie passt ideal in die heutige politische Landschaft. Allerdings entstand die Idee vor den aktuellen Entwicklungen um Großbritannien oder Katalonien und noch weit vor der jüngsten Bundestagswahl. Da haben die jungen Filmemacher einfach eine große Portion Glück gehabt und ein Thema auf die Leinwand gehoben, das Leute anspricht.
Nach ihrem Film Hinterdupfing, der nur im Chiemgau spielte, ist die Spielwiese von Andreas Schmidbauer und Tanja Schmidbauer jetzt ganz Bayern.
Für mich war der Film Austreten eine Art Gernstl unterwegs. Franz Xaver Gernstl und sein Team, Kameramann Hans Peter Fischer und Tonmann Stefan Ravas, gehen auf die Reise durch ganz Bayern und stellen Land und Leute vor. Das Format kommt im Fernsehen gut an und trifft die Seele der Bayern.
Die Filmemacher von Austreten hatten etwas anderes im Sinn. Obwohl die Locations ähnlich wie die Locations von Gernstl sind: Liebevoll ausgewählt, schöne Stadtbilder, Drohnenaufnahmen hier, schrullige Charaktere dort. Austreten ist eine bayerische Komödie, zudem auch eine Mischung aus Heimatfilm und Roadmovie. Und hier beginnt mein Problem. Als Heimatfilm ist er mir zu schnell geschnitten, als Roadmovie fehlt mir die Atmosphäre der Straße. Ein VW-Bus und ein Alfa Romeo als Locations sind mir zu wenig, wenn sie nicht groß in die Handlung einbezogen werden.
Austreten ist Teil der Bayern-Welle im Film
Und funktioniert der Film als bayerische Komödie? Bedingt, was aber nicht an der Idee liegt, sondern vielmehr an der Umsetzung. Es wurde viel an den Dialogen am Set improvisiert. Das merkt man als Zuschauer – wir haben hier nicht die sprachliche bayerische Eleganz eines Helmut Dietl (wer hat dies schon?). Wir haben viele, teils sehr sehr gute Gags und Einfälle, die wirklich Spaß machen. Die Anspielungen auf die veränderte Mediengesellschaft sind erfrischend. Szenen zu Tinder, ICQ sind nett und wenn Oma/Opa den Eintritt in die Welt der mobilen Kommunikation mit Büchern üben.
Wir haben platten Dialekthumor bei der Beschreibung der Charaktere. Es wird mit Jauche gespritzt, reaktionäres Gedankengut als Humor verkauft und von Lügenpresse schwadroniert. Wurde hier dem Volk aufs Maul geschaut? Im Kino wurde gelacht, bezeichnend für den inneren Zustand unseres Landes.
Wir haben hintergründige Einfälle und allerlei Anspielungen im Film. Bei der Nachfrage im Filmgespräch zeigte sich die Lektüre von Effi Briest durch Eisi Gulp als Anspielung auf das weite Land und den bürgerlichen Moralkodex der Wilhelminischen Ära.
Abseits der bürgerlichen Moral: Eisi Gulp in Austreten. Foto: schmidbauerfilm
Es sind viele versteckte Hinweise in Austreten, die beim oberflächlichen Ansehen schlichtweg übersehen werden. Wie die Raufereien in Mödlareuth, einem Dorf mit 40 Einwohnern, das zu einem Teil im Bundesland Bayern und zum anderen Teil im Bundesland Thüringen liegt. 41 Jahre lang verlief die innerdeutsche Grenze mitten durch das Dorf entlang des Tannbachs. Nach dem Austritt Bayerns beginnen die Rangeleien mit den thüringischen Grenzern. Und der Film spielt mit dem Separatismus der Franken und gipfelt an einem Zeitungskiosk bei dem der Fränkische Beobachter ausliegt.
Details, die liebevoll gemacht sind – wie das (cz). Foto: schmidbauerfilm
Sehr nett auch die politische Anspielung auf den Pressesprecher des Ministerpräsidenten. Auf seinem Namensschild steht nach dem Dr in Klammern (cz). Hatte nicht mal Andreas Scheuer seinen Doktor in Tschechien gemacht …
Austreten setzt auf Improvisation
Im Grunde reitet Austreten auf der Welle der Provinzkrimis, die in Bayern durch Rita Falk ihr Publikum gefunden haben. Und nein, das ist keine Filmkunst und keine Revolution – und damit bricht dann Austreten mit dem Autorenfilm der alten Zeit. Damals wollten die Regisseure eine Botschaft vermitteln, heute wollen Andreas Schmidbauer und Tanja Schmidbauer nur unterhalten. Ist Unterhaltung etwas schlechtes? Nein, aber das Kinopublikum von heute will einen technisch besseren Film sehen. Persönlich war mir der Schnitt zu schnell, der Tonschnitt hat nicht gepasst und der Film hat keinen durchgängigen Rhythmus.
Selfie mit dem Filmteam.
Und dann denke ich mir: Was soll es? Es ist eine Gruppe von jungen Leuten. Andreas Schmidbauer ist 27 Jahre, seine Schwester Tanja ist 24 Jahre alt und für ihr Alter haben sie zusammen mit ihren Freunden einen Hammerfilm auf den Markt gebracht. Wobei mit Hammerfilm nicht die britische Produktionsgesellschaft gemeint ist, die ähnlich auf Improvisation setzt. Die Geschwister Schmidbauer haben mit ihrer Produktionsgesellschaft schmidbauerfilm die bayerische Filmförderung FFF mit seinem kritischen Leiter Klaus Schaefer überzeugt und mit dem Geld im Rücken eine Reihe namhafter Schauspieler an Land ziehen können.
Andreas Schmidbauer ist in der Branche nicht unbekannt. Der Absolvent der Hochschule der Medien in Stuttgart ist Kameramann und hat sich einen Namen im Bereich Stereoskopie gemacht. Bei Austreten setzte er allerdings nicht auf das große und teure Equipment von ARRI, sondern filmte mit einer einfacheren digitalen Sony.
Also Austreten ansehen kann man, muss man nicht. Aber die Karriere der beiden Schmidbauers mit ihren Freunden muss man beobachten. Da ist viel Potential.
Was ist aus dem guten, alten Zombiefilm geworden? Zombie waren immer untere Schublade des Kinos. Verrufen, verbannt, verachtet. Ich habe mir gestern als Fan des fantastischen Films den Streifen „Zombieland“ angeschaut und mich mit Grausen abgewendet. Nein, nicht wegen der zahlreichen Gore-Effekte, sondern als ich merke, dass ich für diese Art von Humor nicht geschaffen bin. Verdammt, ich bin für solche Teenagerfilme wohl zu alt. Was soll dieses Erstlingswerk von Werbefilmer Ruben Fleischer denn überhaupt sein? Komödie? Horrorfilm? Roadmovie? Oder von jedem etwas? Aber er ist nichts von alldem.
Zugegeben die Masken sind fein, ab und zu ist ein guter Lacher dabei (ich sag nur Willie Nelson). Den Schnitt beherrscht der Herr Filmregisseur perfekt, schließlich kommt der Herr ja aus der Werbung. Schön war die Erzählweise im Kubrick-Stil, die dann in einer Zerstörungsorgie in einem Indianderfan-Shop endet. Das war schon ein wenig Horrorshow im Stil von Alex à la Uhrwerk Orange – schön mit Klassik unterlegt. Aber ich denke, die Zielgruppe des Films hat es nicht bemerkt, genauso wie das Banjospiel aus „Beim Sterben ist jeder der erste“.
Immer feste drauf - sind ja nur Zombies.
Aber ich vermisse die künstliche übertriebene Ernsthaftigkeit der Romero-Streifen und natürlich der billigen italienischen Nachahmer wie Lucio Fulci. Bei Filmen wie „Über dem Jenseits“ The Beyond – haben sich noch ganze Heerscharen von Jugendschützern den Mund fusselig diskutiert und dann Filme verboten und zumindest indiziert. Politiker sind darauf angesprungen und haben den Zombieschund verurteilt. Elternverbände sind Sturm gelaufen. Und dann gibt man heute einen Brutalofilm wie Zombieland eine FSK ab 16 Jahren. Wahrscheinlich weil in dem Film gelacht werden kann. Ja Lachen relativiert und dann kann man locker Untote niederwalzen, mit dem Baseballschläger traktieren, mit der Schrotflinte Köpfe wegpusten – ja ja, selten so gelacht wie in Zombieland. Wo sind wir denn hingekommen?
Zombieland schwimmt auf einer neuen Zombiewelle, die seit einigen Jahren das Genre bereichert, wobei mir persönlich „Shaun of the Dead“ deutlich besser gefallen hat. Wahrscheinlich weil der Humor nicht US-Mainstream war, sondern von der Insel kam.
So richtig Splatter ist er dann auch wieder nicht. Da hat „Braindead“ von Peter Hobbit Jackson oder sein Frühwerk „Best Taste“ besseres abgeliefert. Diese Filme waren einfach zynischer und hatten eine klare Zielgruppe. Ich weiß eben nicht, was Zombieland sein soll. Wurden bei Romeros Zombie noch Diskussionen über Faschismus geführt und die Konsumgesellschaft in Frage, dürfen die Protagonisten heute in Zombieland die Untoten einfach so abknallen. Hauptsache man befolgt ein paar Regeln. Freunde, das haben wir alles schon mal gesehen und zwar besser: Werbefilmer Ruben Fleischer hat geklaut, hier ein wenig Tarantino, hier ein wenig Danny Boyle. „28 days later“ hatte als moderner Zombiefilm wirkliche Atmosphäre.
Ich habe neulich die ganz alten Heuler mir wieder angesehen und mich schön gegeruselt: Jacques Tourneurs „Ich folgte einem Zombie“ oder der atmosphärisch dichte Horrorfilm von Victor Halperin „White Zombie“. Wenn ich Gore wollte, griff ich in die Mottenkisten und schaute mir den grottenschlechten „Ein Zombie hing am Glockenseil“ an. Und wenn ich mich aufregen wollte, legte ich die DVDs von George „dicke Brille“ Romereo ein. Und wenn ich lachen wollte, dann greif ich zur 2004-Verfilmung Dawn of the Dead oder natürlich zu „Shaun of the Dead“. Zombieland ist für mich ein unnötiger Beitrag zum modernen Horrorfilm nach Pop Corn-Art wie die unsägliche „Scream“-Reihe von Wes „ich kann nix richtig machen“ Craven. Wem der eine Film gefällt, dem gefällt der andere auch. Mir gefallen beide nicht. Und daher dreht man jetzt Zombieland 2 – diesmal in 3D.