Posts Tagged ‘Rainbow’

Konzertkritik: Rainbow in München Juni 2019

14. Juni 2019
Rainbow in München - ich wollte Herrn Blackmore nochmal sehen.

Rainbow in München – ich wollte Herrn Blackmore nochmal sehen.

Memories of Rock – so war die Tour betitelt und wenn ich mich an Rainbow erinnere, dann kommt mir als erstes der legendäre Auftritt der Jungs um Ritchie Blackmore von 1977 in der Münchner Olympiahalle in den Sinn. Gleich vorweg: So ein Auftritt ist es im Juni 2019 am gleichen Ort nicht geworden.
Ich war kein Freund von Blackmores Mittelalter Gedöns und so freute ich mich, dass der ehemalige Guitar Hero wieder mit seiner Hardrock Combo Rainbow auf Tour ging. Und er kam für ein einziges Konzert nach Deutschland und sogar in meine Heimatstadt München. Die bayerische Landeshauptstadt bedeutet für Blackmore viel und er strengte sich an.
Nachdem Ronnie James Dio und Cozy Powell von 1977 ja nicht mehr unter uns weilen, musste Blackmore seine Band neu aufbauen und es ist ihm gelungen. Die Spielfreude der Band ist ihnen hoch anzurechnen.
Aber was ist aus unserem Helden Blackmore geworden? Einst ein Berserker auf der Bühne, der musikalisch provozierte, der den meisten der heutigen Gitarristen „den Arsch“ abspielen konnte (Zitat Blackmore) – ja was ist aus ihm geworden? Der launische Mann an der weißen Stratocaster ist ruhig geworden. Keine emotionalen Ego-Ausbrüche mehr wie zu alten Zeiten. Er steht ruhig da und konzentriert sich auf sein Gitarrenspiel. Sein Instrument beherrscht er noch, ohne Zweifel. Aber lieber Ritchie – schau mal zu Steve Morse rüber und da sieht man wie man heute Gitarre in einer Hardrock-Band spielt.

Aber nachdem ich mit Fans gesprochen habe, die sich die letzten Konzerte von ihm angetan haben, ist München wohl dagegen ein Hochgenuss gewesen. Blackmore hat sich bemüht, aber mit Arthritis spielt sich halt nicht mehr meisterhaft Gitarre. Mit den Hochgeschwindigkeitssolos ist es vorbei, aber für eine Memories in Rock-Tour reicht es dann noch. Experimente ließen sich nicht erwarten, dennoch hatte ich den Eindruck, dass viele Songs spontan angestimmt wurden. Sänger Ronnie Romero ist nicht Dio, aber er machte seine Sache sehr, sehr gut. Manches wirkte für mich uninspiriert, wie die Solos in Mistreated – ich habe immer David Coverdale im Ohr.

Schön war, dass ein Brite Freude schöner Götterfunken in Difficult to Cure zitierte. Ein Synthesizer mag in den Siebzigern und Achtzigern noch eine Innovation gewesen sein, aber das Thema ist durch, egal welche Improvisation da Jens Johansson abgibt.

Die Setlist variierte im Vergleich zu früheren Konzerten der Tour. Und natürlich bei Memories in Rock durften die Gassenhauer nicht fehlen. Das meist ältere Publikum feierte ihren Helden, wippte mit und nachdem die Plattencover auf der Videowand eingespielt wurden, konnte man sich erinnern, was so die Klassiker sind, die man haben musste. Emotional wurde es dann noch zum Schluss – eine Verbeugung an den alten Kumpel Jon Lord und als Abschluss noch Smoke on the Water. Was will man mehr?

Bei der Heimfahrt mit dem Auto legte ich erst einmal Live in Munich 1977 ein. Das war eben noch ein richtig gutes Konzert, eben Rock Memories von 1977 und nicht ein gutes Konzert von 2019.

Musiktipp: infinite von Deep Purple

12. April 2017
Ich hab mal in die neue Deep Purple reingehört und bin recht angetan.

Ich hab mal in die neue Deep Purple reingehört und bin recht angetan.

Ob inFinite wirklich das letzte Studioalbum gewesen ist, sei dahin gestellt. Auf jeden Fall ist infinite eines der besten Studioalben der vergangenen Jahre. Deep Purple haben nochmals all ihre Kraft und Kreativität zusammengenommen und ein hervorragendes Hardrock-Album abgeliefert. Wenn es wirklich das letzte Studioalbum sein sollte, dann ist es ein krönender Abschluss einer jahrzehntelangen Erfolgsgeschichte. Die Herren um die 70 Jahre haben noch den Bogen raus und agieren als Band gleichberechtigter Mitglieder. Vergessen ist Ritchie Blackmore, der sich selbst ins Aus katapultierte und mit Mittelaltergezupfe und durch Rainbow-Revial seine Brötchen verdient. Auch Jon Lord spielt im Himmel die Orgel und schaut sicherlich wohlwollend auf die jüngste Besetzung seiner Deep Purple-Crew.
Ich habe mir die CD/DVD inFinite gekauft und freute mich schon beim Aufklappen. Das Innencover mit den Musikern aus Eis erinnert an In Rock von 19710 (danke Jörg). Natürlich ist kein Child in Time oder Smoke on the Water mehr dabei aber auf infinite gibt es solide Rockmusik, die einfach Spaß macht und vor Spielfreude nur so strotzt, wenn auch die Songqualität besser sein könnte. Wenn eine junge Band so ein Album heute abliefern würde, dann wären Kritiker aus dem Häuschen. Wenn Deep Purple so ein Album abliefert, sind nur noch die Fans aus dem Häuschen. Ihre Musik findet außerhalb des Mainstreams statt: Es ist schlichtweg sehr gut von Bob Ezrin produzierter Hardrock, aber er tut sich schwer als Ohrwurm. Deep Purple sind absolut begabte Instrumentalisten und auch Ian Gillan singt hervorragend, doch das Songschreiben ist nicht immer die Sache der Band. Sie werden nie ein Team wie Jagger/Richards oder gar Lennon/McCartney, aber im Grunde macht das auch nicht. Jeder Musiker Gillan, Glover, Paice, Morse und Airey bekommen ihren Raum und der alte Ian Paice ist mir eigentlich ans Herz gewachsen mit seiner Trommelei. Der alte Mann hat es immer noch drauf und gibt im Duett mit Roger Glover die notwendige Stabilität. Keyboards und Gitarren dürfen dann machen, was sie wollen.
Etwas verdutzt war ich dann doch als ich den letzten Song lauschte. Sind das nicht die Doors? Es ist schön, wenn sich Deep Purple mit Roadhouse Blues an ihre Wurzeln erinnern, aber warum nun?
Einen Hinweis gibt es, dass es vielleicht doch das letzte Studioalbum sein könnte. Steve Morse leidet unter Arthrose. In der beiliegenden DVD mit dem legendären Yes-Keyboarder Rick Wakeman als Sprecher spricht Morse offen über seine Krankheit. Ein Gitarrist mit fortschreitender Arthrose ist ein Widerspruch in sich. Morse wächst trotz sichtlicher Schmerzen bei den Aufnahmen über sich hinaus. Ein angeschlagener Morse ist besser als das Herr der Guitarheros da draußen. Ich werde mir das 2017 Konzert von Deep Purple ansehen und auf ihrer Goodbye-Tour dann auf Wiedersehen sagen.

Musiktipp: Deep Purple: Graz 1975

21. September 2014
Ich hatte mich echt auf Graz 1975 gefreut - leider zu früh.

Ich hatte mich echt auf Graz 1975 gefreut – leider zu früh.

Der Hardrock der siebziger Jahre geht mir immer noch gut ins Ohr und die Helden dieser Zeit waren für mich Deep Purple. Und so kaufe ich so dann und wann Aufnahmen der Herren, besuche ihre Konzerte oder glotze Fotobücher der alten Zeiten an. Manches Mal beschleicht mich aber das leise Gefühl, dass die Band in erster Linie monetäre Interessen hat, weil ein Wust an Veröffentlichungen auf den Markt kommt. Nach dem Geldverdienen kommt lange nichts mehr. Der Hardcore-Fan hat da den Überblick, ich leider nicht.
Bisher wurde ich von den Veröffentlichungen von earMUSIC nicht enttäuscht. Das Label veröffentlicht eine exklusive, 10-teilige Reissue-Reihe mit Konzerten, genannt „The Official Deep Purple (Overseas) Live Series“. Die bislang veröffentlichten Konzertalben aus Paris, Kopenhagen und Stockholm waren absolute Klasse und nun kam Graz 1975 an die Reihe. Die Band war damals kurz vor dem Zerbrechen, Ritchie Blackmore war bereits auf den Sprung. Aber Deep Purple Mark III lieferte eine fette Show ab. Ich kannte einige Aufnahmen bisher nur aus dem Album Made in Europe. Und als ich bei dem Graz 1975-Album den Aufkleber las, dass es sich um das komplette Konzert handeln würde, griff ich bedenkenlos zu. Da kann ich ja nichts falsch machen. Denkste. Die Musik ist zwar hervorragend, doch es ist nicht das komplette Konzert. Lüge und ich prangere dies an.

Scharmlos belogen werden hier die Fans.

Scharmlos belogen werden hier die Fans.

Am 3. April 1975 trat die Band bestehend aus Coverdale, Blackmore, Hugos, Paice und Lord vor 4000 Fans in der Grazer Eissporthalle in Ösi-Land auf und lieferte eine eindrucksvolle musikalische Show ab. Wenn man die Musik hört, gibt es kein Anzeichen für das Auseinanderbrechen der Band in wenigen Tagen. Herr Blackmore zeigt, wo der Bartl den Most holt. Nach zwei weiteren Konzerten warf Blackmore aber hin und rief Rainbow offiziell ins Leben. Sein letztes Konzert dieser Tage als Deep Purple-Mitglied war Paris, das wunderbar komplett in der Serie erschienen ist.
Die Songs auf der Graz-CD sind nicht komplett und ich bin enttäuscht. Es fehlt das im Intro angekündete Drum-Solo von Ian Paice bei You fool no one. Auch das Gitarrensolos/Blues fehlt darin. Ist hier der Titel hier Programm? Mein Kollege Jörg Laumann wies mich zudem darauf hin, dass die kompletten Zugaben fehlen. Kein „Goin‘ Down“ und „Highway Star“ – was soll denn der Aufkleber eines kompletten Konzerts? Es ist schlichtweg Betrug am Fan. Ich hätte mir auch ein Doppelalbum gekauft. Was soll so eine Veröffentlichungspolitik? Diese Art von Alben kaufen sowieso nur Fans und nicht zufällige Käufer?

Buchkritik: Deep Purple Photos 1970-2006 von Didi Zill

20. April 2014

Deep_Purple

Die britische Deep Purple gehört für mich zu den wichtigsten Vertretern des Hardrocks. Bis heute habe ich die Konzerte dieser Band immer wieder gerne besucht und auch darüber geschrieben. Verschiedene Besetzungen und Aufnahmen unterschiedlicher Qualität prägten die Bandgeschichte. Der Verlag Schwarzkopf & Schwarzkopf hat für mich eine hervorragende Fotodokumentation der Jahre 1970-2006 vorgelegt. Fotograf dieser einzigartigen Werkausgabe Deep Purple Photos 1970-2006 ist der legendäre Didi Zill. Über ihn habe ich ja bereits schon berichtet.

Didi Zill war einstmals einer ganz großen Fotografen der deutschen Jugendzeitschrift Bravo. Diese Jugendpostille veröffentlichte zahlreiche Fotos des Ausnahmekünstlers und der Ausnahmeband. Für den Band Deep Purple ist Didi Zill noch mal in sein Analogarchiv gestiegen und brachte legendäre Aufnahmen zu Tage. Was diese Aufnahmen ausmacht, ist das besondere Verhältnis zwischen Fotograf und Künstler. Die britischen Hardrocker schienen den Fotografen ins Herz geschlossen zu haben. Zill nahm am Leben der Band teil. Seine Kamera war zeitweise Bandmitglied. Dies führte zu zahlreichen sehr privaten Aufnahmen. Heute sind sie ein Teil der Rockgeschichte.

Besonders herausragend ist für uns alle natürlich die Entstehung des Albums Machine Head mit dem Song Smoke on the Water. Didi Zill hat 1971 die Aufnahmen in Montreux geschossen inklusive des Augenblicks als Ian Gillan den Text für den legendären Songs schrieb. Durch Zufall war Zill vor Ort und drückte ab. Er hat so einen der wichtigsten Momente der Rockgeschichte für die Nachwelt erhalten – dafür müssen wir ihm sehr, sehr dankbar sein.

Der Text von Smoke on the Water - Originalfoto: Zill

Der Text von Smoke on the Water – Originalfoto: Zill

Das dicke Fotobuch umfasst zahlreiche gestellte Fotos, eben die typischen Starschnitt und Bandfotos der damaligen Zeit. Besonders schön waren die Gesellen nie, vom Glamourfaktor gab es sicher interessante Fotomotive. Aber wenn man sich die Visagen genau anschaut, stellt man die Kraft in den Gesichtern fest. Vor allem Ritchie Blackmoore war wohl noch nie eine der sympathischen Gestalten. Er spielte auch bei den Aufnahmen eher den geheimnisvollen dunklen Typen. Aber das Verhältnis Zill – Blackmore war besonders, was sich an diesem Buch zeigt.

Insgesamt teilt sich das 464-seitige Buch in drei Schwerpunkte auf. Gestellte Gruppenfotos, Live Aufnahmen und Session- und Aufnahmefotos. Für mich am interessantesten sind die Letzteren. Wir sehen noch mal die legendären Konzerte in Stockholm und natürlich die Japan Tour. Vieles kenne ich nur von alten Langspielplatten oder CDs. Vor allem Made in Japan kam jetzt wieder in eine neue veröffentlichten Form heraus. Deep Purple bringt für alle Fans immer wieder Live Aufnahmen auf den Markt und wir Fans kaufen natürlich.

Wir sehen den Zerfall der Mark II Besetzung und ihr Untergang in Japan. Ich sah faszinierend das umgeworfene Schlagzeug von Ian Paice, das symbolisch die Auflösung der Band markiert. Zill war dabei und hat auch diesen entscheidenden Meilenstein der Rockgeschichte mit seiner Kamera am 29. Juni 1973 in Osaka eingefangen. Zill war aber nicht nur auf der Bühne, sondern auch hinterher in den Garderoben. Hier flossen Tränen, als die Gruppe auseinanderbracht und sich auflöste.

Aus und vorbei für Mark II. Originalfoto: Zill

Aus und vorbei für Mark II. Originalfoto: Zill

Es ging dann weiter mit David Coverdale und Glen Hughes, beide noch sehr jung. Zill war bei den Aufnahmen und Proben zu Burn dabei. Und wirklich laut gelacht habe ich beim Konzertaufnahmen vom 27. Juni 1974. Immer wieder habe ich von der Geschichte gelesen, als eine junge Dame komplett unbekleidet auf die Bühne von Kursaal Ballroom stieg und sich hinter Ian Paice stellte. Didi Zill lieferte endlich die Bilder zu diesem Event.

Sehr schön sind auch die Fotos von Didi Zill zu den Einzelprojekten der Musikanten. Jon Lord Aufnahmen mit Eberhard Schoener, Bühneneskapaden von Ritchie Blackmoore und seiner Band Rainbow mit Dio sowie David Coverdales Whitesnake, ich allerdings nicht so gerne mochte. Die meisten der Home Storys konnte man sich sparen, aber so erfahre ich wenigstens, dass Blackmoore eine Bar mit Stammtisch-Zeichen in dem Keller seines Anwesens hatte. Wer diese schrecklichen Home Story-Bilder überlebt hat, bekommt starke Aufnahmen von der Bühnenpräsenz der Band mit. Hier ist Didi Zill in seinem Element. Er dokumentierte zahlreiche Auftritte und nebenbei bemerkt man auch, wie sich die Fototechnik weiterentwickelte.

Rundum ein lohenswerter Band Deep Purple Photos 1970-2006 für Freunde des gepflegten Hardrocks. Klar Kaufempfehlung. Und zum kiloschweren Fotoband gibt es zudem noch ein Autogramm von Didi Zill dazu.

Foto 1

 

Kleiner Mann ganz groß: Nachruf auf Ronnie James Dio

18. Mai 2010
Meine erste Dio-Platte: Holy Diver - ohne Kompromisse.

Meine erste Dio-Platte: Holy Diver - ohne Kompromisse.

Irgendwie hab ich die Nachricht verpasst, aber gestern traf mich die Neuigkeit dann um so heftiger: Ronnie James Dio ist tot. Der Sänger verstarb am Sonntag, 16. Mai 2010, im Alter von 67 Jahren an Krebs.

Ich war nie ein wahrer Dio-Fan mit Kutte und so, doch ich hörte ihn über die Jahre aber ganz gerne. Das erste Mal war es noch zu meiner Schulzeit als ein Klassenkamerad mir die legendäre Platte Holy Diver (Remastered) lieh. Das Cover war nicht von schlechten Eltern und es war mir mit einem Schlag klar, was Black Metal bedeutete. Der Humor entging mir allerdings die ersten Jahre, muss ich heute gestehen. Die Musik war klassischer Hardrock der siebziger Jahre. Später kaufte ich mir die wichtigsten Aufnahmen von Dio zusammen. Ich mochte vor allem die Rainbow-Aufnahmen Long Live Rock’N’Roll und Ritchie Blackmore’s Rainbow (Re Release), aber natürlich haben auch die Black Sabbath-Aufnahmen einen fetten Sound. Solo waren neben Holy Diver mir vor allem The Last in Line und Lock Up the Wolves die liebsten Aufnahmen des kleinen Mannes mit der Hammerstimme. Lange gesucht habe ich die Aufnahmen der ersten Dio-Band Elf wie The Elf Albums: Carolina Country Ball (1974) / Trying to Burn the Sun (1975) , eigentlich mehr Bluerock als Hardrock, aber unglaublich Gefühl.

Ich glaube, Dio machte mich mit der Teufelshörner-Geste bekannt. Der kleine Finger und Zeigefinger ragen aus der Faust heraus, was an einen gehörnten Teufelskopf erinnern soll – diese Geste will Dio in die Szene eingeführt haben. Egal, ob es stimmt, eine nette Geschichte ist es allemal.

Der Tod des Musikers wird auch in der digitalen Welt begangen. Seine Gattin Wendy ließ über die Website verlauten: „Today my heart is broken, Ronnie passed away at 7:45am 16th May. Many, many friends and family were able to say their private good-byes before he peacefully passed away.“ Und es wurde sofort eine Facebook-Fanseite zum Kondolieren eingerichtet, in der über Nacht Tausende ihre Wünsche und Erinnerungen posten konnten. So ist sie wohl die Trauerarbeit im 21. Jahrhundert.

Vorstadtkrokodile – Jugenderinnerungen

3. April 2009

kroko

Heute erinnerte ich mich schlagartig an ein Missverständnis aus einer Jugend. Auf dem Weg zur Arbeit lief ich an einem Plakat zum neuen Film Vorstadtkrokodile vorbei. Und ich musste beschämt zu Boden schauen und lachen, als ich das Logo der Jugendbande sah, eben das Krokodil. In meiner Jugend sah ich 1977 natürlich den Film von Wolfgang Becker. Als ich später in die Schule kam, sah ich auf einmal viele Mitglieder von Jugendbanden. Meine Mitschüler hatten Lacoste-Klamotten an und das Logo dieser Edelmarke von damals war auch ein Krokodil. Und naiv, wie ich war, dachte ich, das Lacoste-Kroko ist das gleiche wie das der Vorstadtkrokodile. Ich war neidisch auf meine Schulkollegen, denn ich wollte der Gang auch angehören. Als ich frage, wie ich denn zu so einem Krokodil mein Eigen nennen könnte, wurde wir der Weg in eine Nobelboutique gewiesen, doch leider konnten die freundlichen Verkäufer mein Problem nicht lösen.

Ich hatte die ganze Sache verdrängt und erst als ich das Plakat wieder sah, kamen die Gedanken wieder hoch. Peinlich, peinlich.

Der Film von 1977 hat mir übrigens gut gefallen. Die Musik war stark. Der Film enthält unter anderem viele Lieder aus der LP Crime of the Century (School, Bloody Well Right, Rudy) von Supertramp, Fools von Deep Purple, Mistreated von Rainbow, Time has come today von den Chambers Brothers. In der Szene, in der Frank die Krokodiler-Hütte auf dem Ziegeleigelände demoliert, hört man Ausschnitte aus Tales of Mystery and Imagination von The Alan Parsons Project. Ich glaube, ich schaue mir die Neuverfilmung von Christian Ditter auch an. Im Keller hab ich noch das Buch von Max von der Grün.

Musik für alte Männer

23. Februar 2009

Heute wieder alte Männer-Musik. Ich bin gerade dabei einen Teil meiner alten Schallplattensammlung zu digitalisieren. Ich habe mir in den USA einen Adapter gekauft und importiere die LPs jetzt mit SpinDoctor. Eigentlich nervt es, weil der Klang von der analogen Scheibe zu wünschen lässt und außerdem die Nachbearbeitung Zeit kostet. Im Grunde kaufe ich mir viele meiner Schallplatten als CD nach oder lade sie mir bei iTunes. Heute wollte ich es aber wissen und bin wieder im Keller verschwunden, wo Hunderte LPs lagern. Ganze Schätze wühlte ich durch. Ich habe alle Maxis von Mike Oldfield gehortet, zahlreiche Dylan-Bootlegs, die ich auf Flohmärkten erstanden habe.

Dann fiel mit die Doppel-LP Beck, Bogert & Appice Live in die Hände. Bei Amazon kostet die Scheibe als CD rund 33 Euro, also machte ich mich daran, den alten Blues-Rock von Jeff Beck und Konsorten zu digitalisieren. Wenn ich ehrlich bin, fand ich eigentlich Cream immer besser, aber heute hatte ich eben Lust auf Beck, Bogert & Appice. Wahrscheinlich war das Trio als Konkurrenz zu Cream gegründet, verfügte aber nicht über die musikalische Tiefe des Originals. Obwohl Jeff Beck  den Meister Eric God Clapton bei den Yardbirds nachfolgte ist Beck zwar ein genialer Gitarrist, aber für mich ist Clapton immer noch ein paar Takte besser.

Beck, Bogert & Appice brachten meines Wissen zwei LPs heraus. Eine Studio und dann eine Live-Scheibe. Ich habe irgendwann auf einem Flohmarkt noch eine Live last Rainbow in der Hand gehabt, weiß aber nichts genaues darüber. Ist zu lange her.

Cool waren die Songs „Superstition“ (eigentlich Stevie Wonder) und „oh to love you“. „Superstition“ habe ich sogar bei YouTube in grausamer Aufnahmequalität gefunden, zeigt aber die Spielfreude der Kapelle. Echt stark. So muss Musik sein und wenn es auch nur Musik für alte Männer ist.

„Sound“ schließt zum Jahresende

23. Dezember 2008

Der Schallplattenladen meiner Jugend schließt zum Jahresende. Meine Frau hat mir eben aus der Lokalzeitung vom Münchner Merkur vorgelesen, dass der SoundMusic Store in Fürstenfeldbruck zum Jahresende schließen wird. Inhaber Rudi „Sound“ Hasmiller packt CDs und LPs zusammen und schließt nach 33 Jahren sein Geschäft. Schade, aber konsequent. Das Geschäft bestand seit 1976.

Für meine Heimatstadt war der Rudi immer eine Institution in Sachen Rockmusik. Als junger Mensch verbrachte ich grundsätzlich den Samstag Vormittag im Geschäft von Rudi in der Ledererstraße. Ich hörte Platten, später CDs und habe auch immer einen Kaufabschluss getätigt. Mit dem Fahrrad bin ich immer unterwegs gewesen, immer bedacht, dass Plattencover nicht in die Speichen des Radls zu bekommen. Meinen Freund Roland ist dies mal passiert. Das Cover zerriss, die Schallplatte im Inneren zerbrach, als es Roland der Länge nach hinstreckte. Kulanz von Rudi: Er tauschte die kaputte Platte anstandslos um. Dies war das beste Kundenbindungsprogramm des Jahres. In Windeseile sprach sich diese Tat unter uns Jugendlichen herum und Rudi war unser Held. Der zweite Schallplattenladen, „die Schallplatte“, wurde künftig von uns links liegen gelassen. Wir gingen alle zum Rudi Sound.

Die Schaufenster des Ladens mit großen Plakaten verklebt, im Inneren lief meist schwerer Hardrock der 70er: Deep Purple, Rainbow, Whitesnake. Rudi war ein Experte und gab klare Empfehlungen. Man konnte die ausgewählte Musik über verschiedene Kopfhörer anhören und anschließend mit Musikexperten im Raum philosophieren.

Ich erinnere mich, dass ich aus London einmal eine Schallplatte von Emerson, Lake & Powell mitbrachte. Es war eine Nachfolgeformation von Emerson, Lake & Palmer, nur eben Carl Palmer wurde durch Cozy Powell ausgetauscht. Diese Platte war in Deutschland nicht erschienen, warum weiß ich nicht. Rudi war von der Information begeistert und ich sollte sie mitbringen. Wir hören sie den ganzen Vormittag in seinem Laden und er bestellte sie über einen Schallplattenimport, nur dass er sie auch im Laden führen konnte. Cool. Ich glaube, die Schallplatte steht bei ihm heute noch im Regal zum Verkauf.