Bei uns im Dorf dürfen sich Schüler an der dunklen Bahnunterführung mit ihren Malkünsten austoben, damit bei diesen traurigen Zustand optisch etwas ändert. Ähnliches hab ich auf meiner Schottland-Tour durch Glasgow beobachtet.
Glasgow gilt heute als eine der bedeutendsten Street-Art-Städte Europas – ein Ruf, der nicht aus Vandalismus oder willkürlicher Schmiererei hervorgegangen ist, sondern aus einem bewussten Wandel in der Stadtentwicklung und Kulturpolitik. Die vielen Graffitis und Wandbilder, die sich über Häuserfassaden, Unterführungen, Brückenpfeiler und ganze Gebäudewände ziehen, sind Ausdruck einer kreativen Auseinandersetzung mit dem städtischen Raum, seiner Geschichte, den Menschen und sozialen Themen. Es macht unheimlichen Spaß durch diese Stadt zu spazieren und immer neue Graffitis zu entdecken.
Ein wesentlicher Grund für die Vielzahl an Graffitis liegt in der gezielten Förderung durch die Stadt selbst. Seit den 2000er Jahren unterstützt Glasgow aktiv Street-Art-Projekte, nicht zuletzt im Rahmen größerer Stadtverschönerungs- und Revitalisierungsmaßnahmen. Früher für Industrie und Schwerarbeit bekannt, hat sich Glasgow in den vergangenen Jahrzehnten neu erfunden – als Kulturstadt, Kreativmetropole und Zentrum für Design, Musik und zeitgenössische Kunst. Graffiti und Mural Art wurden dabei nicht als Problem, sondern als Potenzial gesehen: als Möglichkeit, leere oder heruntergekommene Flächen zu beleben und Identität zu stiften.
Ein Paradebeispiel dafür ist das Projekt City Centre Mural Trail, das von der Stadt in Zusammenarbeit mit lokalen Künstlern und Organisationen wie Art Pistol Projects initiiert wurde. Es handelt sich dabei um einen offiziell ausgewiesenen Rundgang durch die Innenstadt, auf dem man über 25 großformatige Wandbilder entdecken kann – von detailreichen Porträts über surrealistische Kompositionen bis hin zu politischen oder sozialkritischen Werken. Viele dieser Murals sind nicht nur ästhetisch ansprechend, sondern erzählen Geschichten aus Glasgow: über lokale Berufe, Migration, Musikgeschichte oder den Alltag im Viertel.
Hinzu kommt, dass Glasgow eine lebendige Underground-Kunstszene hat. In Vierteln wie Finnieston, Trongate oder entlang des Clyde findet man viele kleinere, nicht offiziell geförderte Werke, die oft ebenso eindrucksvoll und gesellschaftlich relevant sind. Die tolerante Haltung der Stadt gegenüber Street Art hat dazu beigetragen, dass Künstler aus ganz Großbritannien und darüber hinaus Glasgow als Bühne nutzen. Dabei verschwimmen die Grenzen zwischen „legaler“ und „illegaler“ Graffiti zunehmend – in vielen Fällen werden einst illegale Arbeiten heute als kulturelles Kapital betrachtet.
Nicht zuletzt spiegelt die Fülle an Graffitis in Glasgow auch den Stolz und den Humor seiner Bewohner wider. Die Wandkunst ist oft augenzwinkernd, manchmal melancholisch, aber fast immer geprägt von einem starken Lokalbezug. Sie macht die Straßen der Stadt zu einem offenen Museum und bringt damit Kunst dorthin, wo sie jeder sehen kann – ohne Eintritt, ohne Schwelle, mitten im Alltag.
Eindrucksvoll, sehr eindrucksvoll ist das Gebäude der Universität Glasgow. Touristen sagten mir, es erinnere sie an Harry Potter. Auf jeden Fall ist die Uni einen Besuch wert. Der Campus lädt zum Spazieren ein und natürlich schaute ich auch zur Memorial Chapel rein, bei der gerade eine Probe lief und ich einfach mitgegangen bin.
Die Memorial Chapel der Universität Glasgow ist ein eindrucksvolles, neogotisches Bauwerk im Herzen des historischen Campus auf dem Gilmorehill. Sie wurde 1929 eingeweiht und erinnert an die Studierenden und Mitarbeiter der Universität, die im Ersten Weltkrieg ihr Leben verloren. Die Kapelle besticht durch ihre ruhige, erhabene Atmosphäre, hohe Gewölbe, kunstvolle Glasfenster und eine fein gearbeitete Innenarchitektur.
Sie wird sowohl für Gottesdienste und Gedenkveranstaltungen als auch für Konzerte und akademische Zeremonien genutzt und ist ein Ort des stillen Gedenkens und der spirituellen Sammlung innerhalb der lebendigen Universitätsgemeinschaft.
Der Campus Der Campus der Universität Glasgow liegt im Westen der Stadt auf dem Gilmorehill und zählt zu den schönsten Universitätsanlagen Großbritanniens. Geprägt wird er durch das imposante Hauptgebäude im neogotischen Stil mit seinen Türmen, Arkaden und Innenhöfen, das Ende des 19. Jahrhunderts erbaut wurde. Der Campus verbindet historische Architektur mit modernen Lehr- und Forschungseinrichtungen und bietet weitläufige Grünflächen, Museen, Cafés und Bibliotheken. Die Atmosphäre ist lebendig und international, geprägt von Studierenden aus aller Welt. Der Blick über den nahegelegenen Kelvingrove Park bis hin zur Skyline Glasgows macht den Campus zu einem inspirierenden Ort zum Lernen und Leben. Ich habe mich niedergelassen und mir über diesen Campus nachgedacht. Ich selbst habe an keiner Campus-Uni studiert, was ich heute bedauere.
Hunterian Museum in Glasgow Das Hunterian Museum in Glasgow ist das älteste öffentliche Museum Schottlands und gehört zur Universität Glasgow. Es wurde 1807 gegründet und geht auf die umfangreiche Sammlung des Arztes, Anatomen und Wissenschaftlers William Hunter (1718–1783) zurück, einem ehemaligen Studenten der Universität. Das Museum befindet sich heute im Hauptgebäude der Universität auf dem Campus Gilmorehill und präsentiert eine vielseitige Sammlung aus den Bereichen Medizin, Naturwissenschaften, Archäologie, Kunst und Geschichte.
Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der medizinischen Sammlung Hunters, die Präparate, wissenschaftliche Instrumente und anatomische Studien umfasst. Ergänzt wird dies durch bedeutende naturkundliche Exponate, darunter Fossilien, Mineralien und zoologische Präparate. Auch Objekte aus der römischen Archäologie, insbesondere Funde vom Antoninuswall, sind ausgestellt. Neben der Dauerausstellung zeigt das Hunterian Museum regelmäßig wechselnde Sonderausstellungen und bietet einen Einblick in die Forschungsarbeit der Universität.
Das Museum ist öffentlich zugänglich und kostenlos zu besichtigen. Es dient nicht nur als Schaumuseum, sondern auch als Lehr- und Forschungsstätte und ist Teil des größeren Verbunds der Hunterian Collections, zu dem auch die Hunterian Art Gallery, das Mackintosh House und das Zoology Museum gehören.
Wer mich kennt, der weiß, dass ich ein großer Fan von Bob Dylan bin. Ich höre seine Musik seit Jahrzehnten, ich interessiere mich für sein Werk und habe ich London mal die Halcyon Gallery mit seinen Gemälden besucht. Jetzt stand in Schottland der Besuch der Castle Fine Art Galerie in Glasgow an.
Die Castle Fine Art Galerie in Glasgow, Teil eines renommierten britischen Filialnetzwerks, präsentiert regelmäßig hochwertige Kunsteditionen, darunter auch exklusive Werke des berühmten Musikers und Künstlers Bob Dylan. Dylan, der seit einigen Jahren auch als bildender Künstler auftritt, hat über seine Sammlung hinweg mehrere Editionen realisiert, die in der Glasgower Galerie zu sehen und zu erwerben sind.
Bob Dylans Kunstwerke Ein zentraler Teil der ausgestellten Dylan‑Editionen ist seine „The Beaten Path“-Serie, die erstmals 2016 erschien und seitdem mehrfach erweitert wurde. Sie umfasst Silkscreen‑Drucke in limitierten Auflagen, die typisch amerikanische Straßenszenen, Motels, Bahnlinien und Stadtausschnitte zeigen – eingefangen in seinem rauen, erzählerischen Stil. Die Sammlung vermittelt das Amerika abseits der Touristenroute, Reiserouten entlang von Landstraßen und kleinen Orten – stets mit einem nostalgischen Blick für Alltag und Atmosphäre.
Weitere markante Werke stammen aus der „Deep Focus“-Reihe (2023), die sich durch eine filmisch-inspirierte Komposition auszeichnet. Dylan nutzt eine Tiefenschärfe-ähnliche Technik und inszeniert Motive in Vorder- und Hintergrund mit erzählerischem Charme. Diese Arbeiten zeigen Szenen mit Figuren, Interieurs und Straßenszenen, oft mit einem cineastischen Touch und subtiler Spannung. Besonders eindrucksvoll sind Titel wie Hideaway Woman, Edge of Town oder Man on a Bridge, die Menschen in verlassenen Bars, Nachtmomenten oder urbanen Zwischenräumen inszenieren.
Neueste Präsentationen umfassen „Point Blank“ (2025) – eine Serie von acht Originalgemälden, offenbar als intime Momentaufnahmen konzipiert. Jedes wirkt wie eine visuelle Notiz oder Erinnerungsschnipsel mit emotionaler Direktheit. Besucher der Glasgow-Galerie erhalten somit Zugang zur neuesten künstlerischen Phase Dylans, die deutlich persönlicher und spontaner wirkt als seine früheren Editionen.
Atmosphäre und Präsentation in der Galerie Die Castle Fine Art Galerie in Glasgow legt Wert auf eine hochwertige, ruhige Präsentation: sauber ausgestellte Rahmen, klare Beschilderung der Editionen und professionelle Beratung. Bob Dylan-Werke sind in der Regel signierte Limited Editions und oft schnell vergriffen. Manche Ausgaben, etwa aus der Silkscreen-Kollektion, sind als „sold out“ markiert oder nur vereinzelt verfügbar. Die Ausstellung vermittelt sowohl einen Blick auf Dylans künstlerische Entwicklung als auch auf die verschiedenen Themenkreise seiner visuellen Kunst.
Insgesamt bietet die Castle Fine Art Galerie Glasgow einen überzeugenden Einblick in Bob Dylans kunsthistorisch relevante Arbeit. Mit Serien wie „The Beaten Path“, „Deep Focus“ und „Point Blank“ zeigt Dylan eine beeindruckende visuelle Bandbreite: von urbaner Americana über filmische Szenen bis hin zu persönlichen Momentporträts. Die Galerie fungiert als wichtiger Ort für Sammler und Interessierte, die Dylans bildnerisches Werk im Original erleben möchten.
US-Künstler nutzt britischen Vertrieb Dass Bob Dylan seine bildende Kunst primär über Castle Fine Art, ein renommiertes britisches Galerienetzwerk, und nicht über US-amerikanische Galerien vertreibt, lässt sich durch eine Kombination aus strategischen, künstlerischen und vielleicht auch persönlichen Gründen erklären. Ich habe dazu Becca von Castle Fine Art in Glasgow befragt. Sie verschickt die Dylan-Bilder in die ganze Welt, auch nach Deutschland.
Kontrollierte Präsentation über Castle Fine Art Castle Fine Art hat sich auf exklusive Kooperationen mit Prominenten spezialisiert, die nicht aus dem klassischen Kunstbetrieb stammen – etwa Musiker, Schauspieler oder Popkulturikonen. Für Dylan bietet diese Partnerschaft einen maßgeschneiderten Rahmen, um seine Werke hochwertig, limitiert und kuratiert zu präsentieren – ohne sich mit dem kritischeren, oft elitären Kunstmarkt der USA auseinandersetzen zu müssen.
Britisches Publikum: kulturell offener für Promi-Kunst Im Vereinigten Königreich herrscht ein etwas entspannterer Umgang mit prominenten Künstlern, die sich auch außerhalb ihres Hauptmetiers künstlerisch ausdrücken. Während in den USA Kunstkritik und akademischer Anspruch oft dominieren, ist das britische Publikum – und damit auch der Kunstmarkt – zugänglicher für „Crossovers“ wie Dylan.
Dylans enge kulturelle Beziehung zu Europa Bob Dylan hatte schon immer ein starkes Verhältnis zu Europa – sei es durch ausgedehnte Tourneen oder durch die Tatsache, dass seine Musik und Texte dort besonders literarisch rezipiert werden. Seine bildende Kunst spiegelt oft europäisch geprägte Einflüsse wider (z. B. durch Städtebilder, melancholische Straßenszenen). Der europäische Markt scheint daher empfänglicher für die atmosphärische, erzählerische Qualität seiner Werke. In Schottland hatte der Künstler ein großzügiges Anwesen, was aber vor kurzem verkauft wurde. Auch Songs deuten auf Schottland hin. Der wohl schottischste Songtitel in Dylans Werk ist „Highlands“ – ein knapp 17-minütiges Stück über Sehnsucht, Entfernung und innere Leere. Zwar ist nicht klar, ob die „Highlands“ buchstäblich die schottischen Highlands meinen, aber Dylan selbst sagte in Interviews, dass der Song stark von Robert Burns, dem schottischen Nationaldichter, inspiriert sei. Die Zeile „My heart’s in the Highlands, wherever I roam“ ist eine direkte Anspielung auf Burns’ Gedicht My Heart’s in the Highlands.
Distanz zum US-Kunstbetrieb Dylan hat zeitlebens eine Distanz zum Establishment gesucht – auch zur amerikanischen Kunstszene, die stark durch Prestige, Galeriensysteme und Sammlereliten geprägt ist. Es passt zu seiner Haltung, nicht in den klassischen Galerien in New York oder L.A. auszustellen, sondern einen alternativen Weg zu gehen – in diesem Fall über einen kommerziellen, aber kunstorientierten Anbieter wie Castle Fine Art.
Professionelles Vertriebsmodell Castle Fine Art übernimmt nicht nur die Ausstellung, sondern auch Vertrieb, PR und Kundenkontakt, und zwar in einem hochprofessionellen, aber auch stark kommerziell ausgerichteten Rahmen. Für Dylan – der lieber Kunst schafft als Netzwerke pflegt – ist das eine ideale Lösung: maximale künstlerische Kontrolle, keine Verpflichtungen gegenüber dem traditionellen Kunstbetrieb, und gleichzeitig ein starker Markt.
Ich bin in Deutschland ein leidenschaftlicher und leidgeprüfter Nutzer der Deutschen Bahn und bei meinem Urlaub in Schottland wollte ich die Leistungsfähigkeit der schottischen Bahn testen. Wir fuhren von Edinburgh nach Glasgow, nach Inverness und Stirling und zurück nach Edinburgh.
Fest steht für mich: Das Zugfahren in Schottland ist einfach und flexibel. Der Ticketkauf ist sowohl digital als auch vor Ort möglich, und der Zugang zu den Gleisen ist an die Größe des Bahnhofs angepasst. So konnte ich bequem und sicher die landschaftlichen und kulturellen Höhepunkte Schottlands entdecken.
Das Zugfahren in Schottland ist eine komfortable und landschaftlich reizvolle Möglichkeit, das Land zu erkunden. Das Bahnnetz verbindet alle größeren Städte wie Edinburgh, Glasgow, Aberdeen und Inverness sowie viele kleinere Orte und Dörfer, insbesondere im dicht besiedelten Zentralschottland. Auch abgelegene Regionen, etwa die Highlands, sind mit dem Zug erreichbar, wobei die Strecken oft durch beeindruckende Natur führen. Die Taktung in die abgelegenen Regionen ist natürlich nicht sehr dicht.
Ticketkauf Fahrkarten für Zugreisen in Schottland können auf verschiedene Arten erworben werden: Online: Über die Webseiten der Bahngesellschaften, wie ScotRail, oder über Buchungsplattformen wie Trainline. Wir haben zunächst uns in ScotRail orientiert. Hier lassen sich auch Sparpreise und Angebote finden. Klarer Tipp ist die App-Variente: Die ScotRail-App ermöglicht den Kauf und die Verwaltung von Tickets direkt auf dem Smartphone. Bahnhof: An größeren Bahnhöfen gibt es Fahrkartenschalter und Ticketautomaten. Ist der Schalter geschlossen, steht meist ein Automat zur Verfügung. Das haben wir nicht ausprobiert, aber in den Bahnhöfen waren immer freundliche Schotten vor Ort. Im Zug: Auf weniger frequentierten Strecken oder an kleinen Bahnhöfen ohne Automaten kann das Ticket auch direkt beim Schaffner gekauft werden. Allerdings sind dort nicht immer alle Ticketarten, insbesondere Sparpreise, verfügbar. Einen Kontrolleur haben wir mehrmals getroffen, aber in Glasgow war der Kontrolleur vom Dialekt schwer verständlich.
Es gibt verschiedene Ticketarten, darunter flexible „Anytime“-Tickets, die eine freie Zugwahl am Geltungstag erlauben, sowie günstigere „Off-Peak“-Tickets für Fahrten außerhalb der Hauptverkehrszeiten. Für Touristen sind auch Pässe wie der „BritRail Spirit of Scotland Pass“ erhältlich, die unbegrenzte Fahrten an mehreren Tagen ermöglichen. Wir haben die Off-Peak-Tickets genutzt.
Zugang zu den Gleisen An vielen größeren Bahnhöfen in Schottland ist der Zugang zu den Bahnsteigen durch automatische Schranken geregelt. Diese Schranken lassen sich mit dem gültigen Ticket oder einem Barcode öffnen. Wer ein digitales Ticket oder einen Bahnpass besitzt, kann diesen an den Lesegeräten scannen. Sollte kein Barcode-Lesegerät vorhanden sein, steht meist ein besetzter Seiteneingang zur Verfügung, an dem das Personal das Ticket kontrolliert und den Zugang gewährt. Damit wird das Thema Schwarzfahren angegangen.
An kleineren Bahnhöfen, insbesondere in ländlichen Regionen, gibt es oft keine Bahnsteigsperren. Hier ist der Zugang zu den Gleisen frei, und die Fahrkarten werden erst im Zug kontrolliert. In den großen Bahnhöfen wie Glasgow Queen Street oder Edinburgh Waverley ist das Passieren der Schranken mit dem Ticket jedoch obligatorisch, sowohl beim Betreten als auch beim Verlassen des Bahnsteigs.
Interessant war auch, dass in jedem Bahnhof Hilfen für Rollstuhlfahrer bereitstanden. Es handelt sich um gelbe Rampen. In den größeren Bahnhöfen gab es dazu eigenes Servicepersonal, die unterstützen konnten.
Nun, als ich vor 25 Jahren das letzte Mal in Schottland war, empfand ich die Küche als bescheidend. Meine Frau und ich besuchten ausschließlich asiatische Restaurants. Das ist heute komplett anders. Die schottische Küche hat sich komplett gewandelt und ist hochwertig, ohne ihre Traditionen zu verlieren.
Das schottische Frühstück Wir aßen in kleinen Cafés oder gleich in Pubs, um ein wenig kulinarische Authentizität auf den Teller zu erhalten. Ein typisches schottisches Frühstück ist herzhaft, sättigend und besonders vielfältig. Es besteht meist aus Eiern – als Spiegelei oder Rührei –, gebratenem Bacon und würzigen Frühstückswürstchen. Eine regionale Spezialität ist die sogenannte Lorne Sausage, eine flache, quadratische Wurstscheibe, die gebraten wird.
Der Lorne Sausage, auch bekannt als Square Sausage, Flat Sausage oder Slice Sausage, ist eine Spezialität: ein rechteckiger Bratling aus einer Mischung von gehacktem Rind‑ und Schweinefleisch, Paniermehl (Rusk) und Gewürzen – ganz ohne Wursthülle. Die Masse wird in eine rechteckige Form gepresst und in etwa einen Zentimeter dicke Scheiben geschnitten, die in der Pfanne knusprig gebraten werden.
Ebenfalls charakteristisch ist der Black Pudding, eine kräftig gewürzte Blutwurst mit Hafermehl. Ergänzt wird das Frühstück durch gebackene Bohnen in Tomatensauce, gegrillte Tomaten und Pilze sowie Hash Browns oder gebratene Kartoffelscheiben. Eine weitere typisch schottische Beilage sind die Tattie Scones – flache Kartoffelfladen, die in der Pfanne erhitzt werden. Dazu reicht man Toast oder gebratenes Brot sowie schwarzen Tee oder Kaffee.
Ich freue mich immer auf Haggis. Für mich das traditionelle schottische Nationalgericht, das aus einer kräftig gewürzten Mischung von Schafsinnereien (Herz, Leber, Lunge), Hafermehl, Zwiebeln, Rindernierenfett und Gewürzen besteht. Ursprünglich wurde die Masse in einem Schafsmagen gekocht, heute wird meist eine künstliche Hülle verwendet. Trotz seines rustikalen Rufs ist Haggis für viele ein kulinarisches Highlight – besonders in Kombination mit „neeps and tatties“ (Steckrüben und Kartoffeln). Haggis schmeckt herzhaft, leicht nussig und ist überraschend fein in der Konsistenz – ein Stück schottische Identität auf dem Teller.
Beim schottischen Frühstück sind “Rolls” weiche, meist leicht bemehlte Brötchen, die oft als Grundlage für verschiedene warme Beläge dienen. Besonders beliebt sind sogenannte “Breakfast Rolls”, die mit Zutaten wie Bacon, Wurst, Black Pudding, Ei oder Lorne Sausage gefüllt werden. Sie sind fester Bestandteil vieler Frühstückstheken und Bistros in Schottland und gelten als schnelle, sättigende Variante des klassischen Frühstücks – praktisch zum Mitnehmen oder für unterwegs. Besonders verbreitet ist die Kombination „Bacon Roll“ oder „Sausage and Egg Roll“. Rolls sind damit keine süßen Brötchen, sondern herzhafte Begleiter des typisch schottischen Frühstücks.
Mittag- und Abendessen Wir haben viel ausprobiert und vieles war hervorragend. Hier ein paar Lokaltipps und eine Warnung. Die Preise sind in Schottland hoch, wenn man aber aus München kommt, dann sind sie keine Überraschung.
Golden Ambal South Indian Restaurant, Edinburgh Wie wir es von Schottland aus der Vergangenheit gewohnt waren, war das erste Essen indisch. Als Inder aus Australien vor dem Golden Ambal South Indian Restaurant in Edinburgh standen und uns die Speisen empfohlen, war klar: Hier müssen wir rein. Das Golden Ambal North & South Indian Restaurant, gelegen an der Leith Walk in Edinburgh, ist bekannt für seine authentisch indischen Aromen, die sowohl aus Nord- als auch Südindien stammen. Das Lokal kombiniert landestypische Gerichte wie Masala Dosa, Idly, Vadai, Korma, Jalfrezi und Biryani. Das Restaurant gilt als besonders gut für seine Südindischen Speisen. Die Dosas (knusprige Pfannkuchen aus Reis und Linsen) werden vielfach gelobt, ebenso wie die Vielfalt an Füllungen – vom klassischen Masala-Dosa über Mysore-Varianten bis hin zu Gemüse- oder Käsefüllungen. Auch die Nordindischen Gerichte wie Chicken Tikka Masala oder Lammgerichte genießen Lob, etwa in Rezensionen mit der Beschreibung „tikka masala curry“ als besonders gelungen.
Fishers, Edinburgh Das Fishers Restaurant, mit seinen zwei Standorten – dem ursprünglichen am historischen Hafen von Leith und der Filiale Fishers in the City in der Altstadt –, gilt als feste Größe der edlen Seafood-Szene Edinburghs. Beide Häuser teilen sich eine Leidenschaft: frischeste Meeresspezialitäten mit überzeugender Qualität und kreativem Anspruch zu kombinieren.
Wir waren im Zentrum von Leith essen, in einem 17. Jahrhundert-Wachturm an der Water of Leith, befindet sich das ursprüngliche Fishers Restaurant. Laut Harden’s, einem renommierten UK-Gastronomieführer, liefert das Haus „great fresh fish, beautifully cooked in a kitchen the size of a 50p piece“ – gemütlich, authentisch und direkt am Wasser gelegen. Das Lokal ist bekannt für seine Fischgerichte aus schottischer Herkunft, wie z. B. Lochgilphead Crab oder frische Muscheln aus Shetland. Gäste loben die Qualität als „fabulous“, den Service als „wonderful“ und beschreiben das Essen als „outstanding“. Unbedingt reservieren, sonst wartet man ewig.
Amber, Edinburgh Eigentlich habe ich an dieser Stelle einen Touristennepp erwartet. Aber ich wurde enttäuscht und bin extrem positiv überrascht. Das Amber Restaurant & Whisky Bar, zentral gelegen am Royal Mile, ist Teil des bekannten Scotch Whisky Experience in Edinburgh – direkt unterhalb des Edinburgh Castle. Seit über 20 Jahren hat sich das Restaurant als kulinarische Botschaft schottischer Küche etabliert, die traditionelle Gerichte modern interpretiert und mit einer umfassenden Whisky-Kultur verbindet. Über Whisky schreibe ich ein anderes Mal. Amber bietet saisonal inspirierte Menüs, darunter das berühmte „Taste of Scotland“-Tasting-Menü sowie Scottish Tapas. Die Gerichte stammen aus regionalen Zutaten – von Wildlachs, Rind und Lamm bis zu saisonalem Gemüse. Die Küche zeigt klassisch-schottische Aromen mit kreativer Note, etwa bei Haggis mit Whisky-Sauce oder lokal produzierten Tapas-Variationen. Das Restaurant vermittelt eine warme und einladende Atmosphäre mit rustikal-industriellem Flair. Holzdetails, gedimmtes Licht und schottisches Dekor schaffen ein Ambiente, das gleichzeitig historisch verwurzelt und modern wirkt. Der angrenzende Barbereich bietet Raum für gesellige Tastings und Treffen in überraschend stilvoller Umgebung.
Drygate, Glasgow Das Drygate Brewing Co. verbindet Kunst des Craft-Beer-Brauens mit einer modernen, unaufdringlich gastfreundlichen Küche – perfekt für ein entspannteres Mittag- oder Abendessen. Das Bar & Kitchen im Erdgeschoss ist hell, großzügig gestaltet und bietet einen direkten Blick in die Brauerei, was eine lebendige Atmosphäre schafft. Die Speisekarte präsentiert regional inspirierte, gleichzeitig international geprägte Gerichte. Klassiker wie der Drygate Beef Burger mit Jerk-Ox-Cheek überraschen durch saftiges Rindfleisch und intensiv aromatische Ochsenschulter – kombiniert in einem fluffigen Brioche-Bun und serviert mit knusprigen, dreifach frittierten Pommes. Vegetarische Varianten wie der Falafel-Burger auf Paprika-Chips oder der Vegan Burger mit Plant‑Based-Patty bieten eine sorgfältige pflanzliche Alternative.
Für Liebhaber von Pub‑Gerichten sind Bearface Lager Fish & Chips mit knusprigem Bierteig, zarten Haddock‑Stücken, “mushy peas” und hausgemachter Tartarsauce eine gute Wahl; ergänzt durch Curry‑ oder Brown-Sauce auf Wunsch. Zu weiteren Highlights zählen saisonale Currys wie das Thai Red Curry mit Süßkartoffeln, Bohnen und Jasminreis (optional mit Huhn oder Garnelen), sowie der aromatische Ayrshire Beetroot Orzotto, bei dem Perl-Gerste, Rote Beete, Walnüsse und Ziegenkäse harmonisch kombiniert werden.
Butchershop, Glasgow Hochwertige Steaks fand ich hier. Im The Butchershop im West End von Glasgow spielt das Steak die Hauptrolle – und das aus gutem Grund. Das Restaurant setzt ausschließlich auf hochwertiges, schottisches Grasfutter-Rindfleisch, das „on the bone“ gereift und dry aged wird, um seine Aromen zu intensivieren. Damit genießt es den Ruf, möglicherweise die besten Steaks der Stadt anzubieten.
Die Auswahl umfasst sowohl Cuts to Share (Steaks zum Teilen, abgerechnet pro 100 g) wie Porterhouse, Rib, Bone‑in Sirloin, Filet oder Chateaubriand als auch Individual House Cuts (Einzelportionen) wie Fillet, Sirloin, Rib‑Eye, D‑Rump und das besonders große Cote de Boeuf. Jedes Gericht wird mit Beilagen und einer Auswahl an Soßen serviert – etwa Pfeffersoße, Bearnaise, Knoblauchbutter oder Chimichurri – sowie optionalen Toppings wie gegrilltem Knochenmark oder Blue Cheese Butter.
McBain’s By The River, Inverness Im McBain’s By The River, einem familiengeführten Restaurant direkt am Ufer des River Ness in Inverness, steht jeweils saisonal regionales Fleisch im Fokus – darunter auch Rindfleisch, das mindestens 28 Tage gereift und von lokalen Produzenten bezogen wird . Die Steak-Auswahl auf der À-la-carte-Karte umfasst qualitativ hochwertiges und trocken gereiftes (dry‑aged) Sirloin Steak. Dieses wird klassisch zubereitet und meist mit Champignons und gegrillten “vine cherry” Tomaten serviert, typisch garniert für die Steak‑Gerichte im Lokal.
Ich mag das Gesamtkonzept: Eine Mischung aus lokal inspirierten Zutaten, sorgfältiger Zubereitung und persönlicher Gastlichkeit – die Mahlzeiten in diesem kleinen Restaurant, das an seinem festen Standort auf Bank Street ansässig ist, schließen dabei oft mit optisch ansprechenden Desserts wie Eton Mess . Insgesamt präsentiert McBain’s eine elegant-sachliche Küche, die traditionellen Ansprüchen gerecht wird. Die Steaks sind klar das Herzstück: sorgfältig gereift, geschmacklich differenziert und mit klassischer Begleitung serviert – bei hoher Konstanz in Qualität und Gargrad.
Prime, Steak & Seafood, Inverness Eine absolute Enttäuschung. Man hat uns dieses Speiselokal empfohlen, aber von der Atmosphäre und Lautstärke war es wie eine Bierkneipe. Das Brot zur Suppe war steinhart und musste noch mal neu geordert werden, dann war es in Ordnung. Das Fleisch des Tomahawk Steaks war kalt, der Sud der Muscheln sollte Harissa sein, war aber fad. Das Lokal positioniert sich als erstes reines Steak- & Seafood-Restaurant der Stadt. Die Steaks – etwa das 140 g Rump-Steak – werden mit Pommes („skin-on fries“) und verschiedenen Soßen serviert, darunter Peppercorn, Red Wine Jus oder Chimichurri. Die Zutaten stammen laut Betreiber von lokalen, nachhaltigen Erzeugern.
Allerdings berichten mehrere Gäste von ungeregeltem Service und langen Wartezeiten, besonders bei der Bestellung von Getränken und Speisen trotz freier Tische – was zu allgemeiner Unzufriedenheit beitrug. Auch Kritiken bei Yelp erwähnen, dass die Burger zäh und das Ambiente heiß und eng gewesen sein sollen, was indirekt für mangelnde Qualität im Gewerbe sprechen könnte. Ich rate ab und würde nicht noch einmal hingehen.
Green Gates Authentic Indian Restaurant, Stirling Der kulinarische Start der Reise war indisch und das Ende in Stirling auch. Das Restaurant ist zentral gelegen in der Altstadt und dort erwartet Gäste eine authentische indische Küche mit klarem Fokus auf Qualität und Geschmack. Das Ambiente ist ruhig und angenehm, mit warmen Farben und moderner, unaufdringlicher Einrichtung.
Die Speisekarte deckt traditionelle Gerichte aus Nord‑ und Südindien ab, mit einem ausgewählten Angebot, das bewusst bewusst nicht auf Masse geht. Stattdessen werden Spezialitäten mit Sorgfalt zubereitet – oftmals frisch vom Tandoor oder als Streetfood-Varianten à la Indo-Chinese Fusion.
Als Vorspeisen sind etwa Vegetable Pakora, Paneer Tikka oder Auberginen-Fritters beliebt. Der Gemüse-Pakora wird wiederholt als besonders leicht und aromatisch hervorgehoben – dünn paniert und gut gewürzt. Auch der Vegetable Karahi – ein würziges Schmorgericht mit Gemüse – zählt zu den „best Indian meals“. Die Portionen sind üppig, trotz moderater Preise und sorgen somit oft für ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis . Die Auswahl umfasst darüber hinaus Hauptgerichte mit Fleisch, Fisch oder vegetarische Optionen. Klassiker wie Chicken Tikka Masala und Biryani werden besonders positiv erwähnt, ebenso wie Tandoori-Scallops, Lammshanks im Bag, oder frische Meeresfrüchte vom Spezialitätenmenü – stets mit aromatischen Marinaden und Kompositionen.
Über den Dächern Glasgows, wo der Wind die Geschichten der Vergangenheit mit sich trägt und die Sonne am Abend die Stadt in goldenes Licht taucht, erhebt sich ein Ort von erhabener Schönheit und stiller Würde: der Glasgow Necropolis.
Wie ein steinernes Gedicht liegt dieser viktorianische Friedhof auf einem Hügel, dem sogenannten „Cathedral Hill“, gleich neben der ehrwürdigen St Mungo’s Cathedral. Von hier aus schweift der Blick über die pulsierende Metropole, doch der Necropolis selbst scheint in einer eigenen Welt zu existieren – einer Welt, in der Zeit und Raum ineinanderfließen und die Stimmen der Geschichte niemals ganz verstummen. Meine Frau und ich wanderten einen halben Tag über diesen Ort der Ruhe und hingen unseren Gedanken nach.
Die Entstehung des Necropolis ist untrennbar mit dem Aufstieg Glasgows im 19. Jahrhundert verbunden. Die Stadt wuchs, getrieben von Handel, Industrie und Innovation, zu einer der wichtigsten Metropolen Großbritanniens heran. Mit dem Wohlstand kam auch der Wunsch nach einem würdevollen Ort, an dem die Bürger ihre letzte Ruhe finden konnten. Inspiriert vom Pariser Père Lachaise, wurde 1832 der Grundstein für den Necropolis gelegt. Schon bald entwickelte sich der Friedhof zu einem Spiegelbild der Gesellschaft: Hier ruhen Kaufleute und Industrielle, Künstler und Wissenschaftler, Geistliche und einfache Bürger – jeder Grabstein, jedes Mausoleum erzählt seine eigene Geschichte.
Mehr als 50.000 Menschen sind im Glasgow Necropolis begraben, doch nur etwa 3.500 Gräber sind durch aufwändige Monumente und kunstvolle Inschriften gekennzeichnet. Viele der Namen, die man hier liest, sind untrennbar mit der Geschichte Glasgows verbunden. Da ist zum Beispiel John Knox, der berühmte schottische Reformator, dessen imposantes Denkmal hoch oben auf dem Hügel thront – auch wenn er selbst nicht hier begraben liegt, sondern symbolisch für die protestantische Tradition Schottlands steht. In unmittelbarer Nähe finden sich die Gräber von William Miller, dem Dichter des berühmten Kinderliedes „Wee Willie Winkie“, und Charles Tennant, einem Chemiker und Industriellen, der mit seiner Erfindung der Bleichpulverproduktion Glasgows wirtschaftlichen Aufstieg maßgeblich mitprägte.
Auch Frauen, die in ihrer Zeit Herausragendes leisteten, fanden hier ihre letzte Ruhe, wie etwa Isabella Elder, eine der ersten Förderinnen der Frauenbildung in Schottland. Ihre Grabstätte ist ein stilles Zeugnis für Mut und Engagement in einer von Männern dominierten Welt.
Wer durch die gewundenen Pfade des Necropolis wandelt, begegnet einer Vielzahl architektonischer Stile: von neoklassizistischen Tempeln über gotische Türme bis hin zu ägyptisch inspirierten Obelisken. Die Monumente sind oft mit Symbolen geschmückt – Anker für Hoffnung, gebrochene Säulen für ein zu früh beendetes Leben, und Efeuranken als Zeichen unvergänglicher Erinnerung. Zwischen den Gräbern wachsen uralte Bäume, deren Wurzeln sich tief in die Erde graben, als wollten sie die Geschichten der Toten bewahren und weitertragen.
In den frühen Morgenstunden, wenn Nebel über den Hügel zieht und die Stadt noch schläft, scheint der Necropolis von einer fast überirdischen Stille erfüllt. Es ist eine Atmosphäre, die zum Nachdenken und Träumen einlädt. Viele Besucher berichten, dass sie hier eine besondere Nähe zur Vergangenheit spüren – als ob die Mauern und Statuen selbst Geschichten flüstern würden, von Liebe und Verlust, von Hoffnung und Vergänglichkeit. Ich muss zugeben, ich habe davon nichts gespürt. Ich war einfach nur überwältig von der Größe und der Pracht. Ich erinnerte mich an die Beerdigung meiner Eltern, hing diesen Gedanken nach.
Und wie es sich für einen Ort von solcher Geschichte und Aura gehört, ranken sich zahlreiche Märchen und Legenden um den Necropolis. In den Pubs der Stadt erzählt man sich, dass in mondlosen Nächten die Geister der alten Kaufleute und Dichter durch die Alleen wandeln.
Besonders bekannt ist die Sage vom „grauen Gentleman“, einem freundlich gesinnten Geist in viktorianischer Kleidung, der einsamen Spaziergängern Gesellschaft leisten und sie sicher durch das Labyrinth der Grabmale führen soll. Manche schwören, in windigen Nächten das leise Lachen von Kindern zu hören – vielleicht die Stimmen der kleinen Seelen, die hier ihre Ruhe fanden. Natürlich sind diese Erzählungen nichts als Märchen, geboren aus der Fantasie und dem Zauber dieses einzigartigen Ortes, doch sie verleihen dem Necropolis einen Hauch von Magie, der Besucher aus aller Welt in seinen Bann zieht. Ich habe bei meinen Spaziergängen durch die Gräberreihen nichts davon gespürt, obwohl ich für solche Spukgeschichten empfänglich bin.
Der Glasgow Necropolis ist mehr als ein Friedhof – er ist ein lebendiges Museum, ein Garten der Erinnerung, ein Ort, an dem die Geschichte Glasgows in Stein gemeißelt und doch voller Leben ist. Wer hier verweilt, spürt nicht nur die Ehrfurcht vor den Generationen, die vor uns gingen, sondern auch die Schönheit des Augenblicks. Zwischen den Gräbern, unter den alten Bäumen und im goldenen Licht der untergehenden Sonne wird der Necropolis zu einem Ort der Versöhnung zwischen Vergangenheit und Gegenwart, zwischen Leben und Tod, zwischen Realität und Märchen.
So bleibt der Glasgow Necropolis ein stiller, aber kraftvoller Zeuge der Zeit – ein Ort, der die Herzen seiner Besucher mit Staunen, Ehrfurcht und einer leisen Sehnsucht erfüllt. Wer den Mut hat, sich auf seine besondere Atmosphäre einzulassen, wird reich beschenkt: mit Geschichten, mit Inspiration und mit dem Gefühl, Teil eines großen Ganzen zu sein, das über Generationen hinweg Bestand hat.
Im Glasgow Necropolis gibt es keine offiziell ausgewiesenen Bereiche, die ausschließlich für bestimmte Gruppen oder besonders viele Tote reserviert sind, wie man das von manchen Friedhöfen mit klar getrennten Sektionen kennt. Der gesamte Friedhof ist ein weitläufiges Gelände mit zahlreichen Grabstätten und Monumenten, die sich über die Hügel und Wege verteilen. Die meisten Gräber sind also anonym oder nur durch kleine, schlichte Markierungen sichtbar.
Mein letzter Besuch in Glasgow liegt rund 25 Jahre zurück und seitdem hat sich diese schottische Arbeiterstadt stark verändert. War Glasgow früher eine gefährliche Stadt, so hat die Stadtführung einiges getan, um das Verbrechen einzudämmen. Im Zentrum spürt man wenig vom rauen Ton der Vergangenheit.
Und als Studentenstadt hat Glasgow das Radfahren für sich entdeckt. Ich habe auf meiner Reise die meisten Radler in Glasgow entdeckt.
Glasgow entwickelt sich tatsächlich zunehmend zu einer Fahrradstadt, und diese Entwicklung ist sowohl in der Infrastruktur als auch im Nutzungsverhalten der Bewohnerinnen und Bewohner spürbar. Der Wandel wird durch eine Vielzahl von Maßnahmen und Investitionen vorangetrieben, die darauf abzielen, das Radfahren als alltägliches Fortbewegungsmittel zu etablieren und die Stadt lebenswerter sowie nachhaltiger zu machen.
Ein wesentlicher Grund für diese Entwicklung ist die konsequente Ausweitung und Verbesserung der Radinfrastruktur. Glasgow hat in den vergangenen Jahren erhebliche Investitionen in sichere, getrennte Radwege getätigt – etwa durch Projekte wie den South City Way, der eine direkte, geschützte Verbindung zwischen dem Süden der Stadt und dem Zentrum schafft. Diese Routen werden sehr gut angenommen: So nutzen etwa 900 Menschen täglich die neue aktive Route im Südosten, und auf der Victoria Road sind bereits rund 13% aller Wege mit dem Rad zurückgelegt worden. Solche Zahlen zeigen, dass mehr Menschen das Fahrrad nutzen, wenn sie sich sicher fühlen und die Infrastruktur vorhanden ist.
Ein weiterer wichtiger Faktor ist die politische und gesellschaftliche Unterstützung. Die Stadtverwaltung, die schottische Regierung und lokale Organisationen fördern aktiv den Ausbau des Radnetzes und setzen auf eine integrative Mobilitätsstrategie, die auch andere nachhaltige Verkehrsmittel wie das Zufußgehen und öffentliche Verkehrsmittel einbezieht. Zudem werden gezielt Initiativen für unterrepräsentierte Gruppen wie Frauen, Menschen mit Behinderungen oder einkommensschwache Familien gefördert, um die Teilhabe am Radverkehr zu erhöhen.
Die Kombination aus moderner Infrastruktur, finanzieller Förderung, politischem Willen und gesellschaftlicher Akzeptanz führt dazu, dass immer mehr Menschen in Glasgow das Fahrrad als praktische, gesunde und klimafreundliche Alternative zum Auto nutzen. Die Stadt ist mit dem UCI Bike City Label ausgezeichnet worden und verfolgt ehrgeizige Ziele: Bis 2030 soll niemand weiter als 800 Meter von einer sicheren Radroute entfernt wohnen, und Schulen sollen maximal 400 Meter entfernt sein.
Insgesamt ist Glasgow auf dem besten Weg, eine der fahrradfreundlichsten Städte Europas zu werden – auch wenn noch einige Herausforderungen bleiben, etwa bei der weiteren Vernetzung der Radwege und der Integration des Radverkehrs in das gesamte Mobilitätssystem der Stadt.
Der Glasgow Necropolis übt auf Gothic-Fans eine ganz besondere Faszination aus, da er wie kaum ein anderer Ort die Ästhetik, Symbolik und Atmosphäre der Gothic-Kultur widerspiegelt. Bei meinem Streifzug durch diesen faszinierenden Friedhof traf ich verschiedene Gothic-Fans, die die Atmosphäre für fotografische Aufnahmen nutzen.
Ich sprach die Leute ohne Vorbehalte an. Die Schotten antworteten wir begeistert, nachdem wir auch ein bisschen über Gothic-Musik geplaudert hatten. Die asiatischen Frauen reagierten eher verschüchternd, sprachen aber dann auch, als sie etwas Vertrauen gewonnen hatten. Als Journalist war ich neugierig und wollte wissen, warum dieser Friedhof zu einem Magneten für Liebhaber des Düsteren und Romantischen ist. Hier die Antworten auf meine Fragen.
Architektur und Stilvielfalt Die Necropolis ist ein Paradebeispiel viktorianischer Friedhofskultur und beeindruckt durch eine Mischung aus gotischer, ägyptischer und griechischer Revival-Architektur. Über 3.500 kunstvoll gestaltete Grabmäler, Mausoleen und Skulpturen verteilen sich über die Hügel und Terrassen. Besonders die zahlreichen spitzen Obelisken, verwitterten Engel, melancholischen Statuen und monumentalen Familiengräber schaffen eine Kulisse, die wie aus einem Gothic-Roman entsprungen scheint. Hier findet jeder schnell sein spezielles Fotomotiv.
Die Lage und Atmosphäre Der Friedhof liegt auf einem Hügel östlich der St Mungo’s Cathedral, selbst ein Meisterwerk gotischer Baukunst. Die erhöhte Lage bietet dramatische Ausblicke über die Stadt und verstärkt das Gefühl, sich in einer eigenen, entrückten Welt zu befinden. Nebel, Wind und das wechselhafte schottische Wetter verleihen der Necropolis eine mystische, manchmal fast übernatürliche Stimmung – ideal für alle, die sich von der Melancholie und Schönheit des Vergänglichen angezogen fühlen.
Symbolik und Kunst Die Grabmale sind reich an Symbolen, die für die Gothic-Szene eine besondere Bedeutung haben: gebrochene Säulen, Totenschädel, Efeuranken und Engel, die über die Toten wachen. Die kunstvollen Inschriften und die morbide Schönheit der verwitterten Steine regen die Fantasie an und laden zum Nachdenken über Leben, Tod und Unsterblichkeit ein.
Historische Bedeutung und Geschichten Der Necropolis ist nicht nur ein Ort der Trauer, sondern auch ein „Museum unter freiem Himmel“, das die Geschichte Glasgows und seiner Menschen erzählt. Viele Persönlichkeiten, Künstler und Industrielle sind hier begraben, ihre Geschichten spiegeln sich in den Monumenten wider. Ich muss leider zugeben, dass ich die wenigsten Verstorbenen kannte. Aber die reiche Historie und die vielen Legenden, die sich um den Friedhof ranken, bieten Stoff für düstere Erzählungen und Inspiration für die Gothic-Subkultur.
Märchen und Legenden Wie es sich für einen so alten und eindrucksvollen Ort gehört, ranken sich zahlreiche Märchen um den Necropolis. So wird erzählt, dass in nebligen Nächten Geister durch die Alleen wandeln – Geschichten, die von der Gothic-Szene gerne aufgegriffen und weitergesponnen werden. Diese Legenden sind natürlich als Märchen zu verstehen, tragen aber zur besonderen Aura des Ortes bei. Ich war bei strahlendem Sonnenschein vor Ort und traf auf keine Geister, sondern nur auf durstige Seelen.
Der Glasgow Necropolis vereint alles, was das Herz eines Gothic-Fans höherschlagen lässt: spektakuläre Architektur, düstere Symbolik, eine melancholische Atmosphäre und eine reiche Geschichte voller Geheimnisse und Geschichten. Wer sich für die Ästhetik des Morbiden und die Schönheit des Vergänglichen begeistert, findet hier einen der eindrucksvollsten Orte Europas. Und wer ohne Vorurteile auf die Gothic-Szene zugeht und das freundliche Gespräch sucht, der hat mehr vom Leben. Und die Toten hat die Fotosessions nicht mehr gestört.
Die Schotten haben einen wunderbaren Humor. Und der Humor im rauen Glasgow ist nochmal besonders. Das zeigt an dem meistfotografierten Denkmal der Stadt. Die Statue von Herzog Wellington vor dem Museum of Modern Art (GoMA) in Glasgow trägt fast immer ein oder mehrere Verkehrshütchen auf dem Kopf – und das ist kein offizieller Teil des Denkmals, sondern eine Art inoffizielle Tradition.
Der Tourist bleibt stehen, staunt und fotografiert. Diese ungewöhnliche Verkehrskegel-Praxis begann vermutlich in den 1980er-Jahren. Der alkoholisierte Schotte setzte dem dem Duke-of-Wellington-Standbild einen Verkehrskegel auf den Kopf – aus Spaß und als ironische Geste oder auch als Protest gegen die Obrigkeit. Die Behörden entfernten ihn jedes Mal, aber er tauchte immer wieder auf. Mit der Zeit wurde das Hütchen zu einem beliebten Symbol für Glasgower Humor, Eigenwilligkeit und Anti-Autoritätsdenken.
Wie mir die Einwohner erklärten, ist die Statue mit dem Hütchen ist heute eine Art Markenzeichen von Glasgow. Sie steht für die Selbstironie und den Witz der Stadtbewohner. Viele Besucher fotografieren gezielt diese Statue – mit Hütchen. Auch ich musste mehrere Fotos schießen. Ohne Hütchen wäre die Statue wahrscheinlich nicht annähernd so bekannt.
Aber der Humor rief auch die Autoritäten auf den Plan. 2013 versuchte der Stadtrat, Maßnahmen zu ergreifen, um das ständige Besteigen der Statue zu verhindern. Der öffentliche Aufschrei war so groß, dass die Pläne fallengelassen wurden. Es gab sogar eine Online-Petition mit dem Titel „Keep the Cone“ („Lasst den Hütchenhut drauf!“), die tausende Unterstützer fand.
Der Verkehrskegel auf dem Kopf des Duke of Wellington ist zu einem inoffiziellen, aber weltweit bekannten Symbol des Glasgower Humors und der Stadtkultur geworden. Was als nächtlicher Streich begann, ist heute Teil der städtischen Identität.