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Buchtipp: „Capa – Die Wahrheit ist das beste Bild“ von Florent Silloray

6. September 2025

Ich habe eine erfolgreiche Online-Seminarreihe zum Thema politische Fotografie und Fotografen und natürlich wurde Reihe mit dem wichtigsten Krisenfotografen Robert Capa eröffnet. Nun bekam ich die interessante Grafic Novel “Capa – Die Wahrheit ist das beste Bild” von Florent Silloray (Originaltitel Capa – l’Étoile filante) in die Hände.

Es ist eine grafische Biografie, die das bewegte Leben eines der bedeutendsten Kriegsfotografen des 20. Jahrhunderts, Robert Capa (eigentlich Endre Ernö Friedmann), chronologisch nacherzählt. Sie umfasst etwa 88 bis 90 Seiten im Hardcoverformat und ist 2017 im Knesebeck Verlag erschienen. Der deutsche Titel des Buches stammt von Capas offizieller Biografie.

In einer reduzierten Farbpalette – vor allem Schwarz, Weiß, Grau- und Sepiatöne mit gelegentlichen roten Akzenten – gelingt Silloray eine historisch wirkungsvolle Atmosphäre, die sowohl Capas fotografisches Schaffen als auch seine inneren Lebenskonflikte einfängt. Charakteristisch sind die sparsamen Farbhöhepunkte, etwa die rote Flagge, das rote Licht in einer Dunkelkammer oder Blut – ebenso einige grafische Effekte, die etwa Schärfentiefe andeuten.

Der narrative Fokus liegt auf Capas Lebensrückblick aus seiner letzten Lebensphase: Silloray eröffnet mit einer Rückblende in den „letzten Winter“ Capas in den Schweizer Alpen (Frühjahr 1954), gezeichnet als ein erschöpfter, sich mit Rückenschmerzen und Selbstzweifeln ringender Mann. Darauf folgen zentrale Stationen seines Lebens – vom Spanischen Bürgerkrieg über die ikonischen Kriegsbilder bis zur Gründung der Agentur Magnum, seinen persönlichen Beziehungen und Reflexionen bis hin zu seinem tragischen Tod 1954 in Indochina.

Die Illustrationen zeigen ihn direkt in den Momenten, in denen er seine berühmten Fotos macht – etwa den berühmten „Tod eines loyalistischen Milizionärs“ während des Spanischen Bürgerkriegs oder die Landung in der Normandie am D-Day – und bieten so eine originelle Perspektive auf die Entstehungsgeschichte der Bilder.

Inhaltlich gestaltet sich die Darstellung jedoch eher sparsam und psychologisch einseitig. Dem Buch kann man vorwerfen, dass Sillorays die Themen Alkohol, Glücksspiel und Frauen zu stark betont, was ein unausgewogenes Porträt Capa zeichne. Nun, ich denke, dass diese Themen für Capa sehr wichtig waren und großen Raum einnehmen müssen. Auch lässt die Erzählweise dramaturgische Tiefe vermissen, wünschenswert wären etwa pointiertere Dialoge oder stärkere emotionale Entwicklungen gewesen.

Außerdem bleiben wesentliche biografische Hintergründe unerwähnt – etwa Capas frühes Exil, seine politische Sozialisation oder weitere kontextuelle Details, die eine fundiertere Einordnung ermöglicht hätten. Die grafische Umsetzung ist gelungen, das Lettering jedoch teils beengt oder formal unausgewogen, und es finden sich kleinere textliche oder grafische Ungenauigkeiten.

Für Leser, die einen schnellen, atmosphärischen Einstieg in Capas Leben suchen – gerne auch zur Illustration begleitender Foto-Bildbände – ist diese Graphic Biography gut geeignet. Wer jedoch auf der Suche nach einer tiefgründig psychologischen oder historisch umfassenden Biografie ist, findet in Sillorays Werk eher einen Einstieg als eine abschließende Darstellung.

Ein Stück Comic-Geschichte geht verloren – Abschied von der Comic Company München

2. Februar 2025

Ich geb es ja zu, ich habe Peter Zemann ziemlich genervt und möchte mich für meine Penetranz in den vergangenen Jahren entschuldigen. Ich war immer auf der Suche nach Ausgaben meiner Lieblingscomic-Reihe Die Gruft des Grafen Dracula und Peter Zemann war als Betreiber der Comic Company mein erster Anlaufpunkt in München, wenn es um Comics ging. Das hat nun ein Ende. Die Comic Company im Münchner Glockenbachviertel hat seit Ende Januar 2025 geschlossen. Peter Zemann hat nach 36 Jahren sein Geschäft aufgegeben.

Ich habe seinen Laden über die Jahre gerne besucht und bin auch Ende Januar nochmal da gewesen, um mich zu verabschieden. Als Erinnerung habe ich noch ein Mad-Heft mit meiner Lieblings-TV-Serie Lou Grant mitgenommen. Es war mir wichtig, dass ich nochmals aufschlage. Ich wollte mich persönlich verabschieden und Dankeschön für all die zurückliegenden Jahre sagen.

Das Haus in der Fraunhoferstr. 21, in dem sich die Comic Company befindet, wurde verkauft, aber Zemann habe vom neuen Besitzer keine Kündigung erhalten. Er habe immer wieder nach ernsthaften Interessenten gesucht, die den Laden weiterführen wollten. Vergeblich, denn viele der möglichen Interessenten seien wohl naiv gewesen, was es bedeutet, ein Unternehmen zu führen. Ein Geschäft zu führen ist ein Business, auch wenn es sich um so schöne Sachen wir Comics handelt. Also blieb nur noch der Schlussverkauf mit satten Rabatten und das Schließen des Ladens.

Schon als Kind habe ich gerne Comics gelesen. Superhelden, Yps, die Maus und meine Eltern haben keinen Aufstand gemacht. Meine Kinder lesen eher Manga, schauen aber hin und wieder in klassische Comics rein. Während ich so durch die Comic Company schlendere und mir die Auslagen anschaue, gehe ich auch auf eine Reise durch die Geschichte der Comics in Deutschland.

Die Anfänge der Comics
Die Ursprünge des Comics in Deutschland reichen bis ins 19. Jahrhundert zurück. Bereits in satirischen Zeitschriften wie dem „Fliegenden Blätter“ (gegründet 1844) oder dem „Simplicissimus“ (gegründet 1896) erschienen Bildgeschichten mit humoristischen oder politischen Inhalten. Diese frühen Formen von Comics waren oft Karikaturen oder Bildergeschichten mit begleitendem Text unter den Bildern.

Ein entscheidender Meilenstein war Wilhelm Busch, dessen „Max und Moritz“ (1865) als eine der ersten sequentiellen Bildergeschichten gilt und einen bedeutenden Einfluss auf spätere Comicentwicklungen weltweit hatte. Buschs Werk prägte das Erzählen mit Bildfolgen und inspirierte spätere Generationen von Comic-Künstlern. Ich denke, in meiner Generation hat jeder noch die beiden Lausbuben gelesen und ich hab Max und Moritz auch meinen Kindern näher gebracht. Wir haben eine schöne Ausgabe von Wilhelm Busch zu Hause stehen.

Die Entwicklung des Comics im 20. Jahrhundert
Nach dem Ersten Weltkrieg blieben Comics in Deutschland zunächst vor allem auf satirische und humoristische Inhalte beschränkt. Erst in den 1930er Jahren wurden Comics als eigenständiges Medium populärer. Eine der ersten erfolgreichen deutschen Comic-Serien war „Strizz“ von Erich Ohser (unter dem Pseudonym e.o. plauen), der in den 1930er Jahren mit „Vater und Sohn“ humorvolle und oft rührende Kurzgeschichten in Bildform schuf.

Während der NS-Zeit gerieten Comics in Deutschland unter Druck, da sie als „undeutsch“ galten. In dieser Zeit wurden amerikanische Comics weitgehend verboten. Nach dem Zweiten Weltkrieg kamen durch die US-amerikanische Besatzung zahlreiche amerikanische Comics nach Deutschland, darunter „Superman“, „Mickey Mouse“ und „Donald Duck“. Besonders die Übersetzung der Disney-Comics durch den Egmont Ehapa Verlag ab den 1950er Jahren trug zur Popularität bei. Über den Egmont Ehapa Verlag habe ich immer wieder geschrieben, vor allem wenn es um die Maus und Entenhausen ging.
Gleichzeitig gab es deutsche Versuche, eigene Comic-Traditionen zu etablieren. Rolf Kaukas „Fix und Foxi“ (1953) war der erste große Erfolg eines deutschen Comics, der sich über Jahrzehnte großer Beliebtheit erfreute. Auch „Lupo modern“ und später „Yps“ mit seinen berühmten Gimmicks prägten Generationen von Lesern. Ich bin durch die Höhen und Tiefen von Yps gegangen. Auch bei der Wiederauflage und der Neuausrichtung war ich mit dabei.

Comics in der DDR und in der Bundesrepublik
Während Comics in Westdeutschland durch Disney, Asterix und Marvel-Importe florierten, hatte die DDR ihre eigene, sozialistisch geprägte Comic-Kultur. „Mosaik“ von Hannes Hegen, später mit den Digedags und ab 1975 mit den Abrafaxen, war das bekannteste Comic-Magazin der DDR und erfreute sich großer Beliebtheit. Die Verwandtschaft aus dem Ostern versorgte mich zu DDR-Zeiten mit Lesestoff, obwohl mir die Sachen eigentlich zu sozialistisch waren, gelesen hab ich sie trotzdem.

In Westdeutschland entwickelten sich in den 1970er und 1980er Jahren zunehmend erwachsenere Comics. Zeichner wie Walter Moers („Das kleine Arschloch“, „Adolf“) oder Brösel („Werner“) fanden mit ihren Werken ein breites Publikum. Die 1980er Jahre sahen zudem eine Blütezeit des frankobelgischen Comics in Deutschland, mit Serien wie „Spirou und Fantasio“ oder „Lucky Luke“.

Der moderne deutsche Comic
Seit den 1990er Jahren erlebt der deutsche Comic eine neue Renaissance. Verlage wie Carlsen und Reprodukt förderten anspruchsvolle Werke, darunter Graphic Novels mit tiefgehenden Erzählungen. Autoren wie Flix, Reinhard Kleist oder Mawil haben das Medium auf ein neues Niveau gehoben. Besonders Graphic Novels wie Kleists „Der Boxer“ oder „Nick Cave – Mercy on Me“ zeigen, dass Comics mehr sind als nur Unterhaltungsliteratur.

Die Comic-Kultur ist mittlerweile fester Bestandteil der deutschen Kulturlandschaft. Jährlich finden Comic-Messen wie die Leipziger Buchmesse oder der Comic-Salon Erlangen statt, die zeigen, dass Comics längst nicht mehr nur für Kinder sind. Gerade Erlangen kann ich jedem Comic-Fan näher bringen.

Würdigung des Mediums Comic
Comics sind eine einzigartige Kunstform, die Bild und Text auf eine Weise verbindet, die kein anderes Medium in dieser Form kann. Sie ermöglichen es, Geschichten auf visuelle und emotionale Weise zu erzählen, sodass sie oft mehr sagen können als reine Prosa.

Comics sind dabei nicht nur Unterhaltung, sondern auch ein Spiegel der Gesellschaft. Sie greifen politische und soziale Themen auf, kommentieren das Zeitgeschehen und können sogar als Bildungsmedium dienen. Graphic Novels wie „Maus“ von Art Spiegelman oder „Persepolis“ von Marjane Satrapi haben gezeigt, dass Comics historische und persönliche Schicksale tiefgründig darstellen können.

In Deutschland hat sich die Wertschätzung für Comics in den vergangenen Jahrzehnten enorm gewandelt. Sie sind längst nicht mehr nur „Kinderkram“, sondern ein ernstzunehmendes Medium, das sich zwischen Literatur, Kunst und Film bewegt. Die Vielfalt der Comics reicht von humorvollen Strips über actionreiche Superhelden-Abenteuer bis hin zu tiefgehenden, autobiografischen Erzählungen.

Die Zukunft des Comics in Deutschland ist vielversprechend. Die Zukunft von Comic-Läden allerdings eher nicht. Mit der Digitalisierung entstehen neue Möglichkeiten für interaktive und animierte Comics, während Webcomics eine neue Generation von Künstlern hervorbringen. Egal ob als traditionelle Printausgabe oder als digitales Erlebnis – Comics haben ihren festen Platz in der deutschen Kultur und werden weiterhin Leser aller Altersgruppen begeistern. Nur leider werden sie nicht mehr von der Comic Company in München vertrieben.

Welche Übersetzung von Dune – der Wüstenplanet ist die beste?

1. September 2021

Am 16. September 2021 wird wohl Dune – der Wüstenplanet in die deutschen Kinos kommen und ich freue mich sehr auf die Verfilmung von Denis Villeneuve. Ich war auch mit der Verfilmung Dune – Der Wüstenplanet von David Lynch aus dem Jahre 1984 einverstanden und hätte natürlich gerne mehr Material von Alejandro Jodorowsky und seinem gescheiterten Versuch von 1974 gesehen. Auch die TV-Fassungen Dune: Der Wüstenplanet – Der komplette TV-Mehrteiler von John Harrison aus dem Jahre 2000 haben einen gewissen Charme.
Bis also der erste Teil der wohl bombastischen Neuverfilmung im Herbst in die Kinos kommt, nehme ich meine Dune-Bücher aus dem Schrank und stelle mir die Frage: Welche deutsche Übersetzung von Dune ist eigentlich die beste?

Autor des Wüstenplaneten ist Frank Herbert aus dem Jahre 1966. Was Tolkien mit dem Herr der Ringe-Universum für Fantasy ist, stellt Dune und seine Fortsetzungen für die Science Fiction dar. Nur Isaac Asimovs Foundation-Reihe Die Foundation-Trilogie kommt hier gleichberechtigt heran. Einen Unterschied zwischen Tolkien und Herbert gibt es: Während die Tolkien-Geschichten (bis auf Silmarillion) gut lesbar sind, kämpft sich der geneigte Leser durch die komplexe Welt von Frank Herbert schwer hindurch.
Ich habe den Romanzyklus als Jugendlicher gelesen und war begeistert:
Dune – Der Wüstenplanet
Dune Messiah (1969) Der Herr des Wüstenplaneten Children of Dune (1976) Die Kinder des Wüstenplaneten
God Emperor of Dune (1982) Der Gottkaiser des Wüstenplaneten
Heretics of Dune (1984) Die Ketzer des Wüstenplaneten, 1985
Chapterhouse Dune (1985) Die Ordensburg des Wüstenplaneten

Die Fortsetzungen von Sohn Brian habe ich mir nicht mehr angetan – irgendwann wurde es mir zu kompliziert. Es gab noch zwei Bände Enzyklopädie zum Nachschlagen.
Wie es bei Tolkien gute und weniger gute Übersetzungen von Herr der Ringe gibt (dazu gibt es einen eigenen Blogpost), so gibt es auch bei den deutschen Dune-Übersetzungen starke Unterschiede.
Für den deutschen Markt liegen drei Übersetzungen von Dune vor: Wulf H. Bergner, Roland M. Hahn und Jakob Schmidt

Der kastrierte Klassiker von Wulf H. Bergner
Die erste deutsche Übersetzung stammt aus dem Jahre 1967 von Wulf H. Bergner. Bergner ist einer der großen deutschen Übersetzer mit einem enorm Arbeitspensum – über 500 Bücher hat er übersetzt. Viele, ganz viele SF- und Horrorübersetzungen gehen auf ihn zurück. Dune war eine seiner ersten Übersetzungen. Während seines Studiums in München, das 1965 er mit der „Staatlichen Prüfung für Übersetzer und Dolmetscher“ beendete, hatte er zunächst für den Moewig-Verlag SF-Titel übersetzt und wechselte dann zum Heyne-Verlag. Bergner Übersetzung von Dune ist in einem wunderschönen Nachkriegsdeutsch zu lesen und eigentlich gefällt mir seine Übersetzung von Dune am besten. Es ist eine gehobene Sprache, kein Gebrauchsdeutsch, sondern die Übersetzung passt zu dem epischen Roman von Frank Herbert.

Wie geschrieben, es wäre eigentlich für mich die beste Übersetzung, wäre da nicht ein großes, großes Problem. Die erschiene Fassung von Bergner ist nicht vollständig. Es fehlen etliche Seiten des amerikanischen Romans.
Ich sprach Bergner darauf an. Seine erschütternde Antwort: „Leider verbinden sich für mich mit Dune hauptsächlich negative Erinnerungen: Meine Übersetzung, die ich noch heute nicht schlecht finde, wurde von Lektor Wolfgang Jeschke im Auftrag des Verlags um etwa ein Drittel gekürzt. Der Gedanke daran schmerzt noch heute.“ Und es schmerzt mich als Leser ebenso. Gerne hätte ich Wulf H. Bergner näher befragt, aber er lehnte Interview-Wünsche ab, was ich zutiefst bedauere.

Der große Klassiker von Roland M. Hahn
Der nächste Übersetzer von Dune ist Roland M. Hahn. Mit ihm verbinde ich zahlreiche Filmlexika wie das Lexikon des Science-Fiction-Films oder das Lexikon des Horrorfilms. Die Dune-Übersetzung von Hahn habe ich immer wieder gelesen und sie ist wohl die in der SF-Community am meisten gelesene Ausgabe. Ich habe seine Übersetzung in verschiedenen Buchausgaben in verschiedenen Verlagen und verschiedenen Auflagen angetroffen. 1978 hatte ich die Erstauflage bei Heyne gekauft und wieder und wieder gelesen. Sie war noch mit allerhand Zeichnungen und Bildern von John Schönherr illustriert. Das Cover des Buches zierte ein Wurm in dunklen Sandfarben.

Zum Filmstart von David Lynchs Verfilmung kam 1984 die gleiche Übersetzung von Hahn mit dem Kinoplakat auf dem Cover und 24 Filmfotos zurück. Inhaltlich hat sich nichts geändert. Seine Übersetzung ist vollständig und gilt als Klassiker. Allerdings stelle ich fest, dass sein Deutsch für viele junge Leser zu schwer ist. Die Satzkonstruktionen und technischen Bezeichnungen sind Ausdrücke vergangener Zeiten.

Die junge wilde Übersetzung von Jakob Schmidt
Die altertümliche Sprache von Hahn wurde bei Heyne wohl als Problem erkannt. So gab man eine neue Überstezung Der Wüstenplanet bei Jakob Schmidt in Auftrag, der ein Könner seines Fachs ist. Die Übersetzung von Jakob Schmidt ist somit die aktuelle Übersetzung bei Heyne. Sie erschien von ein paar Jahren und wurde zum bevorstehenden Filmstart mit Filmcover – allerdings ohne Filmfotos neu aufgelegt. Im Vergleich zu Bergner und Hahn ist der 1978 geborene Jakob Schmidt der jüngste im Bunde. Seine Übersetzung die aktuelle lieferbare Version von Heyne. Der Heyne Verlag stellte mir das gerade erschiene Taschenbuch zur Verfügung – vielen Dank an Daniela Gabler dafür.

Vielleicht weil Schmidt der jüngste Übersetzer ist, ist er auch derjenige mit der flottesten Sprache. Das Deutsch wurde vorsichtig modernisiert und vielleicht sprachlich aktualisiert. Die gedrechselte Sprache Hahns, mit der ich großgeworden bin, wurde entschärft. Damit schafft es Dune sicherlich zu einer neuen, zeitgemäßeren, jüngeren Leserschaft.

Allerdings bin ich ein Fan der altertümlichen Sprache der Bergner- und Hahn-Übersetzungen. Mit einigen der modernisierten Anpassungen von Schmid bin ich nicht einverstanden. Durch die einschlägigen Foren gingen schon Diskussionen, ob Uralte Burg mit uralten Steinhaufen übersetzen soll, wie es Schmidt tat und nicht besser bei Gemäuer geblieben wäre. Nun ja, das sind Feinheiten, die vielleicht überlesen werden, mich hat es gestört.

One more Thing: Die Graphic Novel
Außer der Reihe gibt es noch eine weiter Dune-Übersetzung. Und zwar von Katrin Aust. Die übersetzte Dune für die Graphic Novel Dune, die bei Splitter erschienen ist. Ich werde diesem Buch einen eigenen Blogpost widmen.

Buchtipp: Yellow Submarine von Bill Morrison

23. November 2018

YES - die Beatles in Buchform - hier mit Yellow Submarine.

YES – die Beatles in Buchform – hier mit Yellow Submarine.

Für mich sind die Beatles die beste Band der Welt und so achte ich darauf, was es neues an Veröffentlichungen der Fab Four gibt. Musikalisch kam ja eine interessante Version des weißen Albums auf den Markt und sehr zu meiner Freude kam von Panini die Graphic Novel The Beatles : Yellow Submarine zu uns Fans.
Um mich richtig auf das Buch vorzubereiten, habe ich mir die Musik zu Yellow Submarine der Beatles in den CD-Player gelegt, mich aufs Sofa gelegt und in dem Buch gelesen, das mir Panini dankenswerterweise zur Verfügung gestellt hat. Schlagartig wurde mir bewusst: Der Film ist jetzt 50 Jahre alt. Ich habe ihn zum ersten Mal im österreichischen Fernsehen gesehen und war von der Machart begeistert. Die Animationen von Heinz Edelmann waren so was von visionär, so was von kreativ und so was von genial, so dass mir der Film sofort gefallen hat.
Und nun die Graphic Novel: Der Künstler heißt nicht mehr Heinz Edelmann. An seine Stelle ist Bill Morrison getreten. Er ist Chefredakteur des US-Magazins MAD, kennt sich also mit Zeichnungen aus. Zudem ist Bill Morrison der Mitbegründer von Bongo Comics, war Illustrator bei Disney, wo er Werbematerial für verschiedene Filme anfertigte, darunter für Bambi, Peter Pan und Arielle, die Meerjungfrau. Außerdem schrieb und zeichnete er seine eigene Comic-Serie Roswell – Ein Grünling auf Erden, die bei Bongo Comics erschien.
Nun Morrison ist nicht Edelmann. Er kann es mit der kreativen Kraft des im Juli 2009 verstorbenen Edelmanns nicht aufnehmen. Ich hatte als Kind immer Schiss vor einem Werk von Edelmann: Der Vorspann zur damaligen ZDF-Reihe Der phantastische Film war von ihm und ich habe darüber gebloggt.
Zurück zu Yellow Submarine. Es ist die bekannte Geschichte der Beatles im Pepperland und dessen Befreiung von den Blaumiesen. Die Zeichnungen laden zur einer Zeitreise ein, sie machen Lust auf die Musik der Beatles und den Film. Und das ist das Wichtigste. Beim Blättern verspüre ich den Drang zur guten Laune. Die Musik, der Film und das Buch versprühen positive Energie und sorgen für gute Laune. Wir wissen ja: All you Need is Love – und dafür ist das Buch immer hervorragend.

7. Todestag von Steve Jobs – eine Comic-Biografie

5. Oktober 2018

Am 5. Oktober 2011 verstarb der visionäre Geist Steve Jobs von Apple. Jedes Jahr erinnere ich an den Todestag dieses US-Unternehmers, der meine Welt veränderte. Jedes Jahr suche ich Geschichten um Steve Jobs. Zunächst dachte ich, ich schreibe über das Steve Jobs Theater im neuen Campus von Apple, aber leider war es mir bisher nicht vergönnt, die neue Präsentationsbühne von Apple zu besichtigen.

Zur September Keynote 2018 gab es einen humorvollen Trailer, der das Steve Jobs Theater zeigt, in dem die Veranstaltung stattfand.

https://youtu.be/JHi-WGFGWek

Bei all der Trauer um den Verlust von Steve Jobs will ich an seinem Todestag an eine besondere Biografie über ihn erinnern. Ich habe aus den ganzen Haufen der Biografien die Comic-Biografie Steve Jobs – Das wahnsinnig geniale Leben des iPhone-Erfinders von Jessie Hartland herausgezogen. In humorvollen Schwarzweiß-Zeichnungen wird fast fehlerfrei über das Leben und Werk von Steve Jobs berichtet. Als humorvolle Beschreibung vom Fischer-Verlag, bei dem das Buch erschienen ist, steht zu lesen: „Diese Graphic Novel ist das iPhone unter den Comic-Biografien. Alles andere sind bloß Telefone.“

Eine wunderbare Steve Jobs Bio als Comic.

Eine wunderbare Steve Jobs Bio als Comic.

Natürlich sind die 234 Seiten des Buches an einem Nachmittag schnell gelesen. Ich finde es in diesem Fall toll, wenn Information mit Unterhaltung einherkommen. Die Zeichnungen sind reduziert, keine aufwendige Graphic Novel wird uns angeboten, sondern Schwarzweiß ohne Schattierungen. Die Texte und Bilder treffen sehr schön die Person Steve Jobs und sein oftmals eigensinniges Auftreten. Die anderen Personen von Apple wie der andere Steve, Jobs Freundin mit der Lisa zeugte, die Eherau Laurene samt Kinder, Jony Ive und das Apple Management werden nur schemenhaft darstellt – hier sehe ich keine Wiedererkennung. Das Buch dreht sich um Steve Jobs und nur um Steve Jobs und es hätte Steve Jobs auch gut gefallen. Ich gedenke heute seiner Taten mit diesem Comic Steve Jobs – Das wahnsinnig geniale Leben des iPhone-Erfinders .

Comictipp: Der Krieg der Welten von Thilo Krapp

4. März 2017

Feine Lektüre für den Zug.

Feine Lektüre für den Zug.

Als Science Fiction-Fan der alten Garde liebe ich die klassischen Geschichten der alten Zeiten: Isaac Asimov, Robert Silberberg, Philipp K. Dick und natürlich H.G.Wells. Seine Zeitmaschine reizte mich als Kind und natürlich der Krieg der Welten. Ich mochte die Filme, mochte die musikalische Umsetzung, verschlang als Medienmensch das Hörspiel von Orson Wells und bei einem Aufenthalt in Berlin kaufte ich mir die Graphic Novel Der Krieg der Welten von Thilo Krapp.

Die Marsianer greifen an.

Die Marsianer greifen an.

Auf der Zugfahrt noch Berlin nach München vergnügte ich mich mit dem schön gestalteten Buch. Krapp ist Illustrator und Comiczeichner und wagte sich 2013 an die Umsetzung des Stoffs. Schön ist für mich, dass Krapp sich dem Original wieder nähert. Kein Kampf der Welten wie in den Filmen von George Pal oder Krieg der Welten von Steven Spielberg, sondern eine Geschichte, wie es sich H.G. Wells wohl vorgestellt hatte. Die Figuren sind liebevoll gestaltet und hier hat sich die Mode- und Ambiente-Recherche von Thilo Krapp ausgezahlt. Das viktorianische England kommt zur Geltung und wird durch die richtige Wahl des Papiers durch den Egmont-Verlag unterstützt. Dadurch kommen die Zeichnungen voll zur Entfaltung und der Wunsch erwacht in mir, das eine oder andere Bild zu kaufen zu rahmen und aufzuhängen. Es beginnt im Stile von Tolkien mit Kartenmaterial und führt ins direkt zur Geschichte. Das Buch endet mit allerlei Skizzen und erinnert an meine geliebten Art of-Bücher.

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Thilo Krapps Version von Krieg der Welten ist in sich stimmig, wobei mir ein wenig die Action abgeht. Vielleicht liegt es am Comic-Genre, aber ich gerne mehr Auseinandersetzungen mit den Marsianern gesehen. Vor allem das Kriegsschiff Thunderchild hätte nach meinem Geschmack mehr zum Einsatz kommen können. Ich hatte bei der Lektüre von H.G. Wells mehr Action im Kopf. Seinen Schwerpunkt legt Thilo Krapp dagegen mehr auf die inneren Kämpfe der Figuren. Das ist sehr interessant zu sehen und zu lesen. Ach ja, Lesen: Ich hätte von Verlagsseite eine stimmigere Schrift genommen. Der vorhandene Font ist zwar wunderbar lesbar, passt aber für mich nicht in die viktorianische Zeit. Ich bin kein Typograf, aber diese Version einer sehr gut lesbaren Serifenschrift ist für mich ein unnötiger Stilbruch. Hier hätte ich mir mehr Feingefühl seitens des Verlags oder Lektors gewünscht.

Die Serifenschrift ist für mich ein Stilbruch.

Die Serifenschrift ist für mich ein Stilbruch.

Hin und her gerissen war ich über die Interpretation der gnadenlosen Kampfmaschinen. Thilo Krapp hat sie wie im Original als dreibeinige Läufer gezeichnet. Hier musste ich gegen meine eigene Fantasie ankämpfen. Ich hatte zwar Spielbergs Kolosse aus meinen Kopf verbannt, aber die musikalische Umsetzung des Stoffs durch Jeff Wayne ist mir in meine DNA übergangen.

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Seine dreibeinigen Monstermaschinen haben mein Bild von den außerirdischen Kampfmaschinen geprägt, so dass ich mir zunächst sehr schwer tat, die Version von Thilo Krapp anzuerkennen. Im Laufe der Lektüre hatte ich mich aber daran gewöhnt, denn wenigsten das legendäre Ullaulla kam darin vor.
Also vielen Dank an Thilo Krapp für die unterhaltsame Zugfahrt von Berlin nach München und vielleicht gibt es eine Ausstellung der Werke oder noch besser einen Online-Shop mit signierten Prints.

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Truman Capote als Comic

12. Oktober 2014

Ich habe ihn lange schon micht mehr gelesen, aber zu seinem 90. Geburtstag am 30. September hatte ich mir ein paar Bücher wieder aus dem Archiv hervorgeholt. Truman Capote
Ich mochte den Stil dieses Schriftstellers, der für mich ein Wegbereiter des New Journalism war, der die Sache einmal anders anging. Natürlich blieb ich wieder an Frühstück bei Tiffany hängen – und dann las ich wieder Kaltblütig, Der Spagat könnte nicht größer sein.
Anschließend schaute ich mir Filme an, ich weinte bei Frühstück bei Tiffany und war begeistert über das schauspielerische Talent des zu früh verstorbenen Philip Seymour Hoffman, der Capote in dem Film Capote darstellte, der sich um die Geschichte des Kaltblütig-Buches drehte. Und zum Abschluss gab es mit einem meiner Lieblingsfilme Eine Leiche zum Dessert etwas zu lachen, in dem Truman Capote selbst mitspielte. Das sollte es dann auch zum 90. Geburtstag von Truman Capote gewesen sein, doch es fiel mir ein Comic-Buch auf. Beim Surfen durchs Netz weckte es mein Interesse. Es heißt Capote in Kansas und dahinter verbirgt sich eine faszinierende Graphic Novel. Mit Capote in Kansas zeichnen Ande Parks und Chris Samnee ein spannendes, neues Bild des Kultautoren. Die Macher der Graphic Novel mischen dabei gekonnt Biografisches mit Fiktionalem und erstellen ein packendes Bild des grandiosen Autors. Sie zeigen die wichtigsten sechs Jahre, die in seinem berühmtesten Buch Kaltblütig gipfelten.

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Autor Ande Parks und Zeichner Chris Samnee bringen dem Leser mit Truman Capote eine der schillerndsten Persönlichkeiten aus dem Amerika der Kennedy-Ära näher. Der Autor und Lebemann ließ Ende der 1960er Jahre Champagner, Partys und seinen Lebensgefährten zurück, um in Kansas den kaltblütigen Mord an der ehrbaren Familie Clutter zu dokumentieren. Es wurde sein Meisterwerk: Kaltblütig, ein Tatsachenroman, wie ihn die Welt noch nicht gesehen hatte, ein literarischer Meilenstein. Capotes Buch wird in den Jahren 1965/66 zum Bestseller, der dem Vorgängerroman Frühstück bei Tiffany, der mehr noch als durch das Buch durch die Verfilmung mit Audrey Hepburn von 1961 Weltruhm erlangte, in nichts nachsteht.
Parks lässt den Leser teilhaben, wie Capote zusammen mit seiner Freundin aus Jugendtagen, Harper Lee (der Autorin von Wer die Nachtigall stört…), New York verlässt und in Kansas Gespräche mit der Polizei und den Freunden der Familie führt, um nach und nach das Puzzle der grausigen Tat zusammenzufügen. Als Harper Lee nach New York zurückkehrt, tritt die ermordete Nancy Clutter, genannt Nan, als Gesprächspartnerin an ihre Stelle. Dabei spielen die Macher geschickt mit der Frage, ob Nan ein Geist ist oder Capotes durch Drogenkonsum erweiterter Imagination entspringt. So oder so – er ist auf ihre Führung angewiesen, vor allem, als er auf die mutmaßlichen Mörder trifft und einen von ihnen als sympathischen, um nicht zu sagen anziehenden Mann kennenlernt.
Es ist diese Mischung aus biografischen Fakten und fiktionalen Elementen, die diese Momentaufnahme aus Capotes Leben so spannend und fesselnd macht. Eigentlich schreibt Parks über die Entstehungsgeschichte eines literarischen Meisterwerks, aber der Leser beobachtet den Autor Capote dabei, wie er sich den Menschen und Morden der Stadt nähert.
Zeichner Chris Samnee weiß diesen Plot in Schwarz-Weiß-Bilder umzusetzen, die eine der Zeit entsprechende „Noir“-Stimmung schaffen, wie sie zum Teil auch den Romanen von Capote eigen ist. Alles scheint sich vor den Lichtern der Stadt abzuspielen – die Bilder entstehen durch die Silhouetten und die Schatten, die das grelle Licht wirft. In dieser Schattenwelt von Kansas wandelt die Hauptfigur – Parks und Samnee erlauben dem Leser, ihr zu folgen.
Der Comic Capote in Kansas ist bei Panni Comics erschienen und es gibt eine 22seitige Leseprobe auf der Website des Verlages.

Comic-Tipp: Der fünfte Beatle: Die Brian Epstein Story

24. Mai 2014

Unter uns Beatles-Fan entzündet sich immer wieder der Streit: Wer ist eigentlich der fünfte Beatle? Pete Best, George Martin, Brian Epstein, Yoko Ono oder, oder, oder? Sir Paul sagt es deutlich: „Wenn jemand der fünfte Beatle war, dann Brian.”

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Und daher gibt es jetzt eine wunderbare Graphic Novel zum fünften Beatle: Der fünfte Beatle: Die Brian Epstein Story Brian Epstein, der Entdecker und erste Manager der legendären Pilzköpfe, ohne den es die Karriere der Beatles wohl nie gegeben hätte, ist Mittelpunkt dieser Graphic Novel. Die Geschichte der Beatles ist hinlänglich bekannt, die Geschichte von Brian Epstein stand selten im Mittelpunkt einer Graphic Novel. Ein Film soll zudem folgen, Oscar-Gewinner Bruce Cohen soll ihn produzieren. Ich mag  Graphic Novels, das habe ich meinem Blogbeitrag über Johnny Cash geschrieben.

Auf 168 Seiten wird uns die Person Brian Epstein vorgestellt, der mit 32 Jahren zu früh verstarb. Die Geschichte ist gut recherchiert und liebevoll in Szene gesetzt. Eine Graphic Novel, verfasst von Vivek J. Tiwary (preisgekrönter Produzent von Green Day’s American Idiot, The Addams Family), mit Zeichungen von Andrew C. Robinson (Dusty Star, Starman) und Kyle Baker (Why I Hate Saturn, Plastic Man), die die 1960er Jahre in ihren Bildern perfekt wiederaufleben lassen. Neben Einleitungen von Merseybeat-Musiker Billy J. Kramer und dem ehemaligen Manager und Produzenten der Rolling Stones, Andrew Loog Oldham, enthält dieses wunderbare Buch zudem ein Nachwort des Comic-Zeichners Howard Cruse (Stuck Rubber Baby) und umfangreiches Bonusmaterial wie Abbildungen seltener Beatles- und Brian Epstein-Memorabilien, Fotos, Skizzen und alternative Cover. Wer ein wenig in dem Comic lesen will, kann es gerne hier tun.

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Der Panini-Verlag hat wirklich ganze Arbeit bei Der fünfte Beatle: Die Brian Epstein Story geleistet. Das spotlackierte Cover hat Tiefe, die Originalmaße der US-Ausgabe blieb erhalten und der beschriebene Bonusteil ist mehr als in der Originalausgabe. Top Leistung.

Es sind die vielen kleinen Szenen, die in dem Buch Spaß machen. Beispielsweise wenn der junge Brian Epstein auf den abgebrühten Profi Col. Tom Parker trifft und beide aneinander vorbei reden. Dem einen geht es um Kunst, dem Manager von Elvis geht es ums Geschäft. Auch sehr emotional ist der Umgang mit der Homosexualität von Brian Epstein. Homosexualität im England der damaligen Zeit stand unter Strafe und der Entdecker der Pilzköpfe litt massiv.

 

Grafic Novel: Wagner von Andreas Völlinger/Flavia Scuderi

16. März 2014

Wagner

Richard Wagner ist immer für einen Streit gut. So sehr ich seine geniale Musik liebe, so sehr verachte ich seine politischen Äußerungen. Richard Wagner ist immer ein Politikum unter den Bildungbürgern.Da verwundert es nicht, dass die Meldung in Fachkreisen diskutiert wird, dass die fast 70jährige Wagner-Urenkelin Eva Wagner-Pasquier im Jahr 2015 als Festspiel-Chefin aufhört. Sie darf als Beraterin weitermachen.

Was mich als Wagner- und Bayreuth-Fan interessiert (der übrigens für 2014 KEINE Karten bekommen hat), interessiert oftmals die Masse nicht so sehr. Und dennoch gibt es immer wieder Interessierte, die sich Wagner nähern wollen. Sie stehen aber vor einem unübersehbaren Berg an Material, Büchern, Aufnahmen und zugegeben seltsamen Leuten.

Diesen Interessierten lege ich nicht die zwar ausgezeichnete Biografie von Martin Gregor-Dellin ans Herz, sondern seit neuestem die Wagner: Die Graphic Novel von Andreas Völlinger.

Ein Comic für Wagnerfans aus dem Knesebeck-Verlag? Ok, das Bildungsbürgertum geht unter. Die alten Wagnerianer werden sich mit Abscheu abwenden und im Elfenbeinturm darüber diskutieren, welche Ring-Interpreation wohl die beste sei. Aber lasst euch sagen: Dieses Buch Wagner: Die Graphic Novel und die interaktive App für Tablets und Smartphone hat es in sich.

Andreas Völlinger (Text) und Flavia Scuderi (Illustration) haben Großartiges geleistet und machen den überlebensgroßen Mythos Richard Wagner für Interessierte greifbar, Schon dafür muss man den beiden dankbar sein. Sie zeigen das Leben Wagners als musikalischer und politischer Revolutionär. Die Geschichte wird aus der Sicht von Hans von Bülow erzählt, mit dessen Frau Wagner später durchbrannte. Aber die Novelle zeigt auch Wagners Leben als Doktrinär, Antisemit und Opportunist. Natürlich kann eine Grafic Novel mit 48 Seiten der Person Richard Wagner nie gerecht werden. Es können nur Ausschnitte, Sichtweisen, Eindrücke dargereicht werden. Aber das Buch und vor allem die App ist eine hervorragende Einführung für eine neue Generation von Wagnerianern.

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Und ich empfehle ausdrücklich die interaktive App fürs iPad. Der User hat verschiedene Möglichkeiten. Er kann die Graphic-Novel selbst lesen und blättern oder sie wird ihm vorgelesen und dies in drei Sprachen. Zudem gibt es die göttliche Musik von Richard Wagner und Zusatzinfos. Leider hab ich den Film, der zusätzlich gedreht wurde, noch nicht gesehen. Aber das nehme ich mir am Wochenende vor, den Film gibt es bei iTunes.

Im Comic: Diagnose: Brustkrebs!

3. Juli 2013

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Ich lese Comics zur Unterhaltung und auch mal zur Inspiration. Neulich bekam ich ein Comic-Buch in die Hände, das mich sehr nachdenklich gemacht hat, weil es von meiner üblichen Comic-Leidenschaft abweicht: Alicia – Im wahren Leben. Das Buch dreht sich um das Thema Brustkrebs.

Unlängst sorgte Angelina Jolie mit einer prophylaktischen Brustamputation für Schlagzeilen, nachdem ihr eine Genanalyse ein massiv erhöhtes Brustkrebs-Risiko bescheinigt hatte. Das Thema ging durch klassische und soziale Medien rauf und runter. Anders, ruhiger, aber nicht weniger wichtig und sehr eindringlich arbeitet die soeben bei Panini erschienene Graphic Novel Alicia – Im wahren Leben, das Thema auf. Es ist eine Erzählung mit autobiografischem Hintergrund über den Umgang mit Brustkrebs, Amputation und das Leben danach.

Brustkrebs ist ein Schicksal, das viele Frauen betrifft, sei es unmittelbar am eigenen Körper oder im nahen Freundes- und Familienkreis. Allein 75.000 Neuerkrankungen im vergangenen Jahr in Deutschland machen die Krankheit zu einer ganz und gar realen Bedrohung und zur häufigsten bösartigen Tumor-Erkrankung bei Frauen. Dennoch war das Thema stets ein gesellschaftliches Tabu. Dabei ist es wichtig, dass darüber, über die Behandlungsmethoden und das Leben danach geredet wird, um die Gesellschaft zu sensibilisieren und Betroffenen und ihrem Umfeld zu helfen und Hoffnung zu geben.

Das Buch hat mich sehr gefesselt:  Die unkonventionelle Journalistin Alicia ist ständig latent überarbeitet und versucht dazu noch ein kompliziertes Beziehungsleben zwischen zwei Frauen zu meistern. Die Diagnose Brustkrebs reißt sie aus ihrem vollgepackten Alltag und konfrontiert sie mit der ganzen Bandbreite des Kampfes gegen den Krebs. Die Amputation ihrer linken Brust, die aggressiven Therapien, deren Nebenwirkungen und Begleiterkrankungen sind Gegenstand der Graphic Novel.

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Ohne Pathos

Die spanische Autorin und Gewinnerin des Premio Terenci Moix de Literatura LGBT 2012, Isabel Franc, beschreibt die Leidensgeschichte von Alicia direkt und glaubwürdig, aber ohne überzogenen Pathos. Sie hatte sich nach ihrer eigenen Brustkrebserkrankung dem Thema angenommen, als sie von Freundinnen gebeten wurde, das traumatische Erlebnis mit einem Augenzwinkern anzugehen, um es für ein größeres Publikum erlebbar zu machen. Gemeinsam mit der Künstlerin Susanna Martín schuf sie mit Alicia – Im wahren Leben eine Graphic Novel, die die reale Bedrohung durch Brustkrebs schonungslos beschreibt, gleichzeitig aber einfühlsam und selbstironisch ist. Das Buch soll aufklären und unterhalten, ist aber auch dafür gedacht, Betroffenen Mut zu machen – ein Grund, warum sie das Comic-Format wählten, da die Bebilderung das Lesen während der anstrengenden Chemotherapie erleichtern sollte.

Autobiografisch eingefärbt liefert Alicia Einblicke in ein Leben mit Brustkrebs, in denen Betroffene und deren Angehörige sich häufig wiederfinden werden. Gut gemeinte Ratschläge, die Suche nach alternativen Heilmethoden und Gefühle von Machtlosigkeit gegenüber dem medizinischen Apparat bestimmen Alicias Leben. Dass das Ende der Behandlung nicht auch das Ende des Leidenswegs bedeutet, thematisieren Franc und Martín ebenfalls: Sich mit dem veränderten Körper anzufreunden, Zukunftspläne zu schmieden und eine neue Liebe stellen weitere Herausforderungen dar. Am Ende steht für Alicia aber die Erkenntnis: „Das Leben nach dem Krebs ist anders, aber noch längst nicht vorbei!“

Hier gibt es eine nette Leseprobe, allerdings nur im unpraktischen Flashformat.