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Pardon – ein Klassiker des deutschen Satire-Journalismus

2. Juni 2024

Ich hab mich geärgert, dass ich die Ausstellung in Regensburg zur Satire-Zeitschrift „Pardon“ verpasst habe. Ein lieber Kollege brachte mir den Flyer mit und ich bestellte daraufhin den Katalog. Interessant war, so berichtete er, dass junge Menschen mit den Zeichnungen nichts anfangen konnten, weil ihnen wohl der politische Hintergrund fehlte, von der Zeit in der die satirischen Zeichnungen entstanden sind.

Die Satire-Zeitschrift „Pardon“ war eine bedeutende deutsche Publikation, die von 1962 bis 1982 erschien und in dieser Zeit großen Einfluss auf die deutschsprachige Medienlandschaft hatte. Gegründet von Hans A. Nikel, Erich Bärmeier und Gerhard Kromschröder, positionierte sich „Pardon“ als humoristisches und zugleich kritisches Magazin, das politische, gesellschaftliche und kulturelle Themen aufgriff. Das erste Titelbild schuf übrigens kein Geringerer als Loriot.

Gerne hätte ich die Ausstellung gesehen. So bleibt mir nur das Lesen im begleitenden Ausstellungskatalog Teuflische Jahre: Pardon: Die deutsche satirische Monatsschrift 1962–1982. Für mich ist „Pardon“ ein Beispiel dafür, wie Satire als Mittel zur Reflexion und Kritik gesellschaftlicher Zustände genutzt werden kann. Die Zeitschrift zeigte, dass Humor und Ernsthaftigkeit keine Gegensätze sein müssen, sondern sich ergänzen können, um wichtige Botschaften zu vermitteln und Veränderungen anzustoßen. Bis heute erinnert man sich an „Pardon“ als eine Pionierin des deutschen Satirejournalismus und als eine Zeitschrift, die den Mut hatte, unbequem zu sein und Tabus zu brechen.

Kein Blatt vor den Mund
„Pardon“ war bekannt für seinen bissigen Humor und seine scharfsinnigen Karikaturen, die oft kontroverse Themen behandelten. Die Zeitschrift nahm kein Blatt vor den Mund und kritisierte sowohl politische Entscheidungsträger als auch gesellschaftliche Missstände. Besonders in den 1960er und 1970er Jahren, einer Zeit großer politischer und sozialer Umbrüche in Deutschland, spielte „Pardon“ eine wichtige Rolle. Die Zeitschrift diente als Sprachrohr für eine Generation, die sich gegen das Establishment stellte und Reformen forderte.

Ein Markenzeichen von „Pardon“ war die enge Zusammenarbeit mit bekannten Künstlern und Schriftstellern. Zu den regelmäßigen Beiträgern gehörten prominente Persönlichkeiten wie Robert Gernhardt, F.W. Bernstein und F.K. Waechter. Diese Autoren und Illustratoren prägten den Stil und das Erscheinungsbild der Zeitschrift maßgeblich. Ihre Werke waren nicht nur humorvoll, sondern regten auch zum Nachdenken an und forderten die Leser heraus, bestehende Normen und Werte zu hinterfragen.

Kunst der Karikatur
Ein bemerkenswertes Element von „Pardon“ war die Kunst der Karikatur. Die Zeitschrift setzte diese Form der Illustration meisterhaft ein, um komplexe politische und soziale Themen auf eine leicht verständliche und zugängliche Weise darzustellen. Karikaturen von namhaften Künstlern wie Chlodwig Poth und Hans Traxler wurden zu einem integralen Bestandteil des Magazins und trugen erheblich zu dessen Popularität bei.

Das Ende
Trotz ihres Erfolgs und ihrer Bedeutung geriet „Pardon“ im Laufe der Zeit in finanzielle Schwierigkeiten. Der Wandel in der Medienlandschaft und das Aufkommen neuer Satireformate führten schließlich zur Einstellung der Zeitschrift im Jahr 1982. Dennoch bleibt „Pardon“ ein wichtiger Teil der deutschen Mediengeschichte. Ihre Rolle als kritisches und humorvolles Sprachrohr einer ganzen Generation hat nachhaltigen Einfluss auf nachfolgende Satiremagazine und die deutschsprachige Satirekultur insgesamt.

Ausstellungskatalog Kraftwerk 3D

14. Januar 2015

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Über die musikalische Bedeutung von Kraftwerk noch groß Worte zu verlieren, hieße Eulen nach Athen zu tragen. Soviel nur: Ich liebe Kraftwerk, bin ein Fan der Band und ärgere mich wahnsinnig, dass ich es bisher noch nie zu einem Konzert geschafft habe. Derzeit spielt Kraftwerk in Berlin und wieder kann ich nicht dabei sein.

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Als Kraftwerk 2011 in München in der Alten Kongresshalle gastierte (und ich wieder nicht konnte), gab es aber eine Ausstellung zu Kraftwerk. Zum ersten Mal außerhalb eines Konzertsaals konnte ich die Kunst von Kraft in einer Ausstellung im Kunstbau des Münchner Lenbachhauses genießen. 2011 erschien dazu der Katalog Kraftwerk 3D als Kling Klang Produkt. Dem schön gebundenen Buch ist eine kleine 3D-Brille (rot/grün) beigelegt, um die Artworks von Emil Schult des Buches genießen zu können. Schult war einst Mitglied von Kraftwerk, kümmerte sich dann aber um das Design und das Artwork der Band. Jeder Kraftwerk—Fan kennt die Bilder, Grafiken, Illustrationen. In einem Video mache ich ein Unboxing des Kataloges und zeige ein paar Bilder:

Das Buch beginnt mit Autobahn – es zeigt den VW Käfer, den Benz. Das Buch nimmt uns mit in die visuelle Welt von Kraftwerk. Erläuternde Texte gibt es in dem Buch keine. Als Betrachter muss man die Bilder auf sich wirken lassen. Wer dieses Buch ansieht, sollte Zeit mitbringen. Ein schnelles Durchblättern bringt nichts. Unter anderem werden Radioaktivität, Computerwelt, Zahlen behandelt und interpretiert.

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Das Buch Kraftwerk 3D ist sicherlich nur etwas für Hardcore-Fans von Kraftwerk. Ich sehe es als ideale Ergänzung zur Musikbox und zu einem Konzert.

Lorenzo Mattotti interpretiert Edgar Allan Poe

23. Januar 2014

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Nach dem frühen und für mich überraschenden Tod des Ausnahmemusikers Lou Reed widmete ich mich ein paar Tage lang wieder der Musik des Künstlers. Nach all den bekannten Hits landete ich auch bei den Musical über Edgar Allan Poe. Reed komponierte das Musical Poetry the raven zusammen mit Robert Wilson im Jahr 2000 für das Hamburger Thalia Theater.

Im Jahre 2003 kann eine Doppel CD von Lou Reed heraus. Leider lag dieser CD kein Booklet mit den etwas schwer verständlichen Texten von Edgar Allan Poe bei. Daher erschien später unter Mitwirkung des italienischen Illustrators Lorenzo Mattotti das Textbuch The Raven samt Illustration. Insgesamt gibt es 44 Schwarzweiß Zeichnungen und 29 Farbtafeln zu sehen. Die Schwarzweiß Grafiken sind entweder Kohle- oder Tuschezeichnungen. Ich muss zugeben, dass ich in Lorenzo Mattotti bisher aus dem Comic-Bereich und von seinen Illustrationen für den New Yorker. kannte.

Mit dem Farbtafel tat ich mir anfangs schwer. Für mich übertrug er den Stil der New Yorker Illustrationen in die Literaturtexte von Edgar Allan Poe. Mit Poe verbinde ich düstere, geheimnisvolle Gemälde. Mattotti zeigte zwar geheimnisvolles, aber nicht so richtig nach meinem Geschmack. Ich will nicht sagen, dass mir die Zeichnungen nicht berührt haben. Aber ich habe mir wohl etwas anders vorgestellt.

Aber erst im Laufe der Zeit fand ich Gefallen an den Bildern. Sie sind für mich völlig abgedreht, um es ganz einfach zu sagen. Die Bilder mussten reifen, ich musste mich an den Stil von Lorenzo Mattotti gewöhnen. Lässt man sich darauf ein, eröffnete er dem Zuschauer neue Welten. Edgar Allen Poe ist zu sehr mit Klischees behaftet – auch bei mir und das muss ich mir hinter die Ohren schreiben. Zu mindestens in meiner bildlichen Vorstellungen war ich festgefahren. Damit räumte Lorenzo Mattotti komplett auf.

Für mich sind die Bilder in dem Buch The Raven eine ideale Ergänzung zu den überarbeiteten Texten von Poe in der Interpretation von Lou Reed. Schade, dass ich das Musical einstmals in Hamburg verpasst hatte. Fazit: Das Text- und Bilderbuch von Lou Reed und Lorenzo Mattotti und die außergewöhnliche CD von Reed und Robert Wilson eröffneten mir einen sehr interessanten, verstörenden Kunstgenuss. Und dafür muss ich Lou Reed noch heute danken.

Buchkritik: Das Drehbuch zum Drehbuch von Albert Heiser

19. Juli 2010

Das Drehbuch zum Drehbuch von Albert Heiser

Das Drehbuch zum Drehbuch von Albert Heiser

Diese Art von Buch habe ich lange auf Deutsch gesucht. In den USA habe ich immer wieder filmtheoretische Werke zum Thema „Storytelling in Ads“ gesehen, doch ernsthafte Literatur zu diesem Thema ist hierzulande Fehlanzeige. Da ist dieses Buch ein absoluter Gewinn. Das Büchlein „Das Drehbuch zum Drehbuch“ liefert mir theoretisches Hintergrundwissen für Erzählstrategien für Werbespots, -filme und Virals. Es ist meines Wissens das erste deutschsprachige Buch zu diesem Thema und es ist großartig, bis auf ein paar Kleinigkeiten. Der filminteressierte Leser erfährt, wie und warum eine gute Geschichte in einem Spot funktioniert. Und das Buch schreibt ein Loblied auf die Story. Nur wenn die Story stimmt, dann funktioniert der Film auch. Dies ist eine banale Weisheit, wird aber oft genug ignoriert.

Das Buch Das Drehbuch zum Drehbuch: Erzählstrategien für Werbespots, -filme und Virals widmet sich an den ernsthaften Filmer und Produzenten, der sich theoretisch dem komplexen und psychologischen Thema nähern will. Wobei der klare Schwerpunkt auf Theorie liegt. Schade: Hier werden leider keine bekannten Werbespots besprochen, die leider auch nicht auf einer beiliegenden DVD vorhanden sind. Der Leser muss sein neu erworbenes theoretisches Wissen auf die seine individuelle Praxis anwenden oder seine Fantasie zu Rate ziehen. Wie und warum funktioniert mein Spot und warum eben nicht?

Somit wird die Zielgruppe für dieses wichtige Büchlein leider eingeschränkt. Nicht jeder Leser kann mit den Basiserzählstrukturen in einem Film etwas anfangen. Der Filmstudent, der Theoretiker oder der mit Hintergrundwissen ausgestattete Praktiker wird allerdings fündig und das haufenweise. Manch oberflächlicher Werbeheini bleibt außen vor – Film ist eben doch eine Art von Wissenschaft und nicht nur ein Handwerk, bei dem man Knöpfe an der Kamera drückt. Anschaulich wird das Buch gegen Ende, als der Autor Albert Heiser verschiedene Erzähl- und Plausibilitätsmuster anfügt, die auf Spielfilm- oder TV-Genre basieren. Hier kommen Strukturen aus Krimi, Fantasy, Western, Action- oder Gangstermovies zum Einsatz.

Das Satz und die Typo des Buches sind sehr gelungen und geben dem Werk eine gewisse Wertigkeit. Ich hätte mir allerdings noch ein paar anschauliche Illustrationen bzw. Bildzitate gewünscht. Film ist ein optisches Medium und hier wären Bilder die richtige Ergänzung.

Ansehen: Mucha in der Hypo Kunsthalle

12. Januar 2010

Der Katalog zur Alfons Mucha-Ausstellung in der Hypo Kunsthalle

Wer noch Kultur auf hohem Niveau erleben will, sollte sich sputen. Noch bis zum 24. Januar läuft in der Kunsthalle der Hpyo-Kulturstiftung die Ausstellung „Alfons Mucha – Meister des Jugendstils“.
Nach Präsentationen im Wiener Belvedere und dem Musée Fabre in Montpellier zeigt nun die Kunsthalle die Retrospektive des tschechischen Künstlers Alfons Mucha (1860–1939). Der durch seine Plakatentwürfe, Buchillustrationen und Schmuckkreationen weltberühmte Meister des Jugendstils hat die Zeichen seiner Zeit richtig erkannt. Mucha ist ein begnadeter Künstler, aber auch ein guter Meister der PR in eigener Sache.
Er erkannte sehr schnell, dass die Massenmedien seiner Zeit seiner Kunst von Nutzen sein können. Die eingängigen Zeichnungen hätten nicht die Berühmtheit erlangt, wenn es nicht die Druckmaschinen gegeben hätte. Schnell konnte seine Kunst in die Welt hinausgetragen werden. Mucha war ein einzigartiger Künstler, ohne Zweifel. Und er ist auch ein Genie der Massenkommunikation. Viele seiner Werke sind Reklameplakate.Auch das macht ihn so populär, denn seine Werbung kam beim Kunden an. Mal wirbt er für Zigaretten, mal für einen Salon. Und als eine Art früher Andy Warhol, der auch mit Werbung sein Geld verdiente, arbeitet er mit anderen Künstlern zusammen. War es bei Warhol Velvet Underground so war es bei Mucha die große Sarah Bernhardt. Die Schauspielerin (1844–1923) war ein Superstar ihrer Zeit. Die launische Diva erkannte das Genie Muchas und ging mit ihm eine fruchtbare Kooperation ein. Sie suchte einen Illustrator für ihr Theaterstück „Gismonda“. Diese Kooperation unter bedeutenden Künstler war enorm schaffensreich. Heute ist dem jüngeren Publikum Sarah Bernhardt vor allem durch die Plakate von Alfons Mucha in Erinnerung geblieben. 1896 entwarf er für die Schauspielerin das Plakat „Berhardt als Cameliendame“ –  dieses gilt heute als Ikone der Jugendstilgrafik.
Mucha war ein Meister der modernen Installation. Zu den Höhepunkten der Ausstellung gehören die Rekonstruktion des Pavillons Bosnien-Herzegowina (1900) für die Weltausstellung in Paris sowie die Präsentation von zwei monumentalen Gemälden aus dem vielteiligen „Slawischen Epos“ (1910–1926).
Diese Werkzyklen in Muchas künstlerischem Schaffen wurden bisher wenig wahrgenommen und es ist ein großes Verdienst der Ausstellung, dass dieses Manko ausgeglichen wurde. Dabei zählen seine für die unterschiedlichen Pavillons und Länder geschaffenen Beiträge zur Pariser Weltausstellung 1900 zu den bedeutendsten Arbeiten Muchas. Nachdem er seine eigenen Pläne für einen „Pavillon de l’Homme“ nicht realisieren konnte, erhielt der Meister die Gelegenheit, mit den monumentalen Wandmalereien für den Pavillon Bosnien-Herzegowina letztlich doch einen wichtigen Beitrag für das Pariser Großereignis der Jahrhundertwende zu liefern. Auf mehr als 250 Quadratmetern Leinwand schildert er die Geschichte der beiden einstmals osmanischen Provinzen. Der Großteil dieser Wandbilder ist erhalten und wird nun erstmals innerhalb der rekonstruierten Zentralhalle des Pavillons wieder zu sehen sein. Hier den beiden Kuratoren der Ausstellung Dr. Jean-Louis Gaillemin und Dr. Roger Diederen großen Dank.
Die Ausstellung in der Hpyo-Kunsthalle ist bis 24. Januar täglich 10 bis 20 Uhr geöffnet und der Besuch lohnt sich.