Sergio Corbuccis „Django“ von 1966 zählt zu den Filmen, die den Italo-Western nicht nur geprägt, sondern radikal erneuert haben. Mit Franco Nero in der Titelrolle entstand eine Figur von ikonischer Wucht: ein schweigsamer Antiheld, getrieben von Rache, gefangen zwischen Einsamkeit und moralischer Unschärfe – ein Mann, der mehr Abgrund als Hoffnung in sich trägt. Der nächste Film in meiner Western-Matinee am 28. Dezember 2025 im Scala-Kino Fürstenfeldbruck. Ich bespreche und zeige den Clint Eastwood-Western Erbarmungslos. Karten gibt es hier.
Schon die berühmte Anfangssequenz, in der Django einen Sarg durch den Schlamm einer trostlosen Grenzstadt zieht, entfaltet eine verstörende Symbolkraft. Sie steht für den Zerfall des amerikanischen Mythos, für eine Welt, in der Leben und Tod, Schuld und Erlösung untrennbar ineinander übergehen. Hier die Aufzeichnung meines Vortrags.
Corbucci entwirft ein Amerika, das mit den heroischen Bildern des klassischen Westerns nichts mehr gemein hat. Statt weiter Landschaften und klarer Ehrenkodizes herrschen Morast, Gewalt und Hoffnungslosigkeit. Die Stadt, in der Django ankommt, wird zum Sinnbild einer zerfallenen Ordnung. Zwei rivalisierende Gruppierungen bestimmen das Geschehen: auf der einen Seite brutale, rassistische Südstaatenmilizionäre, auf der anderen mexikanische Revolutionäre. Zwischen diesen Fronten bewegt sich Django als zynischer Einzelgänger, der weder Partei ergreift noch moralische Gewissheiten kennt – einzig sein persönlicher Rachefeldzug treibt ihn voran.
Die Darstellung von Gewalt war zur Entstehungszeit des Films revolutionär. „Django“ zeigt sie roh, überhöht und zugleich von eigentümlicher Ästhetik. Corbucci inszeniert das Töten als groteskes Ritual einer Welt, in der moralische Maßstäbe längst aufgehoben sind. Besonders eindringlich ist die Szene, in der Djangos Hände zertrümmert werden: ein Akt der Entmachtung, der den vermeintlichen Helden bricht und ihn zugleich zutiefst menschlich erscheinen lässt. Django ist kein unverwundbarer Revolvermann, sondern ein Verwundeter, der seinen letzten Kampf aus nackter Verzweiflung führt.
Über seine stilistische Radikalität hinaus ist der Film auch politisch lesbar. Geprägt von den gesellschaftlichen Spannungen der 1960er-Jahre nutzt Corbucci den Western als Allegorie auf Macht, Unterdrückung und Gewaltstrukturen. Die Südstaatenmilizionäre mit ihren roten Kapuzen erinnern unübersehbar an den Ku-Klux-Klan; ihre Brutalität ist ideologisch aufgeladen und zutiefst rassistisch. Djangos Widerstand wird so zum Kampf des Individuums gegen ein System – ein zentrales Motiv des politisch geprägten Italo-Westerns.
Untrennbar mit der Wirkung des Films verbunden ist die Musik von Luis Bacalov. Das Titellied „Django“, gesungen von Rocky Roberts, verleiht dem Film eine melancholische, beinahe sakrale Grundstimmung und bildet einen eindrucksvollen Kontrast zur schmutzigen, gnadenlosen Bildwelt.
Franco Nero prägt die Figur mit einer Mischung aus kühler Eleganz und stiller Verlorenheit. Sein Blick, seine sparsamen Gesten und die kontrollierte Körperhaltung machen Django zum Prototyp des einsamen Rächers – ein Archetyp, der spätere Westernfiguren ebenso beeinflusste wie Quentin Tarantinos moderne Neuinterpretation.
In der Rückschau steht „Django“ heute gleichberechtigt neben den Klassikern Sergio Leones – allerdings dunkler, kompromissloser und politischer. Corbuccis Film ist weniger Abenteuergeschichte als Abgesang auf die Mythen des Westens. Schlamm, Wind und Blut werden zur ästhetischen Sprache eines Genres, das Schönheit im Verfall sucht.
Verpassen Sie diesen Meilenstein des Italo-Westerns nicht. „Django“ ist ein visuell kraftvoller, moralisch vielschichtiger und bis heute verstörend aktueller Film. Trotz seines geringen Budgets entfaltet er eine enorme Wirkung und bleibt ein düsteres Gedicht über Rache, Schuld und Einsamkeit.
Der nächste Film in meiner Western-Matinee am 28. Dezember 2025 im Scala-Kino Fürstenfeldbruck. Ich bespreche und zeige den Clint Eastwood-Western Erbarmungslos. Karten gibt es hier.
Ein neuer Dracula? Musste ich sehen und wenn er noch von Luc Besson ist, sollte ich besonders genau hinschauen. Luc Bessons Dracula – Die Auferstehung (Originaltitel Dracula: A Love Tale, 2025) ist eine Neuinterpretation des bekannten Vampirstoffs, die dessen Kern motivisch neu ausrichtet. Ich schaute mir den Film mit anderen Vampirfans in meinem Lieblingskino Scala Fürstenfeldbruck an. Der Film erscheint im Februar 2026 auf Bluray.
Statt primär auf Horror setzt Besson auf Romantik: Er erzählt die Geschichte als elegische Saga von Liebe und Sehnsucht . Besson selbst betonte, im Roman von Bram Stoker stecke „eine Liebesgeschichte über einen Mann, der 400 Jahre lang auf die Wiedergeburt seiner Frau wartet“ – das eigentliche Herz der Geschichte sei das Warten einer Ewigkeit auf die Rückkehr der geliebten Person . Entsprechend wollte er ausdrücklich eine „tragisch-romantische Liebesgeschichte statt eines Horrorfilms“ schaffen. Diese Fokussierung auf romantische und tragische Elemente prägt Dracula – Die Auferstehung und lädt zugleich zum Vergleich mit Francis Ford Coppolas Bram Stoker’s Dracula (1992) ein – jener opulenten Verfilmung, die Graf Dracula ebenfalls als getriebenen Liebenden inszenierte.
In Bessons Version steht Draculas jahrhundertelange Sehnsucht nach seiner verstorbenen Geliebten Elisabeta im Zentrum. Der Film beginnt im 15. Jahrhundert: Prinz Vlad (Caleb Landry Jones) verliert seine Frau Elisabeta (Zoë Bleu) und wird nach seinem zornigen Bruch mit Gott mit dem Fluch der Unsterblichkeit belegt. Fortan wandert Vlad als untoter Graf Dracula durch die Jahrhunderte – angetrieben von einem einzigen Hoffnungsschimmer: irgendwann seine verlorene Liebe wiederzufinden. Dieser unbedingte Wille durchzieht die Handlung. Dracula scheut weder zeitliche Distanz noch moralische Grenzen, um Elisabeta wiederzufinden: So verbringt er Jahrhunderte damit, den perfekten Duft zu kreieren, der alle Frauen in seinen Bann zieht – in der Hoffnung, darunter die Reinkarnation seiner Frau aufzuspüren. Tatsächlich glaubt er im Paris des ausgehenden 19. Jahrhunderts, am Vorabend der Hundertjahrfeier der Französischen Revolution, sein Ziel erreicht zu haben: Durch eine arrangierte Begegnung erkennt Dracula in Mina Murray (ebenfalls Zoë Bleu), der Verlobten des Anwalts Jonathan Harker, die wiedergeborene Elisabeta. Er verführt Mina behutsam, weckt in ihr Erinnerungen an ihr vergangenes Leben und entführt sie schließlich nach Transsylvanien, wo Mina ihn anfleht, sie zur Vampirin zu machen, um für immer an seiner Seite zu sein. Doch gerade als die uralte Sehnsucht des Grafen sich zu erfüllen scheint, nimmt die Tragödie ihren Lauf: Eine Gruppe von Vampirjägern unter Führung eines namenlosen Priesters (Christoph Waltz) stürmt Draculas Schloss. Angesichts Minas gefährdeter Seele trifft Dracula eine letzte, drastische Entscheidung aus Liebe – er opfert sich selbst. Reumütig lässt er sich vom Priester pfählen und stirbt in Minas Armen, um sie vor dem ewigen Fluch zu bewahren. Die finale Erklärung seiner Liebe, gefolgt von der erlösenden Auflösung seines Körpers, bildet den emotionalen Höhepunkt des Films und unterstreicht Bessons Leitmotiv: Liebe, die sogar den Tod überwindet, jedoch nur durch Selbstaufopferung Erlösung findet.
Diese romantisch-tragische Interpretation unterscheidet Bessons Dracula – Die Auferstehung deutlich von konventionellen Horrorverfilmungen – und doch weist sie Parallelen zu Coppolas Ansatz von 1992 auf. Auch Bram Stoker’s Dracula stellt die unsterbliche Liebe ins Zentrum: Hier wird Dracula (Gary Oldman) angetrieben von der Überzeugung, dass Mina Harker (Winona Ryder) die Wiedergeburt seiner vor Jahrhunderten verlorenen Fürstin ist. Coppola konzipierte den Film explizit als „gotische Romanze“ um einen verzweifelt liebenden, zugleich furchterregenden Grafen und seine wiedergeborene Seelengefährtin . Schon das Marketing betonte diesen Aspekt – das berühmte Motto lautete „Love Never Dies“. Entsprechend findet man in Coppolas Inszenierung zahlreiche Momente voller Leidenschaft und Wehmut: In einer ikonischen Szene flüstert Dracula Mina die Worte zu, er habe „Ozeane der Zeit durchquert“, um sie zu finden – ein Bekenntnis jahrhundertealter Sehnsucht, das zu den eindringlichsten Liebeserklärungen des Genres zählt. Coppolas Film beginnt mit einem Prolog, in dem Draculas Frau Elisabeta aus Kummer über falsche Todesnachrichten Selbstmord begeht, woraufhin Vlad vor Schmerz Gott verleugnet und zum Vampir wird. Dieser Auftakt gibt dem Geschehen von Anfang an eine opernhafte Tragik und Motivation ähnlich der Besson-Version (wenn auch durch einen anderen Auslöser). Im weiteren Verlauf inszeniert Coppola die Begegnung zwischen Dracula und Mina als schicksalhafte, sinnliche Liebesgeschichte. Ihre verbotene Romanze wird in traumgleichen Bildern, intensiven Dialogen und einem melancholischen Score von Wojciech Kilar zelebriert, sodass Draculas leidenschaftliches Werben um Mina zugleich verführerisch und düster erscheint. Anders als Besson verliert Coppola jedoch die Horroraspekte nicht aus den Augen: Die Nebenhandlung um Minas Freundin Lucy (Sadie Frost), die selbst Opfer von Draculas Biss und zur Vampirbraut wird, fügt eine zusätzliche tragische Note hinzu und bietet einige der gruseligsten Szenen des Films. Diese Balance aus Schrecken und Romantik macht Coppolas Werk zu einem vielschichtigen Erlebnis – das Grauen steigert hier die Tragik der Liebe, anstatt ihr entgegenzustehen.
Betrachtet man Regie und Drehbuch, zeigt sich, wie unterschiedlich Besson und Coppola die romantischen und tragischen Elemente inszenieren. Luc Besson drückt dem Dracula-Mythos seinen eigenen Stil auf: Seine Adaption präsentiert sich temporeich, fantasievoll und mitunter schillernd überzeichnet. Ein Kritiker beschrieb den Film treffend als „Fiebertraum“ aus Vampirlegenden, romantischem Melodram und Bessons charakteristischem filmischem Übermut. Tatsächlich scheut Besson nicht vor extravaganten Ideen zurück – etwa wenn er Handlungsorte verlegt (große Teile der Geschichte spielen nicht in London, sondern im Paris der Belle Époque) oder übernatürliche Einfälle einbaut wie einen betörenden Parfum-Zauber oder gar eine Armee von zum Leben erweckten steinernen Gargoyles als Diener Draculas. Seine Drehbuch-Entscheidungen weichen weit von Bram Stokers Roman ab und überführen die grobe Handlung in ein neues Gewand, das ganz auf die Liebesthematik zugeschnitten ist. So ändert Besson sogar Schlüsselmomente: Anders als bei Coppola (und anders als im Roman) nimmt sich Elisabeta nicht das Leben, sondern wird von Feinden getötet – ein bewusster Kunstgriff, mit dem Besson Draculas Motivation klar auf Liebe und Rache ausrichtet. Diese kreativen Freiheiten geben Dracula – Die Auferstehung eine eigenständige Note, führen aber stellenweise auch zu erzählerischen Ungereimtheiten und einer Überfrachtung mit Ideen. Bessons Interpretation gerät durch diese Überhöhung bisweilen ins Kitschige oder Klischeehafte, was im Kino von jugendlichen Damen mit Kichern quittiert wurde. Coppolas Drehbuch hingegen hielt sich – trotz der Hinzudichtung der Wiedergeburts-Liebesgeschichte – näher an der literarischen Vorlage. Sein Film integriert viele Figuren und Handlungsbrüche aus Stokers Roman und behält die Tagebuch-Struktur teilweise bei, was dem Werk ein festes Gerüst gibt. Coppolas Regiestil war gleichzeitig experimentell und altmodisch: Er verzichtete weitgehend auf moderne digitale Effekte und kreierte die fantastischen Szenerien durch klassische filmische Tricks (etwa doppelte Belichtungen, ungewöhnliche Kameraperspektiven, Schattenspiele) sowie durch kunstvolle Sets und Kostüme. Dadurch erhielt Bram Stoker’s Dracula einen singulären visuellen Stil, der an expressionistisches Kino erinnert und die romantisch-tragische Atmosphäre unterstreicht. Insgesamt wirkt Coppolas Inszenierung konsistenter und stringenter in der Balance von Horror und Romantik – das Liebesdrama und die Schauerelemente greifen ineinander, ohne tonal zu kollidieren. Bessons Film hingegen ordnet den Horror dem Liebesthema deutlich unter (passend dazu bekannte der Regisseur, kein großer Horrorfilm-Fan zu sein), was zwar einen kohärenten Ton als romantische Fantasy ergibt, jedoch gelegentlich die innere Logik strapaziert.
Großes Gewicht für eine Geschichte von Liebe und Sehnsucht tragen natürlich die Darsteller. Caleb Landry Jones interpretiert Bessons Dracula als zerrissenen Romantiker mit monströser Seite. Er verleiht dem Grafen eine spürbare innere Qual und Leidenschaft – man nimmt ihm sowohl die gefährliche, jahrhundertealte Macht als auch den schmachtenden Liebhaber ab. Kritiker lobten insbesondere Jones’ intensive, beinahe hypnotische Darstellung, die der tragischen Romanze emotionalen Nachdruck verleiht. Zoë Bleu bringt in der Doppelrolle als Elisabeta/Mina eine sanfte Unschuld und zugleich tiefe Empfindsamkeit zum Ausdruck, besonders als Mina sich zusehends an ihr vergangenes Leben erinnert und zwischen bürgerlicher Vernunft und übernatürlicher Anziehung hin- und hergerissen ist. Die Chemie zwischen Jones und Bleu trägt viele Schlüsselszenen – vom neckischen Glück im Prolog bis zur verzweifelten Vereinigung im dritten Akt – und macht Draculas Sehnsucht nachvollziehbar. Christoph Waltz steuert als namenloser Priester (eine Art Van-Helsing-Figur) seine charismatische Gravitas bei. Seine Figur fungiert als moralischer Gegenpol zu Dracula, und Waltz verkörpert den fanatischen Vampirjäger mit der ihm eigenen Intensität. Tatsächlich gehören die Ermittlungs- und Konfrontationsszenen mit Waltz zu den fesselndsten des Films – sie verleihen der romantischen Haupthandlung dramaturgische Spannung und einen geistlichen Ernst, der im Finale kulminiert. Die Nebenrollen (etwa Matilda De Angelis als vampirische Verbündete Maria oder Ewens Abid als Jonathan Harker) sind solide besetzt, treten aber gegenüber dem zentralen Dreieck Dracula–Mina–Priester deutlich in den Hintergrund.
Coppolas Film von 1992 zeichnet sich ebenfalls durch markante Schauspielerleistungen aus, die den romantisch-tragischen Kern der Geschichte transportieren. Allen voran prägte Gary Oldman die Rolle des Dracula nachhaltig: Er spielt den Vampirfürsten als vielschichtige Gestalt – zugleich verführerisch, gebrochen und furchteinflößend. Oldmans intensiver Vortrag (inklusive des berühmten Satzes „I have crossed oceans of time to find you“, mit dem er Minas Herz gewinnt) machte Draculas Sehnsucht und Schmerz förmlich greifbar. Winona Ryder gab Mina eine Mischung aus tugendhafter Viktorianischer Anmut und innerer Aufgewühltheit, sobald sie Draculas Bann verfällt. Durch Ryder wird Mina zur glaubhaften Wiedergeburt Elisabetas, hin- und hergerissen zwischen ihrer zukünftigen Ehe mit Harker und der mysteriösen Anziehung zu Dracula. Die Szenen zwischen Ryder und Oldman sind voller knisternder Spannung und emotionaler Tiefe, wodurch Coppolas Liebesgeschichte auf der Leinwand überzeugend zum Leben erweckt wird. Im Gegensatz zu Waltz’ ernstem Priester setzte Anthony Hopkins als Professor Van Helsing in Coppolas Film einen exzentrischen Kontrapunkt: Mit scharfem Humor, wildem Blick und unbändigem Eifer jagt er Dracula und dient dabei fast als ironischer Kommentator des Geschehens. Diese leicht überspitzte, energische Art Hopkins’ lockert die düstere Romanze auf und betont gleichzeitig den Ernst der Bedrohung – eine Gratwanderung, die Coppolas Ensemble eindrucksvoll bewältigt. Insgesamt erreicht das Schauspiel in Bram Stoker’s Dracula eine opernhafte Intensität, die die großen Gefühle – Liebe, Lust, Verzweiflung – mit Nachdruck vermittelt, während Bessons Darstellerriege zwar engagiert spielt, aber weniger ikonische Akzente setzen kann.
Auf der visuellen Ebene bieten beide Filme prachtvolle Schaubilder, setzen jedoch unterschiedliche Akzente. Dracula – Die Auferstehung besticht durch aufwändige Ausstattung, Kostüme und Effekte, die den Zuschauer ins 18./19. Jahrhundert eintauchen lassen. In jedem Bild, jedem Kronleuchter, jedem Korsett und jedem Blutstropfen ist die Sorgfalt der Macher erkennbar . Kameramann Colin Wandersman fängt sowohl die glanzvolle Atmosphäre des alten Paris als auch die rau-romantische Wald- und Schlosskulisse Transsylvaniens in eindrucksvollen Bildern ein . Tatsächlich wurde in französischen Studios wie auch in den winterlichen Wäldern Finnlands gedreht, um Bessons Vision einer neugotischen Welt zum Leben zu erwecken. Die visuelle Gestaltung ist üppig und fantasievoll: Dracula tritt mal als verfallener alter Graf mit schaurigem Make-up, mal als verjüngter Verführer in Erscheinung; es gibt klassische Horrorbilder (Kreuze, Gruften und Dekapitationen) ebenso wie computeranimierte Kreaturen. Dennoch bleibt die Bildsprache dem romantischen Kern treu – die Gewalt tritt zwar deutlich hervor, doch nicht Selbstzweck, sondern Hintergrund für die Liebeshandlung (selbst blutige Exzesse wie Draculas Kampf gegen Nonnen oder die von ihm geschaffenen Ungeheuer dienen letztlich dazu, seine Verlorenheit zu unterstreichen). Die musikalische Untermalung trägt wesentlich zur Stimmung bei: Danny Elfman komponierte einen gefühlvollen Score, der von vielen als einer seiner besten seit Jahren gelobt wird. Leider ist der Score bisher nicht auf Vinyl herausgekommen. Streicherklänge und Chöre untermalen die Sehnsucht und den Horror gleichermaßen. Unweigerlich drängt sich aber der Vergleich zum legendären Soundtrack von Wojciech Kilar in Coppolas Dracula auf – Kilars unverwechselbare musikalische Themen gaben der 1992er-Version viel von ihrer emotionalen Wucht, und Elfmans Musik zitiert diese gothische Romantik stellenweise, ohne deren Originalität ganz zu erreichen.
Coppolas Bram Stoker’s Dracula war visuell nicht minder opulent, jedoch in einer anderen Weise. Die Ausstattung und Kostüme (entworfen von Eiko Ishioka) zeichneten sich durch eine theatralische, preisgekrönte Pracht aus; jedes Bild wirkt wie ein kunstvolles Gemälde voller Symbolik. Coppola setzte auf altmodische Tricktechnik: Viele Effekte – von überdimensionalen Schatten bis zu surrealen Übergängen – wurden direkt bei den Dreharbeiten erzeugt, was dem Film einen handgemachten Charme und zeitlosen Look verleiht. Das Farbenspiel (tiefes Rot der Leidenschaft, kaltes Blau der Nacht), die Kameratricks und die Anleihen bei expressionistischen Stummfilmen ergaben eine einzigartige Ästhetik, die die Grenzen zwischen Realität und Alptraum verwischte. Auf diese Weise transportierte Coppola die tragische Liebesgeschichte auf einer visuell-metaphorischen Ebene: Draculas Schmerz und Begierde manifestieren sich buchstäblich in den Bildern (man denke an die ikonische Szene, in der sich Draculas Schatten verselbständigt, oder an die Verwandlung in einen gewaltigen Fledermaus-Dämon während Minas Versuchung). Bessons Film wiederum nutzt die modernen Möglichkeiten des 21. Jahrhunderts – aufwendige Computereffekte und dynamische Montagen – um sein Märchen von Liebe und Unsterblichkeit gefällig und zeitgemäß zu präsentieren. Beide Ansätze – der nostalgisch-künstlerische von 1992 und der high-end-gotische von 2025 – eint, dass sie ein visuelles Fest bieten, das die romantische Tragik der Geschichte eindrucksvoll unterstützt. Sie unterscheiden sich jedoch in der stilistischen Haltung: Coppolas Bilder sind oft metaphorisch überhöht und von subtiler Symbolik, während Besson direktere, bisweilen reißerische Tableaus bevorzugt, die den Zuschauer mit Sinneseindrücken überwältigen.
Letztlich stellt sich mir die Frage, wie wirkungsvoll die beiden Filme ihre romantisch-tragische Vision dem Publikum vermitteln. Dracula – Die Auferstehung bietet emotionales, pathetisches Kino – die aufrichtige Darstellung ewiger Liebe soll das Publikum berühren. Viele Momente – etwa wenn Mina am Ende den sterbenden Dracula hält – zielen unverhohlen aufs Herz und können durchaus Ergriffenheit auslösen. Unterstützt von der gefühlvollen Musik und der engagierten Darstellung wird die Verzweiflung der liebenden Figuren spürbar. Dennoch gingen die Meinungen auseinander: Ist vielleicht Bessons Spätwerk eine Kopie von Coppolas Meisterstück und ich bezweifelte den Mehrwert der erneuten Nacherzählung. Wer die romantische Seite des Dracula-Mythos schätzt, wird Bessons Ansatz einiges abgewinnen können, denn er nimmt das Motiv der ewig währenden Liebe ernst und gestaltet es mit großer Leidenschaft und visueller Fantasie aus. Coppolas Dracula wiederum gilt nicht ohne Grund als Klassiker: Durch die kohärente Verschmelzung von Schrecken und Schönheit, von Grauen und Gefühl erreicht dessen emotionale Wirkung eine intensive Dichte, die das Publikum bis heute fasziniert.
Der Vergleich der beiden Werke zeigt, wie unterschiedlich und doch vergleichbar der Dracula-Stoff interpretiert werden kann. Luc Besson und Francis Ford Coppola betonen jeweils die Aspekte von Liebe und Sehnsucht im Vampirmythos und machen aus Dracula eine tragische Figur, die über den Tod hinaus nach Erfüllung sucht. Besson entwirft in Dracula – Die Auferstehung ein leidenschaftliches, modernes Märchen voller Hingabe und Schmerz, das visuell beeindruckt und das Herz des Zuschauers direkt ansprechen will. Coppola inszenierte Bram Stoker’s Dracula als opulentes, nahezu opernhaftes Filmgedicht – eine Verschmelzung von Horror und Romantik, die stilistisch wie emotional Maßstäbe setzte. Beide Filme zeigen letztlich, dass unter der Schale des Vampir-Horrors eine zeitlose Geschichte schlägt: die Geschichte von unsterblicher Liebe und ewiger Sehnsucht, inszeniert mal auf neue, mal auf klassische Weise – doch in jedem Fall mit der tragischen Schönheit, die Draculas Schicksal so fesselnd macht.
„Die Ritter der Kokosnuss“ ist weit mehr als nur ein absurder Monty-Python-Klamauk – er ist ein grellbunter Zerrspiegel menschlicher Torheiten, eine gallige Satire auf Macht, Religion, Bürokratie und das ewige Bedürfnis nach Sinn in einer Welt, die längst den Verstand verloren hat. Hinter dem scheinbaren Nonsens liegt ein feines Gespür für die Absurdität gesellschaftlicher Strukturen. Ich besprach und zeigte diesen Klassiker bei meiner jüngsten Komödien-Matinee im Scala Fürstenfeldbruck.
Die nächste Matinee am 9. November ist der Partyschreck, eine meisterhafte Slapstick-Komödie mit Peter Sellers in Höchstform. Als unbeholfener indischer Schauspieler Hrundi V. Bakshi stolpert er durch eine mondäne Hollywood-Party und richtet dort ein herrlich chaotisches Desaster an. Karten gibt es hier.
Großsprecherische Tafelrunde König Artus und seine ebenso nutzlose wie großsprecherische Tafelrunde reiten – ohne Pferde, nur begleitet vom hohlen Klappern imaginärer Kokosnusshälften – durch ein düsteres, matschiges Mittelalter, das gar nicht so weit entfernt ist von unserer eigenen Gegenwart. Ihre Suche nach dem heiligen Gral wird zum Sinnbild der vergeblichen Jagd nach höheren Wahrheiten, während das einfache Volk, geplagt von Dreck, Hunger und der Willkür der Mächtigen, längst aufgehört hat, an Helden zu glauben. Meine Einführung zum Film hier als Video.
Die Python-Truppe entlarvt mit anarchischem Witz, wie dünn die Fassade der Zivilisation tatsächlich ist. Wenn Bauern ihren König nach der „legitimen Machtgrundlage“ fragen oder Nonnen der Lächerlichkeit preisgegeben werden, schimmert durch den Irrsinn eine erschreckende Klarheit: Unsere Institutionen, Ideologien und Rituale sind oft nur hohle Konstrukte – und wer zu genau hinschaut, sieht, dass hinter all der Ordnung ein absurdes Chaos lauert.
„Ritter der Kokosnuss“ macht sich über alles lustig, was Menschen heilig ist, und genau darin liegt seine radikale Gesellschaftskritik. Der Film erinnert uns daran, dass Humor die schärfste Waffe gegen Dogma und Dummheit ist. In einer Welt, die immer wieder dazu neigt, sich selbst zu ernst zu nehmen, ist dieser groteske Gralsritt eine befreiende Erinnerung: Nur wer lachen kann – auch über sich selbst – hat wirklich verstanden, wie absurd das Menschsein manchmal ist.
Die nächste Matinee ist der Partyschreck mit dem großartigen Peter Sellers. Karten gibt es hier.
„The Change“ ist eine Dystrophie in der Tradition von Civil War und Bob Roberts – und ich fühlte mich stark an Woody Allens Innenleben erinnert.
Selten fühlt sich Kino der letzten Jahre so nah, so bedrohlich, so kraftvoll an wie in Jan Komasas „The Change“. Von den ersten Momenten an spinnt der Regisseur ein Netz aus familiärer Nähe und schleichender Angst, das den Zuschauer förmlich einschnürt. Das Haus der liberalen, linken Familie Taylors, erfüllt vom Glanz einer alten, gewachsenen Liebe, wird zum Mikrokosmos des politischen Umbruchs: Ausgerechnet beim Fest zum 25. Hochzeitstag nimmt die Katastrophe Gestalt an. Mit der Ankunft von Liz, einer ehemaligen Studentin mit radikalen Visionen, verändert sich die Dynamik zwischen Eltern und Kindern, zwischen Vertrauen und Zweifel, zwischen Sicherheit und drohendem Abgrund. Die Zeiten ändern sich. Der Film ist ein Versuch eines Spiegelbildes des Wandels in den USA. Der Versuch eine konservative Revolution aufzuhalten und an diesem Wandel zugrunde zu gehen.
Komasas Handschrift ist spürbar. Wie schon in „Corpus Christi“ schaut er hinter Fassaden, tastet nach den Rissen in einer scheinbar heilen Welt. Der Film ist ein Dystopie-Drama, aber sein Schrecken entsteht nicht aus Fantasie, sondern aus der erschütternden Realität einer Gesellschaft, deren Werte ins Wanken geraten. Komasa zeigt: Die Monster sitzen oft nicht unter dem Bett, sondern am Tisch, getarnt als Ideologie – und entfalten ihre zerstörerische Kraft im Vertrauten, im Alltag. Die Kamera bleibt dicht an den Figuren, fängt Blicke, Flüstern und die feinen Verschiebungen im Miteinander ein. Der Ton ist mal nüchtern, mal beängstigend direkt – jede Szene trägt das Versprechen von Eskalation, aber nie lässt Komasa die Figuren zu bloßen Symbolen verkommen.
Die Schauspieler geben alles: Diane Lane als Ellen schwankt zwischen Hoffnung und Abwehr, Kyle Chandler gibt den Zweifler, den Zweikämpfer gegen den eigenen Stillstand. Phoebe Dynevor als Liz ist eine Provokation, wandelnd zwischen Verführung und Bedrohung. Der Zusammenprall der Generationen wird zum Spiegel der politischen Radikalisierung: Die Dialoge tun weh, weil sie so ehrlich, so verzweifelt, so menschlich sind. Thanksgiving, Familientreffen, Geburtstage – jeder Anlass wird zur Prüfstein. Am Ende bleibt die Frage nach Schuld und Versöhnung, nach Verlust und Widerstand. Komasas Film bietet keine einfache Antwort, sondern zwingt zum Mitfühlen, Mitdenken, Mitzittern.
„The Change“ ist mehr als ein Thriller: Es ist ein düsteres, höchst emotionales Stück Zeitbild, ein schmerzlich schöner Film, der noch lange nachhallt. Komasa findet die Tiefe im Alltäglichen, macht die Bedrohung sichtbar und stellt den Menschen ins Zentrum. Ein Werk für alle, die Kino als emotionale Zumutung begreifen – als Warnung, als Plädoyer für den Mut, sich nicht unterkriegen zu lassen.
Jan Komasas „The Change“ ist ein Film, der die politisch-dystopischen Themen in einer beklemmend nahen Gegenwart verankert. Die Geschichte der politisch eher linken Professorenfamilie, die unversehens zur Keimzelle einer revolutionären Bewegung wird, dient als Mikroskop für die Radikalisierung und Spaltung der Gesellschaft: Eine junge Frau – nach ihrer Exmatrikulation wegen antidemokratischer Thesen – entfacht mit der Bewegung „The Change“ einen Paradigmenwechsel, der das gesamte politische System Amerikas erschüttert.
Der Film analysiert die Ausbreitung faschistoider Ideologien nicht irgendwo in den Hinterzimmern der Macht, sondern dort, wo sie den Einzelnen unmittelbar erfassen: im engsten sozialen Gefüge der Familie. Diese Verlagerung ins Private macht die Bedrohung umso spürbarer, weil Komasa die Emotionalität des Alltags mit den Mechanismen totalitärer Umwälzung kontrastiert. Die Demokratie wird nicht an Wahlurnen verhandelt, sondern in den hitzigen und verzweifelten Gesprächen zwischen Eltern, Kindern und Gästen – selbst in der Unmittelbarkeit des familiären Zusammenseins ist sie fragil und gefährdet.
In der dystophischen Vision von „The Change“ verschwimmen die Grenzen zwischen Überzeugung und Manipulation, zwischen Fürsorge und Fanatismus. Die Bewegung fordert radikale gesellschaftliche Umwälzungen, die der Einzelne kaum noch selbst bestimmen kann. Wer nicht mitzieht oder sich widersetzt, wird ausgegrenzt – ein Motiv, das an historische und aktuelle autoritäre Entwicklungen erinnert. Der Film stellt dabei die Frage nach der Standhaftigkeit demokratischer Werte, wenn sie im emotionalen Ausnahmezustand zwischen Nähe und Verrat neu verhandelt werden müssen.
„The Change“ zeigt auf, wie Politik zur persönlichen Katastrophe werden kann, wenn sie den Raum zwischen Menschen erobert und radikale Ideologien selbst Liebes- und Lebensbeziehungen vergiften. Komasa blickt mit analytischer Härte und emotionaler Wucht auf eine Zukunft, die beängstigend real erscheinen kann. Die Dystopie bleibt dabei nicht abstrakt, sondern wird im privaten Mikrokosmos erschreckend konkret und menschlich erfahrbar.
Als ich in der Pressevorführung von The Change saß, fühlte ich mich unweigerlich an Woody Allens Meisterwerk Innenleben erinnert. The Change“ von Jan Komasa und Woody Allens „Innenleben“ (Interiors) verbindet ein feinsinniger Blick auf den Zerfall einer Familie, die im Schutzraum bürgerlicher Behaglichkeit mit existenziellen Erschütterungen und gesellschaftlichen Umbrüchen konfrontiert wird. Beide Filme verlagern große Themen – gesellschaftlichen Wandel, innere Leere, Unsicherheit – in die Intimität der vier Wände und machen die Familie zum Brennglas für Ängste, Ressentiments und Verstrickungen, die weit über das Private hinausweisen.
In „Innenleben“ spiegelt das kühle, stilisierte Interieur den emotionalen Stillstand, die Sprachlosigkeit und Isolation der Figuren. Allens Drama thematisiert den zerfallenden emotionalen Zusammenhalt und die Unfähigkeit, mit Veränderungen umzugehen. In „The Change“ greift Komasa diese Grundmotive auf, doch übersetzt sie ins Politische: Die Familie wird vom Sog einer radikalen Bewegung aus dem Gleichgewicht gebracht – die Zerrissenheit zwischen den Generationen, gegenseitiges Vorwerfen, Rückzug und Entfremdung eskalieren vor dem Hintergrund einer dystopischen Krise. Wie bei Allen sind es oft Blicke, Schweigen und alltägliche Rituale, in denen sich das Drama abspielt; die Macht der Atmosphäre, die beklemmende Präsenz unausgesprochener Konflikte ist beiden Filmen wesentlich.
Beide Werke erzeugen ihre emotionale Wucht durch die Kollision von Innen- und Außenwelt: Der Familienkreis wird zum Spiegel gesellschaftlicher Ängste und der Schwierigkeiten, Halt zu finden in Zeiten des Wandels. Während Allen seinen Figuren vor allem existenzielle Sinnsuche zumutet, setzt Komasa einen realen, politischen Umbruch als Treiber ein – doch in beiden Fällen stehen Entfremdung, Kontrollverlust und der Verlust von Stabilität im Mittelpunkt. Das Ergebnis ist jeweils ein Kammerspiel der Gefühle, dessen Eindringlichkeit weit über das Private hinausweist und zum Nachdenken über die Zerbrechlichkeit menschlicher Beziehungen anregt.
Ich liebe den Film 2001: Odyssee im Weltraum von Stanley Kubrick. Ich habe den Film auf Super 8 komplett, auf VHS, auf Laserdisc, auf DVD, Bluray und 4K. Dieser Film ist ein wirkliches Meisterwerk der Filmgeschichte.
Und über die Jahre habe ich viele Bücher über den Film gesammelt, Ausstellungen angesehen, Gespräche geführt, Vorträge gehalten. Unlängst habe ich Piers Bizonys englische Buch 2001: Filming the Future erworben. Es ist eine sorgfältige und zugleich leidenschaftliche Hommage an Stanley Kubricks Film. Als großformatiger Band verbindet es detailreiche Essays, seltene Fotos und Interviews zu einer Gesamtschau, die den Produktionsprozess des Films offenlegt und zugleich seinen kulturellen Nachhall reflektiert. Was den Band besonders auszeichnet, ist der Spagat zwischen technischer Präzision und künstlerischer Sensibilität: Bizony erzählt die Entstehungsgeschichte nicht nur als filmhistorisches Dokument, sondern als Chronik menschlicher Kreativität im Angesicht des Unbekannten.
Im Zentrum steht die Zusammenarbeit zwischen Stanley Kubrick und Arthur C. Clarke. Bizony zeichnet nach, wie aus einem eher abstrakten Konzept – die Frage nach dem Platz des Menschen im Kosmos – ein filmisches Monument wurde. Er erläutert in präzisen, journalistisch klaren Passagen, wie akribisch Kubrick arbeitete: von den minutiösen Drehplänen bis hin zu experimentellen Kameraaufbauten. Dabei spart Bizony auch die legendäre Strenge des Regisseurs nicht aus, ohne ihn zur Karikatur des „einsamen Genies“ zu verklären. Stattdessen entsteht das Bild eines Perfektionisten, der seine Mitarbeiter forderte, sie aber gleichzeitig zu Höchstleistungen inspirierte.
Besonders eindrücklich sind Bisons Beschreibungen der technischen Innovationen. Das Buch widmet sich ausführlich den bahnbrechenden Spezialeffekten, die ohne digitale Tricks auskommen mussten. Von der simulierten Schwerelosigkeit bis zu den großartig beleuchteten Raumschiffinterieurs vermittelt Bizony ein Gefühl dafür, wie sehr Kubrick und sein Team die Grenzen des Möglichen verschoben. Uns Leser wird bewusst, dass 2001 entstand, bevor der Mensch tatsächlich den Mond betrat – ein Faktum, das dem gesamten Projekt eine fast prophetische Aura verleiht.
Stark sind auch Bizonys Reflexionen über den kulturellen Kontext der 1960er Jahre. Er zeigt, wie das Werk mit dem Geist des Space Age, aber auch mit einer tiefen Skepsis gegenüber technologischem Fortschritt verbunden ist. Diese Verortung macht 2001: Filming the Future zu mehr als einem Making-of-Buch: Es ist ein Beitrag zur intellektuellen Geschichte des Kinos, der die Ambivalenz von Fortschritt und Spiritualität zugleich sichtbar macht.
Kritisch ließe sich anmerken, dass Bizony weniger auf die philosophischen Dimensionen von Kubricks Werk eingeht. Wer eine tiefere filmtheoretische Analyse erwartet, wird hier eher die Oberfläche der filmischen Praxis finden. Das mindert jedoch nicht den Wert des Buches: Gerade durch seine sinnliche Bildsprache und den dokumentarischen Ansatz vermittelt es jene Mischung aus Staunen und Respekt, die Kubricks Film seit Jahrzehnten bei mir hervorruft. Das Werk erinnert an das Halten eines Filmstreifens in der Hand – greifbar, materiell, und doch durchdrungen von Vision. Am Ende bleibt 2001: Filming the Future eine Lektüre für alle, die die Magie des Filmemachens im Analogen verstehen wollen. Es ist weniger eine Analyse als eine Einladung zum Staunen – eine visuell und emotional aufgeladene Reise durch ein filmisches Universum, das seine Zukunft selbst erfindet.
Piers Bizonys 2001: Filming the Future ist kein gewöhnliches Filmbuch – es ist eine Reise in das Herz eines filmischen Mythos, ein Tauchgang in das endlose Schwarz des Weltraums, in dem sich Vision und Handwerk begegnen. Von der ersten Seite an spürt man: Hier schreibt jemand, der nicht nur recherchiert, sondern geglaubt hat – an das Kino als Offenbarung, an den schöpferischen Funken zwischen Mensch und Maschine, an das rätselhafte Leuchten des Monolithen, das Kubricks Werk bis heute umgibt.
Bizonys Buch, erstmals 1994 erschienen, ist eine stille Liebeserklärung an die Entstehungsgeschichte eines Films, der alles veränderte. Statt reiner Faktenchronik entfaltet sich eine fast poetische Erzählung über die Geburt einer filmischen Vision. Er lässt die Lesenden teilhaben an jenen Momenten des Staunens, in denen Kubrick und Clarke im Studio über die Zukunft der Menschheit diskutierten und die Kamera wie ein Fernrohr in die Sterne richteten. Zwischen den Zeilen pulsiert das Gefühl, dabei zu sein – inmitten der riesigen Studiobauten, wo Lichtstrahlen auf Aluminium treffen und der Weltraum in makellosem Analogfilm entstand.
Die Fotografien in diesem Band sind keine bloße Illustration, sondern Fenster in den Schöpfungsakt. Schwarz-Weiß-Aufnahmen heben die Einsamkeit des Raums hervor, zeigen Kabel, Kulissen und Gesichter voller Konzentration. Ihre Stille erzählt mehr über Kubricks Perfektion als jede Anekdote: Man sieht nicht einfach Menschen, die einen Film drehen – man sieht Menschen, die träumen, präzise und unermüdlich. Bizony schreibt über diese Hingabe mit einer Zärtlichkeit, die selten ist in der nüchternen Welt der Filmwissenschaft.
Sergio Corbuccis „Django“ aus dem Jahr 1966 gehört zu jenen Filmen, die das Genre des Italo-Westerns nicht nur geprägt, sondern neu definiert haben. In der Rolle des wortkargen Antihelden Django schuf Franco Nero eine ikonische Figur, die zwischen Einsamkeit, Rache und moralischer Ambivalenz pendelt – ein Mann, der mehr Schatten als Seele zu haben scheint. Bereits die Eröffnungsszene, in der er seinen Sarg durch den Schlamm einer verlassenen Grenzstadt zieht, ist von verstörender Wucht und symbolischer Dichte: Sie steht für die Verwesung des amerikanischen Traums, für die Vermischung von Leben und Tod, Schuld und Erlösung. Wir besprechen und zeigen den Film in unserer Western-Matinee im Scala Fürstenfeldbruck am Sonntag, 26. Oktober. Karten gibt es hier.
Corbucci präsentiert ein Amerika, das kaum mehr etwas mit der heroischen Welt des klassischen Westerns gemein hat. Statt weiter Himmel und ehrenvoller Duelle zeigt er ein Niemandsland aus Morast, Elend und Gewalt. Die Stadt, in der Django strandet, wird zum Mikrokosmos der Hoffnungslosigkeit – beherrscht von zwei rivalisierenden Banden: rassistische Südstaatenmilizionäre auf der einen, mexikanische Revolutionäre auf der anderen Seite. Zwischen ihnen bewegt sich Django als zynischer Mittler, der weder Gut noch Böse kennt, sondern nur sein eigenes, von Rache getriebenes Ziel verfolgt.
Die Brutalität des Films war für die damalige Zeit revolutionär. „Django“ zeigte eine neue Form von Gewalt – roh, überstilisiert, aber zugleich von seltsamer Schönheit. Corbucci inszeniert das Töten als groteskes Schauspiel, als Ausdruck einer Welt, in der Moral längst bedeutungslos geworden ist. Besonders berüchtigt ist die Szene, in der Djangos Hände zertrümmert werden – ein symbolischer Akt, der den Helden entmachtet und ihn zugleich menschlicher macht. Er wird nicht zum unbesiegbaren Westernhelden, sondern zu einem gebrochenen Menschen, der seinen letzten Kampf aus purer Verzweiflung führt.
Der Film ist dabei nicht nur ein Meisterwerk der Inszenierung, sondern auch eine Studie über politische und gesellschaftliche Spannungen. Corbucci, selbst geprägt von den Umbrüchen der 1960er-Jahre, versteht den Western als Allegorie auf Unterdrückung, Macht und Revolution. Die Südstaaten-Schergen tragen rote Kapuzen, die unübersehbar an den Ku-Klux-Klan erinnern; ihre Gewalt ist ideologisch, rassistisch und archaisch. Djangos Kampf gegen sie wird zum Kampf des Einzelnen gegen Systeme der Gewalt – ein Thema, das den Italo-Western zu einem politischen Kino der Verzweiflung machte.
Unvergesslich ist auch die Musik von Luis Bacalov, die den Film in eine eigentümliche Melancholie taucht. Das Titellied „Django“ – gesungen von Rocky Roberts – ist längst zum Klassiker geworden, seine schwermütige, fast sakrale Stimmung bildet einen Gegenpol zu der schmutzigen Brutalität des Films.
Franco Nero verleiht der Figur eine Mischung aus kalter Eleganz und stiller Verzweiflung. Mit seinem durchdringenden Blick, den wenigen Worten und der kontrollierten Körperlichkeit verkörpert er den Prototyp des einsamen Rächers, der später Figuren wie Clint Eastwoods „Man with No Name“ oder Tarantinos modernen Django inspirierte.
In der filmhistorischen Rückschau steht „Django“ heute auf einer Stufe mit Leone-Klassikern wie „Für eine Handvoll Dollar“ – nur düsterer, kompromissloser und politischer. Corbuccis Werk ist weniger ein Abenteuerfilm als ein Abgesang auf die Mythen des Westens. Der Dreck, der Wind, das Blut – sie sind Teil einer neuen Ästhetik, die Schönheit im Verfall sucht.
Verpassen Sie nicht diesen Klassiker des Italo-Westerns zwischen Dreck, Blut und Mythos. Sergio Corbuccis „Django“ ist ein bahnbrechender, visuell kraftvoller und moralisch vielschichtiger Film, der das Genre des Westerns in eine neue Ära führte. Trotz seines niedrigen Budgets entfaltet er eine beispiellose Wucht, die bis heute spürbar ist. Wer Western liebt, sollte ihn gesehen haben – nicht nur als Actionfilm, sondern als düsteres Gedicht über Rache, Schuld und Einsamkeit. Karten gibt es hier.
Es gibt Filme, die man schaut, lacht, und danach wieder vergisst. Und dann gibt es Die Ritter der Kokosnuss. Dieser Monty-Python-Klassiker ist nicht nur eine Parodie auf die Artus-Sage, sondern ein anarchisches Feuerwerk, das mit jeder Szene spürbar macht, wie befreiend Humor sein kann. Ich zeige den Film Die Ritter der Kokosnuss am 5. Oktober in meiner Matinee im Scala Fürstenfeldbruck. Karten gibt es hier.
Schon die ersten Minuten – Ritter ohne Pferde, dafür mit klappernden Kokosnüssen – setzen den Ton: Hier wird nichts ernst genommen, nicht einmal die Grundvoraussetzung für eine mittelalterliche Heldengeschichte.
Schon die ersten Minuten – Ritter ohne Pferde, dafür mit klappernden Kokosnüssen – setzen den Ton: Hier wird nichts ernst genommen, nicht einmal die Grundvoraussetzung für eine mittelalterliche Heldengeschichte.
Was den Film so besonders macht, ist die Mischung aus kindlich-absurdem Klamauk und beißender Satire. Da trifft König Artus auf Bauern, die ihn über Anarchie und Klassenstrukturen belehren, als stünde man mitten in einer politischen Debatte der 1970er-Jahre. Da kämpft ein Schwarzer Ritter unbeirrt weiter, selbst ohne Arme und Beine – ein groteskes Sinnbild für Heldenmut, der in Wirklichkeit nur noch pure Sturheit ist. Und da hoppelt ein weißes Kaninchen ins Bild, das sich als blutrünstiger Killer entpuppt – ein Moment, der bis heute so herrlich überraschend wirkt, dass man sich jedes Mal aufs Neue schüttelt vor Lachen.
Die Monty Pythons schaffen es, mit einfachsten Mitteln – man denke an die legendären Kokosnussschalen – eine ganze Welt zu entwerfen, die vertraut und gleichzeitig völlig absurd ist. Ihr Humor lebt vom Bruch mit Konventionen: der Vorspann, der sich selbst sabotiert, die Ritter, die nur „Ni“ sagen können, oder das Finale, das so abrupt endet, als würde jemand den Filmstreifen einfach aus dem Projektor reißen. All das erzeugt eine Art anarchische Energie, die man beim Schauen regelrecht spürt.
Was bleibt nach diesem Film? Ein Grinsen, das nicht vergeht. Zitate, die man noch Jahre später lachend mit Freunden wiederholt. Und das Gefühl, dass man Zeuge von etwas geworden ist, das weit mehr ist als eine Komödie. Die Ritter der Kokosnuss ist eine Liebeserklärung an die Absurdität – und ein Beweis dafür, dass Lachen manchmal die schärfste Form der Kritik ist. Ich freue mich auf den Film Die Ritter der Kokosnuss am 5. Oktober in meiner Matinee im Scala Fürstenfeldbruck. Karten gibt es hier.
Schon in den ersten Minuten von Das Kanu des Manitu wird klar: Hier reitet niemand in einen ernsthaften Western, sondern in eine liebevoll überdrehte Persiflage. Michael Bully Herbig bleibt seiner Mischung aus schrägem Humor, Western-Parodie und deutschem Wortwitz treu – garniert mit popkulturellen Anspielungen, bewusst absurden Situationen und einer gehörigen Portion Selbstironie.
Abahachi (Herbig) und sein Blutsbruder Ranger (Christian Tramitz) sind wieder da – Karikaturen alter Filmhelden, deren Augenzwinkern sofort beim Publikum ankommt. Sonnenüberflutete Landschaften, bunte Kostüme und Kulissen, die an Westernsets erinnern, aber nie zu perfekt wirken, unterstreichen den Comedy-Charakter. Die Gags wechseln zwischen schnell, flach, clever – stets mit dem Ziel, Spaß zu machen, nicht Logik zu beweisen.
Dass der Film ein Publikum findet, steht außer Frage. Doch an den Überraschungserfolg von Der Schuh des Manitu mit 11,7 Millionen Zuschauern vor 25 Jahren wird er wohl nicht heranreichen – die Erwartungen des Verleihs sind dennoch hoch. Herbig wollte sich in der Pressekonferenz im Münchner Mathäserkino nicht auf Zahlen festlegen. Muss er auch nicht: In einem Kinojahr ohne viele finanzielle Volltreffer trägt er den Hoffnungstitel.
Viele Dialoge des Originals sind längst geflügelte Worte geworden – eine Wiederholung dieses Phänomens wird schwer. Kritiker belächeln bisweilen Herbigs Humor, doch wer genau hinsieht, entdeckt eine Fülle an Filmzitaten. Herbig ist ein leidenschaftlicher Kinokenner, der in Das Kanu des Manitu zu einem Ritt durch die Filmgeschichte einlädt: von Karl-May-Anspielungen über Louis-de-Funès-Zitate („Nein! Doch! Oh!“ aus Hasch mich, ich bin der Mörder) bis zu Referenzen an Buster Keaton (Der General), Der rote Korsar (1952), Der Hofnarr (1955), Apollo 13/14 oder Der mit dem Wolf tanzt. Auch das Wasserballett verneigt sich vor Esther Williams’ Aqua-Musicals, während Slapstick-Momente augenzwinkernd auf Star Wars oder Indiana Jones anspielen. Karl May, nicht in der kopflastigen Version von Hans Jürgen Syberberg, sondern in einer lockeren Version als Sky du Mont zum Buch Der Ölprinz greift. Über allem schwebt der Schatz im Silbersee.
Ein Idol von Herbig ist natürlich Louis de Funès und im Kanu des Manitu zitieren drei französische Musketiere, dargestellt von drei Spaniern, den berühmten Dialog „Nein! Doch! Oh!“. Diese Phrase „Nein! Doch! Oh!“ stammt aus dem Film „Hasch mich, ich bin der Mörder“ und hat sich zu einem festen Bestandteil der Popkultur entwickelt. Das haben wir schon im Trailer gesehen, das macht Spaß.
Und dann kommt immer wieder ein Feuerwerk an Filmzitaten – am liebsten hat mir Buster Keatons Zugszene aus „der General“ (1926) gefallen, dann die Anita Ekberg-Szene aus Bond. In „Liebesgrüße aus Moskau“ (1963) ist ein Filmplakat von ihr, auf dem sie für den Film „Bob auf Safari“ (1963) zu sehen ist, an einer Hauswand klebt. Dort dient ihre Mundpartie als Fluchtfenster für einen Bösewicht. In Kanu des Manitu wird aus der langen Nase geschossen.
An das Spiel auf einem Klavier am Boden wird an Tom Hanks in Big von 1988 erinnert wobei sich Bully hier mit Superperforator selbst zitiert. Richtig lachen musste ich an die Anspielung bei der Kanu-Szene unter Wasser an Der rote Korsar von 1952 von Robert Siodmak. Der Hofnarr von 1955 mit Danny Kaye wird mit der Narrenkappe – dieses Mal am Fuß – zitiert. The Ballad of Buster Scruggs (2018) der Coen-Brüder wird mit dem Running-Gag des Komparsen Wolfgang ins Bild gerückt.
Der Adler ist gelandet ist zum einen ein Kriegsfilm von 1976 von John Sturges, zum anderen das berühmte Zitat des Astronauten Neil Armstrong nach der Landung der „Apollo 11 Eagle“ auf dem Mond. Der Esel von Gastronom Dimitri heißt nun Apollo 14, während der Vorgänger in Schuh des Manitu noch Apollo 13 hieß. Der Film nutzte den Namen Apollo 13 für einen Esel, um einen komischen Kontrast zwischen dem technologischen Fortschritt der Raumfahrt und der einfachen, ländlichen Umgebung des Wilden Westens zu schaffen. Es ist eine humorvolle Anspielung, die die Absurdität der Situation unterstreicht. Dimitri muss mit seiner Taverne neu beginnen, daher wird aus Apollo 13 nun Apollo 14. Ach ja Western und Zivilisationskonflikt: Kevin Kostner wird mit seinem Tanz mit dem Wolf zitiert, auf sehr unterhaltsame Art.
Das Namensgebung der Verbrecherbande mit dem Spiel der Zahl sieben ist humorvoll durch Filmgeschichte angereichert: Glorreichen Sieben, Sieben Samurai, Sieben Zwerge und schlussendlich Sieben Geißlein – wunderbare Wortspiele der deutschen Sprache.
Viel Spaß hatte ich auch bei der Schwimmszene und dem Wasserballett. Esther Williams und ihrem Aqua-Musicals, vor allem „Badende Venus“ von 1944 wird von Herbig zitiert, ohne dass es ein Großteil des heutigen Publikums dies bemerken wird. Sie können sich aber an genügend gelungenen Slapstick-Aufnahmen erfreuen, wie das Aufhaben der Tür mit einen Fuß, vielleicht eine Anspielung auf A new Hope in der Müllpresse.
Und natürlich müssen Lucas und Spielberg herhalten. „Ich habe ein ganz mieses Gefühl“ muss einfach genannt werden, wie Anleihen auch Spielbergs Indiana Jones Filmen. So ist es der Balance-Akt auf dem fahrenden Zug oder die Suche nach dem geheimnisvollen Kanu. Am augenfälligsten ist es bei einem Zitat aus dem letzten Kreuzzug, wo nur ein busfertiger Mann die Prüfung bestehen kann. Hier ist es halt ein echter/wahrer Apache. Als der Heilige Gral übrigens zur Sprache kommt, meint Santa Maria lapidar, dass er den Kelch Jesu bereits besitze.
Vielleicht doch eine Heilsgeschichte Eine feine Beobachtung steckt in einer scheinbar nebensächlichen Szene: In einer Kirche plant die Verbrecherbande ihren Coup. Im Hintergrund sind Liednummern aus dem katholischen Gotteslob zu sehen: 275 („Selig, wem Christus auf dem Weg begegnet“), 431 („Herr, du bist ein Schild für mich“) und 809 („Meine Seele ist stille in dir“). Zusammengelesen entsteht eine kleine Heilsgeschichte – ob beabsichtigt oder nicht: Begegnung, Vertrauen, Geborgenheit.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass bei einem Pedant und Perfektionist wie Herbig diese Lieder aus dem Gotteslob nur nur Zufall sind. Wenn man die drei Gotteslob-Lieder inhaltlich betrachtet, lässt sich durchaus ein roter Faden erkennen. GL 275 – „Selig, wem Christus auf dem Weg begegnet“ ist ein meditatives Lied über die Erfahrung, dass Christus im Alltag und besonders in schwierigen Momenten mitgeht. Das Leitmotiv ist Begegnung, Wandlung, Trost. Die Bildsprache ist Unterwegssein, Emmaus-Motiv, Hoffnung.
GL 431 – „Herr, du bist ein Schild für mich“ beinhaltet den biblischer Bezug: Psalm 3,4 („Du aber, Herr, bist der Schild für mich, du bist meine Ehre, du hältst mein Haupt hoch“) mit der Kernbotschaft: Gott ist Schutz, Zuflucht und Halt in Bedrohung und Anfechtung.
GL 809 – („Meine Seele ist stille in dir“) ist ein oft ein kontemplatives Lied, das Ruhe, Geborgenheit und Vertrauen in Gott ausdrückt und die Schwerpunkte Loslassen, innere Stille, Sich-Anvertrauen beinhaltet. Die Reihenfolge bei Bully könnte symbolisch gelesen werden: 275 → Die erste Begegnung mit Christus verändert das Leben. 431 → Aus dieser Beziehung wächst das Vertrauen, dass Gott schützt und trägt. Und 809 → Am Ende kommt die innere Ruhe und Stille, wenn man sich in Gottes Hände gibt. Die Szene könnte unterschwellig eine „Mini-Heilsgeschichte“ vermitteln. Diese Frage hat Bully Herbig sichtlich überrascht. Hier der Ausschnitt aus der Pressekonferenz und hier antwortet Bully auch auf die Frage nach Scanline. Als alter Freund der Firma Scanline war mir es wichtig, seine Meinung zu hören, nachdem die VFX-Schmiede an Netflix verkauft wurde:
Das Kanu des Manitu ist kein Film für Zyniker. Wer Lust auf rund 90 Minuten leichten, verspielten Humor hat, wird bestens bedient – und kann nebenbei auf Schatzsuche nach liebevollen Zitaten und absurden Details gehen.
Großes Lob an Herbig an die geniale Wendung, wenn man im Film auf das Wort „Indianer“ zu sprechen kommen könnte. Herbig umschifft das Wort und führt den Zuschauer auf eine falsche Fährte und löst die Formulierung wunderbar auf. Am Ende gibt es noch eine Botschaft und dies obwohl sich Michael Bully Herbig nicht als „Politischer Filmemacher“ bezeichnet. Wers glaubt.
Fantastic Four: First Steps versucht, das legendäre Superhelden-Quartett in einem neuen Licht zu zeigen – und das gelingt dem Film in vielerlei Hinsicht, auch wenn er nicht frei von Schwächen ist. Im Gegensatz zu früheren Verfilmungen konzentriert sich diese Version weniger auf brachiale Action oder globale Bedrohung, sondern legt den Fokus stärker auf die Anfänge, auf die zwischenmenschlichen Spannungen und die Entwicklung einer ungewöhnlichen Familie – und verleiht dem Ganzen eine überraschend emotionale Tiefe. Gleichzeitig ist der Film eine stilistische Verbeugung vor der Ära, aus der die Fantastic Four stammen: den 1960er-Jahren. Stan Lee und Jack Kirby würden diesen Film eher akzeptieren, anders als die meist unglücklichen Fantastic Four-Filme zuvor.
Retro in Stil und Ton Bereits visuell fällt der Retro-Ansatz sofort ins Auge: die Farbpalette ist gedeckt, fast körnig, die Kameraführung bewusst klassisch, und der Score erinnert an die orchestrale Dramatik alter Science-Fiction-Filme. Danke Michael Giacchino. Ich habe mich musikalisch an die Unglaublichen erinnert gefühlt.
Die Technologie ist bewusst „old-school“ inszeniert – mit blinkenden Konsolen, analogen Schaltern und spacigem Design irgendwo zwischen Raumschiff Enterprise und Die Jetsons. Damit schafft der Film eine Atmosphäre, die sich angenehm von der glattpolierten, geistlosen Marvel-Ästhetik der vergangenen Jahre abhebt. Er ist kein lautes Effektgewitter, sondern ein Film, der sich Zeit nimmt – für Dialoge, Blickwechsel, innere Konflikte. Und ich mag die 60er Jahre Optik, die auch an das Artdesign der Unglaublichen von Pixar erinnert. Irgendwann kaufe ich mir einen runden Fernseher.
Diese Rückbesinnung auf das Ursprüngliche ist mehr als ein stilistischer Kniff. Sie ist ein Kommentar: auf die Wurzeln des Genres, auf die Zeit, in der Comics gesellschaftlich subversiv und fantasievoll zugleich waren. First Steps versteht sich als Liebeserklärung an diese Zeit – ohne in Kitsch zu verfallen. Stattdessen fühlt sich der Retro-Look wie ein ehrliches Fundament an, auf dem die Geschichte gebaut wird.
Familie statt Faustrecht Im Zentrum des Films steht nicht der Kampf gegen das Böse – sondern der Versuch, als unfreiwillige „Familie“ zusammenzuwachsen. Die Four – Reed Richards, Sue Storm, Johnny Storm und Ben Grimm – sind durch ein wissenschaftliches Experiment miteinander verbunden, aber emotional meilenweit voneinander entfernt. Die Superkräfte sind hier eher eine Belastung als ein Geschenk: Reeds Dehnbarkeit wird zur Metapher für seine Unfähigkeit, Nähe zuzulassen. Sue kämpft mit ihrer Unsichtbarkeit nicht nur physisch, sondern auch emotional. Johnny ist der aufbrausende Teenager, der sich hinter Flammen und Arroganz versteckt. Und Ben – „The Thing“ – ist tragischer denn je, ein Mann im Körper eines Monsters, geplagt von Einsamkeit.
Der Film nimmt sich Zeit, diese Konflikte auszuspielen – leise, glaubwürdig, berührend. Besonders die Beziehung zwischen Ben und Sue entwickelt sich zu einem emotionalen Ankerpunkt. Es geht um Vergebung, um das Aushalten von Differenzen, um Verantwortung füreinander. „Familie“ wird hier nicht als Blutsbande verstanden, sondern als etwas, das entsteht – durch Entscheidungen, durch Nähe, durch Fehler. Und Gott sei Dank wird nicht mehr die Geschichte erzählt wie die vier zu den fantastischen Vier werden. Das kennen wir doch,
Schwächen: Tempo und Zielgruppenfokus So sehr der Film in Ton und Thema überzeugt, so sehr leidet er in Teilen unter seinem langsamen Erzähltempo. Gerade jüngere Zuschauer oder Fans klassischer Superhelden-Action könnten sich schwer tun mit der gedämpften Dramaturgie. Auch die Bösewichtfigur bleibt blass – mehr Katalysator als Charakter. Doch vielleicht ist das auch bewusst so: Der wahre Konflikt liegt nicht im Außen, sondern im Inneren der vier Protagonisten. Und ich liebe die Silver Surferin.
Ich will nicht spoilern, aber im Grunde wird hier eine wirklich große Geschichte erzählt. Sie ist im Buch Genesis, Kapitel 22, zu finden und wird oft als „Bindung Isaaks“ (hebräisch: Akeda) bezeichnet. Gott stellt Abraham auf die Probe, indem er ihn auffordert, seinen Sohn Isaak, den er sehr liebt und den Gott ihm im hohen Alter geschenkt hatte, als Brandopfer darzubringen. Allerdings kratz Hollywood wieder die Kurve und löst sich von der biblischen Vorlage und geht wieder zurück in den Familienkommerz.
Fantastic Four: First Steps ist ein mutiger, eigenständiger Beitrag im Superheldengenre. Er verzichtet auf Krachbumm und Spektakel zugunsten von Tiefe, Atmosphäre und einer überraschend berührenden Auseinandersetzung mit dem, was Familie wirklich bedeutet. Wer Retro-Charme und Charakterentwicklung schätzt, wird hier viel entdecken – ein Film, der nicht laut ist, aber lange nachhallt. Kein Neuanfang mit Paukenschlag, sondern ein leiser, stilvoller Schritt zurück zu den Wurzeln. Und genau darin liegt seine Stärke. Und der Film soll die Vorbereitung auf den Eintritt der Fantastic Four in das Marvel Cinematic Universe (MCU) sein, worauf ich allerdings verzichten kann. Andeutungen gibt es bereits im Abspann.
Als Fan der ersten Stunde gehe ich natürlich in die Wiederaufführung von Star Wars Episode III – die Rache der Sith. Eigentlich mag ich die ersten drei Teile der Saga nicht so sehr, aber Teil III bringt wenigstens etwas Pepp in die Sache. Skywalker wird zu Vader und damit ist alles gesagt.
Ich werde morgen ins Scala Kino in Fürstenfeldbruck gehen, bekleidet mit meinem Darth Vader Bademantel. Und ich habe dem Scala für die Vorführungen meinen Nikko R2D2 zur Verfügung gestellt, der die göttliche Musik von John Williams abspielen wird.
„Star Wars: Episode III – Die Rache der Sith“ bildet wie bekannt den Abschluss der Prequel-Trilogie und steht im Zentrum der filmischen Darstellung des psychologischen Abstiegs von Anakin Skywalker zu Darth Vader. Der Film überzeugt durch spektakuläre Action und technische Brillanz, verliert jedoch durch den übermäßigen Einsatz von CGI, beispielsweise bei den Klonsoldaten, und die teils künstlich wirkende Studioatmosphäre an Charme und Authentizität. Die HDCAM-SR-Systemkameras waren wegweisend, aber töten das Leben auf der Leinwand.
Inhaltlich ist der Film zweigeteilt: Während die erste Hälfte von rasanten Schlachten und Duellen geprägt ist, entfaltet sich die eigentliche psychologische Tiefe erst im zweiten Teil, wenn Anakins innerer Konflikt und seine schrittweise Hinwendung zur dunklen Seite der Macht im Fokus stehen.
Psychologisch betrachtet ist Anakins Werdegang das zentrale Element des Films. Seine Entwicklung ist zwar nachvollziehbar, wenn auch stellenweise der Wandel zu hastig inszeniert wurde. Die Darstellung seines inneren Zerreißens, seiner Ängste und seiner zunehmenden Isolation ist zwar dramaturgisch zugespitzt, aber in ihrer Grundstruktur glaubwürdig: Anakin fühlt sich von den Jedi unverstanden, sehnt sich nach Anerkennung und Macht und wird von seiner Angst um Padmé getrieben. Diese Angst, sie zu verlieren, wird von Kanzler Palpatine gezielt manipuliert, was Anakins Schritt zur dunklen Seite psychologisch plausibel erscheinen lässt.
Aus psychiatrischer Sicht wurde Anakin Skywalker von Fachleuten wie dem Psychiater Eric Bui als Beispiel für eine Borderline-Persönlichkeitsstörung interpretiert. Typische Merkmale wie Impulsivität, instabile Beziehungen, intensive Angst vor dem Verlassenwerden und dissoziative Episoden sind im Film deutlich erkennbar: Anakin schwankt zwischen Idealisierung und Abwertung seiner Bezugspersonen, verliert in entscheidenden Momenten die Kontrolle und handelt aus einem Gefühl der existenziellen Bedrohung heraus. Seine traumatische Kindheit, die frühe Trennung von der Mutter und das Fehlen eines stabilen familiären Umfelds werden als Ursachen für seine emotionale Labilität und seine spätere Radikalisierung angeführt.
Kritisch anzumerken ist, dass die psychologische Entwicklung Anakins trotz dieser Ansätze oft zu plakativ und wenig nuanciert erzählt wird. Die Drehbuchführung bleibt in vielen Szenen an der Oberfläche und verzichtet auf Zwischentöne; Gut und Böse werden meist klar getrennt, Grauzonen nur angedeutet. Die innere Logik von Anakins Fall ist zwar vorhanden, doch die Geschwindigkeit, mit der er sich von einem loyalen Jedi zu Darth Vader wandelt, wirkt dramaturgisch überhastet und emotional nicht immer überzeugend. Auch die schauspielerische Leistung von Hayden Christensen wird als solide, aber nicht herausragend bewertet, was die emotionale Tiefe der Figur zusätzlich limitiert.
Insgesamt liefert „Die Rache der Sith“ eine psychologisch interessante, wenn auch nicht immer feinfühlige Darstellung eines tragischen Helden, dessen Absturz vor allem durch äußere Manipulation und innere Zerrissenheit geprägt ist. Der Film bleibt in seiner Charakterzeichnung und psychologischen Tiefe hinter seinem Potential zurück, bietet aber dennoch einen spannenden Einblick in die dunklen Seiten der menschlichen Psyche und die Mechanismen von Verführung, Angst und Machtstreben.
Und dennoch werde ich ihn mir ansehen und wieder in das Star Wars Universum eintauchen. Es gibt noch ein paar Restkarten. Und ich werde wieder Jar Jar Binks abgrundtief hassen. Jar Jar Binks wäre ein Grund für die dunkle Seite.
Leider kam ich nicht nach Japan. Die Star Wars Celebration 2025 in Tokio war ein spektakuläres Ereignis, das über 105.000 Fans aus 125 Ländern anzog und zahlreiche Ankündigungen für die Zukunft des Star Wars-Universums präsentierte. Für mich am interessantesten: Regisseur Shawn Levy und Schauspieler Ryan Gosling stellten den neuen Film Star Wars: Starfighter vor, der fünf Jahre nach den Ereignissen von Der Aufstieg Skywalkers spielt. Die Produktion beginnt im Herbst 2025, der Kinostart ist für den 28. Mai 2027 geplant.