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Filmkritik: Nosferatu – der Untote

3. Dezember 2024

Nein, ein Murnau ist und kann es nicht geworden sein, dazu war die Sinfonie des Grauens für die Filmgeschichte einfach zu wichtig. Aber Robert Eggers hat aus dem Thema einen angsteinflößenden, obzessiven Vampirfilms gemacht, der mich auf vielfältige Weise intellektuell und emotional berührt hat. Eggers Nosferatu – der Untote ist ein eindringlicher Film nach den Motiven Bram Stokers geworden, der sexualisierter als Murnnau oder Herzog das Drama in Szene setzt. Premiere fand übrigens in Berlin statt, wie zuvor Murnaus Film vor 102 Jahren. Leider hab ich keinen Interviewslot bekommen.

Die Kamera von Jarin Blaschke setzt konsequent auf eine Zentralperspektive und fängt so das Schauspielkino in faden, fast schwarzweißen Bilder ein. Color Grading macht es möglich. Oft werden Bilder der Romantik gezeigt, ein Kamerabild des Expressionismus wie in der Vorlage wird nicht angestrebt. Die Optiken haben sich in den vergangenen Hundert Jahren verbessert. Bis der Graf zu erkennen ist, wird viel auf eine geringe Tiefenschärfe eingesetzt, bei dem einzig die langen Finger mit alten Nägeln fokussiert sind. Das Symbol der Hände zieht sich durch ganzen Film, suchende Hände, verlangende Hände, grausame Hände, oft in Begleitung der mahnenden Worte „er wird kommen“.

Von Beginn an verbreitet der Film eine depressive Stimmung der Angst und der Hoffnungslosigkeit. Obwohl der Stoff ja allbekannt ist, gelingt es Eggers immer wieder neue Szenen des Grauens zu erzeugen. Wer sich wirklich Zeit nimmt für die Geschichte, wer sich die Zeit nimmt, sich auf die Bilder, die Musik einlässt, wird einen Schauerfilm mit gotischen Elementen entdecken und eine besondere Faszination zum Film entwickeln. Und es werden Motive verwendet, die wir Fans des Schauerfilms so lieben. So beginnt und endet der Film mit der schwarzen Katze Greta und wird auch bei dem Besuch beim okkulten Wissenschaftler Prof Albin (!) Eberhart von Franz (hervorragend Willem Dafoe) wieder aufgenommen. Albin Grau lässt grüßen.

Eggers ist ja Vertreter des Folk-Horrors und so dürfen die folkloristischen Elemente nicht fehlen, wie die Suche nach einem Vampir auf einem Friedhof durch eine nackte Schönheit auf dem Pferde. Das Pferd kann nicht über das Grab eines Untoten steigen und so wird ein begrabener Vampir entdeckt und gepfählt – eine schöne Interpretation des Themas durch Eggers,

Natürlich interessiert den Fan die Rolle des Vampirs, des Untoten. Hier muss sich Bill Skarsgárd mit Max Schreck und Klaus Kinski als Orloks Namensvetter messen lassen. Skarsgárd macht nicht mit Eggers den Fehler und versucht eine Kopie dieser Darstellungen zu erreichen, sondern er bringt eine tierische, brutale, untote Version des Vampirs auf die Leinwand. Im englischen Original kommt die Stimme Skarsgárd aus den tiefen eines Grabes, die deutsche Version habe ich (noch) nicht gehört. Es ist ein grausamer, unbarmherziger Ton mit schweren Atmen. Der Vampir wird nicht edel dargestellt wie in den Dracula-Versionen von Bela Lugosi, Christopher Lee oder Frank Langella oder Gary Oldman. Von deren Eleganz ist bei Bill Skarsgárd keine Spur zu sehen und auch das Leiden von Kinski weicht dem brutalen Terror und dem Wahn der Worte „du kannst nicht lieben.“ Der Vampir wird hier zum Tier und nicht zum Gentleman. Das zeigt sich auch in der Opferszene. Der Vampir beißt nicht in den Hals, wie seine filmischen Vorgänger, sondern saugt das Blut, die Energie aus der Brust der Schönheit. Dabei wird der Körper aufgerissen, wie bei der Attacke eines Tieres.

Ellen Hutter, dargestellt von Lily-Rose Deep, ist Opfer und Heldin zugleich. Verletzlich und schockiert erkennt sie das Schicksal ihrer Mission der Opferung und lockt den Grafen bis zum Hahnenschrei in ihr Bett. Sie gibt sich hin und rettet dadurch ihre rattenverseuchte Heimatstadt Wisbourg. Versteckt und offen wird hier eine Sexualität gezeigt, wie sie ins viktorianische Zeitalter nur schwerlich vorstellbar war, Hier schafft es Eggers die verklemmte Sexualmoral von Bram Stokers in den Fokus zu stellen, die in Wahrheit eine triebgesteuerte Obsession ist, obwohl von Liebe gesprochen wird.

Auf der anderen Seite verbeugt sich Eggers vor den großen Bildern der Vorgänger. Wir finden Motive von Murnau und Herzog. Der Spaziergang durch die mit Kreuzen versetzten Dünen sind das eine, die Fahrt mit der Kutsche am Borgo-Pass ist die erste Schlossszene bei Tod Browning. Das Motiv der Ratten erschreckt heute keinen mehr, wie noch zu Murnaus Zeiten als Symbol der Wirren von Weimar oder bei Herzog als Zeichen des kalten Kriegs. Das ist vielleicht ein Manko des Films, dass die Symbole der Vergangenheit in dieser Neuinterpretation nicht mehr funktionieren, trotz der Analogien Spanische Grippe oder Aids mit Corona oder Inflation des Geldes. Daher legt Eggers wohl eher seinen Schwerpunkt auf den inneren Kampf der Darsteller mit Besessenheit, Liebe und schlechter Träume.
Das Betreten des Schlosses, das erste Mahl mit dem Grafen, überall zitiert Eggers ohne zu kopieren. Der Fan sitzt im Kinosessel, erkennt, nickt und genießt. Eggers hätte so gerne seinen Film im Zeitalter des Expressionismus gedreht, aber dafür kommt er 102 Jahre zu spät, obwohl er seine Bilder in Szene zu setzen weiß.

Die Motive der Hand, die nach der Weiblichkeit sucht, waren bei Murnau, bei Herzog und nun auch bei Eggers zu sehen und zu genießen. So macht Kino Spaß, wenn Vorgängerfilme zitiert und interpretiert werden. Eggers ist ein Könner seines Genres.

Persönlich war mir die Interpretation von Exozist, auch schon 50 Jahre alt, zu weit gegangen. Wenn Art Professor von Franz die besessen Ellen untersucht und sich der Dämon zeigt, sehe ich in erster Linie Linda Blair und Max von Sydow und nicht Lily-Rose Deep und Willem Dafoe.

Also Nosferatu – der Untote kommt nicht an Friedrich Wilhelm Murnaus Vorbild Nosferatu – eine Sinfonie des Grauens heran, steht mindestens gleichberechtigt neben Werner Herzogs Nosferatu – Phantom der Nacht. Es ist eine schaurige Verbeugung vor der Kathedrale des deutschen Films, wie Herzog einsmals Murnaus Meisterwerk bezeichnet hat. Und es ist endlich wieder ein Vampirfilms, der richtig Angst macht. Mein Tipp: Lasst euch auf Nosferatu – der Untote ein, lasst euch nicht ablenken vom Popcorn und vom Smartphone und genießt einen grauenhaften Kinofilm (und das meine ich positiv)

Filmkritik: The Substance von Coralie Fargeat – Body-Horror auf den Spuren von Cronenberg

19. September 2024

Wenn Sie den drastischen Body Horror von David Cronenberg, ein wenig Kubrick, etwas Lynch, eine Prise Carpenter mögen, dann werden Sie The Substance feiern. Wenn Sie keine Satire verstehen oder sogar etwa einen empfindlichen Magen haben, dann sollten Sie um The Substance einen Bogen machen, einen ganz großen Bogen. Der Streamingdienst Mubi sicherte sich die Vertriebsrechte noch bevor der Film in Hauptwettbewerb des 77. Filmfestivals von Cannes lief. Bei uns läuft der Film ab 19. September 2024 in den Kinos.

Der Streifen ist ein Film über Frauenkörper, wie die Regisseurin Coralie Fargeat verlautbaren ließ. Es ist ein Statement darüber, wie der Körper einer Frau im öffentlichen Raum unter die Lupe genommen wird, zum Fantasiebild gemacht und bewertet wird.

Das Genre ist mir nach dem Film nicht ganz so klar, Vielleicht so: The Substance ist ein satirischer, feministischen Body-Horrorfilm mit harten Gore-Effekten, einer nachdenklichen und wichtigen Botschaft, die mit faszinierenden Kamerabildern in Szene gesetzt, zum Nachdenken und Kotzen anregt, etwa vorhersehbar ist und von großartigen Schauspielern wie Demi Moore, Margaret Qualley und Dennis Quaid, der dich 2 Std. 20 Min fesselt, unterhält, anwidert, fasziniert und anekelt.

Der Inhalt ist schnell erzählt: Der Ruhm des einstmals großen TV-Stars Elisabeth Sparkle (Demi Moore) bröckelt, weil das Fernsehpublikum neue, jungen Nachwuchs sehen will. Daher wird sie von ihrem schmierigen Network-Produzenten Harvey Dennis Quaid an die Luft gesetzt. Durch einen Zufall gehört sie an das Wundermittel The Substance. Das Produkt The Substance verspricht, eine jüngere, schönere und vollkommenere Version ihrer selbst zu erzeugen. Bedingung ist, dass man mit diesem zweiten „Ich“ die verfügbare Zeit teilt – eine Woche für sich selbst, eine Woche für die neue Version. Hält man diese 7-Tage-Regel nicht ein, droht ein Verlust der „perfekten Balance“. Das jüngere, attraktive Ich Sue, gespielt von Margaret Qualley, hält sich natürlich nicht an diese Regel und der Verfall der Körper beginnt bis zum Ende in schönster Braindead-Manier von Peter Jackson oder de Palmas Carrie.

Und der Film liebt es zu zitieren. Der Filmfreund wird sein Gefallen an diesem Kabinettstück haben. In zahlreichen Einstellungen erweist Coralie Fargeat Kameramann Benjamin Kracun erweist das Team dem Regiegott Stanley Kubrick die Ehre, sei es in Mustern, Badezimmer, Blut aus Türen oder fauligen Damen. Eindeutig wird es dann mit dem Zarathustra-Thema und dem großen Auftritt. Wir sehen immer wieder Alfred Hitchcocks Psycho mit 1:1 Einstellungen der Duschsezenen, wir genießen Effekte wie einstmals von Rob Bottin bei Carpenters The Thing, wir reisen in die Zeit zurück zu den schrecklichen Achtziger als wir uns MTV und Werbeclips von Tony Scott ansahen und überlegten, ob Jane Fondas Fitness-Welle eine Eintagsfliege bleiben wird, Meine Kinder sehen in Sue (Margaret Qualley) vielleicht eher das Fitness-Talent Pamela Reiff und ich sehe in der Geschichte eine Interpretation von Dr. Jekyll und Mr. Hyde.

Leider ist manches in diesem Film vorhersehbar, trotz hervorragender Inszenierung. Eine halbe Stunde weniger hätten aus meiner Sicht dem Film gut getan. Bis es zur Steigerung in die Unkenntlichkeit und die Eruption von Innereien, Blut und Haut kommt, ist es ein langer Weg. Immer wieder wird Freak gerufen und Erinnerungen an den 1932 traurigen Film Freaks – Missgestaltete) kommen hoch. Tod Browning schuf hier ein Werk an dem sich Coralie Fargeat orientiert. Und die Moral von der Geschichte: Schöne Mädchen sollten immer lächeln. Nochmals Coralie Fargeat zum Schluss: „Ich kenne keine einzige Frau, die kein gestörtes Verhältnis zu ihrem Körper hat, die nicht irgendwann in ihrem Leben eine Essstörung hatte und ihren Körper und sich selbst nicht abgrundtief gehasst hat, weil sie nicht so aussah, wie die Gesellschaft es ihr vorschrieb.“

Dracula im Film (26): Dracula 1931 von Tod Browning

4. Juli 2022

Wer ist der beste Dracula Darsteller? Ich denke, die Frage müsste besser lauten: Wer ist der beste Dracula-Darsteller für welche Generation? Nach Max Schreck in Murnaus Nosferatu kam bei Universal Belga Lugosi als Dracula zum Zuge und dufte unter der Regie von Tod Browning ins Kostüm des Grafen schlüpfen. Carl Laemmle jun. bekam von Papa und Universal Gründer grünes Licht und produzierte die Universal Monster-Klassiker: Dracula, Frankenstein, Wolfsmensch und die Mumie.

Ich liebe Lugosi als Dracula – allerdings nur, wenn man den Film im englischen Original ansieht. Der ungarische Emigrant Lugosi mit seinem Akzent spielt den Dracula einfach wunderbar, ganz ohne spitze Zähne, aber mit viel Erotik (was die Zeit damals so zuließ).

Allerdings war Lugosi nicht die erste Wahl, weil er zu sehr Theaterdarsteller in Dracula war. Der große Ausnahmedarsteller Lon Chaney senior sollte ursprünglich den Vampir spielen. Er war der Star der Stummfilmzeit – angemerkt sei nur sein Phantom der Oper und der leider verschollene London After Midnight. Damals spielte er unter der Regie von Tod Browning – leider ist er Film bis auf ein 200 Standbildern verschollen. Aber aus Dracula wurde nichts, weil Lon Chaney senior 1930 verstarb.

Kameramann Karl Freund schuf ikonenhafte Bilder des Gothic Horror. Vor allem im ersten Teil des Films waren die Kulissen des Schlosses eindrucksvoll und schauderhaft. Das Hereinschweben von Draculas Bräuten gehört für mich zu den besten Szenen der Filmgeschichte. Der zweite Teil des Films ist eher konventionell und abgefülltes Theater, aber die Szenen in Transsilvanien sind einfach großartig. Es kam eine 4K-Version des Films heraus, die optisch überarbeitet wird.

Dracula war übrigens die erste offizielle Verfilmung des Romans von Bram Stoker, die Filme davor waren im Grunde Urheberrechtsverletzungen. Der Film hatte einen unglaublichen Erfolg, dass es ein wenig später zu Draculas Tochter kam. Übrigens, die ersten Worte im Film sprach Carla Laemmle, die Nichte von Carl Laemmle.

Es gibt von Dracula auch eine spanische Fassung, die nachts in den Kulissen gedreht wurde. Es gab damals noch keine Synchronisationstechnik. Zudem ist sie 30 Minuten länger. Beide Versionen sind auf den Datenträgern zu sehen, wobei die spanische Version in einigen Teilen experimenteller in der Kameraführung ist. Zudem ist er etwas gewalttätiger. Es galt für die spanische Version nicht der strenge US-Sittenkodex. Der Graf wird von Carlos Villarías gespielt, Regie führte George Melford. Der Film war lange verschollen und wurde erst 1990 in Kuba wiederentdeckt.

Dracula im Film (23): Draculas Tochter

5. April 2022

Lange habe ich auf diesen Film in HD gewartet und war dann doch enttäuscht, als ich mir wieder Draculas Tochter ansah. In die Fortsetzung von Tod Brownings Klassiker Dracula von 1931 hatte ich große Erwartungen, obwohl ich den Film eigentlich auf DVD kannte.

Ich wollte eine ähnliche Atmosphäre wie bei Bela Lugosi, aber das Schauererlebnis stellte sich nicht bei mir ein. Zwar ist das Spiel von Gloria Holden als die Tochter des Grafen sehr schön anzusehen, aber die Regie von Lambert Hillyer ist eher gemäßigt. Hillyer ist kein Browning, der als Stummfilmregisseur die Theatralik in den Tonfilm rette. Kameramann George Robinson ist kein Karl Freund, der bei Lang Metropolis drehte. Dabei hätte George Robinson den Film retten können, war er doch der Kameramann von 1931, der die hervorragende spanische Version von Dracula auf Zelluloid bannte. Rund herum ist Draculas Tochter eher blutarm, trotz so mancher gelungener Szene.

Der Universal-Film von 1936 begann mit gotischer Atmosphäre. Leider zerstörten ein paar humorvolle Elemente den Film als man den Sarg des toten Draculas zeigte in dem (leider) nicht Lugosi liegt. Die Tochter des Grafen hat den seltsamen Namen Marya Zaleska, der jetzt nicht gerade was mit Dracula zu tun hat. Und war Dracula nicht ein rumänischer Fürst, während die Tochter aus Ungarn stammt – irgendwie verstehe ich die Familienverhältnisse der Vampire nicht. Vielleicht liegt es daran, dass Lugosi 1931 mit einem wunderbaren ungarischen Dialekt sprach, der der britischen Gloria Holden völlig abgeht.

Ich mag die mysteriös-exotische Art und Weise, wie die Holden die Tochter spielt. Sie ist wirklich kalt und böse – ein tolles Schauspiel. Während des Films blinzelt sie übrigens nur einmal – ich bin gespannt, wer den Fehler entdeckt. Sie ist wirklich der absolute Höhepunkt des Films – und trotz des strengen Hayes-Kondex in dieser Phase Hollywoods schaffte Holden Andeutungen eines lesbischen Vampirs auf der Leinwand darzustellen. Das ist wirklich bemerkenswert und macht den Film daher filmhistorische sehr interessant. Ihr Ende kommt überraschend, nicht Van Helsing erlöst die Vampirin, sondern – nein, ich möchte nicht spoilern.

Aus Van Helsing wurde im Film Von Helsing, aber auf dem Cover der Bluray steht weiterhin Van Helsing, der von Edward Van Sloan gespielt wird, also was jetzt Von oder Van. Edward Van Sloan spielte den Professor schon 1931 und zuvor am Broadway in Dracula und kam von seiner Wissenschaftsrolle nicht so schnell los, so dass er in Frankenstein und Mumie wieder auf die Rolle des Wissenschaftlers festgelegt war.

Die anderen Darsteller verfangen sich im Drehbuch. Ich will keine Screwball-Komödie sehen, ich will Horror, zumindest Schauer. Das Set-Design passt nicht und es wird zuviel unnötiges Zeug gequatscht, was nicht in eine Dracula-Produktion passt.

Draculas Tochter war Universals letzte Produktion unter der Leitung des legendären Carl Laemmle. Kurz nach Ende der Produktion wurde er aus seinem eigenen Studio geworfen. Ich hatte den Film schon als DVD in der „The Monster Legacy DVD Collection“, jetzt kam er als HD auf Bluray heraus, wobei das Bild bei einem Film von 1936 nur geringfügig besser, aber dafür teuerer geworden ist. Als Zusatz gibt es das Hörbuch Morella, das Hörspiel Draculas Rückkehr und ein 16seitiges Booklet, das einige schöne Filmplakate und einen informativen Hintergrundtext hat.

Dracula im Film (22): Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens

5. März 2022

Der Film ist die Mutter aller Vampirfilme. Nachdem Nosferatu am 4. März 1922 ins Kino kam, änderte sich die Welt des fantastischen Films. Friedrich Wilhelm Murnau schuf ein Meisterwerk des expressionistischen Horrorfilms – vielleicht nur mit dem Einfluss des Kabinetts des Dr. Caligari vergleichbar.

Und auch 100 Jahre nach seiner Premiere ist der Stummfilm Nosferatu – eine Symphonie des Grauens unheimlich. Das liegt zum einen an der Regiearbeit von Murnau, zum anderen an der Darstellung des Vampirs durch Max Schreck, der in Klaus Kinski, Willem Dafoe und Reggie Nalder seine Nachfolger hatte. Dabei hätten wir beinahe den Film nie zu Gesicht bekommen. Die Produktionsfirma Prana-Film von Enrico Dieckmann und des Okkultisten Albin Grau nahmen die Dracula-Vorlage von Bram Stoker ohne sich um die Rechte zu kümmern. Stokers Witwe klagte, bekam 1925 recht und alle Kopie sollten vernichtet werden. Das geschah allerdings nur teilweise und so wurde der Filmschatz bis in die heutige Zeit gerettet. Es tauchten Szenen von Nosferatu noch in dem Film „die zwölfte Stunde“ 1930 als erweiterte Raubkopie auf. Ich hab über diesen Film und eine Live-Klavierbegleitung von Richard Siedhoff mal gebloggt.

Ich sehe nach 100 Jahren Parallelen zur heutigen Zeit. Murnaus Nosferatu traf damals den Nerv der Zeit und tut es sicher heute auch noch. Das Ende des schrecklichen ersten Weltkriegs lag 1922 noch nicht lange Zeit. Europa lag in Trümmern, die Menschen hatten schwerste körperliche und seelische Verletzungen. Und auch die spanische Grippe hatte auf dem Kontinent gewütet und die Seuche forderte viele Todesopfer. Und es stand damals die gewaltige Inflation vor der Tür, die 1928 ausbrach und die wirtschaftliche Welt zusammenbrechen ließ. Weimar scheiterte und der Nationalsozialismus stürzte die Welt in den nächsten schrecklichen Krieg. Die eine oder andere Parallele gibt es zu heute: Krieg, Corona, Inflation. Und ich sehe den Einfluss des Übernatürlichen. 1922 war es der Okkultismus, heute ist es New Age oder Esoterik.


Ohne Nosferatu hätte es keinen Carl Theodor Dreyers Vampyr – Der Traum des Allan Grey gegeben, wir hätten nie Bela Lugosi in Tod Brownings Dracula 1931 genießen können, Christopher Lee hätte 1958 bei Hammer nie seinen Einstand gehabt und auch Werner Herzog hätte 1979 nie Kinski als Nosferatu die Kamera verführen dürfen, MTV wäre bei Coppola Dracula in Kostümen geschwelgt und auch Shadow of the Vampire hätte nie das Gedankenspiel durchspielen können, ob Max Schreck vielleicht doch ein Vampir war.

Hinweis: Zum Jubiläum des Films bin ich zu einem kleinen Filmsymposium eingeladen. Am Sonntag, 6. März, kehrt das Grauen nach 100 Jahren zurück. Mit einer Matinee ehren wir im Scala Kino Fürstenfeldbruck um 12 Uhr das Meisterwerk des Vampirfilms. Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens.

Dracula im Film (14): Dracula (1958)

14. Februar 2021

Als ich Dracula von Terence Fisher zum ersten Mal im Fernsehen sah, war ich fasziniert von diesem Hammer-Film. Es war der zweite Horror-Film von der Insel von der Produktionsgesellschaft mit dem coolen Namen Hammer. Nach Frankenstein mit dem Duo Cushing/Lee kam Blood of Dracula, wie der Film in den USA hieß. Ich war fasziniert und für mich ist diese Verfilmung noch immer eine der besten Versionen von Bram Stokers Vampirgeschichte.

Ich war vertraut mit Bela Lugosis Interpretation des Bühnenstücks von 1931: Getragen, in Schwarzweiß mit der Musik von Schwanensee und theatralischen Schauspiel des Ungarn. Von der spanischen Version, die in den gleichen Kulissen zur gleichen Zeit gedreht wurde, habe ich erst viel später erfahren. Lugosi war lange Zeit mein Dracula im Frack und dann kam Christopher Lee: Eiskalt, gnadenlos, elegant und animalisch. Lugosi war gut, Lee war besser und an der Seite von Peter Cushing war der Hammer-Film ein wahrer Hammer.
Jetzt kam eine restaurierte Bluray-Version des Films Dracula von 1958 auf den Markt und wir erleben den Horror ein paar Sekunden in brillanter Bildqualität mehr. Auf der Bluray gibt es die Originalfassung und die restaurierte Fassung. Der Schluss, die Vernichtung des Grafen nach einer Idee von Cushing, ist nun schärfer und ein paar Takte länger. Es soll noch eine längere japanische Version geben, die ich allerdings noch nie gesehen habe. In einem Archiv sei eine beschädigte Version aufgetaucht – ob es stimmt sei dahingestellt.

An diesem Dracula stimmt einfach alles: Schauspiel, Kulissen, Ausleuchtung, Kamera und der Score von James Bernard mit dem bekannten Dracula-Motiv. Natürlich ist Hammer Trash und anders als die Universal-Filme der 30er Jahre. Ich saugte Eversons Klassiker des Horrorfilms auf, der Hammer in die untere Schublade verbannte. Aber das hat Hammers Dracula nicht verdient. Die Farbfilme schufen ein neues Horrorzeitalter.

Erinnert sei nur an den Vorspann von Dracula von 1958. Das Schloss wird monochromatisch gezeigt, die Kamera bewegt sich (anders als die Kameras von Karl Freund bei Tod Browning). Sie streift umher und kommt auf dem Sarg von Dracula zur Ruhe. Dann: Es tropf knallrotes Blut auf den Sarg – das Ende des Schwarzweißfilms ist eingeläutet. Schnitt auf das blutrote Tagebuch von Jonathan Harker und los gehts. Mit dieser Szene hat sich Dracula seinen Platz in der Filmgeschichte gesichert. Dann sehe ich zum ersten Mal im Film die Zähne von Dracula. Es gab zwar die Rattenzähne von Max Schreck in Nosferatu, Bela Lugosi hatte keine Vampirzähne, erst Christopher Lee trug die blutverschmierten Beißerchen und dann alle Vampire nach ihm.

Und dann haben wir noch das Ende. Dracula verbrennt im Sonnenlicht, nachdem er von Van Helsing mit einem improvisierten Kreuz getrieben wird. Erst in der restaurierten Fassung sind mir die leidenden Augen im brennenden Torso von Dracula aufgefallen. Horror pur. Also: Wer sich für Dracula interessiert, der kommt um Dracula von Terence Fisher aus der Hammer-Schmiede nicht herum. Der Klassiker Dracula im neuen, restaurierten Look.