Posts Tagged ‘Fotografie’

Foto-Dubletten und Foto-Fails werden behalten

5. Juni 2024

Eine alte Regel der Pressefotografie lautete: „Das billigste am Fotografieren ist der Film.“ Diese Zeiten sind natürlich vorbei und Speicher kostet weniger als der analoge Film von damals. Das bedeutet, ich habe zig Bilder von einem Motiv auf meinem Kameraspeicher, oft kaum von einander zu unterscheiden. Ich nutze am iPhone die App Photoscope, um Dubletten herauszufiltern, aber wie sieht es bei den anderen Leuten aus?

Im Grunde ist das ein schönes Datenmaterial für ein Fotoseminar, dass ich im August durchführen werde. Mal sehen, wieviele Teilnehmer mehrere Fotos vom gleichen Motiv machen und die unbrauchbaren nicht löschen. Übrigens, bei mir wandern die Katzenbilder meiner beiden Kater nur ganz schwer in den digitalen Papierkorb.

Die Jagd nach dem perfekten Porträtfoto führt dazu, dass die Handys der Deutschen voll mit ungenutzten und unerwünschten Bildern sind. 72 % der Bundesbürger machen regelmäßig mehrere Aufnahmen, bevor sie sich für ein Foto eines geliebten Menschen entscheiden. Somit haben die Deutschen im Durchschnitt 396 misslungene Bilder auf ihrem Handy gespeichert, 17 % sogar mehr als 400. Das sind die Ergebnisse einer Befragung von HONOR, ein Anbieter smarter Technologien, unter 2.000 Deutschen.

Frauen haben deutlich mehr missglückte Fotos auf ihrem Handy, im Durchschnitt 477 unbrauchbare Bilder, verglichen mit Männern, die in der Regel 320 gespeichert haben. Auch das Alter spielt eine Rolle: Die Generation Z hat mit 587 die meisten unbrauchbaren Aufnahmen auf ihren Smartphones, während die 35- bis 45-Jährigen bescheidenere 257 Fotos ungenutzt lassen.

Auf Regionen heruntergebrochen, kommen die Baden-Württemberger im Schnitt auf 484 Foto-Missgeschicke, gefolgt von Hessen (469) und Hamburg (462). Düsseldorf ist mit über 500 missratenen Aufnahmen auf dem durchschnittlichen Handy die deutsche Hauptstadt der Foto-Fails.

Eigentlich Standard: Porträtfotos
Die Studie zeigt auch: Einem Viertel der Deutschen zwischen 18 und 45 Jahren ist es peinlich, wenn jemand zu lange braucht, um ein gutes Foto von ihnen zu machen. Und 23 % sind frustriert, wenn die Fotokünste ihres Freundes oder Verwandten nicht auf der Höhe der Zeit sind.

Fotokünste und die Partnerwahl
Fotografische Fähigkeiten sind auch etwas, worauf Menschen bei einem potenziellen Partner achten. Mehr als ein Drittel (34 %) gibt an, dass sie sich besonders fühlen, wenn jemand ein Bild von ihnen machen möchte, und jeder Zehnte gesteht, dass er sich eher mit jemandem verabreden würde, der gut fotografieren kann. Komisch, ich durfte mehr fotografieren, aber weniger verabreden, aber egal.

Dann gibt es den Typ beleidigte Leberwurst. Umgekehrt ist es für eine Minderheit der Befragten sogar ein Grund für die Trennung: 7 % gaben zu, wegen eines Fotos nicht mehr mit jemandem zu sprechen. 5 % haben sogar schon eine Beziehung beendet, weil ihnen eine Aufnahme von ihnen nicht gefallen hat. 11 % hatten einen Streit mit jemandem wegen eines Bildes, das sie nicht mochten.

Das perfekte Porträt
Die Studie hat darüber hinaus ergeben, dass sich fast die Hälfte der Deutschen (45 %) unter Druck gesetzt fühlt, ein gutes Foto zu machen, wenn sie jemanden fotografieren soll. Mehr als ein Drittel (36 %) räumt ein, dass sie nicht wissen, wie man ein gutes Porträtfoto macht. Das Porträtfoto wird natürlich in meinem Fotokurs theoretisch und praktisch eingeübt.

Trotz des Drucks, ein perfektes Bild zu machen, gaben 62 % der Befragten an, dass sie sich gut fühlen, wenn ihnen Porträtfotos gelingen. 35 % der Studienteilnehmer sind der Meinung, dass ein gutes Porträtfoto mehr über eine Person verrät, und fast die Hälfte (49 %) findet es gut, wenn ein Bild die Persönlichkeit einer Person einfängt.

Buchtipp: Lee Miller in Fashion

19. Dezember 2023

Lee Miller, geboren am 23. April 1907, war eine vielseitige Fotografin des 20. Jahrhunderts, deren beeindruckendes Werk von Dokumentar- bis zu Modefotografie reichte. Auch in Bezug auf ihre Beiträge zur Modefotografie hinterließ Miller einen nachhaltigen Eindruck. Immer wieder greife ich zu ihrem Modebildern und vergleiche sie mit den Kriegsfotos aus dem Zweiten Weltkrieg von ihr.

Miller begann ihre Karriere in den 1920er Jahren als Model in New York City und wurde schnell eine Muse des surrealistischen Künstlers Man Ray, der sie in die Welt der Fotografie einführte. Diese einzigartige Perspektive als Model trug zu ihrer späteren Fotografie bei, insbesondere in der Mode.
In den 1930er Jahren, während ihrer Zusammenarbeit mit der Vogue, etablierte sich Miller als eine der führenden Modefotografinnen ihrer Zeit. Ihr Stil zeichnete sich durch eine Kombination aus Eleganz und einer subtilen, aber klaren Kante aus. Sie experimentierte mit Licht, Schatten und Perspektiven und schuf dadurch Bilder, die über bloße Mode hinausgingen und eine künstlerische Tiefe hatten.
Miller war bekannt dafür, Grenzen zu überschreiten und Konventionen in der Modefotografie herauszufordern. Ihre Arbeit spiegelte ihre eigene Persönlichkeit wider – kühn, avantgardistisch und oft mit einer Prise Humor. In einem von Männer dominierten Bereich stellte sie ihre kreative Vision durch kraftvolle Kompositionen und innovative Ansätze unter Beweis.

Besonders während des Zweiten Weltkriegs, als Miller als Kriegskorrespondentin tätig war, integrierte sie Elemente der Mode in ihre dokumentarische Arbeit und schuf Bilder, die die Realität des Krieges mit einem Sinn für Stil und Ästhetik verbanden. Diese unkonventionelle Herangehensweise zeugt von ihrer Fähigkeit, unterschiedliche Genres zu verschmelzen und ihre eigene künstlerische Signatur zu entwickeln. Sie war die Frau, die sich in Hitlers Badewanne in München fotografieren ließ.

Lee Millers Vermächtnis in der Modefotografie ist von ihrer Fähigkeit geprägt, nicht nur Kleidung zu fotografieren, sondern auch Charaktere und Geschichten zu schaffen. Ihre einzigartige Perspektive und ihre Bereitschaft, künstlerische Grenzen zu erkunden, haben die Modefotografie bereichert und beeinflussen weiterhin Generationen von Fotografen. Lee Miller wird nicht nur als Fotografin, sondern auch als Pionierin in einem kreativen Feld erinnert, das sie mit Leidenschaft, Innovation und Stil bereichert hat. Für mich ist Lee Miller in Fashion das beste Modebuch von ihr.

Polaroid I-2: ein weiterer Schritt in der Sofortbildfotografie

18. September 2023

otografie ist ein Hobby, eine Leidenschaft, eine Passion. Ich begann mit Analogfotografie, entwickelte Filme, vergrößerte im heimischen Badezimmer Abzüge, wechselte dann auf die digitale Fotografie und während all dieser Entwicklung hatte ich immer ein Fable für Sofortbilder. Mein Onkel zeigte mir seine erste Polaroid-Kamera und die Idee nicht Nichtrproduzierbarkeit eines Bildes hat mir immer gefallen.

Ich fotografierte mit den klassischen Polaroid-Kameras, mein Liebling ist die erste faltbare Sofortbild-Spiegelreflexkamera der Welt SX-70 von 1972 und ich fühlte mich ein wenig wie Andy Warhol. Leider habe ich nicht die Klasse von Warhol.

Problem: Die Filme sind sehr teuer und ich setzte daher auf die Instax-Serie von Fujifilm. Unlängst hab ich beim Wiesn-Einzug der Wiesn-Wirte aufs Oktoberfest ein paar Sofortbilder mit meiner Instax-mini 12 geschossen, weil es mir einfach Spaß macht. Weit mehr Bilder schoss ich freilich mit meiner Reportagekamera Fujifilm X100V.

Und beim Warten auf die Entwicklung der Bilder entdeckte ich im Netz, dass Polaroid vor kurzem eine neue Highend-Kamera auf den Markt gebracht hat: Die Polaroid I-2 für rund 700 Euro. Ein Fotoabzug kostet etwa 2 Euro.

Die Kamera machte mich neugierig. Es soll eine Kombination von Analog-Feeling und moderner Kameratechnologie sein. Ich habe das Gerät nicht in der Hand gehabt, geschweige denn damit fotografiert, aber damit zeigt sich, dass es in digitalen Zeiten einen Trend zur analogen Fotografie gibt. Ich hatte also über die Jahre das richtige Näschen dafür.

Die 563 Gramm leichte Polaroid I-2 hat das Design der etablierten Polaroid-Serie, aber ganz andere innere Werte. Die Optik ist ein Drei-Linsen-Objektiv mit 98 mm Brennweite und einer maximalen Blendenöffnung von f/8. Also im Grunde eine Schönwetter-Kamera für draußen. Wenn Sonne lacht, nimmt Blende 8. Die kürzeste Verschlusszeit der Polaroid I-2 beträgt 1/250 s. Es passen 49 mm Linsen auf das Filtergewinde. Ich habe aus Analogzeiten noch einige 49 mm Farblinsen herumliegen, die würden passen. Sehr fein: Die Kamera hat den klassischen eingebauten Blitz mit maximal 2,5 Meter Reichweite, verfügt aber über einen 2,5-mm-Klinkenanschluss für externe Blitzgeräte. Damit wäre die Polaroid I-2 endlich für Studioblitze geeignet.

Über USB-C wird die Kamera geladen. Das Interessanteste sind die Kameraeinstellungen im Display und auf der Oberseite. Es gibt den vollen Umfang: Automatik, Blendenpriorität, Verschlusspriorität, Manuell, Selbstauslöser und Mehrfachbelichtung. Also nicht mehr nur Klick, sondern Fotografie, wie man sie gelernt hat. Per Blauzahn lässt sich die Kamera auch vom Smartphone aus steuern, warum ich auch immer das machen sollte. Vielleicht wenn Sie am Stativ steht und ich daneben meinen Kaffee trinke.

Hier nochmal die Magie der Sofortbilder.

Buchtipp: 911 Millennium – Fotos von René Staud

7. September 2023

Ich liebe Fotos und ich liebe Bücher – vor allem Fotobücher müssen einfach gedruckt sein und das schreibe bewusst als digitaler Nomade. Ein eindrucksvolles Fotobuch fand ich bei der Motorworld München im der Ausstellung Home of History im Rahmen der Motorworld Mobility Days: 911 Millennium

Es ist ein Buch, was schreibe ich, es ist ein 10 Kilogramm schwerer Wälzer – ein extrem eindrucksvoller Bildband über den Porsche 911, Die Fotos stammen von René Staud. René Staud ist einer der weltweit erfolgreichsten Automobil-Fotografen. Anspruchsvollste fotografische Auffassung, modernste Technik und handwerkliche Perfektion sind seine Markenzeichen, und durch die Entwicklung des Lichtsystems Magicflash gilt der Stuttgarter als Experte der Blitzlichtfotografie und diese hat er bei der Produktion der Fotos zu 911 Millennium angewendet.
Natürlich ist das Buch limitiert auf 911 Exemplare, wie sollte es anders sein. Da freut sich der Sammler und Porsche-Fan, der schon alles hat.

Jedes Buch ist mit einer nummerierten Plakette versehen. Der Band mit 288 Seiten hat das Megaformat 56 Zentimeter auf 44 Zentimeter und kostet nicht wie man annehmen könnte 911 Euro, sondern gleich mal 1911 Euro.

Die Resonanz auf den Motorworld Mobility Days war gut. Viele, die die Halle der Ausstellung Home of History betraten, traten an das Buch heran und blätterten. Ob das Buch jemand gekauft hat, weiß ich nicht, aber es ist ein wunderschönes Buch für Fans. Der Macher des Buches Udo Hönninger wurde nicht müde am Stand des Buch zu präsentieren. Er ist seit ca. 40 Jahren als Industriemeister in der Druckbranche tätig. Seit ca. 20 Jahren hat er sich auf hochwertige Druckerzeugnisse spezialisiert. Mit diesem Buch ist ihm eindeutig ein Meisterstück gelungen.

Es ist ein Objekt der Superlative. Das Maxi-Format zeigt und zelebriert die fotografische Inszenierung des 911. Vom ersten 901, dem ersten je gebauten Turbo, bis hin zu allen Derivaten der Baureihe 991. 911 Millennium ist die einmalige Dokumentation eines der bedeutendsten Automobile der Geschichte und gleichzeitig ein großartiger Ausschnitt aus dem Werk eines der bekanntesten Automobil-Fotografen unserer Zeit. Alle hier gezeigten „Elfer“ wurden über 40 Jahre hinweg von René Staud fotografisch perfekt in Szene gesetzt. Power und Design sowie Technik und Faszination verdichten sich zu purer Ästhetik.
Jedes Exemplar kommt mit maßgefertigter Transporttasche und ein paar weiße Handschuhe gibt es dazu. Wer noch Euros drauflegt, kann zusätzlich einen aus Edelstahl gefertigten Buchständer dazu bestellen.

KI in der Fotografie – ein neuer Kulturkampf unter Fotografen

29. Mai 2023

Durch Produkte der Künstlichen Intelligenz ist die Welt im Umbruch – wieder einmal. Ich setze KI-Software wie ChatGPT oder Dalle E2 bewusst ein, um meinen Arbeitsalltag zu erleichtern. Und ich fühle mich in die Zeit zurückversetzt, als analoge Fotografie durch digitale Fotografie in großen Teilen abgelöst wurde. Panik und Zorn ergriff die analogen Fotografen als die Pixelschubser aufgetaucht sind. Und jetzt ergreift die Szene wieder die Panik, denn ein Gespenst geht um in der Welt, das Gespenst der Fotografie mit KI.

Von analog zu digital
Als Nikon-Fotograf mit F3 und F4 und spontan 801S schaute ich damals skeptisch auf die digitale Fotografie mit den Klickkisten mit extremen Auslöseverzögerungen. Aber ich probierte und tastete mich vor. Mit der Zeit schickte ich meinen analogen Wagenpark samt Labor in Rente und verstand mehr und mehr die Welt der digitalen Fotografie. Meine erste Digitalkamera war die Apple QuickTake, die eher einem Fernglas aus Star Wars ähnlicher sah als einem Fotoapparat. Dann ging es aber rasant weiter, ich investierte in Hard- und Software. Meine letzte Nikon war die D3X und ich liebe heute meine digitale Fujifilm X100V. Ich glaube zu wissen, was ich fotografisch kann und wie ich die Technik bedienen muss, damit das Bild herauskommt, das ich im Kopf habe.

Von digital zu KI
Dieses Wissen um Zeit und Blende, dieses Wissen um Licht und Schatten kommt mir jetzt zu Gute, wenn ich mit KI-Bildgeneratoren arbeite. Das Foto entsteht im Kopf, ich muss lernen den Promt zu formulieren, um das gewünschte Resultat zu erhalten. Es kommt auf meine Fähigkeit an, den Promt möglichst exakt zu formulieren. Und ich muss diese Fähigkeit noch besser entwickeln, noch besser schulen. Die entstandenen Bilder bearbeite ich noch mit Bildbearbeitungssoftware weiter. Nachdem mir der Photoshop durch die Abo-Politik von Adobe vergrault wurde, nehme ich nun Affinity Photo als Ersatz.

KI tötet Fotografie
Dann lese ich aber den Protest der (Digital-)Fotografen im Netz. KI tötet die Fotografie. KI tötet die Kreativität. Das halte ich nur für bedingt wahr – und diese Schreierei kenne ich noch von den Kulturkampf und Wechsel von der analogen zur digitalen Fotografie. Viele der heutigen selbsternannten Foto-Puristen verwenden schon lange KI, ohne es allerdings benennen. Digitale Bilder werden schon in der Kamera oder am Rechner nachbearbeitet – oft mit Einsatz von eingebauten KI-Systemen. Moderne Kameras haben Maschine-Learning eingebaut. Machen wir uns nichts vor: Wir nutzen KI doch schon lange und jetzt unterscheiden wir zwischen guter KI und böser KI in der Fotografie. Ist das wirklich ehrlich? Und bevor Missverständnisse aufkommen. Natürlich fotografiere ich digital weiter mit der Fujifilm oder mit dem iPhone.

Sofortbilder als Provokation
Als Gegenbewegung und vielleicht auch ein bisschen als Provokation fotografiere ich ab und zu mit einer analogen Sofortbildkamera – da geht nix mit KI und das ist klassische Fotografie pur. Ich habe zum Leidwesen meiner Frau noch einige Kameras im Fotoschrank. Aber meine SX-70 der Marke Polaroid kommt wirklich nur bei speziellen Anlässen zum Einsatz, eher schon die preiswerten instax Minis. Da gibt es wirkliche Überraschungen, denn die Sofortbildkameratechnik war und ist nicht perfekt auf mich abgestimmt. Vielleicht ist Sofortbild die einzig wahre Fotografie?

Buchtipp: Baikonur: Vestiges of the Soviet Space Programme von Jonk

12. Februar 2023

Seit ich Kind bin war ich von Raumfahrt fasziniert – und ich interessiere mich für Lost Places. Daher war die Verbindung dieser beiden Themen immer reizvoll und ich würde fündig. Die Sowjets hatten ein Shuttles Programm, das sie aufgeben mussten und ihre Buran-Shuttles und Hangar in Baikonur sind dem Verfall preis gegeben. Voller Begeisterung schaute ich ein YouTube-Video von Bob Thissen, der mit Freunden in Baikonur eingestiegen ist und atemberaubende Videos von den Buran-Shuttles gedreht hat. Das Video gibt es hier.

Ich wollte mehr von diesem Stoff. Und daher kaufte ich mir das erste Lost Place Buch zu diesem außergewöhnlichen Themenkomplex: Baikonur: Vestiges of the Soviet Space Programme von Jonk. Heute gibt es einige Bücher und Videos zu dem Thema, aber Jonk war meines Wissens der erste, der ein Buch über diesen Lost Place veröffentlichte. Der Autor nimmt uns in seiner Reportage mit nach Kasachstan. Der Kosmodrom Baikonur in Kasachstan wurde in den 1950er Jahren von den Sowjets gegründet. 1976 begann das sowjetische Shuttle-Programm. Von Baikonur aus wurde 1988 das erste sowjetische Raumflugzeug, Buran zu Deutsch Schneesturm, als Antwort auf das US-amerikanische Space Shuttle gestartet. Es flog aber nicht wie die amerikanischen Shuttles in den Weltraum, sondern umrundete 1988 die Erde. Der unbemannte Flug endete erfolgreich mit einer automatischen Landung nach zwei Erdumkreisungen in 206 Minuten.

Wir sehen Bilder der Raumfähre Buran 1.02 und des Prototyp OK-MT, Spitzname „Vögelchen“. Der Bau von Buran 1.02 wurde 1990 beendet, obwohl auch hier noch einige Systeme fehlte.
Jonk steigt mit Hilfe von drei Helfern in das heute verlassene Gelände ein und liefert uns faszinierende Bilder von verfallener Technik. Das Buran-Programm wurde im Sommer 1993 während der Präsidentschaft von Boris Jelzin aus Geldmangel offiziell beendet. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion im Jahre 1991 hatte Russland die Kosten für Buran allein zu stemmen.

Dies war das erste Mal, dass Fotos dieser spektakulären Orte in einem Buch veröffentlicht wurden. Jonk reiste im Schutze der Nacht 20 km durch die kasachische Wüste, betrat die Hangars heimlich und verbrachte dort drei Nächte versteckt vor militärischen Sicherheitskräften, um eine Fotoreportage von diesem Ort zu erstellen. Jonk stellt uns seine hervorragende Sammlung von Fotos vor, die er in dem stillgelegten Teil des Kosmodroms Baikonur aufgenommen hat. Er zeigt dem Leser nicht nur diese erstaunlichen Bilder, sondern beschreibt uns auch das Abenteuer des Besuchs eines weltweit einzigartigen Ortes. Viele Aufnahmen der beiden Orbiter und ihrer Details aus verschiedenen Perspektiven sind zu sehen, und erstaunliche Bilder der Energija-Trägerrakete.

Und vielleicht ist auch dies das Problem mit dem Buch. Die ersten 50 Seiten berichten von der sicherlich anstrengenden Reise zu diesem Lost Place. Wenn ich ehrlich bin, interessierte mich dies weniger, denn ich wollte ja eigentlich die Bilder von diesem geheimnisvollen Platz sehen. Die bekam ich dann auch: Raumgleiter von oben, von unten, von der Seite, von links unten, von rechts oben und nur ein Bild vom Inneren des Cockpits. Das ist grandios und enttäuschend zugleich, denn ich bin dermaßen vom Thema angefixt, dass ich mir oben genannten Video immer wieder angeschaut habe, die meinen Voyeurismus befriedigen.
Natürlich kann ich das Buch von Jonk empfehlen, obwohl ich gerne mehr Bildunterschriften gehabt hätte, die mir die Fotos besser erklärt hätten. Der Fotograf vergisst aber auch nicht die Büros, Werkstätten, Archive und Wartungsräume, die viele Einblicke in den Arbeitsalltag einer Raumfahrttechnikeinrichtung geben. Das ist wahre Kunst.
Die Bilder wurden nur leicht nachbearbeitet und die Objekte erscheinen in einem gelblichen, warmen Licht. Das unterscheidet das Buch von zahlreichen Lost Places, die mithilfe von Lightroom und Co einen Eindruck der Apokalypse vermitteln.

Meine Ziele für 2023

13. Januar 2023

Das Jahr 2023 ist ein paar Tage alt und ich lese bei einigen Bekannten im Netz von ihren Vorsätzen für dieses Jahr. Mehr Sport machen, weniger Fleisch essen und vieles mehr. Andere haben eine Bucket List aufgestellt – also eine Liste mit Dingen, die man im restlichen Leben gerne noch tun oder erreichen möchte.

Bucket List ist mir zu doof, denn mein Leben und damit meine Bedürfnisse ändern sich täglich. Nun Vorsätze habe ich auch keine, aber ich habe mir ein paar Ziele für 2023 gesetzt, denn Ziele sind messbar und Vorsätze kann ich nach ein paar Wochen wieder fallen lassen. Also gehe ich meine Ziele an. Meine
Ziele sind nach der bekannten SMART-Regel aufgebaut, wie ich sie von Jochen, einen ehemaligen Chef von mir gelernt habe: S spezifisch, M messbar, A attraktiv, R realistisch und T Terminiert – diese Regel wende ich in meinem Berufsleben an und übertrage sie auch ins Privatleben, wenn es um Ziele geht. Also weg mit Vorsätzen und Bucket List, her mit den Zielen. Was sind also meine Ziele 2023?

Mehr Fotos machen
Auf jeden Fall werde ich 2023 mehr Fotografieren. Als Geräte benutze ich das Smartphone und meine Fujifilm X100V. Beide „Fotoapparate“ trage ich in der Regel bei mir. Ich will besser werden, ich hab den Drang zum Fotografieren, nicht zum Knipsen. Ich folge auf Facebook und Instagramm ein paar Fotobekannten, die mich inspirieren: Danke an Günter Hagedorn, Raimund Verspohl, Jürgen Bartenschläger. Als Thema habe ich mir Streetfotografie vorgenommen. Ich halte Ausschau nach Motiven und freue mich schon darauf. Mindestens ein gutes Bild pro Monat ist das Ziel.

Mehr Sofortbilder machen
Dann werde ich fotografisch mehr experimentieren – und zwar mit Sofortbildern. Ich habe meine alte Polaroid-Kamera reaktiviert und auch wieder mein Modell SX-70 von Polaroid aus dem Jahr 1974 wieder ausgegraben, die legendäre Andy Warhol-Kamera. Filme habe ich für die Oldies besorgt. Und für den täglichen Gespräch probiere ich mit der instax mini herum und verwende in der Regel einen Schwarzweißfilm. Mal sehen, was ich damit alles anstellen kann. Und nein, ich werde nicht mit den Abzügen wedeln und hoffen, dass sich das Bild schneller entwickelt. Inspiration hole ich mir von den Fotogrößen vergangener Tage. Ziel ist es hier, ein Fotoexperiment pro Monat zu realisieren. Eine Idee hab ich schon und meine Frau muss als Fotomotiv herhalten. Vielleicht geht auch eine Kombination zwischen gescannten Polaroid bzw Sofortbild und Zeichensoftware am iPad.

Mehr Super 8 schauen
Ich liebe Super 8 und meine Familie ist zusehends genervt, wenn ich einen meiner Projektoren im Wohnzimmer aufbaue. Natürlich habe ich viele der Filme als DVD, Bluray oder 4K, aber ich habe auch mein Einstiegsmedium in den bewegten Film. Mit Super 8 konnte ich erstmal Kino zu Hause genießen und an diesen Genuss will ich mich wieder erinnern. Ich nehme mir einmal im Monat bewusst die Zeit, baue einen Projektor auf und genieße die Bilder eines über 40 Jahren alten analogen Mediums. Ich nehme wohl am Besten dazu einen Abend, wenn die Familie ausflogen ist, um nicht allzusehr zu stören. Wer kann das ebenso genießen? Das Knattern des Projektors, den Genuss über bewegte Bilder auf der Leinwand, das manuelle Handtieren mit Spulen, das fummelige Einspulen des Films. In der Regel schaue ich Schauerfilme in Schwarzweiß.

Mehr zocken
Ich bin ein Retrogamer und genieße das Telespiel (so hieß es damals) mit dem Atari 2600, SNES, N64, GameCube, aber auch die gesamten Playstation-Generationen. Ich will mit meinem Nachwuchs mehr zocken und zock around the Clock Zeit mit den jungen Herrschaften verbringen, wenn sie Lust darauf haben. Ende Februar kommt die VR-Brille für die PS5 und ich glaube, dass wird ein riesiger Spaß und vielleicht kann ich den Nachwuchs noch mehr für Retrogames interessieren.

Mehr lesen
Im Grunde lese ich Tag ein, Tag aus Fachbücher um in meinen Beruf und im Hobby auf dem Laufenden zu bleiben. Literatur kam im vergangenen Jahr zu kurz. Das will ich ändern. Also mindestens ein Buch pro Monat zur Unterhaltung, zum Genuss, zum Zeitvertreib und zur Inspiration soll es werden. Es darf auch Schund sein. Zwölf Bücher in einem Jahr, die keine Fachbücher sind, müssen also möglich sein.

Mehr golfen
Golf ist ein Sport, der mir richtig gut gefällt und richtig gut tut. Im vergangenen Jahr habe ich es aus verschiedensten Gründen schleifen lassen, aber 2023 geht es wieder los, versprochen. Es geht mir nicht um Handicap oder Turniere, sondern um das Spiel an sich. Bewegung an der frischen Luft und hohe Konzentration, das tut dem Körper und Geist gut. Die Schläger sind gesäubert, die Bälle gepackt, also mit Gattin und Bekannten raus aufs Grün. Damit ich endlich sagen kann: Ich kann Golf (Witz). Und meinen Golfblog mehr pflegen.

Foto-Buchtipp: Der Spleen von Berlin von Jutta Voigt und Rolf Zöllner

3. November 2022

Ich will, nein ich muss wieder mehr fotografieren. Überall sehe ich Motive und ich muss sie einfach ablichten, sei es mit dem Smartphone oder mit dem klassischen Fotoapparat. Zu lange habe ich meine Mission vernachlässigt.

Inspiration habe ich auch von einem Flohmarkt-Buch bekommen mit dem seltsamen Titel Der Spleen von Berlin. Die Bilder zeigen das neue Berlin in schwarzweiß, eigentlich geht es um Berlin Mitte und die Fotos wurden 1999 veröffentlicht, also schon ein paar Jahre her.

Jutta Voigt sorgte für die beschreibenden, zum Teil literarischen Texte und Rolf Zöllner steuerte die Fotos dazu. Eine schöne Kombi, die zum Nachdenken und Betrachten einlädt. Die Fotos zeigen ein Berlin, was es wahrscheinlich so nicht mehr gibt. Abgedrehte Typen, alternative Ort, nicht die strahlende Hauptstadt.

Woher stammt der Titel des Buches? Ich vermute, er orientiert sich an Charles Baudelaire. Und sein Werk Der Spleen von Paris mit dem Zitat: „Wo alles Ungeheure so wie eine Blume sprießt“. Baudelaire gilt heute als Begründer der modernen Großstadtpoesie und als Prototyp des modernen Dichters – und ich sage mal, das Duo Voigt/Zöllner orientiert sich an dieser literarische Vorlage – wozu hat man Ziele?

Das Buch ist ein Blick zurück in vergangene Zeiten mit einer genauen Ortskenntnis, wie mir (Ost-)Berliner bestätigen, die diese Zeit noch erlebt haben. Dabei schwingt eine gewisse Wehmut in Text und Bild – also vielleicht auch eine Art Selbstmitleid. Ich sehe das Buch als Aufforderung mehr Fotos zu machen. Also gehts raus und macht Fotos.

Olympia 1972: Buchtipp Olympia München 1972 von Harry Valérien

6. September 2022

Ihr wisst es ja, ich bin absolut kein Sportfan (außer Golf) und die Olympischen Spiele 1972 interessierten mich weniger aus sportlicher als vielmehr aus journalistischer Sicht. Aber ich dachte mir, ein klassisches Olympia-Buch muss ich dann doch mal vorstellen. Aber wer die Wahl hat, der hat die Qual.
Ich entschied mich für das Buch Olympia München 1972 von Sportreporter Harry Valérien aus dem Südwest-Verlag München. Wahrscheinlich habe ich zu diesem Buch aus meinem Archiv gegriffen, weil mir Harry Valérien in Erinnerung blieb, als er bei irgendeiner Wintersportmeisterschaft als nix passierte einen Norwegerpulli mit Elch anhatte und die Zuschauer über diese Kleidung anstatt über die sportlichen Leistungen diskutierten.

Das Buch Olympia München 1972 hat natürlich allerhand Tabellen und Ergebnisse zum Inhalt. Auch Gedanken zum feigen Attentat dürfen nicht fehlen. Kluge Texte und eindringliche Bilder machen den Anfang des Buches. Dann geht es fröhlich weiter in den Farben der 70er Jahren. Auch die Perspektiven der Fotos war eine Dokumentation vergangener Zeiten. Die Teleobjektive der Fotografen waren gut, die Filmemulsionen waren auch prima – es war ja eine klassische analoge Fotografie. Die Körnigkeit der Fotos, die Farben waren gelbstichtig, aber die meisten Fotos im Buch waren noch schwarzweiß.

Ulrike Meyfarth und Mark Spitz waren die Sportler, die ich kannte, aber natürlich gibt es viele, viele mehr, die der Sportsfreund natürlich kennt.
Die fröhlichen Spiele, die im Terror endeten, sind ein wichtiges Zeitdokument und so sehe ich dieses Buch auch als ein solches an. Mal sehen, welche Olympia-Bücher ich noch so finde.

Espresso – ein Reiseführer des guten Geschmacks von Walter Vogel

13. Juni 2022

Morgens das Erste nach dem Aufwachen ist der Kuss an die beste Ehefrau und dann kommt der Ruf „Alexa, Steckdose Kaffee an“. Ich freue auf die erste Tasse frischen Bohnenkaffee am frühen Morgen. Bis ich soweit aufgestanden und fertig bin, ist die Siebträgermaschine aufgeheizt und ich bereite mir den ersten Espresso des Tages zu, ein tägliches, leibgewonnenes Ritual.

Schon lange plante ich eine Fotoserie zum Thema Espressobars, die heiligen Orte an denen das köstliche Getränk ausgeschenkt wird. Im Leica-Store München stieß ich dabei auf das Buch Espresso Cafe-Bars in Italien vom legendären deutschen Fotografen Walter Vogel, der vor Jahren diese Idee bereits in ein grandioses Buch umgesetzt hat. Es ist 1993 in der Edition Christian Brandstätter erschienen und widmet sich in großartigen Bildern der italienischen Kaffeekultur, die so dann und wann auch bei uns aufblitzt. Ich habe die erste Auflage des Buches besorgt.

Vogler hat eine Kaffeebar-Karte von Norden nach Süden Italiens in seinem Buch abgedruckt, quasi als Reiseführer des guten Geschmacks. Und er liefert die eindrucksvollen Bilder – alle in Schwarzweiß. Nur zur Klarstellung: Wir reden jetzt nicht von Starbucks oder San Francisco Coffee Bar, die sicherlich auch ihre Reize haben, sondern wir sprechen von den kleinen und großen Palästen des Genusses. Und wir reden auch nicht von den Hipstern, die als Barista verkleidet sind, sondern von den Helden der Bohne, die ihre Profession von Vater oder Mutter gelernt und verinnerlicht haben. Barista ist im Grunde die italienische Form des Barkeepers.

Der Düsseldorfer Walter Vogl, Jahrgang 1932, ist ein Meister seines Fachs. Er erhielt 1963 den World Press Photo Award und 2019 den Leica Hall of Fame Award. Sein Buch Espresso ist eine Reise in die Vergangenheit. Er erzählt von Zeiten als Kaffee etwas Besonderes war, die kleine Peitsche, die Belebung der Sinne, die zelebriert wird. In Vogels Buch werden Geschichten dieser Zeiten erzählt neben den historischen Fakten. Diese kann heute Wikipedia liefern, die Geschichten der italienischen Familien und ihrer Kunden aber nicht. Als ich das Buch genoss, erinnerte ich mich an die großen italienischen Geschichtenerzähler Visconti, Fellini, Pasolini oder Antonioni.

Sehr schön der Satz: „Die Maschine ist der produktionstechnische Mittelpunkt der Bar, der Barista der kommunikative.“ Sie sind Magier der Konzentration, die den ganzen Tag gleichbleibende Kaffeequalität produzieren. Beim Mahlen explodiert das Aroma und der Kaffee muss so schnell als möglich in die Maschine. Dann kommt das Aroma zur Geltung. Während ich diese Zeilen schreibe, genieße ich übrigens einen heißen Kaffee und genieße das Leben.