Posts Tagged ‘Dirk Ippen’

Tageszeitung aufwachen: Die Flut steigt

30. Mai 2011
Adli verzichtet auf Anzeigen in Tageszeitungen und macht lieber Direktmarketing in der S-Bahn.

Adli verzichtet auf Anzeigen in Tageszeitungen und macht lieber Direktmarketing in der S-Bahn.

Die Anzeigen bei Tageszeitungen brechen weiter weg. Bei meinen Seminaren beklagen die Teilnehmer, dass sie die viele Werbung in den Zeitungen massiv stört. Moment, welche Werbung? Ich finde kaum noch Werbung in Zeitungen, stattdessen oberflächliche Artikel – auch in diesen Qualitätszeitungen. Das liegt nicht an den Journalistenkollegen, die in der Regel besser recherchieren könnten – wenn sie denn die Zeit dafür hätten. Die Redaktionen werden weiter dezimiert, weil Anzeigenerlöse ausbleiben.

Die Anzeigen wandern ins Netz: Ich verkaufe kein Auto mehr über eine Zeitung, ich suche heute keine Wohnung mehr über eine Zeitung, ich bekomme keinen qualifizierten Job mehr über meine Zeitung. Viele dieser Rubriken sind bereits in Netz gewandert. Und auch die Todesanzeigen werden digital, wie Dirk Ippen mit seiner Plattform trauer.de zeigt. Und was ist noch in den Zeitungen? Discounter, Supermärkte usw. Und was passiert? Der Aldi Süd belegt immer weniger Tageszeitungen: Erst Stuttgart, dann München – und jetzt folgt der Aldi Nord. Die Leipziger Volkszeitung verliert dadurch über 1 Mio Euro, so Schätzungen. So soll das Geld für die Qualitätszeitungen denn jetzt herkommen? Vielleicht vom Leser? Also Abo-Preise erhöhen und noch weiter Redaktionen ausdünnen. So schaffen wir die Tageszeitungen ab. Na toll.

Partybilder nur nach Einwilligung

28. Dezember 2009

Der Verleger vom Münchner Merkur, Dr. Dirk Ippen, hatte früher eine Hausanweisung an seine Außenredaktionen verschickt: „Bringt Menschen ins Blatt!“ Daraufhin haben Brautpaare, Babys sowie Vereinsehrungen und Schulabschlüsse vermehrt fotografiert und die Auflage schoss in die Höhe.

Was bei einer Lokalzeitung hervorragend funktioniert hat, klappt im Internet natürlich auch. Es macht vielen Leuten Spaß, andere Leute im Netz anzuschauen. Beliebt sind vor allem hier die Party-Pics. Wer in die Disco geht, kennt die Situation: Ein Fotograf schießt von den Besuchern Bilder und sie werden im Web oder auf speziellen Partyseiten veröffentlicht. Junge Menschen liegen sich in den Armen und schauen verklärt in die Kamera. Bitte recht freundlich.

Vielleicht schau ich mir die Bilder gerne an, aber von mir mag ich solche Sachen nicht im Web sehen.

Hier gilt es aufzupassen: Disco-Betreiber schreiben oft in ihre Hausordnung. Wer nachliest, findet den Passus: In der Disco werde fotografiert und die Bilder werden dann im Web veröffentlicht. Wer das Lokal besuche, zeige sich damit automatisch einverstanden.

So einfach geht es dann doch nicht: Das Amtsgericht Ingolstadt hat hier klar entschieden (Az.: 10 C 2700/08): „Die Veröffentlichung von Fotos, die in einer Diskothek angefertigt wurden, auf der die abgebildete Person eindeutig identifizierbar ist, bedarf ihrer Einwilligung.“ Eine stillschweigende Zustimmung gibt es hier nicht.

Ausnahmen sind Personen der relativen und absoluten Zeitgeschichte – aber das sind die Standard-Partygänger nicht.

Ippen weckt Ängste

17. März 2009

Der Münchner Merkur ist eine konservative Heimatzeitung in Oberbayern, die ihre Auflage vor allem in den Landkreisen um München macht. Verleger dieser Zeitung ist Dirk Ippen, ein Verleger aus Westfalen, der den Merkur von einem verschlafenen Blatt nach vorne gebracht hat. „Tippen für Ippen“ hieß es immer wieder unter Journalistenkreisen. Der Herr Verleger hat auch eine Kolumne in der Zeitung, die er früher auch im Web publizierte. In seiner jüngsten Samstagskolumne setzt sich Ippen mit einer schönen, neuen Welt ohne Bücher auseinander. Er betrauert eine Welt ohne Papierbücher, die durch Amazons Kindle und Sony E-Book-Reader entstehen wird. Man könne künftig keine Fragen beantworten in der Art: Welche drei Bücher nehme ich auf eine einsame Insel mit.

Ippen ist geschickt und appelliert an die Ängste seines älteren Zielpublikums, das eine Welt ohne Bücher auf sich zukommen sieht, nach dem Motto: Früher war alles besser. Sicherlich, der Zeitungsmann Ippen muss so argumentieren, denn auch eine Zeitung ist im modernen Zeitalter in Gefahr. Die Kosten laufen davon, denn Werbeeinnahmen gehen zurück: Der Ippen-Konzern hat den Weg Richtung neuer Medien besser in Angriff genommen als so mancher andere verschlafene Zeitungsverlag. Trauer.de und andere Plattformen sind dazu Beispiele. Daher muss Ippen in seiner Kolumne kein falsches Spiel führen und Ängste wecken. Das hat er eigentlich nicht nötig.

Er weiß, dann kein Medium ein anderes komplett ersetzt hat: Theater gibt es trotz Kino weiterhin, Kino weiterhin trotz DVD. Das Trägermedium wechselt, heiß es Schellack, Schallplatte, CD oder mp3 – die Musik bleibt die gleiche. Genauso ist es mit der Information. Nachrichten will der Leser, sei es in dem Flugblatt des Mittelalters, der Zeitung oder der Website. Das gilt für Bücher ebenso. eBooks werden das gedruckte Buch nicht ersetzen, aber der Vertrieb von Büchern wird sich ändern.

Auch Ippen muss den Klassiker (als Buch) kennen von Nikolas Negroponte: Total digital. Darin beschreibt der ehemalige Leiter des MIT, dass alles was digital vertrieben wird, auch künftig so vertrieben wird. Ich habe dazu bereits gebloggt. Und Ippen wäre kein guter Geschäftsmann (was er zweifelsohne ist), wenn er nicht nach neuen preiswerteren Distributionswegen sucht. Also lieber Dr. Ippen, vielleicht weniger zurückschauen, also vielmehr nach vorne und nehmen Sie hier Ihre älteren Leser auf die spannende Reise mit.