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Prag (1): Eine etwas komplizierte Anreise nach Prag

22. Oktober 2024

Die tschechische Hauptstadt Prag stand auf dem Programm für ein paar Tage – so war der Plan. Um klimatechnisch das Sinnvollste daraus zu machen und es bequem zu haben, fiel unsere Wahl auf den Zug als ideales Verkehrsmittel. Nimm den Zug, haben sie gesagt, dann bist du in ein paar Stunden im Zentrum von Prag und kannst diese wunderbare goldene Stadt des Ostens erkunden. Wenn es denn so einfach gewesen wäre.

Als Besitzer des Deutschlandtickets wollten wir kostenlos an die Grenze im bayerischen Furth im Wald fahren und dann mit einem tschechischen Ticket die Fahrt fortsetzen. Mit dem DB Navigator wurde es nicht eindeutig (und vor allem zu teuer), also musste eine Beratung im DB-Reisezentrum im Münchner Hauptbahnhof her. Als Puffer hatten wir dazu eine Stunde – 60 Minuten eingeplant, die Rechnung aber nicht mit der Bahn und den Hunderten von Oktoberfestbesuchern gemacht. Zahlreiche potentielle Bahnfahrer wünschten eine Beratungsleistung, also erst einmal Nummer ziehen und warten. Mit Blick auf die Uhr wurde es bald knapp, denn so mancher Reisender plante wohl eine Weltreise an einem der Schalter, die nicht voll besetzt waren.

Als 349 aufgerufen wurde, hatten wir noch 20 Minuten Puffer. Die DB-Mitarbeiterin war super freundlich und extrem kompetent. Ich frage mich nur, warum ein Ticket von Regensburg nach Prag deutlich preiswerter ist als ein Ticket von Furth im Wald nach Prag, obwohl Furth im Wald die Grenzstadt ist und Regensburg deutlich weiter weg liegt – das sind die Geheimnisse des Tarifsystems der Deutschen Bahn.

Der Zug war gut voll, von wegen Platz und entspannte Anreise. Wir nahmen in einem Sechserabteil Platz, die Wagons hatten den Charme der frühen siebziger Jahre. Mit uns ein Ehepaar aus Kempten, die den 50. Geburtstag der Frau in Prag feiern wollten und ein Arbeitnehmer, der in Regensburg aussteigen wollte.

An Arbeiten war im Zug nicht zu denken, also ein bisschen Smalltalk mit den sympathischen Mitreisenden. Vor Regensburg wurde uns bewusst, dass wir im falschen Zugteil saßen, und so packten wird unser Marschgepäck und zogen in bequemere Waggons nach Prag um, noch bevor andere Reisende auf die gleiche Idee kamen und alle Plätze besetzten. In Regensburg wurde der Zug richtig voll. Wir hatten aber unsere Plätze und weihten die stehenden Mitreisenden vor dem nächsten Hindernis auf der Reise ein.

Nach der Grenze zwischen Domazlice und Pilsen gibt es Schienenersatzverkehr mit Bussen. Schienenarbeiten unterbrachen unsere Reise. SEV – jeder Bahnreisende weiß, was das bedeutet. In Deutschland in der Regel ein Chaos und in Tschechien wird es nicht besser sein. Hunderte Reisende rumpelten mit Kind und Kegel aus dem Zug und Richtung Busbahnhof unter ein vermoostes Plastikdach. Alles war da, bis auf die Busse. Ein gemütlicher Fahrer tauchte auf und erklärte, dass es in rund 1,5 Stunden weiter geht. Er habe erst mal Pause. Ein anderer Mitarbeiter der tschechischen Bahn in gelber Warnweste zählte hektisch uns Reisende durch. Die beiden angeforderten Busse werden wohl nicht reichen und wir wissen ja, dass der Mensch zum Tier wird, wenn die Busse kommen. Hauen und stechen wird vorprogrammiert sein, wenn der Platz nicht reicht.

Der Gatte des mitreisenden Ehepaars, inzwischen sind wir eine Schicksalsgemeinschaft, sprach auf der Straße einen Tschechen an, der wiederum einen Bekannten mit einem Taxi hatte. Hier kennt jeder jeden und das ist die Improvisationskunst, wie ich sie aus postsozialistischen Ländern kenne. Taxi geordert, Preis ausgemacht, eingestiegen und ab nach Pilsen mit leichtem Nieselregen. Als Übersetzungshilfe diente uns deepl. Die App möchte ich ausdrücklich empfehlen. Für die rund einstündige Fahrt berechnete der Fahrer rund 60 Euro – wir legten noch ein fettes Trinkfeld in Euro oben drauf.

Der Bahnhof Pilsen ist Prachtbau des Jugendstil, extrem sauber und modern. Da können sich deutsche Bahnhöfe eine Scheibe abschneiden. Insgesamt scheint in Tschechien die Zeit nicht stehengeblieben zu sein, sondern hier schreitet die Zukunft voran, während bei uns die Gesellschaft verharrt. Roman Herzog und sein „ein Ruck muss durch Deutschland gehen“ fällt mir immer wieder ein.

Am Bahnhof versorgten wir uns mit Getränken wie Pilsner Bier, Wasser, Cola. Gezahlt wurde mit der digitalen Debitkarte Wise, die meine Frau besorgt hat, um die hohen Wechselgebühren bei Kartenzahlungen im Ausland zu vermeiden. Auch ein wunderbarer Erfolg der Digitalisierung.

Der leere Zug nach Prag stand bereits am Gleis. Wir nahmen zu viert in einem Achterabteil Platz, stießen auf das Abendteuer Bahn mit Bier an und genossen die Fahrt in die Hauptstadt. Ich machte mir noch mit meiner mobilen Espressomaschine einen starken Kaffee, ein Laster, das ich pflege.

Auch der Hauptbahnhof Prag ist ein Ort der Sauberkeit und Übersichtlichkeit. Hier trennten sich unsere Wege. Das sympathische Ehepaar bezog sein Hotel im Zentrum. Unsere Unterkunft, die kirchliche Bildungsstätte Mariapoli, lag etwa 17 Kilometer außerhalb. Also U-Bahn und dann Bus standen uns noch bevor. Die Infrastruktur ist in Schuss. Bahn und Bus waren aufeinander abgestimmt. Die Tickets, wir haben für 72 Stunden gelöst, wurden digital gekauft. Ein Hoch auf die Digitalisierung.

Nach einer Stunde konnten wir unser Gepäck ablegen und uns mit den Gepflogenheiten des Hauses vertraut machen. Kurz frischgemacht und zurück in die Innenstadt. Prag wir kommen.

Rund 18 Prozent für das Deutschlandticket – Weg mit dem Dienstwagenprivileg

24. September 2024

Die Katze ist aus dem Sack und das Krakele geht weiter. Das Deutschlandticket soll ab 1. Januar 2025 statt 49 dann 58 Euro kosten. Der Preis steigt um 9 Euro, also rund 18 Prozent. Heftig, wenn man bedenkt, dass die Politik und die Gesellschaft die Verkehrswende herbeiführen wollten. Bayern, so entnehme ich den Medien, wollte sogar 64 Euro pro Ticket – das wären rund 30 Prozent gewesen.

Ich habe das Deutschlandticket vom ersten Tag angenommen und viel genutzt – und ich werde es auch weiterhin. Ich habe mich meist geweigert, es als 49 Euro Ticket zu bezeichnen, denn der Preis stand ja schon von Anfang an auf dem Prüfstand. Im Autoland tut sich der ÖPNV einfach schwer und nachdem man Jahrzehnte lang kaum investiert hat, baden wir das Chaos der maroden Infrastruktur nun aus. Marode? Was das nicht ein Wort aus der Wendezeit, wenn es um die DDR-Industrie ging? Marode – soweit sind wir nun schon wieder.

Was waren für mich die Vorteile?
Mit einem Preis von 49 Euro pro Monat ist das Deutschlandticket im Vergleich zu vielen regionalen Monatstickets oder Einzelfahrscheinen sehr günstig. Es ermöglicht unbegrenztes Reisen im öffentlichen Nahverkehr deutschlandweit zu einem festen Preis. Das Ticket ist im gesamten Nahverkehr Deutschlands gültig, einschließlich Bus, Straßenbahn, S-Bahn, U-Bahn und Regionalzügen (RB, RE). Dadurch wird der öffentliche Nahverkehr flexibler und leichter zugänglich. Durch das Deutschlandticket entfällt die komplizierte Tarifstruktur, die regional unterschiedlich ist. Nutzer müssen nicht mehr verschiedene Tarife vergleichen, sondern können mit einem einzigen Ticket durch das ganze Land reisen. Das hat mir persönlich viele Nerven gespart. Ganz wichtig: Das Ticket kann Menschen dazu ermutigen, vom Auto auf den öffentlichen Nahverkehr umzusteigen, was zu weniger Verkehr und einer Verringerung der CO₂-Emissionen führen könnte. Ich schreibe bewusst „kann“. Viele in meinem Bekanntenkreis sind einfach bequeme Autofetischisten und ich spreche nicht von der Landbevölkerung, die unter einer unsäglichen ÖPNV-Infrastruktur leidet. Viele Politiker unterstützen diesen Wahn vom Autoland Deutschland, anstatt vom Mobilitätsland Deutschland zu sprechen.

Finanzierung
Natürlich kommt immer das Argument der Finanzierung: Die Finanzierung des Deutschlandtickets, insbesondere die langfristige Sicherung, war von Anfang an ein umstrittenes Thema. Die Kosten für Bund, Länder und Verkehrsbetriebe sind erheblich, und es gibt Diskussionen darüber, wie diese Belastungen langfristig getragen werden können. Da haben Lobbyisten ganze Arbeit geleistet. Das Dienstwagenprivileg wird oft als attraktiv angesehen, da es dem Arbeitnehmer erlaubt, ein teures Fahrzeug zu nutzen, ohne die vollen Kosten tragen zu müssen. Auf der anderen Seite sind die steuerlichen Vorteile für den Staat immer wieder ein Diskussionsthema, da Kritiker argumentieren, dass diese Regelung Wohlhabendere begünstigt. Schafft man das Dienstwagenprivileg endlich ab, dann würde mehr Geld für den ÖPNV vorhanden sein, wenn man es will. Hier eine Grafik der Lobbyisten Allianz pro Schiene.

Der Preis von 58 Euro für das Deutschlandticket sorgte in unserer Familie wenig Diskussionsstoff. Wir werden unsere Tickets auch im Jahr 2025 weiterführen und ich werde weiterhin intensiv den ÖPNV nutzen (wenn er denn fährt). Ich bin gespannt, ob es ein Thema im Bundestagswahlkampf ist, denn eigentlich ist as Deutschlandticket nur eine Diskussion um den Klimawandel. Aber der scheint trotz Hochwasser im Moment vergessen zu sein und Populismus regiert verstärkt.

Bahn-Odyssee nach Hochwasser in Bayern

3. Juni 2024

Das Hochwasser im Süden von Deutschland trifft viele Leute hart. Viele verloren ihr Hab und Gut, mindestens ein Feuerwehrmann verlor sogar bei den Rettungsarbeiten sein Leben. Schicksale, die betroffen machen, und jeder erlebt das Hochwasser auf seine Weise. Jeder hat seine Geschichte zu erzählen. Mich erwischten die Auswirkungen der Fluten auf der Bahnreise von Franken nach Oberbayern. Es war nervig, stressig und auch ein wenig aggressiv, aber kein Vergleich zu den Geschehnissen, die Mitmenschen erleben mussten, die gegen das Wasser ankämpfen mussten und müssen, denn die angespannte Situation ist noch nicht vorbei. Wenn der Regen wieder kommt, kann es sich nochmal zuspitzen.

Ich starte meine Rückreise von einem dreitägigen Seminar in Oberfranken. Es regnet nicht, die Sonne scheint ein wenig. Der RegionalExpress, der mich nach Nürnberg bringen soll, kommt pünktlich und der Bahnnavigator auf dem Smartphone zeigt eine störungsfreie Fahrt mit Umstieg nach München an. Je näher wir nach Nürnberg kommen, desto mehr Wasserflächen breiten sich auf den Feldern aus, aber alles in allem keine größeren Probleme.

In Nürnberg spiele ich mit dem Gedanken auf den ICE umzusteigen, doch die Hochgeschwindigkeitszüge aus Hamburg und Berlin haben enorme Verspätungen, also mit dem RegionalExpress weiter Richtung München. Der Bahnnavigator zeigt freie Fahrt. Ein verspäteter Zug trifft gerade ein und nach dem alten Bahnmotto: „Der erste Platz ist der richtige Platz“ hab ich meinen Sitzplatz in dem Zug, der sich ziemlich füllt. Die Abfahrt verspätet sich, weil immer mehr Menschen in den Zug drängen, aber als Bahnfahrer bin ich diesen Anblick gewohnt. Der Doppelstöcker fährt los und es beginnt zu regnen je weiter wir nach Süden kommen.

Die Newsdienste und die Bahnapp im Auge und Infos von meiner Ehefrau geht es Kilometer um Kilometer nach Süden. Dann die Breaking-News-Meldungen, dass Teile von Reichertshofen überflutet sind und auch Schwaben massiv mit dem Wasser zu kämpfen hat. Die Politik stattet in Gummistiefeln den Gebieten einen Besuch ab, denn wir haben gelernt, dass ein Hochwasser eine Wahl entscheiden kann. Ich denke aber, es war wirkliches Interesse von Ministerpräsident Söder und Bundeswirtschaftsminister Habeck sowie CSU-Fraktionsführer Holetschek, die sich ein Bild vor Ort machen wollen.

Und dann vor Ingolstadt die Durchsage, dass aufgrund des Hochwassers der Zug nicht nach München weiterfahren könne. In Ingolstadt sei Schluss, wir müssten den Zug verlassen und es sei ein Schienenersatzverkehr eingerichtet worden.

Das war zu erwarten gewesen nach der Überflutung von Reichertshofen zwischen Ingolstadt und München. Also Rucksack und Taschen packen und Richtung Bahnhofsausgang eilen, immer den violetten Schildern SEV (Schienenersatzverkehr) nach. Vor dem Bahnhof keine Schilder, keine Busse, dafür viele Menschen. Bei mir beginnt das Nachdenken. Wenn die Gleise bei Reichertshofen fast überflutet sind, dann ist die Autobahn auch in Gefahr vom Wasser überspült zu werden. Das heißt, keine Busse und daher auch kein SEV.

Also zurück ins Bahnhofsgebäude zum umlagerten Schalter der Deutschen Bahn. Deren Mitarbeiter versuchen den Ansturm irgendwie in den Griff zu bekommen. Es stellt sich heraus, dass wohl eine Regionalverbindung nach Treuchtlingen eine Möglichkeit ist, um nach München zu kommen. Von Treuchtlingen nach Donauwörth und von da nach München – so mein genialer Plan, natürlich mit der Befürchtung, dass Donauwörth in Bayerisch-Schwaben auch unter Wasser liegt.

Der Zug nach Treuchtlingen kommt verspätet und ich besetze gleich den erstbesten Platz. Ich frag mich immer, warum die Leute den Zug durchstreifen nach einem besseren Platz. Es wird keiner kommen. Nun, das sind wohl Bahnamateure. Ich sitze neben einer älteren Dame aus Leipzig, die nach Simbach am Inn will. In Gedanken kommen mir die heftigen Überschwemmungen des Simbacher Hochwassers wieder in den Sinn. Ich habe noch ein Buch von den Hochwasseraufnahmen. Im Moment sei der Pegel in Simbach okay, aber das Wasser kommt noch in den nächsten Tagen.

Der Zug zockelt, bremst, fährt an, bremst wieder und nimmt Kurs nach Treuchtlingen. Durchsagen sind eine Fehlanzeige. Kommunikation mit den Fahrgästen wird wohl überschätzt. Das Internet im Altmühltal ist nicht vorhanden, so dass wir alle nicht nach möglichen Anschlüssen suchen können. Google Maps und Apple Karten sind tolle Dienste, aber ohne Internet völlig nutzlos. Von wegen Laptop und Lederhose in unserem schönen Bayernland. Es ist ein Armutszeugnis und das seit Jahren.

Als wieder Netzempfang da ist, geht es um Minuten, um den Anschlusszug in Treuchtlingen nach Donauwörth zu erreichen. Natürlich wartet der Anschluss nicht, wir sehen die Lichter des entschwindenden Zuges. Die Kommentare der Reisenden sind entsprechend. Warum kann so ein Zug nicht warten?

Also sind hunderte Fahrgäste gezwungen, auf den nächsten Zug zu warten, der rund in einer Stunde gehen soll. Ich unterhalte mich mit „meiner“ Leipzigerin und ein paar jungen Studentinnen, die mit ihren Rücksäcken warten. Eine bietet mir sogar ein Wasser an, ich sehe wohl durstig aus. Eine andere hat eine nette Retro-Casio-Uhr von ihrem Vater am Arm, auf die sie sichtlich stolz ist. Hinter ihr ein Student, der einen Gummibaum mutig durch die Gegend trägt. Natürlich verspätet sich der Zug nach Donauwörth, aber ich löse mich von meiner netten Truppe und gehe schon mal ans Gleis, um nach Möglichkeit schnell einzusteigen. Der Zug, ein blauer Gohaed, ist ein Kurzzug und meist schon voll. Ich kenne diese Verbindung aus leidgeprüfter Erfahrung.

So ist es dann auch. Meine Erfahrung hat sich bewahrheitet. Der Zug ist voll, richtig voll. Ich komme durch meine vordere Positionierung noch rein, quetsche mich in die überfüllte 1. Klasse, obwohl ich nur ein Deutschlandticket der zweiten Klasse habe. Bei dem Chaos kontrolliert doch eh keiner.

Und dann beginnt die Aggressivität. Die Menschen drängeln und drücken in den vollbesetzten Zug. Die Leute schreien durcheinander, schmeissen sich Schimpfwörter an den Kopf, ein Mann drängelt heftig immer wieder in den vollbesetzten Zug. Der Zugführer bittet die Türen freizugeben, vergeblich. Die Aggressionen nehmen zu. Erst ein älterer Herr beruhigt den Drängler, redet ruhig auf ihn ein, so dass er von seinem aggressiven Verhalten ablässt.

Die Türen schließen sich und der überfüllte Zug macht sich auf den Weg nach Donauwörth. Meine Studentinnen und die Leipzigerin haben es nicht geschafft und der Gummibaum des Studenten ist geknickt. In Donauwörth werde ein zweiter Zugteil angekoppelt. Die Lage entspannt sich. Ich widme mich meinem Hörbuch, der Autobiografie von Wolfgang Schäuble. Inzwischen beginnt es wieder zu regnen. Vor den Fenstern sind überflutete Flüsse, Felder und Straßen zu sehen. Bayerisch-Schwaben hat es schwer getroffen, das ist offensichtlich.

Ich hab Glück, der verlängerte Zug fährt weiter über Augsburg nach München, wo ich dann sofort eine S-Bahn bekomme und nach Hause fahre. Normalerweise dauert die Fahrt aus Franken bis zu vier Stunden. Dieses Mal hat sie rund acht Stunden gedauert, verbunden mit allerhand Stress.

Nochmals: Meine Odyssee mit der Bahn ist kein Vergleich mit dem Leid, was manche Mitmenschen erleiden müssen, denen Haus und Hof durch die Fluten genommen wurde. Auch der ertrunkene Feuerwehrmann hat ein großes Opfer durch sein Ehrenamt für uns erbracht. Es gilt Danke den Blaulichteinheiten und der Bundeswehr zu sagen und auch den vielen Mitmenschen, die mitangepackt haben. Bei uns im Dorf haben wir Glück gehabt, das Wasser ist über die Ufer getreten, der Schaden hielt sich in Grenzen. Jetzt darf es nur nicht wieder anfangen zu regnen.

Meine Emotionen zur Bahn

22. November 2023

Es nervt mich, es nervt mich kolossal. Der jüngste Bahnstreik brachte mich emotional auf die Palme. Ich stelle ausdrücklich nicht das Streikrecht in Frage, aber wenn die Verhandlungen noch nicht mal richtig begonnen haben, kurzerhand einen Streik auszurufen, dass halte ich für schäbig. Bei der Bahn ist vieles schiefgelaufen. Verkehrsminister und Manager haben das Unternehmen kaputtgespart und tun so, als ob die Bahn von alleine kaputtgegangen wäre.

Ich bin konsequenter Bahnfahrer und ich werde belächelt von meiner Umgebung und es kostet mich Überwindung, die Bahn zu verteidigen. Das Familienauto lasse ich in der Regel konsequent stehen, nutze es meist nur für Kurzstrecken zum Einkaufen. Ich bin grundsätzlich ein Fan von Bus und Bahn, aber es fällt mir schwer.

Nur noch 28 % der Fahrgäste sind zufrieden mit der Deutschen Bahn, sagt eine Allensbach-Umfrage. Im Jahr 2007 waren es noch 55 %. Heute assoziieren 88 % der Befragten die Bahn mit Unpünkt­lichkeit, 73 % mit hohen Preisen, 71 % mit Unzuver­lässigkeit. Immerhin: 66 % sehen die Bahn als umwelt­freundlich.
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klima- und Transformationsfonds aus der vergangenen Woche macht die Sache nicht leichter, denn so können die dringend benötigten Bahnsanierungen wieder auf die lange Bank geschoben werden. Doch die Klimaveränderungen gehorchen keinen Haushaltsregeln.
Und ich bin ein Fan des Deutschlandtickets und zuvor des 9 Euro Tickes. Natürlich waren die Regionalzüge voll, was hat man denn erwartet?

Und nun lese ich, dass Bayerns Verkehrsminister Bernreiter das Deutschland-Ticket nicht als den Erfolg ansieht, als der es oftmals gepriesen wird. Für den Ballungsraum sei es zwar ein Gewinn, hat der CSU-Politiker der Mediengruppe Bayern gesagt. Bei der Einführung seien jedoch 13 Millionen Verkäufe prognostiziert worden, nun seien es nur 11 Millionen. Das sei bei 84 Millionen Einwohnern nicht der große Renner, so Bernreiter. Auch werde es bei den 49 Euro für das Ticket nicht bleiben. Bis zum 1. Mai müsse die Verkehrsministerkonferenz eine dauerhafte Lösung für die Finanzierung finden. Ich muss dem Verkehrsminister widersprechen: Jede Fahrt mit der Bahn ist eine gute Fahrt, wenn dafür der Verbrenner stehen bleibt.
Und nun lese ich, dass die kleine Bahngewerkschaft wieder streikbereit ist – wieder auf den Rücken der Bahnfahrer. Die Autolobby freut sich. Irgendwie ist der Wurm drin und wie gesagt, die Klimaveränderungen gehorchen keinen politischen Spielchen. Und ich bin bald wieder emotional auf der Palme.

49 Euro Ticket – ich bin bereit

24. April 2023

Ich bin dabei und habe schon Pläne für die eine und andere Reise. Gemeint ist das 49 Euro Ticket, auch Deutschland­ticket genannt. Grundsätzlich begrüße ich den Umstieg auf den ÖPNV, aber die Einführung des Tickets ist im Detail holprig.

Mehr als jeder zehnte erwachsene Mensch hat bereits das Deutschland­ticket gekauft, sagt eine YouGov-Umfrage für die dpa. 15 % planen, sich das bundes­weite Ticket für Bus und Bahn noch zu kaufen. 57 % wollen verzichten, etwa weil das ÖPNV-Angebot bei ihnen nicht gut ausgebaut sei. Von den Befragten, die das Ticket bereits gekauft haben, buchten 40 Prozent das Abo bei der Deutschen Bahn und 42 Prozent bei einem regionalen Verkehrsunternehmen, um das regionale Unternehmen zu unterstützen. Ich habe mein Ticket von der Bahn über den DB Navigator gekauft. Was ich absolut nicht verstehe, dass die Nachfolger-App NextDBNavigator das Ticket noch nicht anbieten und dies ein paar Tage vor dem 1. Mai. Laut Aussage der Bahn arbeite daran, die App zu aktualisieren. Das zeigt, wie es um die Digitalisierung des Standortes Deutschland steht.

Für mich als Bewohner des Speckgürtels um München ist das 49 Euro Ticket eine Bereicherung. Ich werde nun öfters in die Landeshauptstadt München fahren, um Ausstellungen oder Lesungen besuchen – oder auch verstärkt Ehrenämter wahrzunehmen. Eine Tagesticket nach München kostet mich im Moment rund 12 Euro, da ist das 49 Euro Ticket mit ein paar Fahrten nach München und durch Oberbayern schnell wieder eingespielt. Auch werde ich den Bus in die nahe Kreisstadt nutzen, um bei meinem Lieblingsbäcker einzukaufen.

Im Moment kämpfe ich mit dem Jobticket, schließlich kann das Deutschlandticket auch als Jobticket bezogen werden: Wenn der Arbeitgeber mindestens 25 Prozent des Preises übernimmt, gibt es einen Rabatt von 5 Prozent. Den Verbraucher kostet der Fahrschein dann noch 34,30 Euro oder weniger, je nach Arbeitgeberanteil. Das klingt gut, doch in München klappt es nicht. Der MVG ist komplett überlastet. Vor Wochen haben verschiedene Arbeitgeber den Rahmenvertrag angefordert und nichts ist passiert.

Was mich wirklich stört, ist die schon angedrohte Preiserhöhung. Bei 49 Euro wird es wohl nicht bleiben. Eine Preisanpassung hat man sich offen gelassen. Das ist zwar ehrlich, aber je nachdem wie hoch die Preissteigerung ausfällt, wird die Akzeptanz (auch bei mir) nachlassen. Ich bin das politische Spiel müde. Daher nenne ich das Deutschlandticket (was eigentlich ein guter Name ist) lieber 49 Euro Ticket. Beim Namen Deutschlandticket fällt die angestrebte Preiserhöhung nicht so auf, bei 49 Euro Ticket dann schon.