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Trotz Trumps Schatten – Schottland strahlt in Regenbogenfarben

28. Juni 2025

Nachdem US-Präsident Trump gegen die LGBTQ+-Community zu Felde zieht und viele Firmen eingeknickt sind, wollte ich mal sehen, wie die Stimmung in Schottland zu diesem Thema ist. Ich persönlich halte es wie Friedrich II.: „Jeder soll nach seiner Fasson selig werden.“

In Schottland wird der Christopher Street Day (CSD), im englischsprachigen Raum meist als „Pride“ bezeichnet, in mehreren Städten groß und vielfältig gefeiert. Die beiden größten und bekanntesten Pride-Events finden in Edinburgh und Glasgow statt. Jedes Jahr ziehen diese Veranstaltungen tausende Menschen an und bieten ein buntes Programm mit Paraden, Musikfestivals, Partys und kulturellen Angeboten. Mein Eindruck: Die weltoffenen und sicherlich auch störrischen Schotten lassen sich von Trump nur wenig beirren. Überall wo ich in Schottland ein paar Tage unterwegs war, sind Regenbogenfahnen zu sehen. Und das nicht nur in Geschäften oder Kneipen, sondern auch auf Burgen und Schlössern.

Pride in Edinburgh und Glasgow
In Edinburgh findet die Pride seit 1994 statt und ist damit die älteste kontinuierliche kostenfreie LGBT-Feier Schottlands. Die Parade zieht durch die Innenstadt und wird von zahlreichen Veranstaltungen begleitet, darunter das „Pride Village“ mit Ständen, Diskussionsrunden und künstlerischen Darbietungen. Die Parade startet traditionell am Samstag, führt an zentralen Orten vorbei und endet mit großen Feierlichkeiten, bei denen sich die Community und ihre Unterstützer:innen versammeln. 2025 fand die Edinburgh Pride vom 20. bis 22. Juni statt, mit dem Hauptmarsch am 21. Juni, an dem über 10.000 Menschen teilnahmen.

Glasgow Pride ist ebenfalls ein großes und beliebtes Event, das als das größte LGBTQ+-Festival Schottlands gilt und jedes Jahr tausende Besucher anzieht. Die Parade in Glasgow zieht durch die Stadt und wird von einem zweitägigen Musikfestival begleitet, das nationale und internationale Acts bietet. 2025 beginnt die Glasgow Pride am 19. Juli. Besonders ist, dass auch in kleineren Städten und auf den Inseln Pride-Events stattfinden, was die breite Akzeptanz und Sichtbarkeit der Community in ganz Schottland unterstreicht.

Akzeptanz in der Bevölkerung
Schottland gilt als eines der tolerantesten Länder Europas für LGBTQ+-Personen. Die Akzeptanz in der Bevölkerung ist hoch, was sich in der breiten Teilnahme an Pride-Events, der Unterstützung durch Politik und Wirtschaft sowie in gesetzlichen Fortschritten widerspiegelt. Seit 2014 wird die Gleichstellung von LGBTQ+-Personen aktiv gefördert, und 2021 führte Schottland als erstes Land weltweit LGBTQ+-inklusive Bildung landesweit in den Lehrplan ein. Die schottische Regierung hat zudem Maßnahmen ergriffen, um Barrieren für nicht-binäre und trans Menschen in Bereichen wie Gesundheitsversorgung und Recht abzubauen.

Die Pride-Events sind nicht nur Feiern, sondern auch politische Demonstrationen für Gleichberechtigung und gegen Diskriminierung. Sie werden von vielen Menschen unterschiedlicher Hintergründe besucht, darunter auch Familien, Jugendliche und ältere Menschen, was die breite gesellschaftliche Unterstützung unterstreicht.

Die Toten von Waco vor 30 Jahren und Auswirkungen bis heute

21. April 2023

Nachdenklich wurde ich bei einem Online-Seminar, das ich zusammen mit meinem Kollegen Stefan Preis zum Thema zerrissenes Amerika gehalten habe. Mein Part war die Ereignisse von Jonestown (1978) und Waco (1993) zu rekapitulieren. Beide Ereignisse führten dazu, dass die USA ihre Regulierungen von religiösen Gruppen verschärft und einen größeren Fokus auf den Schutz von Menschenrechten und -freiheiten gelegt haben.

Die Ereignisse zu Waco Texas jähren sich jetzt zum 30. Mal. Ich hab die Ereignisse damals am TV verfolgt. Und wir wurde bewusst, wie sehr dass Misstrauen Teile der US-Bevölkerung gegenüber ihrer Regierung vorhanden sind. Und mir wurde bewusst, wie mit diesem Misstrauen gespielt wird. Trump zündelt wieder mal und seine Aktionen kommen an. Seine erste große Wahlkampfrallye für die kommenden Wahlen führte Trump Ende März nach Waco – also kurz vor dem 30. Jahrestag. Das Drama um die Davidianer sprach er nicht an. Aber er zeigte mit der Wahl des Ortes wohl doch, auf welche seiner Anhänger er nicht verzichten will.

Und mir wird vieles klar: Joe Biden, damals Senator, weist später alle Verantwortung der Regierung im Fall Waco zurück. Koresh und die Davidianer hätten sich selbst angesteckt und Selbstmord begangen. Das sei nicht die Regierung des demokratischen US-Präsidenten Bill Clinton gewesen.

Erinnern wir uns an Waco: Der Vorfall von Waco begann am 28. Februar 1993, als eine Einheit des Bureau of Alcohol, Tobacco, Firearms and Explosives (ATF) versuchte, eine Durchsuchungs- und Verhaftungsbefehl an der Ranch der Davidianer-Gruppe in der Nähe von Waco, Texas, zu vollstrecken. Die Davidianer waren eine religiöse Sekte, die von David Koresh geführt wurde, einem charismatischen Anführer, der sich selbst als den Messias bezeichnete. Die ATF-Beamten glaubten, dass die Davidianer illegal Waffen besaßen und möglicherweise terroristische Aktivitäten planten. Koresh behauptete, der Messias zu sein, und dass er von Gott auserwählt wurde, um die sieben Siegel der Offenbarung zu öffnen. Seine Anhänger glaubten, dass er übernatürliche Kräfte besaß und dass er der einzige Weg zur Erlösung war. Im Februar 1993 stürmte das FBI die Ranch der Branch Davidians in Waco, um Koresh und seine Anhänger wegen des Verdachts auf Waffenhandel und Kindesmissbrauch festzunehmen. Koresh, 33 Jahre alt, hält sich für einen Propheten. Seine Anhängerinnen und Anhänger hat er mit apokalyptischen Prognosen vom nahen Weltuntergang an sich gebunden. Alle Frauen der Gruppe reklamiert er für sich und schwängert sie – auch junge Mädchen.

Die Durchsuchung endete in einem blutigen Schusswechsel, bei dem vier ATF-Agenten und sechs Davidianer getötet wurden. Nachdem die ATF-Einheit besiegt wurde, belagerten FBI-Agenten das Anwesen und begannen einen 51-tägigen Konflikt mit den Davidianern. Während der Belagerung wurde das Anwesen mit lauten Musik und blendenden Lichtern beschallt, um die Davidianer zu desorientieren und zu erschöpfen. Am 19. April 1993 eskalierte die Situation, als das FBI beschloss, eine CS-Gas-Granate in das Anwesen zu werfen, um die Davidianer zur Aufgabe zu zwingen. Der Einsatz von CS-Gas ist umstritten, da es potenziell tödlich sein kann und die Davidianer Kinder im Gebäude hatten. Kurz nach dem Einsatz der Granate brach ein Feuer aus, das schnell das gesamte Gebäude erfasste. Insgesamt starben 76 Menschen bei dem Vorfall, darunter 25 Kinder und David Koresh selbst.

Der Vorfall von Waco löste in den USA und weltweit eine intensive Debatte über die Rolle der Regierung bei der Regulierung von Sekten, religiösen Gruppen und Waffengesetzen aus. Mit den Waffengesetzen hat sich ja nichts getan. Einige kritisierten die ATF- und FBI-Einsätze als übermäßig und unverhältnismäßig, während andere argumentierten, dass die Davidianer eine Bedrohung darstellten und dass die Regierung das Recht hatte, ihre Bürger zu schützen. Einige glaubten, dass die Belagerung und der Einsatz von CS-Gas ein vorsätzlicher Versuch waren, die Davidianer zu töten und zu vertuschen, was tatsächlich geschah. Es wurde auch behauptet, dass die Regierung die Davidianer wegen ihrer religiösen Überzeugungen verfolgte und dass dies ein Verstoß gegen die Religionsfreiheit darstellte. Für den Vortrag hab ich im Netz recherchiert und war erschrocken, welche Rolle Waco noch spielt. Ultrarechte Regierungskritiker, Anhänger des Rechts auf Waffenbesitz und andere selbsternannte Patrioten interpretieren für sich. Für sie war und ist Waco ein Aufruf, gegen die Regierung zu den Waffen zu greifen.

Die Folgen waren heftig: Timothy McVeigh, ein junger Ex-Militär, zündete am zweiten Jahrestag der Tragödie von Waco Bomben vor einem Regierungsgebäude in Oklahoma City. 168 Menschen starben, darunter viele Kinder. Und auch beim Sturm auf das Capitol spielte Waco eine Rolle. Neueste Ereignisse sind die Pentagon Leaks zur Ukraine: Leaker war Jack T.. Der Verräter ist gerade mal 21 Jahre alt. Der Nationalgardist, der US-Geheimdokumente geleakt haben soll, sei ein religiöser Waffenfan – einer, der der Regierung nicht traue, heißt es nach seiner Verhaftung. Sein Misstrauen sei durch ein Ereignis geprägt worden, das Jahre vor seiner Geburt stattfand: die blutige Erstürmung einer Ranch bei Waco in Texas durch die Regierung vor 30 Jahren.

Streaming-Tipp: Bei Netflix gibt es eine interessante Waco-Doku.

Filmtipp: Wrong Turn – The Foundation – natürlich Geschmackssache

27. August 2021

Wer deftige Kost in Sachen Exploitation-Horror mag, der griff seit 2003 zur Wrong Turn-Reihe, wobei die Streifen von Mal zu Mal schlechter wurden. Seit ein paar Wochen ist der Reboot Wrong Turn – The Foundation als Bluray auf den Markt, nachdem Corona den deutschen Kinoeinsatz vereitelt hatte.

Ich hatte Angst, dass ich beim Ansehen von Wrong Turn – The Foundation wieder falsch abbiegen werde und ich mit 110 Minuten üblichen Gore-Effekte und schlechter Inszenierung beschäftigen müsste. Nun, die handgemachten Effekte waren wie zu erwarten zu sehen, aber die Story unter der Regie von „The Domestics“-Regisseur Mike P. Nelson hatte überraschend mehr zu bieten als ich gedacht habe. Nelson liebt das systematische Zerquetschen, Zermanschen, Zerschmettern, Zerdrücken von Körpern, gerne auch den Kopf eines der Darsteller. Alles ohne CGI, klassisch Handmade – die Freunde des Groben kommen auf die Kosten.
Allerdings bietet der Film auf den zweiten Blick mehr als nur brutale Gewalt. Der Film konfrontiert den Zuschauer mit drei unterschiedlichen Gesellschaftssysteme und verzichtet auf die üblichen Kanibalismusinterpretationen von Teil 1 bis 6. Es ist erfrischend zu sehen, wie hier eine Welt des zerreißenden Amerikas beschrieben wird. Trump hat auch im Film seine Folgen. Auf der einen Seite die coolen, hippen Jugendlichen aus der Großstadt, die ein Business auf die Beine gestellt haben und sich gestylt auf eine Wanderschaft machen. Dabei werden auch Themen wie Homosexualität nicht ausgeblendet. Auf der anderen Seite haben wir die Hinterwäldler und das wahre Amerika unter Trump samt Sternenbanner vor der Haustüre. Engstirnige Rednecks, die alles was fremd ist, erst einmal niederknüppeln. Es ist zwar ein bisschen dick aufgetragen, aber wichtig für die spätere Erzählung und den deus ex machina-Komplex. Die Konfrontation der Gesellschaftssysteme kennen wir aus anderen Filmen, aber es ist immer wieder interessant anzusehen. Und dann haben wir das dritte Gesellschaftssystem der so genannten Foundation, einer Gruppe von Separatisten, die den US-Bürgerkrieg nicht mitmachen wollten und ihre eigene Gesellschaftsordnung im tiefen Wald von Virginia geschaffen haben. Die Monster, wie sie uns verkauft werden, sind vielleicht gar keine Monster, sondern haben ein System mit klaren Regeln.

Die Bluray Wrong Turn – The Foundation, die mir vom Verleih dankenswerterweise zur Verfügung gestellt wurde, beginnt mit der üblichen Rotkäppchen-Warnung dieser Art von Filmen. Bleibt auf dem Weg, kommt nicht vom Weg ab, voran sich die Stadtmenschen natürlich nicht halten und die Konflikte mit den Separatisten entstehen. Jeder hat seine eigene Perspektive auf die Sache. Von der Handlung will ich nichts spoilern, aber den Hinweis aussprechen, dass man nach dem unvermeidlichen Carrie-Ende noch am Bildschirm bleiben soll.
Insgesamt für mich ein lohnenswerter Reboot und kein weiteres Reiten eines bereits toten Pferdes der klassischen Reihe. Mal sehen, was die Macher aus Wrong Turn jetzt anstellen. Möglichkeiten für einen weiteren Teil bestehen.

Buchtipp: Shade: A Tale of Two Presidents von Pete Souza

1. Februar 2021

Vor kurzem durfte ich noch ein Webinar zur Amtseinführung des neuen US-Präsidenten Joe Biden durchführen. Zusammen mit ein paar Kollegen diskutierten wir im Auftrag der Hanns-Seidel-Stiftung die Entwicklungen in den USA. Alle waren sich einig, dass die transatlantischen Beziehungen nur besser werden können. Thema war auch die Macht, die der scheidende US-Präsident Donald Trump durch soziale Netzwerke hatte. Nun ist Trump bei Twitter, Facebook und Instagram gesperrt und ich lese, dass die Dokumentation von Trump-Tweets durch dauernde Wechsel im Weißen Haus nicht sichergestellt ist.

Daher habe ich mir ein Buch Shade: A Tale of Two Presidents des ehemaligen WH-Fotografen Pete Souza angesehen. Pete Souza begleitete Barack Obama fotodokumentarisch bereits seit 2005, als dieser im Januar 2005 US-Senator für den Bundesstaat Illinois wurde. Ich sammle ja Bücher über die Fotografen von US-Präsidenten. Pete Souza war bereits zwischen 1983 und 1989 der Cheffotograf von US-Präsident Ronald Reagan.

Als offizieller Cheffotograf des Weißen Hauses verbrachte Pete Souza mehr Zeit an der Seite von Präsident Barack Obama als fast jeder andere. Seine Jahre, in denen er den Präsidenten fotografierte, gaben ihm einen intimen Blick hinter die Kulissen des Amtes des Präsidenten. Sehr gerne schaue ich mir die Fotos an und lerne sehr viel von ihnen für meine eigene Arbeit als Bildjournalist.

Im Hinblick auf mögliche verlorene Tweeds von Trump, hatte 2018 Souza schon eine gute Idee. Er meldete sich mit seinem Buch Shade zu Wort. Es ist ein Porträt in Kontrasten, das die Geschichte der Obama- und Trump-Administration durch eine Reihe von visuellen Gegenüberstellungen erzählt – sehr originell übrigens. Mehr als einhundert von Souzas Bildern von Präsident Obama bekommen hier einen neuen Dreh. Im Grunde ist es eine neue Variante der Resteverwertung. Die Fotos von Shade: A Tale of Two Presidents werden von den Tweets, Schlagzeilen und Zitaten eingerahmt, die die ersten 500 Tage im Weißen Haus von Trump bestimmt haben. Erschreckende Aussagen zum Teil, die für mich den Charakter Trumps offenbaren.


Was mit Souzas Instagram-Posts kurz nach der Amtseinführung von Präsident Trump im Januar 2017 begann, entwickelte sich zu einem starken Kommentar zum Zustand der Präsidentschaft unter Trump. In Shade sind Souzas Fotografien mehr als nur eine Erwiderung auf das Chaos, den Machtmissbrauch und die zerstörerische Politik, die das höchste Amt der amerikanischen Nation bestimmten. Für mich daher ein wichtiger Buchtipp, der Zeiten zeigt, die hoffentlich nicht wiederkommen. Also klarer Buchtipp für Shade: A Tale of Two Presidents

Filmkritik: Rambo: Last Blood

19. September 2019

Ein Mann, ein Messer und John Rambo weiß damit umzugehen. Der neue Rambo: Last blood bietet das, was sich Fans vom alten Sylvester versprechen: brutal, brutaler, John Rambo.

Die Rambo-Filme haben mich Zeit ihres Bestehens auf die Palme gebracht. Jeder Film löste einen journalistischen Beißreflex in mir als Kritiker aus. War Rambo von 1982 noch ein interessantes Vietnam- Erlebnis, versuchten sich Teil 2 und 3 als Propaganda-Inszenierungen für Reagan, einmal Vietnam, einmal Afghanistan und beim Film John Rambo war es dann eben Burma. Und so auch Rambo: Last Blood, der Tuamp in die Hände spielt. Dieses Mal sind es die Mexikaner, die sich als böse Mädchen- und Drogenhändler entpuppen und von unserem Helden abgeschlachtet werden müssen. Während die alten Filme als Comic zu sehen sind (ich hab sie mir als Vorbereitung für den neuen Film bei Netflix angesehen), haben John Rambo und vor allem Rambo: Last Blood das Problem, das sie sich ernst nehmen. Teil 1-3 war Reagan, Teil 5 war Trump und er hat eine gefährliche Botschaft

Zunächst sieht im Film alles prima aus. Rambo wohnt auf der Farm des Papas in Arizona, das wissen wir aus dem Film John Rambo. Rambo hat aber ein Rad ab und haust in einem Tunnelsystem. Die Tunnelratte Rambo macht auf Familie, erleidet einen Rückschlag, tickt aus und räumt dann rücksichtslos auf. 

Ich sah im Kino Brutalität pur. In alten Zeiten wäre Rambo: Last Blood sofort auf den Index gekommen. Es ist ein systematisches Abschlachten, Meucheln, Killen, Zerquetschen, Verbrennen, Zerlegen und Ermorden der Gegner mit mehr oder weniger ausgefallenen Methoden  wie Sprengladung, Schusswaffe, Eisenstange, Messer und Pfeil & Bogen. 

Zunächst fragte ich mich, ob Rambo die Todesrate des Vorgängerfilms von 236 Toten einholen wird. Aber nein, in Rambo: Last Blood sind es (etwas) weniger Tote, aber der Tod kommt brutaler daher und findet seinen Höhepunkt bei der Entnahme des Herzens bei lebendigem Leibe. Freunde der menschlichen Anatomie kommen auf ihre Kosten. 

Und der Film selbst 

War Rambo nun ein guter Film? Handwerklich lässt sich kaum etwas meckern. Regisseur Adrian Grunberg hat einen soliden Film gemacht. Herausragend ist der Score von Brian Tyler, der bereits John Rambo vertonte und die wesentlichen Themen von Jerry Goldsmith aufnahm und in die moderne Zeit transferierte. Leider wird der Score bisher nur als Download angeboten. 

Und ein ernstzunehmender Schauspieler wird Stallone auf seine alten Tagen nicht mehr mehr. Er spielt allerdings seine Rolle des verzweifelten und gepeinigten Rächers überzeugend und Fans werden ihre Freude haben. Schauspielkunst gibt es nicht zu sehen. Die Personen agieren im Rahmen ihres Klischees. 

Die größte Schwäche des Films ist aber das Drehbuch von Matthew Cirulnick und Sylvester Stallone. Rambo: Last Blood braucht eine geschlagene halbe Stunde, um in die Gänge zu kommen. Das Intro der Rettungsmission erinnert schön an die Menschenjagd in Rambo 1 mit Regen und Wind, spielt aber im weiteren Film keine Rolle mehr. Erst Regen und Sintflut und ab in die Wüste von Arizona.  

Eine mexikanische Journalistin darf später auch kurz helfen, spielt dann auch wieder keine Rolle mehr und fällt aus dem Drehbuch. Dann haben sich die  Drehbuchautoren ein wenig an den alten Hitchcock erinnert und bauen für jugendliche Zuschauer die Geschichte des Teenager-Mädchens aus, die dann nach der Hälfte des Films stirbt. Aber seien wir doch mal ehrlich: Wer hat sich bei Rambo schon je um die Story gekümmert?

Ach ja, dann beginnt die blutige Rache von Rambo, das wollen wir eigentlich sehen. Denn im letzten Drittel geht ans Töten. John Wick erblasst und kann bei John Rambo noch was lernen. Rambo gibt Nachhilfeunterricht. Es kommt das alte Testament ins Spiel – Auge um Auge – Zahn um Zahn und am Ende von ein wenig Hosentaschenphilosophie für Arme. Stallone sagte unlängst, dass er gerne aus Rambo eine Reihe machen will. Wir sind ja inzwischen bei Teil 5. Kann er, wird er, aber muss er wirklich?