Posts Tagged ‘Total digital’

Gebrauchte eBooks dürfen nicht weiterverkauft werden – warum eigentlich?

27. Dezember 2019

Ich liebe Bücher, nein genauer: Ich liebe Inhalte – in welcher Form mir ein Inhalt dargeboten wird, ist mir in der Regel egal. Da bin ich flexibel. Ich lese Romane und Fachbücher in der Regel am Kindle, bildgewaltige Kunstbücher in der Regel aus Papier.

Der goldene Handschuh ist prima als eBook, aber weiterverkaufen darf ich ihn nicht.

Der goldene Handschuh ist prima als eBook, aber weiterverkaufen darf ich ihn nicht.

Aber ich merke, wie stark der Lobbyismus von Verlagen in unserer Gesellschaft ist. Der Europäische Gerichtshof hat unlängst geurteilt (Az. C-263/18): Gebrauchte E-Books dürfen nicht weiterverkauft werden.
Ich halte mich mit einer Richterschelte zurück, aber dennoch passt so ein Urteil nicht in ein digitales Zeitalter. Anlass für diese Urteil war eine Klage der niederländischen Verlegerverbände Verlegerlobbys NUV und GAU, die gegen die niederländische Firma Tom Kabinet geklagt hatte. Diese betreibt nach Nicholas Negropontes Idee Total digital einen Marktplatz für gebrauchte E-Books. Negroponte schrieb schon 1995 in seinem Buch Total digital/being digital den für die Digitalwirtschaft wichtigen Satz „move bits, not atoms!“
Das Urteil des EuGH ist für mich ein Rückschritt in analoge Zeiten. Die Weitergabe entspreche einer öffentlichen Wiedergabe, die eine Zustimmung der Urheber voraussetzt.
Damit kann der Börsenverein des deutschen Buchhandel zum Jahresende ein Fass aufmachen und feiern. Die Entscheidung sei ein großer Erfolg, „denn sie sichert ein faires Urheberrecht“, erklärt Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins. Seine ausführliche Begründung: „Das Urteil ist somit ein wichtiges Zeichen für alle Rechteinhaber und Anbieter digitaler Medien und die gesamte Buch- und Kreativbranche. Es ermöglicht Verlagen und Händlern, weiter an innovativen Geschäftsmodellen mit digitalen Medien zu arbeiten, wovon letztlich die Verbraucher profitieren. Anders als physische Medien können digitale Inhalte praktisch unendlich vervielfältigt und weitergegeben werden, ohne sich jemals abzunutzen. Der Primärmarkt etwa für E-Books und Hörbücher würde komplett zerstört werden, wenn es einen legalen ‚Gebrauchtmarkt‘ für sie gäbe.“

Schon 2015 urteilte ein deutsches Gericht so und ich habe darüber gebloggt.
Doch leider sehe ich keine „innovativen Geschäftsmodellen mit digitalen Medien“ von denen der Lobbyist da spricht. Es ist analoges Denken in einer digitalen Welt. Ich frage mich, welche berechtigten Interessen beim Urheber verletzt werden, wenn die Lizenz einfach den Besitzer wechselt?
Ich kann auch keine Lösung anbieten, stelle aber fest: Meine gedruckten Bücher kann ich nach dem Lesen in öffentliche Bücherschränke einstellen, an Freunde verschenken oder am Flohmarkt oder Online-Marktplätzen versilbern. Bei digitalen gekauften Inhalten wie Musik, Filme, Spielen, Hörbücher und eben eBooks geht das nicht. Wenn ich diesen Content nicht mehr mag, bleibt nur das Löschen. Mit dem Kauf des E-Buches habe ich aber das Recht erstanden, es jederzeit lesen zu können. Wenn ich dieses Recht nicht mehr benötige, dann muss ich es auch verkaufen können.
Wo ist hier eine Lösung? Was ist eure Meinung?

Ippen weckt Ängste

17. März 2009

Der Münchner Merkur ist eine konservative Heimatzeitung in Oberbayern, die ihre Auflage vor allem in den Landkreisen um München macht. Verleger dieser Zeitung ist Dirk Ippen, ein Verleger aus Westfalen, der den Merkur von einem verschlafenen Blatt nach vorne gebracht hat. „Tippen für Ippen“ hieß es immer wieder unter Journalistenkreisen. Der Herr Verleger hat auch eine Kolumne in der Zeitung, die er früher auch im Web publizierte. In seiner jüngsten Samstagskolumne setzt sich Ippen mit einer schönen, neuen Welt ohne Bücher auseinander. Er betrauert eine Welt ohne Papierbücher, die durch Amazons Kindle und Sony E-Book-Reader entstehen wird. Man könne künftig keine Fragen beantworten in der Art: Welche drei Bücher nehme ich auf eine einsame Insel mit.

Ippen ist geschickt und appelliert an die Ängste seines älteren Zielpublikums, das eine Welt ohne Bücher auf sich zukommen sieht, nach dem Motto: Früher war alles besser. Sicherlich, der Zeitungsmann Ippen muss so argumentieren, denn auch eine Zeitung ist im modernen Zeitalter in Gefahr. Die Kosten laufen davon, denn Werbeeinnahmen gehen zurück: Der Ippen-Konzern hat den Weg Richtung neuer Medien besser in Angriff genommen als so mancher andere verschlafene Zeitungsverlag. Trauer.de und andere Plattformen sind dazu Beispiele. Daher muss Ippen in seiner Kolumne kein falsches Spiel führen und Ängste wecken. Das hat er eigentlich nicht nötig.

Er weiß, dann kein Medium ein anderes komplett ersetzt hat: Theater gibt es trotz Kino weiterhin, Kino weiterhin trotz DVD. Das Trägermedium wechselt, heiß es Schellack, Schallplatte, CD oder mp3 – die Musik bleibt die gleiche. Genauso ist es mit der Information. Nachrichten will der Leser, sei es in dem Flugblatt des Mittelalters, der Zeitung oder der Website. Das gilt für Bücher ebenso. eBooks werden das gedruckte Buch nicht ersetzen, aber der Vertrieb von Büchern wird sich ändern.

Auch Ippen muss den Klassiker (als Buch) kennen von Nikolas Negroponte: Total digital. Darin beschreibt der ehemalige Leiter des MIT, dass alles was digital vertrieben wird, auch künftig so vertrieben wird. Ich habe dazu bereits gebloggt. Und Ippen wäre kein guter Geschäftsmann (was er zweifelsohne ist), wenn er nicht nach neuen preiswerteren Distributionswegen sucht. Also lieber Dr. Ippen, vielleicht weniger zurückschauen, also vielmehr nach vorne und nehmen Sie hier Ihre älteren Leser auf die spannende Reise mit. 

Total digital – danke Nikolas

30. Juli 2008

Kennen Sie Nikolas Negroponte? Das ist kein neuer Grieche aus der Innenstadt, sondern der ehemalige Leiter des MIT. Heute ist er vor allem bekannt, weil er den 100 Dollar Computer auf den Markt gebracht hat, um die Dritte Welt IT-mäßig an die erste Welt heranzuholen. Eben dieser NN hat vor über zehn Jahren ein Buch mit dem Titel „Total digital“ geschrieben. Und es hat die digitale Welt verändert. Die Kernaussage: „Don´t move atoms, move bytes!“ Auf gut Deutsch übersetzt: „Alles was du digital vertreiben kannst, wird künftig digital vertrieben.“ Was haben wir damals gelacht und den Kopf geschüttelt: Fotos, Filme, Musik durchs Netz senden und das mit der Geschwindigkeit meines 28.800-Modems. Gerade hatte ich den Akustikkoppler ausgemustert. WOW, Nikolas hatte Recht. Der Computer wurde zum digitalen Hub, wie Steve Jobs von Apple ihn bezeichnet. Rechner stehen heute überall im Hause, der Server kommt in den Keller. Das WLAN reicht in den Garten, um den Kindern im Sandkasten zuzuschauen. Heute kaufe ich meine Musik über Amazon oder gleich über iTunes, in iStockvideo verkaufe ich meine Videos und vertreibe über Fotolia und iStockphoto meine Fotos. Flickr und andere Web 2.0-Plattformen haben mein digitales Leben revolutioniert. Danke Nikolas für deine Idee und deine Inspiration. Du hast mich aus meinem Trott gerissen und wach gerüttelt.