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Alles Gute zum 100. Geburtstag Wolfgang Wagner

30. August 2019

Am 30. August wäre der Patriarch vom Grünen Hügel 100 Jahre alt geworden: Wolfgang Wagner. Der jüngste Enkel Richard Wagners, leitete die Bayreuther Festspiele fast 60 Jahre und prägte diese Institution der deutschen Hochkultur wie kein anderer als Intendant, Regisseur und Bühnenbildner. Er war das dritte Kind von Siegfried und Winifred Wagner, ein Enkel von Richard Wagner und ein Urenkel von Franz Liszt.

Respekt für Wolfgang Wagner
Respekt zolle ich Wolfgang Wagner, als er als Festspielleiter seiner Mutter Winifred Wagner den Zutritt zu den Festspielen untersagte. Winifred war dem Nationalsozialismus verfallen und schwor auch nach dem Krieg Hitler und seiner Ideologie nicht ab. Es gibt einen hervorragenden Dokumentarfilm von 1975 des großen Hans-Jürgen Syberberg Winifred Wagner-Die Geschichte des Hauses Wahnfried 1914-1975. In diesem fünfstündigen sehenswerten Filminterview, das unter dem Titel Winifred Wagner und die Geschichte des Hauses Wahnfried 1914–1975 in die Filmgeschichte einging, wollte Winifried nicht abschwören und sagte: „Also, wenn heute Hitler hier zum Beispiel zur Tür hereinkäme, ich wäre genauso fröhlich und so glücklich, ihn hier zu sehen und zu haben, als wie immer …“ Mir lief bei dieser Szene es kalt den Rücken herunter. Wolfgang Wagner ging dies auch zu weit und schloss seine eigne Mutter vom Geschehen am Grünen Hügel aus – richtig gemacht.

Schonungsloses Interview eines Wagner-Fans.

Schonungsloses Interview eines Wagner-Fans.

Wagner auf Laserdisc
Heute besuche die Festspiele in Bayreuth, wann immer ich die Möglichkeit habe und Karten bekomme. Ich bin vom Wagner-Virus befallen. Inszenierungen von Wolfgang Wagner habe ich nie in Bayreuth live gesehen. Das erste Mal bin ich auf Wolfgang Wagner durch die Aufnahmen des Jahrhundertrings gestoßen. Mir haben die Inszenierungen sehr gut gefallen, so dass ich als Jugendlicher in Laserdiscs investiert habe. Später habe ich die DVD-Version zu Weihnachten bekommen.

Mein Einstieg zu Wolfgang Wagner

Mein Einstieg zu Wolfgang Wagner

Geschichtswälzer
Dieses Jahr hatte ich das Glück bei der Premiere von Tannhäuser dabei zu sein. Meine Frau reiste ein paar Tage früher an und traf im Hotel Opel in Heinersreuth Oswald Georg Bauer. Er war die rechte Hand von Wolfgang Wagner und koordinierte die Medienarbeit der Festspiele. Meine Gattin erhielt ein Autogramm für mich, dass heute bei mir im Arbeitszimmer hängt.
Gerne hätte ich mich mit Oswald Georg Bauer unterhalten. Ich hatte ihn nie bei seiner Arbeit angetroffen, aber ich habe sein Buch Die Geschichte der Bayreuther Festspiele: Band I: 1850–1950 und Band II: 1951–2000 verschlungen. Die beiden kiloschweren Wälzer bieten zum ersten Mal die vollständige Geschichte der Bayreuther Festspiele. Wer sich für Wagner, die Festspiele und die Inszenierungen interessiert, kommt nicht umher, in diese beiden Bücher zu investieren. Die Bücher quellen über vor Detailwissen – das war mir bei der einen oder anderen Inszenierung sogar ein wenig zuviel. Was aber kein Vorwurf an Bauer ist. Die Fotos sind einmalig und in einer solchen Fülle, dass es eine Freude ist, die Bücher als Coffeetable-Book zu nehmen und immer wieder zu blättern. Hier wird Oswald Georg Bauer sicher vom Stuhl fallen, wenn ich bei einem schönen Glas Rotwein die Musik von Wagner und sein Buch genieße. Wer sich wissenschaftlich dem Phänomen Bayreuth näher will, der wird hier fündig.

Standardwerk mit Autogramm

Standardwerk mit Autogramm

Und sein Bruder Wieland Wagner
Bereits 2017 erschien ein das Buch Wieland Wagner: Revolutionär und Visionär des Musiktheaters, verfasst von Till Haberfeld und Oswald Georg Bauer, das einen sehr guten Überblick über das Werk von Wolfgang Wagners Bruder zeigt. Mit der Wiederaufnahme der Bayreuther Festspiele im Jahr 1951 begann die bedeutende Epoche von »Neu-Bayreuth«, die von Wieland Wagner wesentlich geprägt war. Mich haben vor allem die Bilder von den großformatigen Inszenierungen interessiert und begeistert. Damit schuf Wieland Wagner einen komplett neuen Stil in Bayreuth. Dieses Buch lässt mit eindrucksvollen Bildern seiner kühnen Inszenierungen das Wirken Wieland Wagners wieder lebendig werden.

In diesem Sinne alles Gute Wolfgang Wagner zum 100. Geburtstag. Ich werde den Tag mit der Musik Richard Wagners verbringen.

Persönlicher Nachruf auf George R. Romero

17. Juli 2017
George R. Romero ist tot und ich mache einen Nachruf.

George R. Romero ist tot und ich mache einen Nachruf.

Ein großartiger Filmemacher war George R. Romero für mich nicht gewesen, aber er war ein verdammt wichtiger Filmemacher. Er spielte nie in der Liga eines Kubrick, Spielberg oder Hitchcock. Und doch: Ohne ihn gäbe es keine filmische Aufarbeitung der US-amerikanischen Rassenfrage im Horrorfilm. Und wenn Romero nicht gewesen wäre, dann hätten wir keine Konsumkritik in den Siebzigern und Achtzigern führen können. Seine Filme waren einen Szenepublikum vorbehalten, das treu dem Meister zur Seite stand und immer wieder in seine Filme ging. Das breite Publikum erreichte er nicht.
George R. Romero sorgte dafür, dass der Horrorfilm blutig wurde. Was schreibe ich blutig? Er war der Wegweiser des Splatter- des Gore-Filmes. In seinen Filmen ging es richtig zur Sache: Da zerplatzen Köpfe, Gliedmaßen wurden abgetrennt, Augen quollen heraus – ach ja, ohne George R. Romero hätte es die Gewaltdebatte im Videofilm nicht gegeben und die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften (wie die Behörde damals hieß) hätte weniger zu tun gehabt. Nach George R. Romero folgten die italienischen Vertreter des Genres, allen voran Lucio Fulci, die uns ihre preiswertere Version der Zombie-Saga erzählten wollten und Kasse machten.
Ohne George R. Romero hätte es fernsehtauglichen Zombie-Versionen nicht gegeben. Die Brutalität von Walking Dead ist um ein vielfaches höher als bei Dawn of the Dead und dennoch waren George R. Romeros Filme immer wieder ein Opfer der Zensur. Es wurde geschnitten und verstümmelt. Ich besorgte mir Schnittberichte und verglich Laufzeiten. Es war ein Aufwand, die Originalversionen zu erhalten. Es war immer schwer, an seine Filme in einer umgeschnittenen Version heranzukommen. Es gab und gibt gute Bezugsquellen in Österreich, die ich nutze. Mein erster Kontakt zu George R. Romero war eine Laserdisc von Dawn of the Dead von 1978, die ein Kumpel anschleppte. Im Kino hatte ich Dawn of the Dead nicht gesehen. Ich stand zwar vor dem Kinoplakat vor dem Capitol-Kino meiner Heimatstadt Fürstenfeldbruck mit der theatralischen Aufschrift „Wenn in der Hölle kein Platz mehr ist, dann kommen sie zurück auf die Erde.“ Das reizte mich schon. Aber ich war zu jung, die Kontrollen waren zu streng und das Internet gab es noch nicht. Der erste Romero-Film für mich war übrigens Crazies, den ich als 16 mm-Kopie in einem Filmclub sah. Noch ganz ohne Zombies, aber mit einem guten Thema der Umweltzerstörung und die Folgen auf eine Kleinstadt.
Im Laufe der Jahre schaute ich mir all seine Living-Dead-Filme an. 1985 „Zombie 2“ („Day of the Dead“); 2005 „Land of the Dead“; 2007 „Diary of the Dead“; und 2009 „Survival of the Dead“. Der Reiz an Gore-Effekten ließ nach und ich interessierte mich mehr für die Inhalte. Und da erkannte ich für mich, welch guter Film Die Nacht der lebenden Toten ist. Preiswert in schwarzweiß gedreht ging der Film dem Zuschauer an die Nerven und griff eine Diskussion über Rassismus auf. Kein Wunder, dass die Nacht der lebenden Toten heute als Kunst gilt und in das Museum of Modern Art wanderte.
George Romero starb im Alter von 77 Jahren an den Folgen einer kurzen, aber schweren Lungenkrebserkrankung.