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Online-Wahl – warum eigentlich nicht?

30. April 2024

Nach der Landtagswahl 2023 in Bayern bin ich auch Wahlhelfer bei der Europawahl im Juni 2024 in meiner kleinen Wohngemeinde in Oberbayern. Ich hab mich freiwillig gemeldet und werde als Demokrat aktiv wählen und die Stimmen mitauszählen. Über meine Eindrücke habe ich damals gebloggt.
Bei uns hatten viele Bürgerinnen und Bürger die Briefwahl genutzt, auch ich. Früher hatte ich am Wahltag einen Spaziergang zum Wahllokal gemacht und dort meine Stimme abgegeben. Gerade bei den Kommunal- und Landtagswahlen wollte ich mir in Ruhe die Kandidatenliste ansehen und dann entscheiden, bei wem ich mein Kreuz mache. Den aktiven Besuch des Wahllokals empfinde ich aber nachwievor als demokratischen Akt, den ich nicht missen möchte.

Allerdings mache ich mir als digitaler Mensch auch Gedanken über eine digitale Stimmabgabe. Und scheinbar bin ich hier nicht allein, wie eine neue Umfrage der Bitkom zeigt.
60 Prozent hätten gern die Möglichkeit, ihre Stimme auch online abzugeben. Vor allem Jüngere interessieren sich für die Online-Wahl: Unter den 16- bis 29-Jährigen hätten 73 Prozent gern diese Möglichkeit. Bei den 30- bis 49-Jährigen sind es 71 Prozent, bei den 50- bis 64-Jährigen 61 Prozent. Skeptischer sind die Älteren ab 65 Jahren, aber selbst unter ihnen hätten 38 Prozent gerne die Möglichkeit der digitalen Stimmabgabe. Das sind Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage des Digitalverbands Bitkom unter 1.005 Personen in Deutschland ab 16 Jahren. „Die größte Wählergruppe sind oft die Nichtwähler. Die Möglichkeit zur digitalen Wahl würde die politische Partizipation steigern. Insbesondere jüngere Menschen ließen sich durch ein sicheres und vertrauenswürdiges Online-Verfahren besser abholen“, sagt Bitkom-Präsident Dr. Ralf Wintergerst.

Heftig und mir völlig unverständlich sind Ausgaben, sich nicht an der demokratischen Wahl zu beteiligen. Gefragt nach der anstehenden Europa-Wahl am 9. Juni geben lediglich 33 Prozent der Wahlberechtigten an, dass sie „auf jeden Fall“ wählen gehen wollen. Dazu gehöre ich, denn nur wer aktiv wählt, der stärkt die Demokratie.

26 Prozent beantworten die entsprechende Frage mit „eher ja“. 22 Prozent tendieren mit „eher nein“ zum Nichtwählen, weitere 15 Prozent schließen ihre Teilnahme an der Wahl bereits jetzt kategorisch aus.

Würde die Möglichkeit zur Online-Wahl einige Nichtwähler umstimmen können? – Ja, wie die Befragung weiterhin zeigt. Jeder und jede zehnte Wahlberechtigte (10 Prozent), der bzw. die bei den Europawahlen derzeit nicht abstimmen will, würde bei einer Online-Wahl „auf jeden Fall“ ihre Stimme abgeben. Weitere 26 Prozent antworten auf diese Frage mit „eher ja“, 22 Prozent mit „eher nein“. Nur jeder und jede Dritte (34 Prozent) bleibt unter allen Umständen bei der Nichtwahl. „Große Teile des Lebens haben sich in den digitalen Raum verlagert. Digital wählen, das sollte auch in Deutschland möglich sein“, betont Wintergerst. „Mit Online-Wahlen, wie sie in anderen Ländern längst Standard sind, könnten wir die Demokratie beleben und Staat und Politik näher zu den Menschen bringen.“

Mein Abend als Wahlhelfer

9. Oktober 2023

Nach vielen Jahren Pause war ich wieder Wahlhelfer bei der Landtags- und Bezirkswahl in Bayern. Ich hatte mich bei meiner Gemeinde Maisach vor Monaten im Wahlamt als Beisitzer gemeldet und zunächst sah es so aus, dass ich gar nicht zum Zuge kommen würde. Aber je näher der Wahltermin rückte, desto mehr Freiwillige sprangen ab, wurden wohl krank und ich rückte nach. Für mich ist die Wahl selbst und auch das Auszählen der Stimmen ein Akt von lebendiger Demokratie, die mir doch sehr am Herzen liegt.

Ich war für das Auswählen im Briefwahlbezirk BW 021 eingeteilt. Um 16 Uhr sollte ich Erscheinen und es wurde schnell klar, dass die Bürgerinnen und Bürger gerne per Briefwahl ihre Stimmen abgeben wollten. Die Umschläge waren in zwei grauen Plastikurnen verschlossen und warteten darauf, ab 18 Uhr geöffnet und ausgezählt zu werden. Wir hatten etwas über 400 Umschläge zu öffnen.

Bis es soweit war, gab es eine fachkundige Einweisung durch Tobias Ottillinger und seinen Stellvertreter Michael Andermann. Ruhig, ohne Aufregung, aber höchst professionell wurden das Vorgehen für die nächsten Stunden durchgesprochen. Wichtigster Satz: „Keine Hektik, immer Ruhe bewahren und konsequent arbeiten.“ Zuerst die Stimmen zur Landtagswahl, dann die Bezirkswahl.

Immer wieder verirrten sich Wähler in unseren Auszählraum, um ihre Stimme abzugeben. Wir waren in der Turnhalle I der Grundschule untergebracht. Aber die Stimmabgabe mit den Wahlkabinen war in anderen Gebäuden der Gemeinde untergebracht. Aus Tradition kamen die Wählerinnen und Wähler allerdings in unsere Turnhalle, wo wir sie wieder wegschicken mussten. Auf der Wahlbenachrichtigung stand der genaue Ort der Stimmabgabe, bei manchen kam Google Maps dann zum Einsatz, um über die Straße zu gehen.

Die Gemeinde Maisach hatte uns gut präpariert, nur noch ein paar Kugelschreiber mussten aufgetrieben werden, was aber kein Problem war, denn das Rathaus als Schaltzentrale liegt um die Ecke. Als Proviant gab es Müsliriegel und Salzbrezn sowie Mineralwasser.

Gegen 17:30 Uhr schaute Bürgermeister Hans Seidl herein, danke für das Engagement und hatte den einen und anderen aufmunternden Spruch auf Lager. Als Rathauschef lastet ein Druck auf ihn, dass die Wahl reibungslos abläuft, aber Seidl strahlte Ruhe und Routine aus. Um 17:54 Uhr kam übrigens der letzte Wähler mit Kinderwagen in unseren Auszählraum. Ob er es noch rechtzeitig zur Stimmabgabe in seinem Wahllokal geschafft hat, entzieht sich meiner Kenntnis. Aber kurz vor knapp zur Wahl zu gehen, ist für mich persönlich auch ganz schön mutig.

Dann zeigte die Turnhallenuhr 18 Uhr und dann begann für mich die große Überraschung. Während ich am Smartphone auf die erste Hochrechnung zur Landtagswahl starrte, wollten andere den Spielausgang zwischen FC Bayern und Freiburg wissen. Bayern gewann übrigens 3:0.

Dann ging es konsequent an die Arbeit. Wahlscheine und Stimmzettel in Zehnerstapel abzählen und stapeln. 408 Umschläge waren es bei uns. Erst die kleinen und dann die großen Umschläge und genau zählen. Gegenchecken und gegebenenfalls nochmals zählen. Gerade bei den großen Stimmzetteln musste der Überblick gewahrt werden, ob nicht zwei oder mehr Stimmen auf Zettel abgegeben wurden. Es galt ja: Eine Stimme pro Wahlzettel. „Keine Hektik, immer Ruhe bewahren und konsequent arbeiten“, hatte unser Wahlleiter Tobias Ottillinger ausgegeben und recht behalten. Eine ungültige Stimme war dabei. Auf dem Hallenboden der Turnhalle wurden die Stimmzettel nach Parteien sortiert, nochmals gezählt und dann begann das Auszählen der großen Bögen, erst Landtagswahl, dann Bezirkswahl.

Gegen 22:45 Uhr waren wir fertig. Alles kontrolliert und zu Protokoll gegeben. Die Stimmzettel wurden in braune Papiersäcke gepackt und versiegelt. Ottillinger und Andermann überprüften die Siegel, alles wurde zusammengepackt und die Kolonne brach in Gänsemarsch zum Rathaus auf, um dort unsere Unterlagen abzugeben. Damit war es aber noch nicht zu Ende. Unsere Daten wurden nochmals vom Wahlleiter überprüft, in den Rechner eingegeben und an das Landratsamt gemeldet. Erst dann waren wir entlassen – für diese Wahl. Um 23:30 Uhr war ich zu Hause.

Nach der Wahl ist vor der Wahl. Die Europawahl ist am Sonntag, 9. Juni 2024. Erstmals können auch Unionsbürgerinnen und -bürger wählen, die am Wahltag das 16. Lebensjahr vollendet haben. In Deutschland gibt es mehr als 66 Millionen Wahlberechtigte, EU-weit sind es rund 350 Millionen Wahlberechtigte. Bei uns in Maisach werden es ein paar weniger sein. Ich hab mir den Termin auf jeden Fall im Kalender geblockt, vielleicht braucht man mich wieder.

Heute sind bei uns endlich die Wahlen für Landtag und Bezirkstag

8. Oktober 2023

Ich sag es ganz ehrlich: ich bin früh, wenn heute der Landtag und Bezirkstag in Bayern gewählt sind. Persönlich fand ich den Wahlkampf stressig, aggressiv und extrem populistisch – und dies heftiger als in den Jahren zuvor. Aber der Wahlkampf hat auch seine guten Seiten. Für heute bitte ich meine Leser aufrichtig zur Wahl zu gehen und eine demokratische Partei zu wählen. Die Schreihälse auf der linken und rechten Seite bieten keine Lösung für unser Land an.

Ich bin heute als Wahlhelfer eingeteilt und wir werden viel zu tun haben. Ich soll mithelfen die Briefwahl auszählen. Das waren früher wenig Bögen. Im Moment höre ich, dass die Anzahl der Briefwähler deutlich zugenommen hat. Auch meine komplette Familie hat Briefwahl gemacht. Das liegt sicher auch an der Größe der Stimmzettel, die nicht auf meinem Schreibtisch passen. Ich habe daher auf dem Fußboden meine Stimme abgegeben.

Interessant wird das Auszählen bei der Größe der Stimmzettel. Es darf ja nur pro Zettel eine Stimme abgegeben werden. Da muss ich als Wahlhelfer sehr aufmerksam sein. Aber die alten Hasen im Wahlausschuss meiner Gemeinde werden mich sicherlich gut einweisen. Und ich bin natürlich gespannt, wie es bei uns in Bayern ausgehen wird.

Zusammen mit meinem Kollegen Thomas Gerlach habe ich im Auftrag der Franken-Akdemie einen Videopodcast gestartet, bei dem es um die Landtagswahl, Demokratie und Technik geht. Würde mich freuen, wenn unser digitaler Diskus ein wenig Beachtung findet.

Angenehm empfand ich, dass im Wahlkampf die Damen und Herren Volksvertreter immer wieder anzutreffen waren. Soviel Präsenz ist man gar nicht gewöhnt und auch die Social Media-Berichterstattung war enorm. Ich meine nicht, die hirnlosen Postings Wählt mich oder Beide Stimmen der Partei A, B oder C. Ich meine das intelligente Storytelling, das immer wieder zu sehen war. Ich prophezeie, dass dies schlagartig nach der Wahl vorbei sein wird, egal ob Kandidatin oder Kandidat gewählt wurde oder nicht. Die Kommunikation wird sicherlich deutlich heruntergefahren und das empfinde ich als schade, denn diese Art der Kommunikation mit dem Volksvertreter halte ich für sinnvoll.

Gedanken zum Weltkindertag

20. September 2023

Heute ist Weltkindertag und ich bin sehr stolz auf meine beiden Kinder K1 und K2. Jeder macht seinen Weg und wir als Eltern sind verpflichtet ihnen beizustehen, wenn sie Hilfe brauchen.

Gerade komme ich von der Versammlung des Vereins Aktion Pit Togohilfe bei dem ich Mitglied bin und zwei Patenkinder in Togo unterstütze. Der Verein baut Schulen und Kindergarten, sorgt mit Partnern vor Ort für Gesundheit und hat auch eine Schulspeisung in der Togo eingerichtet, damit die Kinder in einem der ärmsten Länder dieses Planeten auch eine Chance in ihrem Land haben. Aktion Pit Togohilfe vermittelt auch Patenschaften und ich garantiere, dass das Geld dort ankommt und nicht auf der Strecke bleibt und in Verwaltung versickert. Im Moment sind es rund 850 Patenschaften. Afrika sitzt auf gepackten Koffern und wenn wir es nicht schaffen, gemeinsam mit den Menschen die Probleme des schwarzen Kontinents zu lösen, dann hat Europa ein Problem. Rechte Parteien zündeln auf Kosten der Kinder vor Vorfeld der Landtagswahl.

„Gebt den Kindern das Kommando“ nuschelt einst der Herbert ins Mikrofon und wenn die Kinder dann mit Schulstreik und Klimastreik auf ihre Zukunft aufmerksam machen, dann ist es auch nicht richtig. Die Lage ist schon verzwickt. Die Herausforderungen sind überall. Es braucht einen Dialog der Generationen und es braucht wieder ein gegenseitiges Zuhören. Zum Weltkindertag genieße ich die Temperaturen und hänge meinen Gedanken nach. Und ich freue mich, dass ein Bäckerei-Kunde von mir den Tag genutzt hat und jedem Kind ein Breznherz überreicht hat, wenn es die Bäckerei besuchte. Es sind auch die kleinen Gesten die zählen.

Bayerns Gastwirte fordern weiterhin 7 % Mehrwertsteuer auf Speisen

14. September 2023

In Bayern ist am 8. Oktober Landtagswahl. Verbände und Lobbyisten klappern jetzt die Parteien ab und stellen ihre Forderungen auf. Ich hab mir den Wahl-Talk des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga im Münchner Gloria Palast angesehen und ein bisschen zu netzwerken.

Hauptthema der Gastronomen war die Beibehaltung der 7 Prozent Mehrwertsteuer auf Speisen. Die Regelung gilt bis Jahresende und dann soll die Mehrwertsteuer wieder auf 19 Prozent steigen. Das war von der Vorgängerregieung in Berlin als Corona-Stütze so beschlossen und nun läuft es aus. Mit Unterschriftenaktionen, T-Shirts, Argumenten zieht Dehoga in den Kampf und mobilisiert die Anhänger. Wenn die 19 Prozent wieder kommen, dann werden Gasthäuser sterben, dann geht die bayerische Kultur zu Grunde, dann gehen Arbeitsplätze verloren. Irgendwie droht der Untergang des Abendlandes, so mein Eindruck. Die Veranstaltung in München war gut besucht und Interessierte auch via Zoom daran teilnehmen. Für mich übrigens eine wunderbare Aktion, wie Kino als Community auch genutzt werden kann.

Zumindest im Gloria-Palast hatten die Gastronomen die Politiker hinter sich. Unter der Moderation von Jetzt red I-Moderator Tilmann Schöberl stellten sich alle anwesenden politischen Diskutanten hinter die 7 Prozent-Forderung.

Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber, MdL (CSU), Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger, MdL (Freie Wähler), FDP-Landesvorsitzender Martin Hagen, MdL, Gisela Sengl, MdL (BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN), SPD-Stadtratsmitglied Lars Mentrup und Franz Bergmüller, MdL (AfD). Für die Ampel-Vertreter war die Argumentation: Wenn Lindner zustimmt, dann bleibt es bei den 7 Prozent. Die mögliche Zustimmung des Finanzministers hat Lindner nach der Veröffentlichung der Steuerschätzung festgemacht, die allerdings nach dem bayerischen Wahltermin liegt und somit einen gewissen Druck auf die Ampel-Vertrteter aufbaut.

Mit allerlei Infomaterial untermauert der Gaststättenverband seine Forderungen. Es wurde eine schön gemachte Broschüre mit dem Titel Sieben Wahrheiten aufgelegt und zusammen mit einem Positionspapier zu Wahl im Kino ausgelegt. „Unsere neue Publikation „Sieben Wahrheiten zu 7% Mehrwertsteuer auf Speisen“ stellt dar, warum die Beibehaltung der 7% Mehrwertsteuer auf Speisen für alle die beste Lösung ist. Eine Steuererhöhung zum 1. Januar 2024 wäre eine Katastrophe für die Betriebe und würde zu einem Preisschock für die Gäste führen – mit fatalen Folgen für die Gesellschaft, den Staat und die Gastgeber. Die 7% und damit die steuerliche Gleichbehandlung von Essen müssen bleiben“, so die Präsidentin der Dehoga . Es gibt eine spezielle Landing-Page, bei der die Mitstreiter Argumente und Kommunikationsmittel für ihre Sache finden – alles sehr gut aufgemacht und durchdacht.

Tilmann Schöberl hatte als Profi die Diskussion gut im Griff. Für mich war interessant, dass das Thema Klimawandel und entsprechende Maßnahmen für einen kleinen Teil der Gastronomen keine Rolle zu spielen schien. Schneekanonen müssen bleiben, Windkraft verschandelt die Landschaft und Touristen würden dann das Bayernland meiden, während die sechsspurige Autobahn wohl weniger ein Problem darstellt, weil damit kommt der Tourist ja nach Bayern.

Interessant waren für mich auch die deutlichen Beifallskundgebungen für FW-Aiwanger und AfD-Mann Franz Bergmüller, den die dehoga-Präsidentin Angela Inselkammer als Freund bezeichnete. Schließlich war Bergmüller als Sprössling einer Gastwirt- und Metzgerdynastie in der neunten Generation mal bei der CSU, dann Freie Wähler und nun AfD und er war Gründer des Verein zum Erhalt der bayerischen Wirtshauskultur und Gegner des Rauchverbots in Wirtshäusern. Die Flugblatt-Affäre in Sachen Aiwanger kam nicht zur Sprache.

Für mich war der Abend auch nützlich zum Netzwerken. Ich wechselte mit Tilmann Schöberl ein paar Worte, den ich von Seminaren noch kenne. Auch Michaela Kaniber und dehoga-Geschäftsführer Thomas Geppert richtete ich Grüße von einem Kunden aus.

Ich bin Wahlhelfer und freu mich

29. August 2023

Lange Zeit hab ich es nicht gemacht, aber zur Landtagswahl in Bayern bin ich wieder dabei. Ich habe mich bei meiner Gemeinde als Wahlhelfer für die anstehende Landtags- und Bezirkswahl gemeldet und ich bin gespannt, ob ich am 8. Oktober eingesetzt werde. Früher hab ich bei der jeder Wahl dieses Ehrenamt ausgefüllt. Aber nach ein paar Umzügen ist dieses Engagement eingeschlafen. Ich will mich aber aktiv in unsere Demokratie einbringen und stehe somit wieder als Wahlhelfer zur Verfügung.

Den Posten des Wahlvorstands überlasse ich gerne erfahrenen Kolleginnen und Kollegen. Ich stehe bereit, die Stimmzettel auszugeben. Listen abzuhaken und natürlich auszuzählen. Damit ist klar, Wahlpartys finden für mich wohl dieses Jahr nicht statt, denn das sorgfältige Auszählen braucht seine Zeit und volle Aufmerksamkeit.

Interessant für mich ist der Anteil der Briefwähler. Ich glaube, dass sie wieder ansteigt. In Bayern ist die Briefwahl eröffnet und das verändert den Wahlkampf enorm. Ich bin auch ein klassischer Briefwähler, lasse mir aber noch Zeit mit meiner Stimmabgabe. Im Freistaat passiert jeden Tag etwas neues und Politik ist ein spannendes Geschäft.
Und die Wahlkämpfer der Parteien müssen sich auf die Briefwähler einstellen und einen anderen Wahlkampf betreiben. Es gibt keinen heißen Wahlkampf am Ende mehr, sondern der Wahlkampf zieht sich in die Länge.

Das ist anstrengend für die Kandidatinnen und Kandidaten und deren Teams. Ich habe das Gefühl, dass die Präsenz der Politik zunimmt, was ich sehr schätze. Aber leider nimmt auch der Populismus massiv zu und es wird das Blaue vom Himmel versprochen und abgegebene Versprechen nicht eingehalten. Das fördert die Politikerverdrossenheit, nicht die Politikverdrossenheit. Ich habe mir alle Parteitage der demokratischen Parteien gegönnt und bei uns im Dorf Wahlkamofveranstaltungen des Ministerpräsidenten und des Wirtschaftsministers besucht und war erschrocken, wie das Niveau nach unten gehen kann und die Stimmung steigt.

Nun, ich freue mich auf mein mögliches Ehrenamt und wenn meine Gemeinde bzw der Wahlausschuss meiner Gemeinde mich als Wahlhelfer einsetzt, dann stehe ich bereit. Es lebe die Demokratie.

Mein erster SPD-Parteitag – Treffen mit Olaf Scholz

25. Oktober 2022

Es war mein erster Parteitag bei den bayerischen Sozialdemokraten, den ich für meinen Kunden den Landesinnungsverband des bayerischen Friseurhandwerks besucht habe. Ziel war es wie auch beim Parteitag der Grünen vor ein paar Wochen mit den Politikern ins Gespräch zu kommen, was grundsätzlich auch gelang, wenn sie an unseren kleinen Messestand kamen.

Ich auf dem SPD-Landesparteitag.

Wenn das Wörtchen wenn nicht wäre. Denn zunächst sah es so aus, dass die SPD-Parteitagsplaner wohl ein Problem mit Vertretern der Wirtschaft hatten. Meine Friseure waren auf einem Gemeinschaftsstand der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft für viel Geld mit von der Partie. Allerdings war zunächst dieser Gemeinschaftsstand nach hinten in das Studio 2 der Münchner Eisbachstudios verlegt und zudem wurden vor den Wirtschaftsständen noch weitere Stände postiert, wie ein großzügiger Stand der Friedrich Ebert Stiftung, der bayerischen Apotheker oder eines Solarherstellers. Die Politiker hätten es schwer gehabt, zu uns zu gelangen.

Die vbw-Vertreterin protestierte auf das Schärfste und im Gespräch mit den anderen Ausstellern konnte die Ausstellung und Standplatzierung aufgelockert werden. Begeisterung beim Parteitagsstart sah auf Seiten der Wirtschaftsverbände anders aus.

Gleichzeitig war die Atmosphäre auf dem Parteitag aber auch sehr angespannt. Die Delegierten nominierten Florian von Brunn zum Spitzenkandidaten zur bayerischen Landtagswahl 2023. Und es hatte sich hoher Besuch in Person des Bundeskanzlers Olaf Scholz angekündigt. Entsprechend unentspannt war das Bundeskriminalamt und die Personenschützer.

Es war meine erste Begegnung mit dem Bundeskanzler. Er war kleiner als ich ihn vom Fernsehen wahrnahm, sah mit schwarzen Anzug, Hemd und Pulli sehr leger aus. Viel Zeit hat sich Scholz allerdings für uns Aussteller nicht genommen. Durch geschickte Platzierung und durch langjährige Erfahrung als Pressefotograf gelangen mir ein paar gute Fotos. Entspanntes Arbeiten sieht anders aus, aber am Ende hatte ich das Foto das ich brauchte – mein Kunde war zufrieden und so muss es sein.

Die Fotos am Stand waren in der Regel deutlich einfacher. „Im Zuge des anstehenden Landtagswahlkampfes war unser wichtigstes Anliegen mit den Politikern und Gästen ins Gespräch zu kommen und unsere Forderungen der mittelständischen Friseurunternehmen zu vermitteln“, so das Fazit von Doris Ortlieb, Geschäftsführerin der bayerischen Friseure – die auch meine Ehefrau ist. Jedem Gesprächspartner am LIV-Stand wurde das Papier „Wir müssen reden“ mit den Forderungen als Teil der politischen Interessenvertretung überreicht und erläutert. Hier eine Auswahl der illustren Gesprächspartner: Bundeskanzler Olaf Scholz, SPD-Spitzenkandidat Florian von Brunn, Parteivorsitzende Ronja Endres, Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter, Generalsekretär Arif Tasdelen, MdL Harald Güller, Renate Schmidt und vbw-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt.

Wenn am Stand nichts los war, sammelte ich Give-aways und schaute ich mir die Übertragungs- und Streamingtechnik der SPD an. Es ist interessant, welche Technik für eine einfache Mitgliederversammlung aufgefahren wird, denn mehr ist ein Parteitag nicht. Die rote Beleuchtung der Bühne fand ich zu krass, aber wirklich beeindruckt war ich von der Leistung einer Gebärdendolmetscherin. Sie stand auf einem ausgeleuchteten Podest vor Greenscreen, blickte aufs SPD-Podium, das dann via Greenscreen am Monitor eingespielt wurde. Technik, die begeistert.
Als nächstes stehen für mich die Parteitage von CSU und FDP an.

Ein Film für jeden Wahlkämpfer: Herr Wichmann von der CDU

11. Januar 2013

Herr Wichmann von der CDU - ein Lehrstück über Politik.

Herr Wichmann von der CDU – ein Lehrstück über Politik.

Dieses Jahr stehen bei uns in Bayern wieder Wahlkämpfe an: Einmal für die Wahlen zum Bayerischen Landtag und dann zum Deutschen Bundestag. Mit dem Film Herr Wichmann von der CDU stimme ich mich auf die Phase des Stimmenfangs ein, schließlich gehört zu meinen Berufsfeld auch die Politikberatung. Mein jüngster Kommunalwahlkampf führte zu einem Bürgermeisteramt für meinen Kandidaten.

Herr Wichmann ist eine 75minütige Dokumentation über einen wackeren 25jährigen Wahlkämpfer aus Henryk Wichmann aus der Uckermark. Er trat 2002 als Direktkandidat für die CDU an, unterlag aber schließlich gegen Markus Meckel von der SPD. Der Film zeigt die mühevolle Kleinarbeit des jungen Kandidaten, der sich für sein Land und seine Mitbürger einsetzen will. Der Film ist ein wunderbares Lehrstück für alle Kommunalpolitiker. Dabei kommentiert der Film nicht mit Worten, sondern zeigt nur Bilder, schafft Atmosphäre. Kein Sprecher aus dem Off kommentiert die Szenen und interpretiert. Die Handlungen von Herrn Wichmann stehen für sich selbst. Daher ist der Dokumentarfilm von Andreas Dresen filmtechnisch eine sehr interessante Form der Dokumentation.

Für mich ist es ein interessanter Blick hinter die Kulissen eines Wahlkampfs in Deutschland, ohne Spin-Docter. Henryk Wichmann hat eine Vision und will diese verwirklichen. Er setzt sich für seinen Landstrich ein. Dabei kommt der (ungewollte) Humor im Film nicht zu kurz. Teilweise tragisch-komisch, teilweise leise-komisch wirkt das Vorgehen des CDU-Mannes. Das Ritual mit dem Aufstellen des CDU-Sonnenschirms und die zum Teil vergeblichen Versuche mit dem Wähler ins Gespräch zu kommen, haben etwas von Fremdschämen. Das Singen des Deutschlandliedes kam auch schon besser. Der Sonnenschirm wird immer wieder vom Wind umgekippt. Dabei lautet der Spruch von Wichmann doch: Frischer Wind bringt Bewegung in die Politik. Allein mit seinen Prospekten und Kugelschreibern steht Wichmann in leeren Fußgängerzonen oder Ausfallstraßen. Wenn er dann mit Bürgern ins Gespräch kommt, werden im Grunde nur Plattitüden ausgetauscht. „Die Grünen sind schuld, wenn keine Arbeitsplätze entstehen.“ Ist das die politische Auseinandersetzung, wie wir sie wollen? Teilweise aber auch erschreckend, wie frustriert die Wähler sind und zu welchen Äußerungen sie sich hinreißen lassen.

Hart ist der Job des Wahlkämpfers, der keinen großen Stab hinter sich hat und im Grunde ein Einzelkämpfer ist. Er ist Mädchen für alles, fährt mit seinem Mercedes zu den Auftritten, druckt Plakate selbst, plakatiert selbst, sucht das Gespräch auf Volksfesten, in Fußgängerzonen. Krasser Gegensatz dazu ein Unterstützungsauftritt von Angela Merkel, die auf eine perfekt eingespielte Wahlkampfmaschinerie zurückgreifen kann. Während bei Wichmann alles improvisiert ist, greift bei Merkel das Räderwerk ineinander.

Der Film zeigt Henryk Wichmann in der politischen Auseinandersetzung mit dem Gegner in Turnhalle und Gemeindezentren. Als Wichmann ein Altenheim besucht, zeigt der Film deutlich, was Stimmenfang heißt. Zwar scheint sich Wichmann für die Senioren zu interessieren, dennoch hatte ich das Gefühl, dass hier bei Kaffee und Kuchen nur nach Stimmen gefischt wird.

Ich empfehle den Film Herr Wichmann von der CDU jedem Wahlkämpfer, der sich die politische Ochsentour antun will. Der Film zeigt eindrucksvoll den mühsamen Kampf und auch das Scheitern. Weder Edmund Stoiber ist damals Kanzler geworden, noch Herr Wichmann hat sein Direktmandat erhalten. Der Film wurde 2012 fortgesetzt mit „Herr Wichmann aus der dritten Reihe“. Er zeigt die Arbeit des Abgeordneten im brandenburgischen Landtag.