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München verdient die Olympischen Spiele – Ein Plädoyer aus meinem Herzen

26. Oktober 2025

Nein, ich kann am Sonntag als Nicht-Münchner nicht abstimmen, habe aber eine klare Meinung zu den möglichen Olympischen Spielen in der bayerischen Landeshauptstadt. Meine Geburtstadt war voller Werbung, die um Zustimmung werben. Am Schönsten fand ich eine Neufassung des Olympia-Waldis auf dem Marienplatz. Otl Aicher wäre beim Neudesign seines Waldis zwar wohl nicht erfreut gewesen, aber der Waldi ist für mich das Symbol für Olympia in München 1972.

Es gibt Momente im Leben einer Stadt, in denen sich die Gelegenheit bietet, über sich hinauszuwachsen, der Welt etwas Besonderes zu zeigen und gleichzeitig sich selbst neu zu erfinden. Für München ist die Bewerbung um die Olympischen Spiele genau so ein Moment, und ich stehe mit ganzem Herzen hinter diesem Vorhaben. Natürlich darf man das Hirn nicht außer Acht lassen, aber ich spreche hier erst mal mit dem Herzen.

München hat bereits 1972 bewiesen, dass es Olympia kann – und zwar mit einer Leichtigkeit und Lebensfreude, die bis heute nachhallt. Die damals geschaffene Infrastruktur, vom ikonischen Olympiapark bis zu den Sportstätten, wird noch immer intensiv genutzt und geliebt. Das ist kein museales Relikt, sondern lebendiges Erbe, das zeigt, wie nachhaltig diese Stadt denkt. Wenn München heute erneut die olympische Fackel tragen möchte, dann nicht aus Nostalgie, sondern mit dem Selbstbewusstsein einer weltoffenen, modernen Metropole, die weiß, wie man große Ereignisse mit Herz und Verstand umsetzt. Aber bitte mit besseren Sicherheitskonzept.

Was mich besonders begeistert, ist die Vision hinter dieser Bewerbung. Es geht nicht darum, gigantische neue Arenen aus dem Boden zu stampfen, die später leer stehen. München will zeigen, dass Olympische Spiele im 21. Jahrhundert anders funktionieren können – nachhaltig, bürgernah und mit Respekt vor den vorhandenen Ressourcen. Die Stadt würde auf bestehende Sportstätten setzen, sie klug modernisieren und damit ein Zeichen setzen für eine neue, verantwortungsvolle Art, solche Großereignisse zu gestalten.

Und dann ist da dieser olympische Geist, der Menschen aus aller Welt zusammenbringt. Ich stelle mir vor, wie München zu einem Treffpunkt der Nationen wird, wie die Isar zur Flaniermeile für Athleten und Gäste aus allen Kontinenten, wie in den Biergärten nicht nur Bayerisch, sondern Dutzende Sprachen zu hören sind. Diese Stadt, die bereits so international und weltoffen ist, würde für ein paar Wochen zum Herzen der Welt schlagen. Was für eine wunderbare Vorstellung! Ich bin bei einer möglichen Austragung bereits ein alter Mann, werde mich aber in die Stadt begeben und die ganze Sache genießen, so wie meine Eltern die Spiele von 1972 genossen haben.

Für die Menschen hier würde es eine Zeit der Inspiration bedeuten. Kinder würden mit leuchtenden Augen zu Wettkämpfen gehen und davon träumen, selbst einmal auf dieser Bühne zu stehen. Familien würden gemeinsam die unterschiedlichsten Sportarten entdecken. Die ganze Stadt würde in einem positiven Taumel vereint sein, über alle sozialen und kulturellen Grenzen hinweg. Solche Momente prägen Generationen und genau das brauchen wir.

Auch wirtschaftlich und infrastrukturell würde München profitieren, ohne dass wir uns dabei in unverantwortliche Abenteuer stürzen müssten. Verbesserte Verkehrsanbindungen, modernisierte Sportstätten, neue Impulse für Tourismus und Wirtschaft – all das würde nachhaltig in der Stadt bleiben und den Menschen hier langfristig zugutekommen.

Deshalb sage ich Ja zu Olympia in München. Weil diese Stadt es kann, weil sie es mit Verantwortung tun würde, und weil wir alle verdient haben, noch einmal Teil von etwas so Großem, Verbindendem und zutiefst Menschlichem zu sein. Olympia in München wäre nicht nur ein Sportfest – es wäre eine Feier dessen, was uns als Menschen ausmacht: der Wunsch nach Exzellenz, nach friedlichem Miteinander und nach gemeinsamer Freude. Darauf freue ich mich von ganzem Herzen.

Buchtipp: The Art of Inside Out

1. Januar 2016

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Als ich den Trailer zum Pixar-Film Alles steht Kopf zum ersten Mal sah, dachte ich mir enttäuscht: eine belanglose Komödie über das Erwachsenwerden aus der Animationsschmiede. Ich kam mir vor als ob ich einen Otto Sketch meiner Jugend sah: Hirn an Faust … Richtig begeistert war ich aufgrund des deutschen Trailers vom Film nicht, schaute mir aber pflichtbewusst den Film Alles steht Kopf im örtlichen Kino an. Schließlich hatte mich Pixar in der Vergangenheit noch nie enttäuscht.
Und was soll ich sagen? Der Film war ganz, ganz anders als der Trailer es versprochen hatte. Der 15. Pixar Film war wahnsinnig unterhaltsam und hatte eine große Tiefe, genau wie ich es von einem Pixar-Film erwarte.

Im Februar 2016 wird der Film als DVD, Blu ray und Download erscheinen. Zudem gibt es eine limitierte 3-Disc Special Edition. Als Bonus gibt es ein Wiedersehen mit Riley und ihren Emotionen in der exklusiven Premiere des Kurzfilms „Rileys erstes Date?“ sowie der paradiesisch-schöne Kurzfilm „Lava“.
Im Grunde geht es bei Alles steht Kopf um Emotionen. Es geht um die Kombination von Freude, Zorn, Ekel, Kummer und Angst. Der alte Freud hätte seine Freude an diesem Film gehabt. Regisseur Peter Docter, der uns schon Monster AG und Oben brachte, hat ganze Arbeit geleistet und wurde von den beiden Hirnforschern Paul Ekman und Dacher Keltner fachlich unterstützt.


Meine Neugierde über die Entstehungsgeschichte des Films war geweckt. Nachdem Alles steht Kopf technisch keine Neuerungen aufwies, musste die Innovationen auf anderen Gebieten liegen. Technisch war Pixar immer vorne mit dabei. Als Chefredakteur der wichtigsten deutschsprachigen 3D-Zeitschriften erlebte ich die Wasserspiegelungen in Findet Nemo, die Haare in die Unglaublichen und das Fell in Monster AG. Alles steht Kopf brachte in dieser Hinsicht keine Erneuerung durch die Software Renderman und Marionette. Pete Docter setzte auf erzählerische Tiefe und Kreativität.
Diese Kreativität kommt bei dem Buch The Art of Inside Out voll zum Tragen. Anders als die frühen Pixar-Filme wurde hier gleich zu Beginn mit digitalen Werkzeugen gearbeitet. Kreide, Marker, Pinsel kommen aber ebenso weiterhin zum Einsatz. Diese Abwechslung bringt unterschiedliche Sichtweisen auf das Thema Emotionen. Die Frage ist doch: Wie stellt ein Künstler Emotionen bildlich dar? Nicht, wie erzeugt ein Künstler Emotionen? Da wäre der Film beim Walt Disney-Konzern an der richtigen Adresse. Disney ist Spezialist, wenn es um das Erzeugen von Emotionen geht. Da braucht es dann schon Pixar, um die Emotionen selbst darzustellen. Und das gelingt in diesem Buch fabelhaft.
Deutlich bemerkt der Leser den Einsatz von Farben, die in unserem Kulturkreis mit Emotionen besetzt sind, wie Rot für Zorn. Ich würde gerne den Film mit Leuten aus anderen Kulturkreisen ansehen und mit ihnen über die Farben und Emotionen diskutieren. Für mich ist die Darstellungsweise meine gewohnte westliche Sichtweise.


Beim Lesen des Buches bzw. Betrachten der Bilder habe ich mir Gedanken über Emotionen gemacht. Es hat mich entsetzt, dass ich Helden meiner Jugend ebenso vergessen habe, wie die Helden in dem Film. Was ist das Gehirn doch für ein seltsamer Ort?
Ich empfehle jedem den Film Alles steht Kopf und das Buch The Art of Inside Out, wenn er sich über Gefühle Gedanken machen will, wenn er etwas über Kunstgeschichte lernen will, wenn er sich selbst kennenlernen will. Und Gott sei Dank ist kein Film/Buch auf Otto Niveau herausgekommen.