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Für mich als Foto-Nostalgiker: Polaroid SX-70 und The Polaroid Book

27. Mai 2025

Es gibt Momente, die sind zu schön, zu flüchtig, um sie einfach nur auf dem Handy zu speichern. Momente, die nach etwas Greifbarem verlangen – nach einem Bild, das man in der Hand halten, an die Wand pinnen oder einem geliebten Menschen mitgeben kann. Genau hier beginnt für mich die Magie der Polaroid-Fotografie. In einer Welt, in der alles digital, perfekt bearbeitet und sofort geteilt ist, wirkt ein Polaroid-Foto wie ein kleiner Schatz. Unperfekt, ehrlich, einmalig. Und vielleicht ist es genau diese Unmittelbarkeit und Einmaligkeit, die uns so tief berührt.

Meine beiden Polaroid SX-70
Besonders faszinierend wird diese Art der Fotografie, wenn ich meine beiden Kameras Polaroid SX-70 in den Händen halte. Sie sind mehr als nur ein technisches Gerät – sie sind für mich ein Kunstobjekt, ein Stück Designgeschichte, ein Fenster in eine andere Zeit. Ich habe die Version 2 und 3 in schwarz.

Die SX-70 war bei ihrer Einführung in den 1970er Jahren eine Revolution: Die erste Sofortbildkamera, die sich zusammenklappen ließ, mit einem Sucher zum Durchblicken, einem Autofokus, der für seine Zeit bahnbrechend war, und einem Auswurfmechanismus, der das Bild wie durch Zauberhand in die Welt entließ. Man faltet sie auf, hört das leise Klicken beim Spannen des Mechanismus, sieht durch den Sucher, drückt den Auslöser – und dann geschieht etwas beinahe Magisches: Das Bild gleitet aus der Kamera, noch ganz grau, noch unklar. Und dann beginnt das Warten.

Diese Minuten, in denen das Foto langsam entsteht, sind fast schon meditativ. Es ist, als würde sich die Erinnerung in Zeitlupe auf Papier legen. Kein Filter, keine Vorschau, keine zehn Versuche. Ein Schuss, ein Moment, ein echtes Bild. Die Farben wirken weicher, die Kontraste rauer, das Licht lebendiger. Es sind diese kleinen Fehler – Unschärfen, Farbstiche, Schatten – die das Polaroid so charmant machen. Sie geben dem Bild eine Seele.

Originale in einer Welt der Kopien
Vielleicht liegt die Faszination auch darin, dass jedes Polaroid ein Original ist. Es gibt keine Kopie, kein Duplikat. Was du da in der Hand hältst, gibt es nur ein einziges Mal auf der Welt – so wie den Moment, den es festhält. Und genau das macht es so kostbar. In Zeiten der endlosen Bilderflut auf Social Media wirkt ein Polaroid wie ein Gegenpol. Es zwingt uns, achtsamer zu sein. Überlegter. Bewusster. Es erinnert uns daran, dass Erinnerungen nicht perfekt sein müssen, um schön zu sein. Sie müssen nur echt sein.

Die Polaroid SX-70 ist für mich nicht einfach eine Kamera. Sie ist ein Erlebnis. Eine Einladung, die Welt wieder mit anderen Augen zu sehen – und sie so festzuhalten, wie sie wirklich ist: unperfekt, vergänglich und wunderschön. Ich übe jetzt ein bisschen und werde sie dann in meinem Jahresurlaub mitnehmen (und meine Gattin nerven).

The Polaroid Book
Und weil es mich so fasziniert, hab ich mich nach einem interessanten Buch umgesehen und The Polaroid Book gefunden. Nach einer Woche auf dem Sofa ist für mich The Polaroid Book aus dem renommierten Taschen Verlag weit mehr als ein reines Fotobuch – es ist eine Liebeserklärung an ein ikonisches Medium und eine Hommage an die Magie des Moments. Mit über 250 ausgewählten Polaroid-Aufnahmen aus der Sammlung der Polaroid Corporation bietet das Buch einen Überblick über die künstlerische Bandbreite, die dieses Format hervorgebracht hat. Die seit mehr als 50 Jahren bestehende Fotosammlung der Polaroid Corporation ist das weltweit größte Portfolio von Polaroid-Bildern. Die Sammlung, einst begonnen von Polaroid-Firmengründer Edwin Land und dem Fotografen Ansel Adams, enthält zur Zeit rund 23.000 Bilder von fast 2.000 Fotografen aus aller Welt, darunter Berühmtheiten wie David Hockney, Andy Warhol und Jeanloup Sieff. Der Band enthält über 250 Fotos aus der Polaroid-Sammlung, einen Essay von Polaroid-Kuratorin Barbara Hitchcock über die Anfänge und die Geschichte der Sammlung, sowie einen technischen Anhang mit dem Verzeichnis der verschiedenen Typen von Polaroid-Kameras.

Stimmung der Polaroids
Ich habe mir die preiswerte Ausgabe zum 40. Geburtstag von Taschen gekauft. Schon beim Durchblättern spürt man die besondere Stimmung, die Polaroids ausstrahlen. Es sind intime, spontane und oft überraschend poetische Bilder, die in ihrer Unmittelbarkeit berühren. Ob Porträts, Stillleben, abstrakte Experimente oder Momentaufnahmen aus dem Alltag – jedes Foto erzählt eine eigene kleine Geschichte. Und genau darin liegt der Reiz: Die Bilder wirken nie inszeniert, sondern nahbar und ehrlich.

Vielfalt
Besonders beeindruckend ist die Vielfalt der Künstler, die im Buch vertreten sind. Von weltbekannten Namen wie Andy Warhol, David Hockney oder Helmut Newton bis hin zu unbekannteren Fotografen – die Sammlung zeigt, wie unterschiedlich das Sofortbild interpretiert und genutzt wurde. Auch die Tatsache, dass das Buch sowohl professionelle als auch amateurhafte Aufnahmen zeigt, unterstreicht die demokratische Natur der Polaroid-Fotografie: Jeder konnte mitmachen, jeder Moment konnte zum Kunstwerk werden.

Optisch und haptisch ist das Buch – ganz TASCHEN-typisch – ein Genuss auch wenn es sich nur um die Volksausgabe von Taschen handelt. Die Verarbeitung, das großzügige Layout und die liebevolle Gestaltung machen es zu einem Sammlerstück für alle, die Fotografie lieben. Es eignet sich wunderbar zum Verschenken, aber eigentlich möchte man es gar nicht mehr aus der Hand legen. Wem sollte ich das Buch auch verschenken? Ein Muss für alle Fotobegeisterten, Nostalgiker und Freunde des Unperfekten.

Magie zwischen Polaroid und KI – mein Kunstprojekt der besonderen Art

28. März 2025

Das jüngste Update von ChatGPT lässt mich sprachlos zurück. Die Fortschritte der Bildgenerierung hauen mich vom Hocker. Im Moment gibt es das neue Feature in Sprachmodell 4o und bisher nur in der Pro-Version. ChatGPT-4o ist das neue Multimodal-Modell von OpenAI. Es kann Text, Bild, Audio und Video verarbeiten – und nun auch Bilder erstellen.

Jetzt kommt es natürlich auf den richtigen Prompt an und die Ergebnisse können sich wirklich sehen lassen. In meinen Seminaren vermittle ich das notwendige Praxiswissen zu Promst, da kommt mir meine Erfahrung als Bildjournalist zu gute. Ich probierte gleich mal ein paar neue Stile aus – hier verwandelte ich ein Foto von mir in den Gibli-Stil.

Beim Herumspielen und Testen des neuen Features kam mir eine Idee: Wie wäre es, wenn ich anloge und digitale Technologie mit meinem Fotos verbinde – so als eine Art Kunstprojekt.

Im Moment arbeite ich viel mit Polaroids. Ich habe meine alte Polaroid SX 70 wieder im Einsatz. Sie stammt aus dem Jahre 1974. Für mich zeichnen sich Polaroid-Fotos durch ihre Einzigartigkeit und Unmittelbarkeit aus. Jedes Bild ist ein Unikat – direkt nach der Aufnahme entwickelt, ohne Nachbearbeitung oder Filter. Die analoge Technik verleiht den Fotos eine besondere Ästhetik mit charakteristischen Farben und Bildfehlern, die den Moment authentisch und unverfälscht festhalten. In einer zunehmend digitalen Welt bieten Polaroids für mich ein haptisches, entschleunigtes Erlebnis der Fotografie.

Ich habe beispielsweise ein Selfie mit einer meiner Polaroid SX 70 gemacht.

Dann habe ich das Papierfoto mit dem Smartphone abfotografiert und ein wenig optimiert, ohne den Charakter zu verändern.

Der nächste Schritt war es, das Foto in die neue Version von ChatGPT hochzuladen und ein Vintage-Bild daraus zu genieren.

Im nächsten Schritt kam per Prompt das Einfärben des braunen Hutes (ein Barbisio von 1940) in einen roten Hut.

Der letzte Schritt war wiederum das Einfärben des Bildes. Aus den durchsichtigen Gläsern wurden gelbe Gläser, wie ich sie in Wirklichkeit trage.

Und weil es so schön war, noch ein Morphing-Film dazu:

Wiesn-Ausstellung der Münchner Fotografin Maren Richter

13. Dezember 2019

Es ist kalt, nass und grau in München und ich hatte einen Termin in der Nähe des Haus der Kunst. Dabei traf ich auf Farben und Formen, die meine Stimmung aufhellten. Im Alexander-Wacker-Haus, in dem ich mich aufwärmte, traf ich auf die Wiesn-Ausstellung der Münchner Fotografin Maren Richter.
Eigentlich sollte die Ausstellung bereits wieder abgebaut sein, doch noch hingen die zahlreichen Fotografien an den Wänden. Mit ihrer Serie „Wies’n“ hat Maren Richter einen völlig neuen Blickwinkel auf das weltweit größte Volksfest geworfen und in kraftvollen Fotos festgehalten. Detailaufnahmen von Ständen, Karussells und Menschen in Bewegung, stilisierte Festzelte, Anschnitte des Riesenrades – diese Ansichten überraschen und lassen oft erst auf den zweiten Blick erkennen, welches Motiv hier zu sehen ist. Die expressiven Farben und die Dynamik lassen die Grenzen zur abstrakten Kunst verschwimmen und bieten einen neuen, modernen Zugang zum traditionsreichen Münchner Volksfest. Die Bilder haben mich inspiriert, so sehr, dass ich meine Fujifilm X100X wieder aus der Fototasche und zu meinem Tagesgepäck getan habe.

Maren Richter hat mit ihren Bilder einen für mich sehr interessanten Zugang zur Wiesn gefunden. Die Verbindung von traditionellen, folkloristischen Motiven mit grellen Farben. Die Motive wurden von Touristen Tausendfach, nein Millionenfach fotografiert, aber selten mit so einer Lebensfreude und Intensität. Der Einsatz von Bewegungsunschärfe mit Photoshop-Filtern ist sehr gelungen, wobei mir die Klo-Hinweisschilder am besten gefallen.
Also, wer in der Gegend ist, schaut euch die Ausstellung von Maren Richter im Alexander Wacker Haus an der Prinzregentenstraße 22 in München an, solange sie noch hängt. Das Alexander Wacker Haus ist ein großstädtischer Gebäudekomplex aus dem Jahr 1997, entworfen von Steidle Architekten. Die Büro- und Wohneinheiten liegen direkt gegenüber dem Englischen Garten am Eisbach, der unter dem Gebäude hindurch fließt. Der Künstler Erich Wiesner entwarf für das Alexander Wacker Haus ein eigenständiges Farbkonzept, das die öffentlich zugänglichen Innenräume gestalterisch prägt.

Buchtipp: Compendium von Michael von Hassel

28. Februar 2017

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Irgendwie gehören Zufälle zum Leben. Ich hatte einen Termin mit der Mutter und traf auf den Sohn, der mich enorm beeindruckte. Michael von Hassel ist einer der große Fotokünstler in Deutschland und sein Werk fasziniert mich enorm.
Ich hatte einen geschäftlichen Termin mit Anne-Marie von Hassel. Sie ist Verlegerin der Bayerischen Gemeindezeitung und zusammen mit ihren Töchtern wollten wir über ein Konzept sprechen. Ich fand bei dem Termin aber nicht gleich den richtigen Eingang zum Gebäude. Vor dem Haus parkte ein Lieferwagen und ein junger Mann wuchtete gut verpackte Bilder in das Fahrzeug. Wir kamen ins Gespräch, wen ich denn suchte und er stellte sich mir als Michael von Hassel vor. Prima, er zeigte mir den Weg zu seiner Mutter und seinen Schwestern und kamen kurz ins Gespräch. Er fotografiere ein bisschen, sagte er untertrieben. Ich schaute mir die Fotos an und war fasziniert. Es waren HDR-Bilder, die mich berührten. Gerne hätte ich mich mehr mit Michael von Hassel unterhalten, aber er bereitete eine Ausstellung von Wiesn-Bildern am Münchner Marienplatz vor. Zudem hatte ich ja einen Termin mit der Mutter wegen einer geschäftlichen Angelegenheit.
Wieder zu Hause bestellte ich mir sofort das Buch Compendium von Michael von Hassel und vielleicht habe ich ja mal die Gelegenheit zu einem Interview mit dem großartigen Künstler.


Die optische Kraft seiner Fotos ist gewaltig. Und damit beginnt schon die Diskussion. Sind es überhaupt Fotos, oder sind es vielmehr Bilder? Gibt es überhaupt einen Unterschied? Nun jedes Foto ist ein Bild, aber nicht jedes Bild ein Foto. Egal – auf jeden Fall schweigt sich Michael von Hassel über seine spezielle Fototechnik aus. Fest steht, es sind HDR-Bilder – High Dynamik Range. Dadurch erhalten die Aufnahmen einen gewissen Drama-Faktor. Farben und Kontraste werden extrem betont, wenn nicht gar überbetont. Die Fotos werden wuchtiger, kraftvoller – und ja, auch wenig kitischiger. Es ist von allem ein wenig zuviel und in der Kombination miteinander im Adobe Lightroom oder Adobe Photoshop ist gelungen. Michael von Hassel nennt seine Art zu fotografieren hyperrealistisch. Der gelernte Banker und studierte BWLer begann ganz klassisch in Schwarzweiß, wechselte aber schnell zur Farbe und ist dabei geblieben. Für seine Arbeiten bekam er allerhand Preise – und dies zurecht.

Die Bilder sind durch die HDR-Technik extrem kontrastreich. Das vorhandene Licht wird verstärkt, die Farben betont – ein Meer von Licht und Farbe hätte es Juliane Werding genannt. Durch diesen Hyperrealismus kommen die Details verstärkt zum Vorschein. Die Bilder fesseln, der Zuschauer entdeckt beim Betrachten immer wieder etwas Neues.
Ich bin Michael von Hassel sehr dankbar. Zum einen natürlich für seine Bilder, die mich faszinieren. Zum anderen danke ich ihn für seine Inspiration. Aufgrund seines Buches Compendium habe ich wieder zu fotografieren begonnen. Dafür recht herzlichen Dank.