Posts Tagged ‘Bahnfahrt’

Bahn-Odyssee nach Hochwasser in Bayern

3. Juni 2024

Das Hochwasser im Süden von Deutschland trifft viele Leute hart. Viele verloren ihr Hab und Gut, mindestens ein Feuerwehrmann verlor sogar bei den Rettungsarbeiten sein Leben. Schicksale, die betroffen machen, und jeder erlebt das Hochwasser auf seine Weise. Jeder hat seine Geschichte zu erzählen. Mich erwischten die Auswirkungen der Fluten auf der Bahnreise von Franken nach Oberbayern. Es war nervig, stressig und auch ein wenig aggressiv, aber kein Vergleich zu den Geschehnissen, die Mitmenschen erleben mussten, die gegen das Wasser ankämpfen mussten und müssen, denn die angespannte Situation ist noch nicht vorbei. Wenn der Regen wieder kommt, kann es sich nochmal zuspitzen.

Ich starte meine Rückreise von einem dreitägigen Seminar in Oberfranken. Es regnet nicht, die Sonne scheint ein wenig. Der RegionalExpress, der mich nach Nürnberg bringen soll, kommt pünktlich und der Bahnnavigator auf dem Smartphone zeigt eine störungsfreie Fahrt mit Umstieg nach München an. Je näher wir nach Nürnberg kommen, desto mehr Wasserflächen breiten sich auf den Feldern aus, aber alles in allem keine größeren Probleme.

In Nürnberg spiele ich mit dem Gedanken auf den ICE umzusteigen, doch die Hochgeschwindigkeitszüge aus Hamburg und Berlin haben enorme Verspätungen, also mit dem RegionalExpress weiter Richtung München. Der Bahnnavigator zeigt freie Fahrt. Ein verspäteter Zug trifft gerade ein und nach dem alten Bahnmotto: „Der erste Platz ist der richtige Platz“ hab ich meinen Sitzplatz in dem Zug, der sich ziemlich füllt. Die Abfahrt verspätet sich, weil immer mehr Menschen in den Zug drängen, aber als Bahnfahrer bin ich diesen Anblick gewohnt. Der Doppelstöcker fährt los und es beginnt zu regnen je weiter wir nach Süden kommen.

Die Newsdienste und die Bahnapp im Auge und Infos von meiner Ehefrau geht es Kilometer um Kilometer nach Süden. Dann die Breaking-News-Meldungen, dass Teile von Reichertshofen überflutet sind und auch Schwaben massiv mit dem Wasser zu kämpfen hat. Die Politik stattet in Gummistiefeln den Gebieten einen Besuch ab, denn wir haben gelernt, dass ein Hochwasser eine Wahl entscheiden kann. Ich denke aber, es war wirkliches Interesse von Ministerpräsident Söder und Bundeswirtschaftsminister Habeck sowie CSU-Fraktionsführer Holetschek, die sich ein Bild vor Ort machen wollen.

Und dann vor Ingolstadt die Durchsage, dass aufgrund des Hochwassers der Zug nicht nach München weiterfahren könne. In Ingolstadt sei Schluss, wir müssten den Zug verlassen und es sei ein Schienenersatzverkehr eingerichtet worden.

Das war zu erwarten gewesen nach der Überflutung von Reichertshofen zwischen Ingolstadt und München. Also Rucksack und Taschen packen und Richtung Bahnhofsausgang eilen, immer den violetten Schildern SEV (Schienenersatzverkehr) nach. Vor dem Bahnhof keine Schilder, keine Busse, dafür viele Menschen. Bei mir beginnt das Nachdenken. Wenn die Gleise bei Reichertshofen fast überflutet sind, dann ist die Autobahn auch in Gefahr vom Wasser überspült zu werden. Das heißt, keine Busse und daher auch kein SEV.

Also zurück ins Bahnhofsgebäude zum umlagerten Schalter der Deutschen Bahn. Deren Mitarbeiter versuchen den Ansturm irgendwie in den Griff zu bekommen. Es stellt sich heraus, dass wohl eine Regionalverbindung nach Treuchtlingen eine Möglichkeit ist, um nach München zu kommen. Von Treuchtlingen nach Donauwörth und von da nach München – so mein genialer Plan, natürlich mit der Befürchtung, dass Donauwörth in Bayerisch-Schwaben auch unter Wasser liegt.

Der Zug nach Treuchtlingen kommt verspätet und ich besetze gleich den erstbesten Platz. Ich frag mich immer, warum die Leute den Zug durchstreifen nach einem besseren Platz. Es wird keiner kommen. Nun, das sind wohl Bahnamateure. Ich sitze neben einer älteren Dame aus Leipzig, die nach Simbach am Inn will. In Gedanken kommen mir die heftigen Überschwemmungen des Simbacher Hochwassers wieder in den Sinn. Ich habe noch ein Buch von den Hochwasseraufnahmen. Im Moment sei der Pegel in Simbach okay, aber das Wasser kommt noch in den nächsten Tagen.

Der Zug zockelt, bremst, fährt an, bremst wieder und nimmt Kurs nach Treuchtlingen. Durchsagen sind eine Fehlanzeige. Kommunikation mit den Fahrgästen wird wohl überschätzt. Das Internet im Altmühltal ist nicht vorhanden, so dass wir alle nicht nach möglichen Anschlüssen suchen können. Google Maps und Apple Karten sind tolle Dienste, aber ohne Internet völlig nutzlos. Von wegen Laptop und Lederhose in unserem schönen Bayernland. Es ist ein Armutszeugnis und das seit Jahren.

Als wieder Netzempfang da ist, geht es um Minuten, um den Anschlusszug in Treuchtlingen nach Donauwörth zu erreichen. Natürlich wartet der Anschluss nicht, wir sehen die Lichter des entschwindenden Zuges. Die Kommentare der Reisenden sind entsprechend. Warum kann so ein Zug nicht warten?

Also sind hunderte Fahrgäste gezwungen, auf den nächsten Zug zu warten, der rund in einer Stunde gehen soll. Ich unterhalte mich mit „meiner“ Leipzigerin und ein paar jungen Studentinnen, die mit ihren Rücksäcken warten. Eine bietet mir sogar ein Wasser an, ich sehe wohl durstig aus. Eine andere hat eine nette Retro-Casio-Uhr von ihrem Vater am Arm, auf die sie sichtlich stolz ist. Hinter ihr ein Student, der einen Gummibaum mutig durch die Gegend trägt. Natürlich verspätet sich der Zug nach Donauwörth, aber ich löse mich von meiner netten Truppe und gehe schon mal ans Gleis, um nach Möglichkeit schnell einzusteigen. Der Zug, ein blauer Gohaed, ist ein Kurzzug und meist schon voll. Ich kenne diese Verbindung aus leidgeprüfter Erfahrung.

So ist es dann auch. Meine Erfahrung hat sich bewahrheitet. Der Zug ist voll, richtig voll. Ich komme durch meine vordere Positionierung noch rein, quetsche mich in die überfüllte 1. Klasse, obwohl ich nur ein Deutschlandticket der zweiten Klasse habe. Bei dem Chaos kontrolliert doch eh keiner.

Und dann beginnt die Aggressivität. Die Menschen drängeln und drücken in den vollbesetzten Zug. Die Leute schreien durcheinander, schmeissen sich Schimpfwörter an den Kopf, ein Mann drängelt heftig immer wieder in den vollbesetzten Zug. Der Zugführer bittet die Türen freizugeben, vergeblich. Die Aggressionen nehmen zu. Erst ein älterer Herr beruhigt den Drängler, redet ruhig auf ihn ein, so dass er von seinem aggressiven Verhalten ablässt.

Die Türen schließen sich und der überfüllte Zug macht sich auf den Weg nach Donauwörth. Meine Studentinnen und die Leipzigerin haben es nicht geschafft und der Gummibaum des Studenten ist geknickt. In Donauwörth werde ein zweiter Zugteil angekoppelt. Die Lage entspannt sich. Ich widme mich meinem Hörbuch, der Autobiografie von Wolfgang Schäuble. Inzwischen beginnt es wieder zu regnen. Vor den Fenstern sind überflutete Flüsse, Felder und Straßen zu sehen. Bayerisch-Schwaben hat es schwer getroffen, das ist offensichtlich.

Ich hab Glück, der verlängerte Zug fährt weiter über Augsburg nach München, wo ich dann sofort eine S-Bahn bekomme und nach Hause fahre. Normalerweise dauert die Fahrt aus Franken bis zu vier Stunden. Dieses Mal hat sie rund acht Stunden gedauert, verbunden mit allerhand Stress.

Nochmals: Meine Odyssee mit der Bahn ist kein Vergleich mit dem Leid, was manche Mitmenschen erleiden müssen, denen Haus und Hof durch die Fluten genommen wurde. Auch der ertrunkene Feuerwehrmann hat ein großes Opfer durch sein Ehrenamt für uns erbracht. Es gilt Danke den Blaulichteinheiten und der Bundeswehr zu sagen und auch den vielen Mitmenschen, die mitangepackt haben. Bei uns im Dorf haben wir Glück gehabt, das Wasser ist über die Ufer getreten, der Schaden hielt sich in Grenzen. Jetzt darf es nur nicht wieder anfangen zu regnen.

Meine Eindrücke von der neuen S-Bahn in München

29. September 2018

Die neuen Züge für die S-Bahn in München sind schon seit Juli im Einsatz, doch ich kam jetzt erst in den Genuss einer Fahrt. Als genervter Pendler des Münchner Verkehrsverbunds MVV bin ich auf die S-Bahn angewiesen, die mich zum Hauptbahnhof München bringt. Es vergeht kaum ein Tag, an dem es keine kleine und großen Probleme mit dem überlasteten und völlig veralteten ÖPNV-System gibt. Die Deutsche Eisenbahngesellschaft will die S-Bahn modernisieren und hat neue Züge in Dienst gestellt. Nachdem ich schon viel gelesen hatte, konnte ich nun die Züge ausprobieren.

Ich bin in Olching und nicht am Rosenheimer Platz.

Ich bin in Olching und nicht am Rosenheimer Platz.

Hier meine Beobachtungen: Es ist gegen 12:15 Uhr als ich am Hauptbahnhof in einen neuen Zug der Linie S3 einstieß, der mich ins Heimatdorf bringen soll. Was mir als erstes auffällt: Das Licht in den Zügen ist deutlich heller als vorher. So sauber habe ich die Münchner S-Bahn noch nie gesehen. Ich habe das große Glück, dass der Zug fast komplett leer ist, ein paar Touristen und ein paar Schulkinder sind unterwegs. Die üblichen Faschingsfreunde im schrillen Landhaus-Look machen sich die eine Station zur Wiesn auf. Als wir aus dem Tunnel herausfahren und die Hackerbrücke mit den Wiesn-Volk hinter uns gelassen haben, schaue ich mir die Bahn genauer an. Es ist mehr Platz zum Stehen und weniger Platz zum Sitzen. Die eingezeichneten Abstellflächen für Koffer werden sicher in der täglichen Rushhour ignoriert. Aber das Gepäck soll ja nicht im Weg herumstehen, sondern unter den Sitzen verstaut werden. Die Sitze sind schwebend und bieten unter der Sitzfläche Stauraum. Es sind aber weniger Sitze und größere Durchgänge. Bei den Ausstiegen gibt es noch Möglichkeiten sich festzuhalten, wie wir es in den neuen U-Bahn-Zügen des MVG kennen. Hier habe ich Sommer wie Winter Handschuhe an, denn die kleinen Bakterien sitzen sicher da herum und warten auf neue Wirte.

Am Ende der Züge sind Mehrzweckbereiche für Kinderwägen, Rollstühle und eine Kuschelecke. Die kann ich leider nicht fotografieren, weil Schulkinder sich breit gemacht haben. Sie haben sich längst hingelegt. Dort sollen in Sitzecken die Familien und Gruppen fahren, was ich von der Idee für richtig halte, in der Praxis bei dem enormen Fahrgastaufkommen ist es völlig unrealistisch. Vielleicht schaffe ich es einmal mit meiner Familie gemeinsam dort zu sitzen, wenn die S-Bahn bei uns im Dorf eingesetzt wird. Sobald die ersten Stationen angefahren werden, sind die Eckplätze belegt.
Neu sind auch die elektronischen Monitore. Hier sollte eigentlich der Fahrplan des Zuges angezeigt werden, zudem die Uhrzeit. Ich habe sollte geschrieben, denn das System funktioniert auf meiner Fahrt bis auf die Uhrzeit nicht. Ich befinde mich auf der S3 Richtung Westen und mein nächster Halt ist Olching. Das Display zeigt allerdings Rosenheimer Platz – es zeigte die ganze Fahrt Rosenheimer Platz, was die anwesenden Touristen sichtlich verwirrt. Also auf Englisch den Herrschaften den Weg erklären. Durchsagen in Deutsch und Englisch gibt es in dem Zug nicht – ich weiß nicht, ob die in den neuen Zügen abgeschafft wurden oder ob es mal wieder eine Panne war.

Als ich meine Tour durch den neuen Zug beendete und meine leere Brotzeittüte in einen Abfalleimer werfen wollte, erlebe ich eine Überraschung. Ich finde keinen Abfalleimer. Der MVV hat wohl aus Kostengründen darauf verzichtet, denn Reinigungspersonal kostet Geld. Die Bahnfahrer sollen ihren Müll einpacken und mitnehmen. Theoretisch möglich, praktisch unmöglich, denn der Mensch ist ein Schwein. Also rollen Bierflaschen beim Anfahren durch den Zug., schließlich ist ja Wiesn und man muss billig vorglühen.
Ich bin noch unentschlossen, was ich von den neuen Zügen halten soll. Das Display mit den falschen Anzeigen kann ich nicht als Kinderkrankheit abtun, denn dafür ist das System schon lange im Einsatz. Ich bin gespannt, wann ich mal in einer vollen Bahn fahre, die mal wieder in der Stammstrecke liegen bleibt, weil das System so marode ist. Ich bin dann gespannt, wie die Menschen in der Heringsdose reagieren, wenn es weniger Sitzplätze gibt und sie deutlich mehr aneinander kleben. Hier bei mir im Test war der Zug fast leer. Nun, was mich wirklich freut, ist das hellere Licht in der Bahn. Vielleicht geht den Verantwortlichen ein Licht beim ÖPNV auf – zu wünschen wäre es ihnen, denn der Verkehrsinfakt in München ist da.