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Musikritik: Peter Thomas: Derrick & Der Alte aus den Jahren 1974 bis 1984

21. Dezember 2024

Wahrscheinlich hab ich die Musik als Kind rauf und runter gehört, aber nicht richtig geschätzt. Jetzt aber höre ich sie bewusst und erfreu mich daran. Das Stuttgarter Label Allscore ist immer für eine Überraschung gut und veröffentlichte rechtzeitig zum Jahresende weitere Musik von Peter Thomas. Dieses Mal zu den TV-Serien Derrick & Der Alte aus den Jahren 1974 bis 1984.

Natürlich musste ich hier zugreifen und mir die TV-Beats meiner TV-Jugend anschaffen. An den Wochenenden saß ich mit meinen Eltern vor dem Grundig-Fernseher im Wohnzimmer und zog mir die braven Krimis aus deutscher Fabrikation rein. Derrick & Der Alte waren im Grunde harmlose Krimis, nicht so dramatisch wie die US-Serien Starsky & Hutch oder die britische Serie die Profis. Beide Serien verkörpern klassische Kriminalunterhaltung und sind aus der Geschichte des deutschen Fernsehens nicht wegzudenken.Derrick und Der Alte gehören zu den bekanntesten deutschen Krimiserien, die seit den 1970er Jahren das Fernsehen prägten und internationale Erfolge feierten.

Peter Thomas, einer der bekanntesten deutschen Film- und Fernsehkomponisten, hat die Musik für zahlreiche Produktionen geschaffen, darunter auch die Krimi-Serien „Derrick“ und „Der Alte“. Seine unverwechselbaren Kompositionen prägten das musikalische Ambiente dieser Serien maßgeblich und trugen entscheidend zur besonderen Atmosphäre bei.

Derrick
Die Serie Derrick wurde von 1974 bis 1998 im ZDF ausgestrahlt und umfasst 281 Folgen. Hauptfigur ist Kriminaloberinspektor Stephan Derrick, dargestellt von Horst Tappert, der zusammen mit seinem loyalen Assistenten Harry Klein, gespielt von Fritz Wepper, Mordfälle in München und Umgebung aufklärt. Im Mittelpunkt der Serie stand weniger actionreiche Ermittlungsarbeit als vielmehr psychologische Spannung und Dialoge. Derrick agiert ruhig, überlegt und oft mit moralischer Klarheit, um die Täter zu überführen. Die Serie zeichnete sich durch ihre besondere Atmosphäre aus – geprägt von gedämpfter Musik, klarer Bildsprache und einem Fokus auf die zwischenmenschlichen Abgründe der Figuren.
Derrick wurde international erfolgreich, besonders in Ländern wie Frankreich, Italien und sogar China. Horst Tappert wurde durch seine Rolle zur Ikone und prägte das Bild des stillen, analytischen Ermittlers für Jahrzehnte.

Der Alte
Der Alte startete 1977 im ZDF und ist bis heute eine der langlebigsten deutschen Krimiserien. Die Serie folgt ebenfalls Ermittlern der Münchner Mordkommission, die mit Ruhe und Präzision komplexe Fälle lösen. Im Gegensatz zu Derrick wechselten hier die Hauptfiguren im Laufe der Jahrzehnte, aber für mich war der Alte immer Erwin Köster (Siegfried Lowitz, 1977–1986) Köster war der ursprüngliche Ermittler – erfahren, zäh und einfühlsam. Seine ruhige, väterliche Art gab der Serie ihren Namen.
Der Alte konzentriert sich stärker auf die Ermittlungsarbeit im Team und betont die klassische, unaufgeregte Polizeiarbeit. Dabei steht oft der Täter und dessen Motiv im Zentrum der Erzählung. Für diese drei Jahre später, 1977, gestartete Fernsehkrimiserie Der Alte schrieb Peter Thomas sogar die Titelmusik der ersten 100 Folgen sowie die Musik zu vier Folgen, inklusive der ersten, „Die Dienstreise“.

Musik in Derrick
Für Derrick komponierte Peter Thomas ab 1978 bis in die 1980er Jahre hinein mehrere Stücke, die den charakteristisch zurückhaltenden und dialoglastigen Stil der Serie unterstrichen. Die Titelmelodie stammt von Les Humphries. Frank Duval komponierte die Musik für 105 Folgen und steuerte einige Lieder (unter anderem Love, 1977, Angel of Mine, 1980 und Face to Face) bei, die zu Hits in den Charts aufstiegen. Die Musikuntermalung der ersten Folge („Waldweg“) stammt von Peter Thomas. Thomas’ Musik zeichnet sich hier durch eine Mischung aus Jazz, Orchesterklängen und dezenten Funk-Elementen aus. Die Stücke sind meist minimalistisch und melancholisch gehalten und reflektieren damit die psychologische Tiefe der Serie. Von Peter Thomas und seinem Sound Orchester stammt bereits die Musik zur ersten Derrick-Folge »Waldweg« (1974). Sechs weitere folgten. Der Komponist und Musiker hatte sogar einen Cameo-Auftritt in der Derrick-Folge »Tod des Trompeters« (1976), wo er sich im Publikum der Sängerin Sabrina (Emy Cesaroni) befindet und kurz mit ihr interagiert. Das entsprechende Stück „Ohne Dich ist es Nacht“ war einstmals eine erfolgreiche Single und ist auf diesem Album zu hören.

Derrick wird in diesem Jahr 50. Es ist ruhig geworden um die überaus populäre und äußerst erfolgreiche deutsche Krimiserie. Das ist des Oberinspektor-Darsteller Horst Tapperts posthum bekanntgewordener NS-Vergangenheit geschuldet.

Musik in Der Alte
Auch für Der Alte komponierte Peter Thomas die frühe Musik, vor allem in der Ära des ersten „Alten“ Erwin Köster (gespielt von Siegfried Lowitz). Die Musik ist hier dynamischer und oft spannungsgeladener, spiegelt aber ebenso die typische Zurückhaltung des deutschen Krimis wider. Im Vergleich zu Derrick setzt Thomas bei Der Alte etwas stärker auf dramatische Akzente und orchestrale Elemente, um die Spannung der Ermittlungen zu begleiten.

Ein zentrales Merkmal von Thomas’ Musik ist seine Fähigkeit, Emotionen und Atmosphäre subtil zu erzeugen, ohne sich in den Vordergrund zu drängen. Seine Kompositionen für beide Serien sind klar strukturiert, minimalistisch und dennoch einprägsam, was zur ruhigen Erzählweise der Krimis hervorragend passt. Ich mag das Album und kann es empfehlen.

Musiktipp: Musik aus Edgar Wallace Filmen von Peter Thomas

17. Oktober 2024

Es gibt sie noch, die kleinen, aber feinen Perlen und dies auch bei einem Künstler bei dem ich dachte, ich kenne schon viel. Nein, bei Peter Thomas ist es wieder soweit. Es erscheint dieser Tage eine neugestaltete und neuzusammengestellte Compilation von Musik aus den Edgar Wallace Filmen. Und auch unveröffentlichte Schätze.

Der leider verstorbene Peter Thomas war der Hauskomponist der Rialto-Filme, die mich als Kind faszinierten und mich heute weitgehend amüsieren. Ich hab mir die Komplettbox der Filme angeschafft. Und nun veröffentlicht das kleine, spezialisierte Label Allcore diesen musikalischen Leckerbissen auf CD und Vinyl. Dietmar Bosch hat mir eine Vorab-CD zugeschickt, nachdem die limitierte Special Edition auf rotem Vinyl geordert habe, die in den nächsten Tagen veröffentlicht wird.

Es gab 2000 vom gleichen Label schon mal ein Album mit Musik aus Edgar Wallace-Filmen, aber hier mussten sich Peter Thomas und der auch großartige Martin Böttcher den begrenzten Platz auf dem Album teilen. Jetzt hat Peter Thomas ein ganzes Album mit seiner Edgar Wallace Musik für sich – und das steht im sicher zu. In Zusammenarbeit mit Philip Thomas, der den Nachlass seines Vaters Peter Thomas verwaltet, ordnet und sichtet, hat Dietmar Bosch einen wahren Leckerbissen auf den Markt gebracht.

Mit den deutschen Edgar-Wallace-Filmen, überwiegend produziert von der Rialto Film, entstand zwischen 1959 und 1972 die am längsten fortgesetzte Kinofilmreihe der Deutschlands. Die Verfilmungen der Werke des britischen Kriminalschriftstellers waren von Anfang an ein großer Erfolg, was nicht zuletzt auch am unkonventionellen Einsatz signifikanter Musik lag. „Hallo hier spricht Edgar Wallace“ und dann Schüsse aus einem Maschinengewehr – was hab ich mich als Kind davor gefürchtet.

Für den unverwechselbaren Sound fast der Hälfte dieser Thriller (18 von 38) zeichnete Peter Thomas verantwortlich. Dabei konnte er sich, je nach Budget, ordentlich austoben: Schreie, Schüsse, das Klacken von Schnappmessern – es wurde eingebaut, was gefiel. Und wenn man die Scheibe über Kopfhörer hört, gehen diese oft leise eingespielten Effekte voll auf die Birne – genial.
Auf dem hier vorliegenden Album sind alle 17 Titelmusiken und sechs weitere Stücke enthalten, die Peter Thomas zwischen 1961 und 1971 für die Wallace-Reihe schrieb. Es ist somit die erste Compilation, die alle von Peter Thomas mit Musik versorgten Filme der Reihe umfasst. Darunter sind fünf Erstveröffentlichungen. Auf der CD finden sich außerdem vier Bonustracks, die sich bereits auf der längst vergriffenen Best of Edgar Wallace-CD von 2000 befanden.
Also unbedingt zugreifen und sich ein Exemplar sichern, denn es ist unmöglich von Edgar Wallace bzw Peter Thomas nicht gefesselt zu sein.

Philip Thomas: Es wird 2025 unveröffentlichte Takes von Raumpatrouille Orion von Peter Thomas geben

11. September 2024

Im nächsten Jahr feiert der berühmte Komponist Peter Thomas seinen 100. Geburtstag. Leider verstarb der Ausnahmekünstler im Jahr 2020 im Alter von 84 94 Jahre. Den musikalischen Nachlass verwaltet sein Sohn Philip, den Markus Elfert von Filmreport und ich in Berlin einen Besuch abstatteten und ein Interview aufnahmen. Wir trafen auf einen sympathischen, engagierten Mann, der sich mit viel Passion dem Erbe seines Vaters widmete und sogar seinen Juristenjob an den Nagel hing.

Peter Thomas bedeutet für mich in erster Linie die Musik Raumpatrouille Orion, Edgar Wallace und Jerry Cotton. Und viele Soundtracks mehr: Aber ich habe auch noch viele Vinyl-Scheiben zu den Botschaft der Götter, ein schlimmer Dokumentarfilm aus dem Jahr 1976 von Harald Reinl mit William Shatner nach dem Ideen von Erich von Däniken.
Das Archiv von Peter Thomas ist riesig. Noch zu Lebzeiten hat der Musiker sein Werk katalogisiert, was natürlich seinem Erben jetzt zur Hilfe kommt. Thomas hatte ja nicht nur Soundtracks wie Die Schlangengrube und das Pendel geschaffen, sondern auch viel Experimentalmusik und Jazz. Einige wunderbare Soundtracks sind bei All Score erschienen wie Bruce Lee Big Boss, Steiner-das Eiserne Kreuz II oder Winnetou und Sein Freund Old Firehand

Die Werke müssen nun gesichtet und gemastert werden. Einiges davon wird auf Vinyl veröffentlicht, sehr vieles auf Streaming-Plattformen. So wird Peter Thomas einer neuen Generation näher gebracht.

Zu Hause habe ich meine Peter Thomas Vinyl-Platten zusammengesucht und präsentiere sie hier in diesem Video.

Musiktipp: The Big Boss von Peter Thomas

8. Oktober 2021

Ich bin in Trash-Stimmung und schaute mir auf der PSP den Bruce Lee-Streifen Der Mann mit der Todeskralle aus dem Jahre 1973 an. Es war der erste in den Vereinigten Staaten produzierte Martial-Arts-Film und der letzte vollständige Film von Bruce Lee. Drei Wochen nach Dreharbeiten verstarb der Schauspieler.

Der Film hat seine paar Momente. Ausgesprochen spektakulär ist dagegen der Score von Altmeister Lalo Schifrin. Leider ist die Filmmusik nur extrem teuer zu haben. So manche ich mich auf die Suche nach anderen Score zu Bruce Lee-Filmen. Und auf wen traf ich da? Auf meinen musikalischen Helden Peter Thomas, der den Score zu The Big Boss einspielte.

Wie passt der Jazz- und Big Band-Song von Peter Thomas in die asiatische Kampfsportwelt von Bruce Lee. Und das ist eine wirklich interessante Geschichte, die ich als Filmfan noch gar nicht wusste. Es kam so:
The Big Boss war Bruce Lees erster großer Film und verschaffte ihm den internationalen Durchbruch. Premiere feierte Regisseur Lo Weis Film 1971 in Hongkong, seinen internationalen Siegeszug trat er aber erst 1973 an. Der deutsche Verleih glaubte, die originäre chinesische Filmmusik wäre zu weit von den bundesdeutschen Hörgewohnheiten entfernt und beauftragte Peter Thomas, einen eigenen Soundtrack zu komponieren. Dies gelang ihm mit Bravour. Das Resultat war, dass dieser von nun an in der ganzen Welt, mit Ausnahme von China, eingesetzt und somit zur eigentlichen Filmmusik von the Big Boss wurde.


Seit der Erstveröffentlichung dieser Filmmusik im Jahr 2010 hatte sich einiges getan, was eine verbesserte Neuauflage überfällig machte: In Peter Thomas‘ Archiv konnten vier Stücke sowie eine etwas längere Version aus dem Film, die bisher als verschollen galten, gefunden werden. Diese ersetzen nun die Bonustracks der alten CD, die zwar einstmals für den Film komponiert, aber nicht in ihm verwendet wurden.

Wie ja bekannt ist, verstarb Peter Thomas leider während der Vorbereitungen zu dieser von ihm unterstützten Produktion am 17. Mai 2020, 94-jährig in Lugano (CH). Für die Illustration auf dem Gatefold-Cover der LP sowie dem Digipack der CD zeichnet der großartige Adrian Keindorf verantwortlich. Die LP erscheint auf 180g Vinyl standardmäßig in Schwarz sowie in einer auf 300 LPs limitierten transparenten roten und einer auf 200 LPs limitierten transparenten sonnengelben Auflage.

Anmerkung: Da mein Schallplattencover durch den Versanddienstleister an einer Ecke beschädigt wurde, hat Allscore auf Facebook umgehend reagiert und eine Ersatzlieferung angekündigt. Prima Service.