Posts Tagged ‘Pete Docter’

Filmkritik: Soul von Pixar

30. Dezember 2020

Es tut mir in der Seele weh, einen solchen Film nicht im Kino sehen zu können. Seit dem 25. Dezember 2020 ist der neue Pixar-Film Soul online beim hauseigenen Streamingdienst Disney+ anzuschauen – ohne Aufpreis wie bei Mulan. Pixar-Filme sind für das Kino gemacht und dort gehören sie auch hin.

Wunderbarer Film von Pixar. Foto: Pixar

Mein Kind zeigte mir ein Meme: „Pixar bei ToyStory: Wow, sie lassen Spielzeuge sprechen. Pixar bei Soul: Wow, sie sprechen über den Sinn des Lebens.“ Das ist eine ziemlich gute Beschreibung zu Soul, denn der Film geht in die Tiefe und berührt. Regie führte bei diesem Animationsmeisterwerk mit Humor und Tiefgang Pixar-Routinier Pete Docter, der bereits Oben und Alles steht Kopf für Pixar herstellte. Und er versteht dich auch die Komplexität des Themas, verpackt in eine schöne Geschichte.

Soul ist der 23 Pixar-Film und immer wieder überrascht das Studio trotz Disney mit Innovationen in jedem Bereich. Pixar kann einfach Geschichten perfekt erzählen mit Moral und Humor – und in einer absoluten technischen Perfektion.

Foto: Pixar

In Soul geht es um den Musiklehrer Joe Gardner aus New York, der erste Schwarze, der in einem Pixarfilm die Hauptrolle hat. Joe lebt für den Jazz und kaum hat er die Zusage für den Gig seines Lebens erhalten, da stirbt er. Er betritt die Himmelstreppe ins Jenseits, die Rolltreppe führt ins Licht des „großen Danach“. Joe weigert sich aber und entwischt in das „große Davor“ – eine Zone in der Seelen ihre Persönlichkeit erhalten. Dort trifft er auf 22, eine bockige Seele, an der sich bereits große Mentoren chancenlos versucht haben. Joe nimmt die Herausforderung an und es folgt eine wunderbare Körpertauschepisode mit einer Katze – aber schaut euch den Film selbst an.

Die Geschichte hat neben der Situationskomik aber eine zweite tiefere Ebene. Pete Docter schuf ein Plädoyer für das Leben. Er öffnet uns Zuschauern die Augen für die kleinen, aber so enorm wichtige Dinge des Alltags, und sei es auch nur der Biss in ein Pizzastück. Schon bei Ratatouille zeigte Pixar, wie Geschmack auf die Leinwand gebracht werden konnte – bei Soul ist es ebenso. Zunächst hatte ich die Angst, dass uns ein weiterer Aufguss des Thema „Lebe deinen Traum“ in Disney-Manier mit Pathos präsentiert wird, aber nein: Die Botschaft von Pete Docter ist subtiler und geht tiefer. Docter liebt beispielsweise Picasso und so verbeugt er sich im „großen Davor“ vor diesem Künstler und zaubert mit seinen Animatoren eine kunstvolle Landschaft samt kunstvollen Figuren. Er zeigt uns, was Fantasie leisten kann und was die Träumer bei Pixar im Sinn hatten. Und dazu kommt die hinreißende Jazz-Musik von Jon Batiste. Dazu mein CD-Tipp Soul: Music from and Inspired by the Disney/Pixar Motion Picture Was kann es Besseres geben?

Buchtipp: The Art of Inside Out

1. Januar 2016

IMG_7529

Als ich den Trailer zum Pixar-Film Alles steht Kopf zum ersten Mal sah, dachte ich mir enttäuscht: eine belanglose Komödie über das Erwachsenwerden aus der Animationsschmiede. Ich kam mir vor als ob ich einen Otto Sketch meiner Jugend sah: Hirn an Faust … Richtig begeistert war ich aufgrund des deutschen Trailers vom Film nicht, schaute mir aber pflichtbewusst den Film Alles steht Kopf im örtlichen Kino an. Schließlich hatte mich Pixar in der Vergangenheit noch nie enttäuscht.
Und was soll ich sagen? Der Film war ganz, ganz anders als der Trailer es versprochen hatte. Der 15. Pixar Film war wahnsinnig unterhaltsam und hatte eine große Tiefe, genau wie ich es von einem Pixar-Film erwarte.


Im Februar 2016 wird der Film als DVD, Blu ray und Download erscheinen. Zudem gibt es eine limitierte 3-Disc Special Edition. Als Bonus gibt es ein Wiedersehen mit Riley und ihren Emotionen in der exklusiven Premiere des Kurzfilms „Rileys erstes Date?“ sowie der paradiesisch-schöne Kurzfilm „Lava“.
Im Grunde geht es bei Alles steht Kopf um Emotionen. Es geht um die Kombination von Freude, Zorn, Ekel, Kummer und Angst. Der alte Freud hätte seine Freude an diesem Film gehabt. Regisseur Peter Docter, der uns schon Monster AG und Oben brachte, hat ganze Arbeit geleistet und wurde von den beiden Hirnforschern Paul Ekman und Dacher Keltner fachlich unterstützt.


Meine Neugierde über die Entstehungsgeschichte des Films war geweckt. Nachdem Alles steht Kopf technisch keine Neuerungen aufwies, musste die Innovationen auf anderen Gebieten liegen. Technisch war Pixar immer vorne mit dabei. Als Chefredakteur der wichtigsten deutschsprachigen 3D-Zeitschriften erlebte ich die Wasserspiegelungen in Findet Nemo, die Haare in die Unglaublichen und das Fell in Monster AG. Alles steht Kopf brachte in dieser Hinsicht keine Erneuerung durch die Software Renderman und Marionette. Pete Docter setzte auf erzählerische Tiefe und Kreativität.
Diese Kreativität kommt bei dem Buch The Art of Inside Out voll zum Tragen. Anders als die frühen Pixar-Filme wurde hier gleich zu Beginn mit digitalen Werkzeugen gearbeitet. Kreide, Marker, Pinsel kommen aber ebenso weiterhin zum Einsatz. Diese Abwechslung bringt unterschiedliche Sichtweisen auf das Thema Emotionen. Die Frage ist doch: Wie stellt ein Künstler Emotionen bildlich dar? Nicht, wie erzeugt ein Künstler Emotionen? Da wäre der Film beim Walt Disney-Konzern an der richtigen Adresse. Disney ist Spezialist, wenn es um das Erzeugen von Emotionen geht. Da braucht es dann schon Pixar, um die Emotionen selbst darzustellen. Und das gelingt in diesem Buch fabelhaft.
Deutlich bemerkt der Leser den Einsatz von Farben, die in unserem Kulturkreis mit Emotionen besetzt sind, wie Rot für Zorn. Ich würde gerne den Film mit Leuten aus anderen Kulturkreisen ansehen und mit ihnen über die Farben und Emotionen diskutieren. Für mich ist die Darstellungsweise meine gewohnte westliche Sichtweise.


Beim Lesen des Buches bzw. Betrachten der Bilder habe ich mir Gedanken über Emotionen gemacht. Es hat mich entsetzt, dass ich Helden meiner Jugend ebenso vergessen habe, wie die Helden in dem Film. Was ist das Gehirn doch für ein seltsamer Ort?
Ich empfehle jedem den Film Alles steht Kopf und das Buch The Art of Inside Out, wenn er sich über Gefühle Gedanken machen will, wenn er etwas über Kunstgeschichte lernen will, wenn er sich selbst kennenlernen will. Und Gott sei Dank ist kein Film/Buch auf Otto Niveau herausgekommen.

A113 – Humor in Pixar-Filmen

4. August 2011

Es ist allseits bekannt: ich liebe die Pixar-Filme und bei jedem Film gibt es Neues zu entdecken. Seit nunmehr 25 Jahren haben die Kreativen von Pixar die Filmwelt verändert. Obwohl im Pixar-Universum viele unterschiedliche Leute arbeiten, gibt es immer wieder Konstanten. So taucht die Kombination A113 in jedem der bislang 11 Pixarfilme auf:

In Toy Story (1996) trägt das Nummernschild des Minivans von Andys Mutter diese Nummer.

 

In Das große Krabbeln (1998) beschreibt A113 den Code auf einer Frühstücksflocken-Packung. In Toy Story 2 (2000) steht erneut A113 auf dem amtlichen Kennzeichen des Mini-Vans von Andys Mutter. Außerdem erfolgt im Flughafen ein Aufruf für „LassetAir Flug A113“, eine zusätzliche Anspielung auf den Regisseur John Lasseter. In Die Monster AG (2001) ist A113 auf einem Schild im Hintergrund zu lesen, als Sulley Needleman und Smitty beim Beladen einer Abfallpresse beobachtet. In Findet Nemo (2003) beschreibt A113 die Modellbezeichnung der Unterwasserkamera, mit der der Zahnarzt ein Foto von Nemo macht, bevor er ihn einfängt.

In Die Unglaublichen (2004) lautet die Nummer von Syndroms Konferenzraum, in dem Bob mit Mirage verabredet ist, A113. Außerdem wird Mr. Incredible in einem Gefängnis in Ebene A1 festgehalten. Seine Zelle besitzt die Nummer 13: A1+13. In Cars (2006) taucht die Zahl gleich zwei Mal auf: Einmal als Kennzeichen an Hook, zum anderen auf einer Lokomotive. In Ratatouille (2007) hat ein Familienmitglied von Remy ein Schildchen mit der Bezeichnung am Ohr baumeln.

In Wall•E – der Letzte räumt die Erde auf (2008) beschreibt A113 die Anweisung zur Meuterei durch Autopilot Otto.

In Oben (2009) bezeichnet A113 den Gerichtssaal, in dem Carls Fall verhandelt wird. Obwohl einige Jahre vergangen sind, hat Andys Mutter ihr altes Nummernschild mit der A113 auch in Toy Story 3 (2010) noch. Auch in CARS 2, der derzeit in die Kinos läuft, taucht die A113 natürlich wieder auf. Doch was hat es mit der A113 auf sich? In Raum A113 befand sich das frühere Klassenzimmer von John Lasseter, Brad Bird, Pete Docter und Andrew Stanton am CalArts, dem California Institute of the Arts, wo die vier studiert haben. Die Bezeichnung kommt in jedem Pixar Film vor. Das ist Humor, wie ich ihn mag.