Posts Tagged ‘Lautlos im Weltraum’

Douglas Trumbull – ein Zauberer ist abgetreten

9. Februar 2022

Ein Zauberer, einer der großen Meister seines Fachs, ist von uns gegangen. Douglas Trumbull verstarb an Krebs, einem Hirntumor und einen Schlaganfall im Alter von 79. Jahren. Seine Tochter gab den Tod des Vaters via Facebook bekannt.

Sicherlich ist sein Name nur Insidern bekannt, sein Werk dagegen haben viele Menschen bewundert. Douglas Trumbull schuf die Tricks von vielen stilprägenden Filmen, allen voran 2001: Odyssee im Weltraum, Blade Runner, Andromeda (1971), Unheimliche Bewegung der Dritten Art oder Star Trek – der Film.

Douglas war ein Genie in seinem Metier und revolutionierte die Tricktechnik mit seinen Modellen, lange bevor es CGI gab. In Andromeda führte er das erste Mal CGI im Film ein. Wir die Zuschauer, aber auch die Filmschaffenden in aller Welt haben ihn so viel verdanken. Sein letzter Geniestreich war wohl der Trailer zu Amazons Herr der Ringe-Serie. Sonst arbeitete er für IMAX und entwickelte das Showscan-Verfahren mit 60 fps.

Aber Trumbull führte auch Regie, einmal bei Öko-SF Lautlost im Weltraum (1972) und vor mich sein wegweisendes Werk Projekt Brainstorm. Beide Filme floppten, aber sie fanden dennoch den Weg in mein Herz. Brainstorm war für mich eine Vorausschau auf VR und das Metaverse.

Trumbull habe ich nur einmal live gesehen. Ich glaube es war 2021 in Stuttgart auf der fmx. Leider kam ich nicht nah genug an ihm ran, keine Fotos und vor allem kein Interview. Ich war den Veranstaltern wohl nicht so wichtig, so dass ich nur ein Zuschauer und vielen war.
Das erste Mal las ich den Namen Douglas Trumbull als ich ein junger Kinofan war und mir den Sonderband Die Tricks der Kinozeitschrift cinema kaufte. Dort wurde ein wenig über den Zauber von 2001 berichtet und wer die großartigen Tricks schuf. Seitdem war ich ein Fan von ihm.

Wall•E: Pixars kollektives Filmgedächtnis

15. September 2008

Pixar hat das Problem, dass das Unternehmen mit seinen überaus erfolgreichen Animationsstreifen Filmgeschichte geschrieben hat. Anders verhält es sich bei Dreamworks, die mit Shrek und Kung Fu Panda einfach nur für Unterhaltung und Kasse sorgen. Pixar dagegen muss mit jedem Film neue Maßstäbe setzen, seien sie technischer oder inhaltlicher Natur. Mit Wall•E ist es der Steve-Jobs-Company wieder gelungen, die Filmgeschichte mit einem Meilenstein zu bereichern. Und das Rezept: Um in die Filmgeschichte einzugehen, zitiert man fleißig archetypische Elemente des Filmgeschichte, in diesem Fall des Science-Fiction-Films. Als Quelle der Inspiration standen den Pixar-Verantworlichen zahlreiche Meisterwerke Pate. Allen voran aber die Klassiker „2001: Odyssee im Weltraum“ und „Lautlos im Weltraum (Silent Running)“. Vor allem Kubricks Meisterwerk aus dem Jahre 1968 liefert die Basis für Wall•E. Und die Meisterleistung von Pixar: Wall•E funktioniert auch bei Zuschauern, die das große Vorbild nicht gesehen. Dennoch sind Bilder und Score von 2001 so im Gedächtnis des Zuschauers verankert, dass sie bei Wall•E von einem kollektiven Gedächtnis abgerufen werden. Seien es das rote allsehende Auge von HAL oder die Richard-Strauss-Musik von „Also sprach Zarathrusta“.

Ähnlich wie 2001 kommt Wall•E zu Beginn des Films ohne Dialoge aus. Erst als in 2001 der Mensch den Monolithen entdeckt, gelangt er auf eine höhere Bewusstseinsebene. Und erst als sich Wall•E mit Eve trifft, erwachen Gefühle in ihm. Es gelingt den Pixar-Machern den Robotern von der ersten Minute an menschliche Züge zu geben. Die Einteilung Mann und Frau wird getroffen, obwohl es sich nur um Maschinen handelt. Anspielungen aus dem Realfilm sind gewollt. Anleihen sind R2D2 aus „Star Wars“ und „Nummer 5 lebt“.  Pfeifend rollt Wall•E pflichtbewusst und pfiffig durch die Apokalypse, begleitet von einer Kakerlake, die den Weltuntergang überlebt habt. Schreckliche Endzeitvisionen einer verlassenden Welt sind die ersten Eindrücke des Films. Seinen Charalter formt Wall•E durch Abspielen von Muscial-Sequenzen aus „Hello Dolly“.

Die Symbole aus 2001 kehren immer wieder. Die biblischen Anspielungen mit einem Garten Eden im Weltraum kommen natürlich von „Lautlos im Weltraum“, den vfx-Papst Douglas Trumball inszenierte. Roboter behüten die Pflanzen und Bäume. Auch in Wall•E kümmern sich die Maschinen um das neu erwachende Grün. Die Parallelen sind vorhanden, eine einfache Kopie ist Wall•E aber deshalb nicht. Einen Abstecher in die Religion nimmt Pixar mit dem Roboter Eve, also Eva. Die Maschine hat weibliche, gar mütterliche Züge. Sie trägt das neue Leben, die neue Hoffnung, symbolisiert durch die lebende  Pflanze, in sich. Das Symbol der Mutter wird im englischen Original wieder durch Sigourney Weaver aufgenommen. Ruhm erlangte sie durch die „Alien“-Reihe. Im ersten Teil suchte sie Hilfe bei einem Schiffscomputer, der sich Mutter nannte. In Wall•E gibt sie eben diesem Schiffscomputer ihre Stimme. Mutter ist wieder da. Dann tauchen in Wall•E noch die neu erwachten Menschen John und Mary auf. Johannes und Maria entdecken ihre gegenseitige Existenz. Sie weisen sogar auf das Wasser als Symbol des Heiligen Geistes mit den Worten „Wir haben sogar einen Pool“ hin.

Alles in allem ein gewaltiger Film, der mit oder ohne Metaebene  brillant funktioniert. Der Zuschauer kann sich zwei Stunden perfekt unterhalten lassen oder er kann Symbole des Science-Fiction-Films genießen.

Einen ausführlichen Bericht über Wall•E gibt es in der neuen DIGITAL PRODUCTION (www.digitalproduction.com).