Posts Tagged ‘komische Oper’

Doppelpack Die Meistersinger von Nürnberg

13. August 2017
Einmal im Jahr versuche ich nach Bayreuth zu kommen.

Einmal im Jahr versuche ich nach Bayreuth zu kommen.

Für mich ist der August auch immer mit einem Besuch an einen heiligen Ort verbunden: Dem grünen Hügel von Bayreuth. Wenn ich irgendwie Karten für die Richard Wagner Festspiele ergattere, dann reise ich zu einer Aufführung an diesem Hort der Kultur. In der Regel startet mein Wagner-Erlebnis mit der Kino-Übertragung und einem späteren Live-Besuch vor Ort. Dieses Jahr habe ich mir ein Doppelpack Meistersinger gegönnt.

Die Meistersinger von Nürnberg in der Inszenierung von Barrie Kosky, Intendant und Chefregisseur der Komischen Oper Berlin, war für mich ein Erlebnis. Die 4,5 stündige Oper, es ist die längste Wagner-Oper überhaupt, kam fast wie eine flotte Operette daher – fast. Den Ring zähle ich hier mal nicht als einzelne Oper, sondern als Mehrteiler. Verzeihung wenn ich Operette mit der heiligen Musik von Wagner assoziiere.

Ich hatte die Meistersinger zuvor noch nie live gesehen und war von der Neuinszenierung sehr positiv überrascht. Ich schmunzelte über die beiden tierischen Stars zu Beginn und den Humor der Inszenierung im Hause Wahnfried im Allgemeinen. Die Neufundländer Möhre und Bingo, alias Marke und Molly waren vor der Oper ein wahrer Publikumsmagnet. Festspielleiterin Wagner weiß einfach, die Hunde ziehen und nachdem auch Barrie Kosky ein Hundebesitzer ist, waren entsprechende Storys in der Presse vorprogrammiert. So sieht moderne PR-Arbeit aus.

Barrie Kosky ist der erste Jude, der eine Wagner-Oper in Bayreuth inszeniert. Was so locker und flockig begann, wurde dann ernst. Es blieb mir das Schmunzeln im Halse stecken, spätestens am Ende des zweiten Aufzugs als ich mit Wagner schrecklichen Antisemitismus konfrontiert wurde. Wagner als Musiker ist genial, Wagner als Politiker ist verabscheuungswürdig. Der Jude als Witzfigur. Hermann Levi, der erste „Parsifal“-Dirigent, wurde von Wagner immer wieder verspottet. Das sah man bereits im Vorspiel der Meistersinger, als sich der Jude dem Christentum beugen musste. Und auch das Bühnenbild änderte sich von Wohnzimmer zu Gerichtssaal. Die Ouvertüre von Wahnfried endet im dritten Aufzug im Gerichtssaal der Nürnberger Prozesse.

Das Selfie vor dem Festspielhaus mit Doris Ortlieb. Danke, dass sie mich begleitet, obwohl Wagner nicht so ihr Ding ist.

Das Selfie vor dem Festspielhaus mit Doris Ortlieb. Danke, dass sie mich begleitet, obwohl Wagner nicht so ihr Ding ist.

Ich hab Rücken bei den Meistersingern
4,5 Stunden Wagner kann ein Genuss sein, muss es aber nicht. Ich hatte im zweiten Aufzug, der nur eine Stunde dauerte, Rückenprobleme aufgrund der Holzstühlen. Das Sitzen auf meinem Klappstuhl tat mir dieses Jahr weh. Das Holz drückte unangenehm in den Rücken, schlimmer als in den vergangenen Jahren. Sollte ich gar jetzt so alt sein, dass ich ein lächerliches Sitzkissen mit nach Bayreuth nehmen sollte?

In der zweiten Pause schaute ich sogar am Merch-Stand bei der Post gegenüber des Festspielhauses die Kissen an. Aber nein, ich blieb hart. Ich kauf kein Kissen und nahm in 2,5 stündigen dritten Aufzug wieder auf dem harten Holzstuhl Platz. Insgesamt gibt es 1974 Plätze im Zuschauerraum mit gleichmäßig ansteigenden Sitzreihen nach Vorbild antiker Amphitheater. Der Blick vom Publikum aus ist genial, die Akustik auch.

Der göttliche Klang im Festspielhaus
Der komplette Innenraum besteht aus Holz, unter dem Zuschauerraum ist ein Hohlraum, der einen wunderbaren Resonanzboden für die Musik liefert. Am Ende merkt es auch der Zuschauer, wenn er mit den Füßen vor Begeisterung stampft. Und natürlich gibt es in Bayreuth den mystischen Abgrund. Der Orchestergraben ist mit einem Schalldeckel vom Publikum abgeschirmt. Die Musik des Orchesters fließt vom Graben auf die Bühne und vermischt sich mit den Stimmen zu dem Bayreuther Mischklang bevor er zum Publikum strömt. Das hat man ausgezeichnet gemerkt, wenn man die Meistersinger im Kino und dann live genoss. Der Klang im Kino war gut, der Klang im Festspielhaus war genial und lässt sich durch nicht toppen. Klangfetischisten werden von Klang in Bayreuth absolut begeistert sein. Für Wagnerianer ist es der Himmel.

Während ich bei der Premiere im Kino noch ein paar Buh-Rufe gehört habe, war von einem Buh im Festspielhaus nichts mehr zu hören. Fast 15 Minuten dauerte der Schlussapplaus an, wie mein Video zeigt.

Charme der siebziger Jahre am Grünen Hügel
Und noch zahlreichen Besuchen der Wagner Festspiele habe ich auch die Umgebung gewöhnt und rege mich schon gar nicht mehr über das siebziger Jahre Ambiente um das Konzert auf. Das Festspielhaus wird Zug um Zug saniert, vielleicht fällt auch endlich etwas für die Restaurants auf dem Gelände ab. Zum einen Mensa-Atmosphäre, zum anderen runtergerocktes Ambiente vergangenen Zeiten. Das ist eines Richard Wagner nicht würdig und habe auf den Besuch der Restaurants verzichtet.

Wagner goes Social Media
Allerdings habe ich unbedingt Hannes Richter auf dem Gelände besuchen wollen. Er ist der Social-Media-Beauftragter der Bayreuther Festspiele und macht einen verdammt guten Job mit seinem Team. Ich habe ihn im Büro besucht und mich als Vorsitzender des Bloggerclubs vorgestellt.

Hannes Richter ist der Social-Media-Beauftragte der Bayreuther Festspiele

Hannes Richter ist der Social-Media-Beauftragte der Bayreuther Festspiele

Wenn die Festspielzeit vorbei ist, nehme ich nochmals mit ihm Kontakt auf. Vielleicht können wir 2018 die Bayreuther Festspiele und der Bloggerclub etwas auf die Beine stellen. Im Moment folge ich den Bayreuther Festspielen auf Twitter (sehr gut) und YouTube (nett gemacht). Facebook beachte ich, finde aber die Geschwindigkeit von Twitter deutlich besser.

Digitalisierung – Nägel mit Köpfen machen

13. Mai 2015
Staatsminister Markus Söder machte einen Hangout und ich war dabei.

Staatsminister Markus Söder machte einen Hangout und ich war dabei.

Durch einen Zufall kam ich zu einem Termin mit dem bayerischen Finanzminister Markus Söder als sich dieser für ein Gespräch mit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble in Berlin aufhielt. In der bayerischen Landesvertretung gab Söder dem Verein politik-digital.de ein seit Wochen geplantes Google Hangout-Interview zum Thema Digitalisierung. Seit 1998 informiert politik-digital.de über Netzpolitik und ist führender Anbieter von Politiker-Chats.

So sah der Minister den Hangout.

So sah der Minister den Hangout.

Medienprofi wie Markus Söder nun mal ist, nutze er die Chance und beantwortete die zahlreichen Fragen im Google Hangout. Neben einem sachlich fragenden CSU-Mitglied aus seiner Heimatstadt Nürnberg sprach Söder vor allem mit einem Radiomoderator von Radio Charivari 98.6 aus Nürnberg. Sogar der Betreiber des Radiosenders Michael Oschmann war zu diesem Termin gegenüber der komischen Oper in der Landesvertretung erschienen, um den Google Hangout zu verfolgen.

Erinnerungsfoto vom Erinnerungsfoto.

Erinnerungsfoto vom Erinnerungsfoto.

Der Radiosender hatte einige Fragen seiner Zuhörer gesammelt, die Söder zur Zufriedenheit der Fragesteller und des Moderators Christian Marx in 45 Minuten beantwortete. Aus Sicht des CSU-Politikers war die digitale Bürgersprechstunde ein Erfolg. Einige Fragen drehten sich dabei doch sehr um die Unsimmigkeiten zwischen Nürnberg und Fürth und sind bundesweit nicht gerade von Bedeutung. Hier gibt es den ganzen Hangout. Und hier gibt es das ganze Video von 45 Minuten als 4:30 Minuten via Hyperlapse:

Als digitaler Nomade befürworte ich diese Art der Kommunikation, besonders wenn es um das Thema Digitalisierung geht. Söder hat alles richtig gemacht. Aktionen wie einen Google Hangout oder Live-Sendungen via Periscope sind hier die richtigen Werkzeuge, allerdings ob sie die erlaubten Werkzeuge für ihn als Politiker sind, sei dahingestellt. Söder oder ein anderer sind mit solchen Aktionen ein Sender im Sinne der Landesmedienanstalten und als Sender brauchen sie nach Meinung einiger Juristen eine Sendelizenz, wenn mehr als 500 Zuschauer die Übertragung rein technisch empfangen können.

Radiobetreiber Michael Oschmann (l.) schaute sich den Hangout vor Ort an.

Radiobetreiber Michael Oschmann (l.) schaute sich den Hangout vor Ort an.

500 ? – im Falle von Google Hangouts und Periscope-Übertragungen ist das lässig der Fall. Schon die Kanzlerin hatte mit ihrem Google Hangout zur Bundestagswahl Schwierigkeiten mit ihrer eigenen Landesmedienanstalt in Berlin/Brandenburg bekommen. Das ganze System der Sendelizenzen ist anachronistisch und meiner Meinung nach für ein digitales System nicht geeignet. Es mag sinnvoll in Zeiten knapper und begrenzter Sendefreuqenzen gewesen sein sein, im digitalen Zeitalter ist es komplett überholt. Hier könnten sich die beiden bayerischen Digitalisierungsexperten Markus Söder und Ilse Aigner eine Namen machen und die Sache mit ihrem Parteikollegen Siegfried Schneider von der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien klären. Das Netz würde es ihnen danken.

Die bayerische Landesvertretung war Ort der Übertragung.

Die bayerische Landesvertretung war Ort der Übertragung.