Posts Tagged ‘Wahnfried’

Buchtipp: Wagners Villa Wahnfried

25. Juli 2018

Heute beginnt eine für mich interessante Zeit: Es beginnen die Festspiele am Grünen Hügel in Bayreuth. Lohengrin steht auf dem Programm – ich schau mir die Inszenierung im Kino an. In den nächsten Wochen werde ich daher verstärkt über den großartigen Richard Wagner bloggen. Gleich vorweg zur Klarstellung: Politisch lehne ich Wagner ab, musikalisch verehre ich ihn.
Im Grunde bedeutet Wagner für mich ein Ritual. Bei meinen Besuchen in Bayreuth gehört der Abstecher an das Grab des großen Komponisten einfach dazu. Ein kurzes Gedenken, ein Blick in die Runde, vielleicht nehme ich auf einer Bank im Garten seiner Villa Platz und höre mir die eine oder andere Ouvertüre an.

 

Der Besuch von Wahnfried, dem Wohnhaus von Richard Wagner, ist ab und zu für mich ein Bedürfnis. Ich habe ein paar Videos und VR 360 Videos in den Räumen gedreht und möchte alle Interessierten an Richard Wagner zum Besuch von Wahnfried einladen. Nur wer die Luft von Wahnfried schnuppert, kann Wagner ganz begreifen. Mich fasziniert das Gebäude und die Aura, die es umgibt. Und zum Einstieg daher ein Buchtipp zu Wahnfried – Das Haus von Richard Wagner: The Home of Richard Wagner, der die wechselvolle Geschichte des Hauses darstellt. Das Buch Wahnfried von Markus Kiesel und Joachim Mildner geht historisch an das Gebäude heran.


Mit historischem und aktuellem Bildmaterial reich illustriert, zeichnet das Buch die Geschichte des Hauses bis hin zur 2015 fertiggestellten Grundsanierung und Errichtung von Erweiterungsbauten nach. Wagnerexperten wie Verena Naegele, Nike Wagner Dietmar Schuth und Peter Cachola Schmal kommen zur Wort. Den wichtigsten Teil des Buches nehmen die historischen Ausführungen von Verena Naegele ein von den Anfängen, über den Erfolg, den Missbrauch und die Zerstörung bis zum Wiederaufbau und Eröffnung als Museum. Wahnfried ist mehr als nur ein Wohnort eines berühmten Komponisten. Für mich geht von diesem Ort eine ungeheure Faszination aus, die zum Mythos Richard Wagner ihren Beitrag leistet. Wagner ist ein Gesamtkunstwerk mit den wunderbaren und teuflischen Begegnungen. Als ich das Buch durchblätterte kommen mir meine Gedanken in den Sinn als ich durch Wahnfried und den Garten streifte. Es sind interessante Details und Zitate in dem Buch zusammengeführt, die Wahnfried für mich zu einem Erlebnis machen. Gerne nehme ich das Buch Wahnfried – Das Haus von Richard Wagner: The Home of Richard Wagner zur Hand, lese und erinnere mich – und es ist ein hervorragender Einstieg in die Welt Wagners, daher meine Kaufempfehlung.

Doppelpack Die Meistersinger von Nürnberg

13. August 2017
Einmal im Jahr versuche ich nach Bayreuth zu kommen.

Einmal im Jahr versuche ich nach Bayreuth zu kommen.

Für mich ist der August auch immer mit einem Besuch an einen heiligen Ort verbunden: Dem grünen Hügel von Bayreuth. Wenn ich irgendwie Karten für die Richard Wagner Festspiele ergattere, dann reise ich zu einer Aufführung an diesem Hort der Kultur. In der Regel startet mein Wagner-Erlebnis mit der Kino-Übertragung und einem späteren Live-Besuch vor Ort. Dieses Jahr habe ich mir ein Doppelpack Meistersinger gegönnt.

Die Meistersinger von Nürnberg in der Inszenierung von Barrie Kosky, Intendant und Chefregisseur der Komischen Oper Berlin, war für mich ein Erlebnis. Die 4,5 stündige Oper, es ist die längste Wagner-Oper überhaupt, kam fast wie eine flotte Operette daher – fast. Den Ring zähle ich hier mal nicht als einzelne Oper, sondern als Mehrteiler. Verzeihung wenn ich Operette mit der heiligen Musik von Wagner assoziiere.

Ich hatte die Meistersinger zuvor noch nie live gesehen und war von der Neuinszenierung sehr positiv überrascht. Ich schmunzelte über die beiden tierischen Stars zu Beginn und den Humor der Inszenierung im Hause Wahnfried im Allgemeinen. Die Neufundländer Möhre und Bingo, alias Marke und Molly waren vor der Oper ein wahrer Publikumsmagnet. Festspielleiterin Wagner weiß einfach, die Hunde ziehen und nachdem auch Barrie Kosky ein Hundebesitzer ist, waren entsprechende Storys in der Presse vorprogrammiert. So sieht moderne PR-Arbeit aus.

Barrie Kosky ist der erste Jude, der eine Wagner-Oper in Bayreuth inszeniert. Was so locker und flockig begann, wurde dann ernst. Es blieb mir das Schmunzeln im Halse stecken, spätestens am Ende des zweiten Aufzugs als ich mit Wagner schrecklichen Antisemitismus konfrontiert wurde. Wagner als Musiker ist genial, Wagner als Politiker ist verabscheuungswürdig. Der Jude als Witzfigur. Hermann Levi, der erste „Parsifal“-Dirigent, wurde von Wagner immer wieder verspottet. Das sah man bereits im Vorspiel der Meistersinger, als sich der Jude dem Christentum beugen musste. Und auch das Bühnenbild änderte sich von Wohnzimmer zu Gerichtssaal. Die Ouvertüre von Wahnfried endet im dritten Aufzug im Gerichtssaal der Nürnberger Prozesse.

Das Selfie vor dem Festspielhaus mit Doris Ortlieb. Danke, dass sie mich begleitet, obwohl Wagner nicht so ihr Ding ist.

Das Selfie vor dem Festspielhaus mit Doris Ortlieb. Danke, dass sie mich begleitet, obwohl Wagner nicht so ihr Ding ist.

Ich hab Rücken bei den Meistersingern
4,5 Stunden Wagner kann ein Genuss sein, muss es aber nicht. Ich hatte im zweiten Aufzug, der nur eine Stunde dauerte, Rückenprobleme aufgrund der Holzstühlen. Das Sitzen auf meinem Klappstuhl tat mir dieses Jahr weh. Das Holz drückte unangenehm in den Rücken, schlimmer als in den vergangenen Jahren. Sollte ich gar jetzt so alt sein, dass ich ein lächerliches Sitzkissen mit nach Bayreuth nehmen sollte?

In der zweiten Pause schaute ich sogar am Merch-Stand bei der Post gegenüber des Festspielhauses die Kissen an. Aber nein, ich blieb hart. Ich kauf kein Kissen und nahm in 2,5 stündigen dritten Aufzug wieder auf dem harten Holzstuhl Platz. Insgesamt gibt es 1974 Plätze im Zuschauerraum mit gleichmäßig ansteigenden Sitzreihen nach Vorbild antiker Amphitheater. Der Blick vom Publikum aus ist genial, die Akustik auch.

Der göttliche Klang im Festspielhaus
Der komplette Innenraum besteht aus Holz, unter dem Zuschauerraum ist ein Hohlraum, der einen wunderbaren Resonanzboden für die Musik liefert. Am Ende merkt es auch der Zuschauer, wenn er mit den Füßen vor Begeisterung stampft. Und natürlich gibt es in Bayreuth den mystischen Abgrund. Der Orchestergraben ist mit einem Schalldeckel vom Publikum abgeschirmt. Die Musik des Orchesters fließt vom Graben auf die Bühne und vermischt sich mit den Stimmen zu dem Bayreuther Mischklang bevor er zum Publikum strömt. Das hat man ausgezeichnet gemerkt, wenn man die Meistersinger im Kino und dann live genoss. Der Klang im Kino war gut, der Klang im Festspielhaus war genial und lässt sich durch nicht toppen. Klangfetischisten werden von Klang in Bayreuth absolut begeistert sein. Für Wagnerianer ist es der Himmel.

Während ich bei der Premiere im Kino noch ein paar Buh-Rufe gehört habe, war von einem Buh im Festspielhaus nichts mehr zu hören. Fast 15 Minuten dauerte der Schlussapplaus an, wie mein Video zeigt.

Charme der siebziger Jahre am Grünen Hügel
Und noch zahlreichen Besuchen der Wagner Festspiele habe ich auch die Umgebung gewöhnt und rege mich schon gar nicht mehr über das siebziger Jahre Ambiente um das Konzert auf. Das Festspielhaus wird Zug um Zug saniert, vielleicht fällt auch endlich etwas für die Restaurants auf dem Gelände ab. Zum einen Mensa-Atmosphäre, zum anderen runtergerocktes Ambiente vergangenen Zeiten. Das ist eines Richard Wagner nicht würdig und habe auf den Besuch der Restaurants verzichtet.

Wagner goes Social Media
Allerdings habe ich unbedingt Hannes Richter auf dem Gelände besuchen wollen. Er ist der Social-Media-Beauftragter der Bayreuther Festspiele und macht einen verdammt guten Job mit seinem Team. Ich habe ihn im Büro besucht und mich als Vorsitzender des Bloggerclubs vorgestellt.

Hannes Richter ist der Social-Media-Beauftragte der Bayreuther Festspiele

Hannes Richter ist der Social-Media-Beauftragte der Bayreuther Festspiele

Wenn die Festspielzeit vorbei ist, nehme ich nochmals mit ihm Kontakt auf. Vielleicht können wir 2018 die Bayreuther Festspiele und der Bloggerclub etwas auf die Beine stellen. Im Moment folge ich den Bayreuther Festspielen auf Twitter (sehr gut) und YouTube (nett gemacht). Facebook beachte ich, finde aber die Geschwindigkeit von Twitter deutlich besser.

Musiktipp: Richard Wahnfried: Tonwelle

8. April 2012

Es gibt Musik, die einfach Geschichte gemacht hat und selbst eine tolle Geschichte ist. Im Moment bin ich wieder auf meinem Klaus Schulze Tripp und ich habe dabei sein Projekt Richard Wahnfried wieder entdeckt. Wer auf elektronische Musik steht und die Tonwelle nicht kennt, der steht nicht auf elektronische Musik – so einfach ist das. Ich liebe Richard Wahnfrieds Tonwelle.

Dabei will ich nicht die alte Aufnahme hier in dem Mittelpunkt stellen, sondern die Neuauflage. Tonwelle war 1981 das zweite Richard Wahnfried-Album von Klaus Schulze mit interessanter Besetzung: Mit Gitarrist Manuel Göttsching arbeitete er erstmals seit seinem Ausstieg aus Ash Ra Tempel wieder zusammen. Den Gesang steuerte Michael Garvens bei und für den Beat sorgte der Santana-Drummer Michael Shrieve.

Die Tonwelle hatte bei uns eine nette Geschichte. Was aber bei uns als Jugendliche in den achtziger Jahren immer für Streit sorgte: In welcher Geschwindigkeit läuft die Platte? Natürlich spielte ich sie in 33 Umdrehungen pro Minute ab, schließlich war es eine Langspielplatte und die gehören in 33 abgespielt. Aber einmal haben wir vergessen, die Geschwindigkeit beim Single-Hören umzustellen und die Tonwelle spielte auf 45 Umdrehungen pro Minute. Das war der Hammer! Die Musik hatte eine Power – unglaublich. Es waren nur die beiden Stücke Schwung und Druck.

Und bei der Wiederveröffentlichung der CD sorgte Schulze für eine Überraschung. Er brachte ein Doppelalbum der Tonwelle heraus, eine CD in 33, die andere CD in 45. Das ist Kunst auf hohem Niveau. Schulze sagt selbst: „Ich habe die Aufnahmen zum ersten Mal nach 30 Jahre wieder gehört und finde die Aufnahme im langsameren Tempo sehr viel besser, obwohl ‚Schwung‘ und ‚Druck‘ nicht mehr so ganz passen. Aber wenn man die Titel auch noch verändern würde, würde es nur noch zu mehr Verwirrungen führen. Ich bin mir sicher, dass diese neuen Versionen den alten und neuen Fans gefallen werden.“

Der Schulze ist ein Schlitzohr und hat sich mal wieder seinen Platz in der Musikgeschichte gesichert. Natürlich geht der Streit unter den Hardcore-Fans los, schließlich heißt die Neuveröffentlichung: Richard Wahnfrieds Tonwelle und der Künstler Klaus Schulze. Es ist nicht Richard Wahnfried: Tonwelle – ein kleiner, aber feiner Unterschied. Mir ist es egal. Ich bin froh, dass ich meine LP nun ausmustern kann und laut, aber ganz laut den Klangteppich des Herrn Schulze auf CD lauschen kann.