Posts Tagged ‘Dieter Kronzucker’

Persönlicher Nachruf auf Gerd Ruge

18. Oktober 2021

Mit 93 Jahren starb eine Legende: Gerd Ruge ist tot. Ein journalistisches Vorbild hat seine wachen Augen für immer geschlossen. Für mich war Ruge ein Vorbild, obwohl ich nie mit ihm arbeiten durfte. Diese Auszeichnung wurde mir nie zu Teil.
Ich habe die Arbeit von Gerd Ruge immer geschätzt, den Menschen kannte ich nur aus Erzählungen, aber der Reporter war mir Zeit seines Lebens präsent. Mein Vater hatte das Buch von Ruge Zwischen Washington und Moskau – Europa in der Konfrontation der Supermächte. Das bekam ich als Jugendlicher in die Hände und war über den Stil begeistert. Ich hatte damals Peter Scholl-Latour, Peter von Zahn und Dieter Kronzucker gelesen. Nun hatte ich Gerd Ruge für mich entdeckt.

Als es 1991 zum Putsch gegen Gorbatschow kam, hing ich vor dem Fernseher und verfolgte die Dauerreportagen von Gerd Ruge, der mir die Lage vom russischen Weißen Haus ins Wohnzimmer brachte. Manches Mal vernuschelt, aber immer objektiv. Der Mann konnte einfach mit Menschen. Später erschien dazu sein Buch: Der Putsch: Vier Tage, die die Welt veränderten
Er hatte den Dreh raus, um den Menschen zu erreichen. Ob er es unabsichtlich machte oder ob er diesen Stil bewusst einsetzte, das weiß ich nicht. Funktioniert hat es immer. Ich sagte einmal zu einem Kollegen, dass mich Ruge an die TV-Figur Colombo erinnerte – und das meine ich mit großem Respekt. Ruges Spruch lautete: „Wie ist das Leben?“ – und damit hatte er den Interviewpartner.

Mein Autogramm von Gerd Ruge.

Auf einer Veranstaltung, ich glaube es war die Verleihung des Gerd Ruge Stipendium der Film- und Medienstiftung NRW, durfte ich ein paar Worte mit ihm wechseln. Und ich bat ihn um ein Autogramm. Ich hatte aus München extra eine alte Autogrammkarte vom WDR mitgebracht.
Er lachte und nuschelte etwas, warum ich kein neues Buch zum Unterschreiben dabei hatte. Ich lachte und sagte sinngemäß, dass er für mich ein Mann des Fernsehens sei und daher erschien mir die WDR-Autogrammkarte am passendsten. Wir beide lachten, er unterschrieb und das war leider meine einzige Live Begegnung mit Gerd Ruge. Das Autogramm hängt heute in meinem Arbeitszimmer.

Zur Person Gerd Runge
Gerd Ruge wurde am 9. August 1928 in Hamburg geboren. Seine berufliche Laufbahn begann er 1949 beim damaligen Nordwestdeutschen Rundfunk (NWDR) in Köln. 1956 ging er als erster ständiger Korrespondent für die ARD nach Moskau. 1963 entwickelte er mit dem Journalisten Klaus Bölling die ARD-Sendung „Weltspiegel“. Bis 1969 war Ruge Amerika- und Washington-Korrespondent der ARD und kehrte dann als ARD-Chefkorrespondent und Leiter des WDR-Studios zurück nach Bonn. 1973 bis 1976 war Ruge Korrespondent der Tageszeitung „Die Welt“ in Peking, wurde 1977 für den WDR ARD-Hörfunkkorrespondent in Moskau und ab 1981 WDR-Fernseh-Sonderkorrespondent. Gerd Ruge leitete u.a. die Redaktionen „Monitor“ und „Weltspiegel“ im WDR sowie die Programmgruppe Ausland. 1987 ging er als ARD-Korrespondent und Studioleiter zurück nach Moskau, wo er bis zum Ruhestand 1993 arbeitete.
Dem Bildschirm verbunden blieb Ruge durch seine Reisereportagen „Gerd Ruge unterwegs“ und die Moderation der 3sat-Talkrunde „NeunzehnZehn“. Von 1997 bis 2001 leitete er den Bereich Fernsehjournalismus an der Hochschule für Fernsehen und Film in München. 1999 wurde er Präsident der Jury des „Prix International des Correspondants de Guerre“. Gerd Ruge war Träger des Großen Bundesverdienstkreuzes und erhielt zahlreiche Preise und Auszeichnungen, u.a. drei Adolf-Grimme- Preise, den Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis sowie 2014 den Ehrenpreis der Stifter des Deutschen Fernsehpreises.

Persönliche Erinnerung an den großen Journalisten Peter von Zahn

26. Juli 2021

Die Reporterstimme, die mich als Kind geprägt hat, gehört ohne Zweifel dem großen Peter von Zahn. Am 26. Juli 2021 Heute vor 20 Jahren verstarb der große Hörfunk- und Fernsehjournalist in Hamburg. Und ich muss zugeben: Ich bin ein absoluter Fan von Peter von Zahn. Er hat mich sicherlich in meiner Berufswahl stark beeinflusst.

Als Kind saß ich gebannt vor dem Grundig-Fernseher meiner Eltern und sah mir Woche für Woche die Sendung „Bilder, die die Welt bewegten“ an. Die Serie brachten mir die großen Katastrophen näher, wie beispielsweise den Hindenburg-Absturz oder das Kennedy-Attentat. Die drei Staffeln mit insgesamt 34 Folgen liefen in den Jahren 1980 und 1983 im ZDF. Peter von Zahn moderierte sämtliche Sendungen mit seiner bemerkenswerten Stimme und eigentümlichen Betonung. Diese Stimme hab ich noch immer im Ohr.

Wenn der Vorspann der Serie auf der Mattscheibe erschien, lief es mir als junger Zuschauer kalt den Rücken herunter. Eine Tickermeldung zog sich in der Schrift American Typewriter über den Bildschirm, während Katastrophenbilder abliefen. Dazu eindringliche Musik. Das wirkt noch immer und war überzeugend. Fakten eindringlich präsentiert – das war ein Journalismus mit dem ich aufgewachsen bin.
Mein Papa berichtete mir von US-Sendungen von Zahn, die Papa als junger Mensch im Schwarzweiß-Fernseher sah. Als erster festangestellter deutscher Auslandskorrespondent nach dem Zweiten Weltkrieg ging Peter von Zahn von 1951 bis 1960 in die USA. ES gibt einige Sendungen von ihm bei YouTube. Das Tempo war anders, von Zahn brachte den Deutschen die unbekannte USA-Gesellschaft ins Wohnzimmer. Es war eine spannende Zeit für Reportagen, für Storytelling wie man heute es nennen würde.

Im Nachlass meines Vaters entdeckte ich Bücher von Peter von Zahn: Stimme der ersten Stunde: Erinnerungen 1913–1951 und Reporter der Windrose. Erinnerungen 1951–1964. Ja, es sind Reporterbücher aus einer anderen Zeit. Ich kaufte mir einige Bücher nach wie Fremde Freunde. Bericht aus der Neuen Welt (1953) und verschiedene Dokumentarspiele auf DVD wie Kuba-Krise. Peter von Zahn gehörte eine großen Generation von Journalisten an. Dazu zähle ich Persönlichkeiten wie Peter Scholl-Latour, Gerd Ruge, Dieter Kronzucker und noch ein paar mehr. Ich erinnere mich als ich mit einem Podcaster mit umgedrehter Mütze in Diskussion geriet. Der Kollege, der sonst zu allem seinen Senf dazu gibt, kannte Peter von Zahn nicht. Das tat weh – eine große Stimme des Radios ist bei der neuen Generation nicht bekannt.

Als Erinnerung an Peter von Zahn hängt in meinem Arbeitszimmmer ein Foto mit Autogramm. „Eines ist genug“ steht da zu lesen. Das kommt davon, wenn man um zwei Autogramme bittet. Immer wieder stehe ich davor und denke mir: Was für ein großartiger Geschichtenerzähler.

Wie das Playmobil-Reporterset 3468 meinen Berufswunsch beeinflusste

17. April 2017

So viele Produkte in meinem Umfeld sind weißblau oder blauweiß und ich habe eine Reizüberflutung, wenn ich an die Produkte in diesen Farben denke. Daher hatte ich Schwierigkeiten bei der Blogparade der IronBlogger München zu diesen Farben. Es war einfach zu viel. Beim Nachdenken überlegte ich mir, welche Geschichten ich zu diesem Thema bloggen könnte.

Ich muss mir das Set mal wieder kaufen.

Ich muss mir das Set mal wieder kaufen.

Als Kind war ich von einer Fernsehserie fasziniert, die sich um die Reporter der fiktiven Tageszeitung Los Angeles Tribune drehte: Lou Grant – diese Serie prägte mich und meinen späteren Berufswunsch Journalist. Ich liebte die Personen und die Geschichten. Und ich spielte als Kind meine Reportergeschichten mit Playmobil nach. Meine Eltern kauften mir im Jahre 1984 das Playmobil Set 3468. Ich spielte gerne Lego und ich spielte gerne Playmobil. Und das Set 3468 war ein Kamerateam mit Übertragungswagen. Ich habe es geliebt und habe meine Art Lou Grant mit den Playmofiguren aus dem fränkischen Zirndorf nachgespielt. Die Farben waren freilich weißblau oder blauweiß. Das Team tvi Television international bestand aus einem Kameramann für eine Studiokamera, eine Ton-Dame, einen Redakteur mit Bart und einen mobilen Reporter. Vielleicht eine Art Bayerischer Rundfunk, denn die Farben waren ähnlich und die Bartträger unter den Redakteuren habe ich damals beim PresseClub München auch getroffen. Es gab einen Übertragungswagen in weiß mit einem blauen Streifen an der Seite, es gab Scheinwerfer und eine schwenkbare Studiokamera und einen Tonarm.

Am liebsten war mit allerdings der Reporter. Er hatte eine Filmkamera (wahrscheinlich 16 mm) in der Hand und einen Rucksack auf dem Rücken. Wahrscheinlich war damals der Akku-Pack untergebracht. Diesen Typen schickte ich auf meine journalistischen Reisen. Im Grunde war er so eine Art Gerd Ruge, Peter Scholl-Latour, Peter von Zahn oder Dieter Kronzucker, wie meine Helden damals in der realen Welt hießen. Den Namen meines Reporters habe ich vergessen. Ich glaube, er hieß immer wieder anders und musste ja auch in unterschiedliche Rollen schlüpfen. Mein Reporter besuchte Cowboys und Indianer, war Kriegsberichterstatter, reiste zu Piraten und er filmte auch eine königliche Playmobil-Hochzeit – Charles und Diana hinterließen auch bei mir als Jugendlicher ihre Spuren.
Irgendwann spielte ich nicht mehr mit Playmobil. Ich war zu alt. Meine Reporter verkaufte ich auf dem Flohmarkt und habe heute nur noch das Drehgestell der Studiokamera. Geblieben ist eine nette Erinnerung und ein weiterer Mosaikstein meines Berufswunsches, den ich später auch umgesetzt habe. Das Spiel mit meinem Playmobil-Reportern hat mich geprägt. Was kann es Schöneres geben?