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Verwandlungsspieltisch im Bayerischen Nationalmuseum #BarockerLuxus

19. Oktober 2018
Für die Blogger wurde ein Verwandlungstisch geöffnet.

Für die Blogger wurde ein Verwandlungstisch geöffnet.

Eine seltene Ehre wurde den Bloggerinnen und Bloggern beim jüngsten Bloggerwalk im Bayerischen Nationalmuseum zu Teil. Unter dem Hashtag #BarockerLuxus kamen wir an Orte, die dem gemeinen Besucher eher verschlossen sind. Ich bedanke mich für diese Möglichkeit. Und wir bekamen Vorführungen, die nur ein ausgewähltes Publikum genießen können.
Zum adeligen Leben des Barocks gehörten aufwendige Möbel dazu. Dazu gab es in der Möbelabteilung des fantastischen Museums in München eine Abteilung mit Luxusmöbel von Abraham und David Roentgen. Ich muss zugeben, dass ich die beiden Herrschaften vor meinem Besuch des Nationalmuseums nicht kannte. Zu meiner Entschuldigung kann ich sagen, dass historische Möbel nicht unbedingt zu meinen Steckenpferden gehören. Das sollte sich jetzt ändern. Der Saal mit den Roengten-Möbeln wurde durch Harry Beyer, ein Münchner Antiquitäten-Geschäft, finanziert.

Toller Saal mit historischen Möbeln im Bayerischen Nationalmuseum.

Toller Saal mit historischen Möbeln im Bayerischen Nationalmuseum.

Die Kuratoren des Museums ließen uns Bloggern eine besondere Ehre zu Teil. Der Kurator der Möbelabteilung öffnete mit weißen Stoffhandschuhen einen der empfindlichen Tische, die mit einer besonderen Mechanik ausgestattet sind. Vielen Dank dafür. Mein Kopfkino begann sofort zu Arbeiten und ich sah Szenen von Barry Lyndon vor meinen geistigen Auge.

Der Verwandlungsspieltisch stammt zwischen 1774 und 1780. Die Grundidee des Tisches, eine dreimal wandelbare Platte und ein zuletzt hervorspringender Kasten, wurde schon von Abraham Roentgen entwickelt. Dieses Exemplar folgt klassizistischen Formen, wohingegen die an den Bändern aufgehängten Rosenblüten noch dem naturromantischen Rokoko angehören.

Ich saugte sehr viel historisches Wissen auf. Die Herstellung von Luxusmöbeln konzentrierte sich im 18. Jahrhundert auf Paris mit einer Vielzahl von berühmten Meister. Nur eine einzige Werkstatt war international ebenbürtig: die von Abraham (1711-1793) und David Roentgen (1743-1807) in Neuwied am Rhein. Die Familie Roentgen gehörte der sittenstrengen protestantischen Glaubensgemeinschaft der Herrnhuter an, die 1750 Graf Friedrich Alexander zu Wied-Neuwied in seiner Residenzstadt ansiedelte. Die Herrnhuter galten als gute Handwerker, waren aber sonst eher spaßbefreit. Sie lehnten jeglichen Luxus sowie spekulative Geschäftsmodelle oder Kreditaufnahme strikt ab. David Roengten war wohl aber ein Fuchs und das schwarze Schaf der Glaubensfamilie und ging zum Erreichen seiner Ziele auch geschäftliche Risiken ein und bekam immer wieder Ärger mit seiner Gemeinde. Sein geschäftlicher Höhepunkt war die Gründung einer Niederlassung in Paris 1780 und die Belieferung des Russischen Hofes in St. Petersburg zwischen 1783 und 1789. Die Möbel der Roengtenmanufaktur zeichneten sich durch ihre handwerklich perfekte Ausführung, aufwendige Materialien und besondere mechanische Raffinessen aus. Also den Raum im Bayerischen Nationalmuseum ansehen und vielleicht habt ihr ja Glück auf eine Demonstration. Wenn nicht, dann die Monitore im Raum anschauen, dort werden die Geheimnisse der Möbel am Display gezeigt.

Der aufgeklappte Verwandlungstisch.

Der aufgeklappte Verwandlungstisch.

Spielbank Bad Wiessee: Las Vegas am Tegernsee

28. Januar 2009

spielbank

Gestern habe ich zusammen mit einem Freund die Spielbank in Bad Wiessee am Tegernsee besucht, die vor ein paar Jahren neu gebaut wurde. Schon alleine der Name „Spielbank“ ist ein cooles deutsches Wort: Spielbank, Deutsche Bank, Dresdner Bank. Da geht es nicht, wie im Casino ums Zocken, sondern irgendwie um gepflegte Unterhaltung. Eben spielerisch Geld verlieren. Dafür gibt es das nette, bunte Spielgeld aus Plastik und nicht die richtigen Euro.

Die ausgewählten Besucher waren auch eine Schau für sich. Da gab es den jungen Mann aus Osteuropa, der mit seiner blondgefärbten Begleitung (jung) am Spieltisch steht und die Jetons richtig platziert. Die von den Spielbanken Bayern individuell gestalteten Spielmarken haben nur an den Tischen der neun Bayerischen Spielbanken Gültigkeit. Dann haben wir die alte Dame, die mit knochigen Händen am Tisch sitzt und die Szenerie beobachtet. Am Black Jack sitzt die dicke Frau mit Turnschuhen, die einen Geruch von alten Pommesfett verbreitet. Ein Russe hat ein Jackett an, das drei Nummer zu groß ist. Er will Poker spielen. Gegen 23 Uhr kommt eine Durchsage: „Der Bus nach München fährt in 15 Minuten zurück.“ Ein paar Spieler stehen auf und bewegen sich zum Ausgang, aber zuvor geht noch ein schnelles Spiel. Zeit ist Geld.

Ein Asiate wirft seine Jetons erst im letzten Augenblick auf den Spieltisch. „Nicht geht mehr“ gilt scheinbar für ihn nicht und sofort bekommt er Schwierigkeiten mit den Croupiers. Der Chefcroupier führt die Oberaufsicht am Roulette-Tisch. Sein Wort ist Gesetz. Das muss auch unser Asiate einsehen. Der Kopfcroupier sitzt am Kopfende des Tisches. Die Drehcroupiers bedienen den Kessel und werfen die Kugel. Lässig machen die Croupiers ihren Job, kommentieren manchmal die Einsätze. So mancher flirtet mit den weiblichen, jungen Gästen.

Gegen 1 Uhr nachts kommen italienische Gäste. Einige Paare stürmen die Tische und wollen noch bis 3 Uhr morgens spielen. Die Gier steht so manchen Besucher in die Gesichter geschrieben. Da heften auch die Flyer „Vorsicht – die Risiken des Spiels“ nicht. In diesen gut gemachten Flyern der Spielbanken sollen die Spieler ihre eigenen Grenzen erkennen. Für die Gäste der staatliche Lotterieverwaltung in Bayern soll das Glückspiel eine angenehme Abendunterhaltung sein, die keinesfalls zur Sucht wird.

Finanziell gelohnt hat es sich auf jeden Fall. Der Montagabend läuft gut. Die Spieltische im ersten Stock sind gut besetzt. Spieler wuseln umher, um ja kein Spiel zu verpassen. Essen und Trinken haben zivile Preise, schließlich soll der Gast sein Geld ja verspielen und nicht versaufen. Im Parterre sind die Automatenspiele. Hier sitzen die Spieler stumm vor ihren blinkenden Slot-Machines und einarmigen Banditen. Es wird kaum ein Wort gesprochen. Ab und zu klingelt ein Automat und spuckt Münzen aus. Hat ein Spieler gewonnen, beginnt bei anderen um so hektischer das Spiel. Schließlich will man Gewinner sein und nicht auf der Verliererseite stehen. Dostojewski hatte so recht in seinem Roman „der Spieler“.

Am französischen Roulette sehe ich einen älteren Herrn. Während mein Freund in zehn Minuten 30 Euro verspielt, haut er in der gleichen Zeit 10.000 Euro raus. Woher nehmen die Leute das Geld? In seiner linken Jacketttasche sind die eckigen 1000-Euro-Jetons, in der rechten die runden violetten 100-Euro-Plastikplätzchen. Er greift in die Tasche und gibt der blonden weiblichen Croupier die Anweisungen, wie die Chips auf dem Tableau zu platzieren sind. Tableau ist der mit Filz bespannte Spieltisch, auf dem die Setzfelder für die Platzierung der Jetons abgebildet sind.

Aber es gibt natürlich aus genügend Leute, die nicht einer Halbwelt angehören. Ganz normale Ehepaare spielen an den Tischen und machen sich einen schönen Abend in einer noblen Atmosphäre. Viel braucht es nicht. Der Eintritt in Bad Wiessee ist lächerlich. Allerdings muss man seinen Personalausweis dabei haben. Dafür gibt es eine Tageskarte und man kann an einem Losgewinnspiel mitmachen. Es gab an dem Montagabend 1000, 750 und 500 Euro zu gewinnen. Verdammt, ich war nicht dabei.

Die Croupiers in Bad Wiessee sind hervorragend. Sie stellen mit ihrer Aura die Autorität des Spielanbieters dar, ohne dass sie dabei den notwendigen Status als Sympathieträger der Gäste verlieren dürfen, wofür ein entsprechendes Feingefühl im Umgang mit Menschen unerlässlich ist. Grundsätzliche Voraussetzung für einen Croupier ist ein tadelloses äußeres Erscheinungsbild in seiner Gesamtheit, das die Seriosität des Betreibers in der gesellschaftlich jeweils erwünschten Etikette des Umfelds widerspiegelt. Bei den bayerischen Spielbanken sind derzeit 553 Croupiers tätig

Hat ein Spieler Glück, bekommen die Croupiers Jetons als Dank. Sie wandern in den Tronc. Das sind an  den Spieltischen befestigte Behälter, in denen die freiwilligen Zuwendungen der Gewinner an die Mitarbeiter gesammelt werden. In einer guten Phase kommen einige hundert Euro in der Stunde zusammen. Das Trinkgeld kann sich sehen lassen.

Im April fahre ich beruflich nach Las Vegas und schaue mir die amerikanischen Vorbilder an. Ich hoffe, dass ich ein wenig die Atmosphäre von „Frankie und seinen Spießgesellen“ mit Frank Sinatra, Sammy Davis jr. und Dean Martin schnuppern kann. Schließlich ist Las Vegas das Mekka der Spieler und des Glückspiels.