Posts Tagged ‘Piktogramme’

Olympia 1972: Sonderheft mit unveröffentlichten Fotos

23. August 2022

Natürlich ist es eine Ehrensache, dass ein Münchner Verlag wie der Münchner Merkur ein Sonderheft zum Thema Olympia 1972 in München veröffentlicht. Da ich einstmals bei dieser damals auflagenstarken Tageszeitung gearbeitet habe und mich mein Kollege Dirk Walter auf sein Olympia-Heft des Verlags aufmerksam gemacht hat – und es mir gleich zuschickte, interessiere ich mich sehr, wie mein ehemaliger Arbeitgeber an das Thema herangegangen ist.

Lesenswertes Sonderheft vom MM.

Ich habe einstmals für das Fürstenfeldbrucker Tagblatt, die Lokalausgabe des Merkurs in Fürstenfeldbruck gearbeitet. Es waren tolle Zeiten, vor dem Internet. Am Fliegerhorst Fürstenfeldbruck kam es ja 1972 zu Katastrophe. Der Fotograf des Tagblatts war damals Franz Schmotz und ich habe bei meiner jahrelangen Zeit beim Merkur viel mit Franz Schmotz gearbeitet, viel von ihm gelernt und viel mit ihm gesprochen. Es waren die analogen Zeiten der Fotografie.

Täglich war ich mit Franz auf Tour. Er erzählte mir immer wieder, dass es noch unveröffentlichte Bilder von ihm vom Olympia-Attentat gibt. Und was soll ich sagen? Dirk Walter und sein Kollege Thomas Steinhardt aus Fürstenfeldbruck haben die bisher unbekannten Terrorbilder von Franz Schmotz gesichtet und veröffentlicht. Schmotz ist vor Jahren verstorben und hat diese Veröffentlichung leider nicht mehr miterlebt.

Nun sehe ich die Bilder in der Veröffentlichung des Olympia-Heftes zum allerersten Mal und mein journalistisches Herz schlägt höher. Es sind eindrucksvolle Bilder eines Pressefotografen, der das richtige Auge für den richtigen Moment hatte. Die Schwazweißbilder, schön in sepia eingefärbt, erzählen die Geschichte der gescheiterten Befreiungsaktion durch die bayerische Politik. Ein Artikel in dem Heft schildert auch nachvollziehbar, was damals schief gelaufen ist.

Die unbekannten Bilder des Fotografen Franz Schmotz – grandios.

Natürlich sehen wir als Leser den Tower vom Fliegerhorst Fursty und einen ausgebrannten Hubschrauber. Wir sehen Einschusslöcher und den Abtransport des Holzsarges von David Mark Berger. Schon alleine wegen dieser Fotogeschichte lohnt es sich das Heft zu kaufen.

Wie gesagt, ich habe früher mit Dirk Walter zusammenarbeitet und er war neben der Berufung als Journalist auch ein promovierter Historiker. Und so begab er sich ins Augsburger Staatsarchiv, um eine Geschichte auszugraben, was mit den überlebenden Terroristen geschehen ist. Sie wurden acht Wochen nach dem Attentat freigepresst. Die solide recherchierte Geschichte gibt es in dem Heft zu lesen.

Eine weitere Lesegeschichte, die mir gefallen hat, war ein Feature über Gerhard Joksch. Der Starnberger war im Designteam des großen Otl Aicher und gilt als Erfinder der Piktogramme. Die Balkenmännchen wurde von dem 2020 verstorbenen Joksch gezeichnet. Dirk Walter sprach mit dessen Witwe Eva und grub eine tolle Geschichte aus, die selbst Grafikdesigner nicht bekannt war. So muss guter Journalismus sein.

Lesegeschichten pur – Journalismus pur.

Da ich mich nie sonderlich für Sportjournalismus interessierte, kann ich die verschiedenen Artikel über die Stars von Olympia nicht beurteilen. Ich kenne auch die wenigsten Sportler nicht, was aber meinem Desinteresse zu zuschreiben ist.

Geschichten, die mir fehlen? Nun ich hätte gerne ein Interview mit unserer Silvia gehabt. Silvia Renate Sommerlath war Olympia-Hostess und lernte 1972 den schwedischen König Carl XVI. Gustaf von Schweden kennen und wurde später 1975 Königin Silvia von Schweden. Sie war vor zwei Monaten in München und es wäre ein Gespräch im Bayerischen Hof schön gewesen. Ich mag so Adelsgeschichten – mehr als Sportberichterstattung.

Und eine zweite Geschichte hätte ich gerne gelesen, zugegeben eine sehr voyeuristische. Wie sieht das Appartement im olympischen Dorf aus in der Connollystraße 31 heute aus? Der Ort, in dem das Drama begann. Die Straße wurde 1971 nach James Connolly, dem ersten Olympiasieger der Neuzeit (1896), benannt.
Das Olympia-Heft gibt in den Merkur-Geschäftsstellen im Auflagenmengen der Zeitung, am klassischen Kiosk, wie am Hauptbahnhof München und über http://bavariashop.de

Ausstellung: Design für Olympia – Olympische Spiele 1972

13. Juli 2022

Zum 50. Jubiläum der Olympischen Spiele in München 1972 nimmt Die Neue Sammlung – The Design Museum Designentwicklungen für Olympische Spiele und Paralympics in den Fokus. Vor kurzem war die Vernissage von der Direktorin Angelika Nollert eröffnet. Die Ausstellung ist bis 3. Oktober zu besichtigen.

Als größte Sportereignisse der Welt sind die Spiele seit jeher Motor und Ziel von Innovationen. Nicht nur internationale Athleten konkurrierten miteinander. Die Hersteller von Sportgeräten versuchten sich in der Ausstattung der Sportler genauso zu übertreffen wie die austragenden Länder über die visuelle und architektonische Gestaltung der Spiele. Dabei werden die Spiele trotz ihrer Ursprungsidee als Botschafter der friedlichen, unpolitischen Völkerverständigung häufig zum Vehikel politischer und gesellschaftlicher Aussagen. Das zeigen die Spiele 1972 sehr deutlich. Als friedliche, farbenfrohe Spiele waren sie geplant, nachdem Olympia 1936 unter dem faschistischen Naziregime stattfand. Diese Unterschiede sieht der Besucher auch im Design und in den Farben.

Die Ausstellung „Design für Olympia“ will die vielfältigen Verflechtungen von Design und Olympia abbilden. Die Olympischen Spiele in München 1972 mit ihrem zukunftsweisenden Erscheinungsbild von Otl Aicher sind dabei Ausgangspunkt für Betrachtungen zu vorherigen und nachfolgenden Spielen. Otl Aicher war genau der richtige Mann dafür. Nachdem er mit der Schwester von Sophie Scholl verheiratet war, zeigte er mit seinem Designteam auf der einen Seite die strengen Richtlinen, auf der anderen Seite die Fröhlichkeit der Spiele. Für mich ist Otl Aicher ein wahrer Designgott.

Die Ausstellung zeigt, wie sich Ideenreichtum und Innovationsgeist im Design für die Olympischen und Paralympischen Spiele spiegeln und welche Werte und Ziele in der Gestaltung für Olympia zum Ausdruck kommen. Der Fortschritt spielt hier eine ebenso große Rolle wie die politische Agenda, Nachhaltigkeit und Inklusion. Mit diesem Fokus auf das Design der Olympischen Spiele und seine historische Entwicklung setzt Die Neue Sammlung einen wichtigen und einzigarten Akzent in der politischen und gesellschaftlichen Auseinandersetzung mit Olympia im Jubiläumsjahr 2022.

So nimmt die Ausstellung ganz bewusst die Olympischen und Paralympischen Spiele gemeinsam in den Blick und zeigt anhand von Maskottchen, Medaillen, Plakaten und Sportgeräten, wie sich diese beiden Wettbewerbe aus sehr unterschiedlichen Startbedingungen langsam einander annähern. Sportgeräte aus hundert Jahren, von Boxhandschuhen der Spiele in Paris 1924 bis zum Mountainbike der Spiele in Tokio 2021 zeugen ebenso von der Veränderung der Sportgeräte wie der Sportarten. Welche Disziplinen bei den Spielen vertreten sind, ist ein Spiegel der Wechselbeziehungen zwischen Amateur- und Profisport.

Olympia-Waldi als Maskottchen
Und Olympia 1972 ist für mich vor allem der Olympia-Waldi. Als 1970 der Olympia-Waldi als offizielles Maskottchen der Olympischen Spiele 1972 in München vorgestellt wurde, war die Begeisterung für den gestreiften Dackel nahezu grenzenlos. Auf dem Markt erschienen schnell verschiedenste Nachahmungen, die ohne Lizenz produziert wurden. So entstanden zahlreiche Ausführungen, die kleine oder größere Unterschiede zum Original aufweisen, am häufigsten sind Abweichungen in der Form und in der Farbigkeit. Und ich muss zugeben, ich finde meinen Waldi von damals nicht mehr.

Olympia-Waldi als Maskottchen
Und Olympia 1972 ist für mich vor allem der Olympia-Waldi. Als 1970 der Olympia-Waldi als offizielles Maskottchen der Olympischen Spiele 1972 in München vorgestellt wurde, war die Begeisterung für den gestreiften Dackel nahezu grenzenlos. Auf dem Markt erschienen schnell verschiedenste Nachahmungen, die ohne Lizenz produziert wurden. So entstanden zahlreiche Ausführungen, die kleine oder größere Unterschiede zum Original aufweisen, am häufigsten sind Abweichungen in der Form und in der Farbigkeit. Und ich muss zugeben, ich finde meinen Waldi von damals nicht mehr.

Verbotene Bekleidung
Einzigartige Sportgeräte, wie ein Rennrollstuhl der Spiele in Rio 2016 oder der Monobobski der mehrfachen Paralympics-Siegerin Anna Schaffelhuber zeigen auf, welche Entwicklungen und Innovationen den Amateurbereich erst noch durchdringen müssen. Die Ausstellung zeigt auch Sportgeräte und -bekleidungen, die für den Wettkampf verboten oder nicht zugelassen wurden. Kopfbekleidungen wie die Badekappe Soul Cap, die speziell für voluminöses Haar entwickelt wurde, oder der eierförmige Helm der deutschen Bobmannschaft von 1976 zeugen vom Ringen um Gleichberechtigung und faire Normen im Sport und verweisen auf die politische Dimension des Sportgerätedesigns.

Die Plakate von Otl Aicher
An der großen historischen und thematischen Vielfalt an Plakaten in der Ausstellung lässt sich exemplarisch die Geschichte grafischer Gestaltung ablesen. Das erste offizielle Plakat Olympischer Spiele, das als seltenes Original von 1912 in der Ausstellung zu sehen sein wird, wurde von Olle Hjortsberg gestaltet, einem akademischen Maler und Mitglied der schwedischen Akademie der Künste. Mit Yūsaku Kamekuras Plakat der Olympischen Spiele in Tokio 1964 vollzog sich der Wandel hin zu einer minimalistischen, internationalen Formensprache des Grafikdesigns, deren Entwicklung bis in die Gegenwart verfolgt werden kann. Cho Young-Jaes Plakat für Seoul 1988 zeigt zum ersten Mal am Computer erzeugte grafische Elemente.
Und es sind die kompletten Plakate von Otl Aicher zu sehen. Gerne hätte ich ein Buch über diese Plakate. Im Katalog zur Ausstellung werden sie zwar abgebildet, aber zu klein.

Wegweisende Piktogramme
Ein besonderes Highlight der Ausstellung bildet die vollständige Serie an historischen Piktogrammen der Olympischen Spiele in Tokio 1964. Als im Original erhaltene Serie bilden sie einen in Europa einzigarten Sammlungsbestand, der mit großzügiger Unterstützung der Ernst von Siemens Kunststiftung für die Ausstellung restauriert werden konnte.

Neben diesen für die Spiele entstandenen Grafiken zeigt die Ausstellung auch Arbeiten der Protestbewegungen gegen Olympische Spiele und lädt so zur Auseinandersetzung mit einer kritischen Haltung gegenüber diesem Großsportereignis ein. Plakate, wie sie beispielweise der chinesisch-stämmige Gestalter Badiucao zu den Winterspielen in Peking 2022 gestaltet hat, spielen auf drastische Weise mit der Formensprache olympischer Plakate und bringen so gesellschaftskritische Themen in den Diskurs, die in der offiziellen Kommunikation der Spiele ausgeblendet werden.

Die richtigen Sitze
Über Grafiken und Sportgeräte hinaus präsentiert die Ausstellung auch Raumausstattungen und deren Entwürfe, die ebenfalls im Zuge der Olympischen Spiele entstanden sind. Zu ihnen gehört die Duscheinheit Nizza, die von Günther Eckert und Werner Wirsing für die Athletenunterkünfte der Spiele in München 1972 entworfen wurde, die ich im Grunde in vielen Hotels später wieder gesehen habe. Oder auch die Sitzschale für das Münchener Stadion, die in Kooperation mit Behnisch Architekten von der Arbeitsgruppe Ausstattung unter Nick Roericht entwickelt wurde. Gerade diese Sitze haben für mich eine persönliche Verbindung, nachdem ich im Olympiastadion viele Konzerte und ein paar Fußballspiele auf diesen Sitzen verbracht habe, ohne ihren Designaspekt zu würdigen.