Posts Tagged ‘Mythos’

Zwischen Nebel und Legende – Ein Spaziergang entlang des River Ness

28. Juli 2025

Der River Ness entspringt am Nordostende des Loch Ness bei Fort Augustus und fließt dann nur etwa 11 Kilometer in nordöstlicher Richtung bis zur Stadt Inverness, wo er in den Moray Firth (eine Bucht der Nordsee) mündet.

Meine Frau und ich verbrachten einen Nachmittag bei diesem Fluß, gingen spazieren und schauten auf den Fluss. Natürlich hielten wir Ausschau nach Nessie – vergeblich übrigens.

Der River Ness fließt nicht einfach – er gleitet, still und würdevoll, wie ein alter Erzähler, der seine Geschichten nur jenen anvertraut, die mit offenem Herzen lauschen. Zwischen den Hügeln der schottischen Highlands, wo der Nebel morgens wie ein silberner Schleier über dem Wasser liegt, beginnt seine kurze, aber bedeutungsvolle Reise: vom tiefdunklen Loch Ness bis zur Nordsee, durch das Herz von Inverness.

Hier, wo der Fluss geboren wird, beginnt auch die berühmteste Legende Schottlands. Denn in den dunklen Tiefen des Loch Ness – dort, wo das Licht kaum den Grund erreicht – soll sie leben: Nessie, das scheue Ungeheuer, das mehr Sehnsucht als Schrecken in sich trägt. Und wenn sie sich wirklich zeigt, dann nicht aus Gier oder Wut, sondern vielleicht aus Neugier, aus Einsamkeit – oder aus Liebe zur Stille, wie sie nur dieser Fluss kennt.

Manche sagen, Nessie bewege sich manchmal durch die Mündung des Lochs in den River Ness, fast wie ein heimlicher Gruß an die Stadt, die ihren Namen trägt. Vielleicht, so flüstert der Wind in den Zweigen, folgt sie nicht nur Strömungen, sondern Erinnerungen – an eine Zeit, in der Magie und Natur noch untrennbar waren. Manchmal, in besonders klaren Nächten, wenn der Mond silberne Wege auf das Wasser malt, meint man, sie gesehen zu haben: einen sanften Schatten, eine Bewegung, die sich nicht erklären lässt – nur erträumen. Nun ja, im Traum, aber vor allem in Souvenir-Läden habe ich Nessie gefunden.

Der River Ness ist mehr als Wasser zwischen zwei Ufern. Er ist ein Fluss aus Geschichten, aus Liedern und Blicken, aus stiller Sehnsucht. Verliebte spazieren an seinen Ufern entlang, Hand in Hand, während Möwen rufen und das Wasser leise gegen das Ufer schlägt. Und vielleicht – nur vielleicht – trägt der Fluss auch ihre Träume fort, hinab in den Moray Firth, hinaus in die Welt.

Denn wer den River Ness sieht, sieht nicht nur einen Fluss. Er sieht ein Band zwischen Mythos und Wirklichkeit, zwischen Herz und Himmel. Und irgendwo tief darin – zwischen Wasserpflanzen, Nebel und jahrhundertealter Legende – lebt vielleicht wirklich ein Wesen, das unsere Fantasie nährt. Nicht, weil es Angst macht. Sondern weil es uns glauben lässt, dass es im Verborgenen noch Wunder gibt.

Circle of Wise
Der Circle of Wise ist ein eingerichteter Steinkreis, eingebettet in die üppige Vegetation der Ness Islands. Der Name suggeriert Verbindung zu alten Traditionen: Steinkreise stehen in Schottland symbolisch für uraltes Wissen und spirituelle Zentren. Er erinnert symbolisch an historische Kreisformen und zieht Besucher in seinen Bann.

Der Bereich dient als Freiluftbühne oder Versammlungsort für kulturelle Veranstaltungen, kleine Performances oder meditative Momente in der Natur. Umgeben vom ruhigen Flusswasser, alten Bäumen und durchgehend grünem Uferbereich ist der Circle of Wise ein Lieblingsplatz für Spaziergänger, Nachdenkliche und Fotobegeisterte – besonders bei Sonnenuntergang entfaltet sich hier eine fast magische Atmosphäre.

Oktoberfest: Auf der Suche nach dem goldenen Engel in der Ochsenbraterei

22. September 2023

Auf dem Oktoberfest gibt es viele Engel, kleine und große, hübsche und weniger ansehnliche – alles eine Frage des Geschmacks. Am bekanntesten ist sicher der Engel Aloisius. Aber es gibt in der Ochsenbraterei auch den goldenen Engel, der eine über vierzigjährige Tradition hat, von denen die meisten Wiesn-Besucher nichts mitbekommen haben.

Die Engelsfigur wird jedes Jahr in dem 7700 Besucher fassenden Festzelt der Familie Haberl an einem anderen Platz aufgehängt, so will es der Brauch. Wenn das Zelt errichtet wird, postieren die Arbeiten den Engel an einer versteckten Stelle und die Wirtsfamilie um Antje Haberl müssen die goldene Engelsfigur finden, sonst droht Pech. Dabei ist der Engel bei den ganzen Figuren im oberen Teil des Festzelts und dem allgemeinen Trubel im Zelt schwer auszumachen. Der Engel hat jedes Jahr eine Bedeutung, erinnert er doch an verstorbene Bekannte.

Dieses Jahr 2023 hat der goldene Engel in der Ochsenbraterei eine besondere Bedeutung. Der an Parkinson erkrankte Promi-Zuckerbäcker Bode E. Müller nahm sich im Mai 2023 das Leben, weil keinen zur Last fallen wollte. Er stürzte sich aus dem fünften Stock eines Hauses am Rosental in der Innenstadt. Müller hatte gegenüber der Ochsenbraterei seinen Verkaufsstand und war unter den Wiesnwirten und den Belegschaften sehr beliebt. Er hatte das Herz am rechten Fleck. Der Tod erschütterte sie alle. Und so wurde der Goldene Engel der Ochsenbraterei dieses Jahr Bodo Müller gewidmet. Der Engel blickt in Richtung des Bodo-Zeltes. Zudem wurde der Engel mit einer Torte ausgestattet.

Diese wunderschöne Geschichte erfuhr ich bei unserem jährlichen Wiesn-Stammtisch der Aktion Pit Togohilfe, zu dem Familie Haberl dankenswerterweise den Vorstand einlädt. Dieses Mal kamen wir mit prominenter Begleitung in Form von Dr. Michel Kodom von Aimes-Afrique, unserem Partner in Togo. Kodom kommt aus Togo und ist ein Fan von Mythen und Legenden. So genoss er die Erzählungen von Wirtin Antje Haberl und ich lauschte aufmerksam. Am Smartphone zeigte sie, wo der Engel im Zelthimmel befestigt ist.

Nach dem Stammtisch machte ich mich auf die eigene Suche nach dem Engel. Rund 15 Minuten suchte ich erfolglos. Daher sprach ich eine Wiesnbedienung an, die eigentlich im Stress ist. Zu meiner Überraschung freute sie sich und nahm mich an die Hand, zog mich durch die Betrunkenen durch und zeigte mir mit einem freundlichen Lächeln den Engel im Zeltdach. Den Ort verrate ich euch nicht. Da müsst ihr selbst suchen und an die schöne Geschichte mit dem Engel in der Ochsenbraterei auf der Wiesn denken.