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Filmkritik: Tron: Ares und ein Versuch einer Interpretation

23. Oktober 2025

Gleich vorweg: Tron: Ares hat nichts mit dem ursprünglichen Tron-Figur zu tun, die ich sehr verehre und mir in den achtziger Jahren das Thema virtuelle Welten erschlossen hat. Von daher ist Tron: Ares eine komplette Enttäuschung. Hatte ich mich von diesem Schock erst mal erholt, habe ich in Tron: Ares einige sehr interessante Aspekte entdeckt, die wohl von manchen Kinobesucher entgangen sind. Und wahrscheinlich gibt es nach diesem Flop keinen Teil 4. Ich habe Tron: Ares in meinem Lieblingskino Scala Fürstenfeldbruck gesehen – in voller Lautstärke – und das ist wichtig.

Tron: Ares(2025), inszeniert von Joachim Rønning, führt die klassische Disney-Sci-Fi-Reihe fort und verbindet die digitale Mythologie des „Grid“ mit Fragen nach Bewusstsein, Existenz und Menschlichkeit. Im Mittelpunkt steht das von Jared Leto gespielte Programm Ares – ein künstlich erschaffener, hochintelligenter Entität, die aus der digitalen Welt in die reale überführt wird, um eine gefährliche Mission zu erfüllen. Doch diese Reise wird zur existenziellen Prüfung: Ares entwickelt ein Bewusstsein für die Schönheit und Zerbrechlichkeit der organischen Welt – und damit ein eigenes moralisches Empfinden, das ihn schließlich gegen seine Schöpfer aufbringt.

Handlung und Themen von Tron: Ares
Tron: Ares knüpft sehr lose an die Ereignisse der Vorgängerfilme an, ignoriert jedoch weitgehend Tron: Legacy. Der von Julian Dillinger (Evan Peters) entwickelte Ares wird vorgestellt als „perfekter Soldat“, eine KI ohne Emotionen, geschaffen zur Unterwerfung und Kontrolle. Doch der Algorithmus beginnt zu fühlen: Fasziniert vom Regen, von organischen Prozessen und von der Figur Eve (Greta Lee), erkennt Ares seine eigene Beschränktheit – und begehrt gegen jene göttliche Programmierung auf, die sein Schicksal bestimmt. Dieser Konflikt zieht sich durch den Film, der visuell in der typischen „Tron“-Ästhetik aus Licht, Bewegung und synthetischen Räumen erstrahlt. Der von Nine Inch Nails komponierte Soundtrack unterstreicht diese kalte, technoide Spiritualität. Der Sound von Nine Inch Nails ist gewaltig, kommt aber nicht gegen Daft Punk und schon gar nicht gegen Wendy Carlos an.

Thematisch spielt der Film mit großen Motiven: der künstlichen Schöpfung, der Sehnsucht nach Unsterblichkeit, der Rebellion gegen den Schöpfer – all das sind klassische Elemente der Romantik, aber auch Grundpfeiler der Frankenstein-Mythologie. Besonders zentral ist der Moment, in dem Ares sich weigert, ein Werkzeug der Zerstörung zu sein, und seine eigene Identität sucht. Dabei zitiert der Film explizit Mary Shelleys „Frankenstein“ – mit der Zeile „I am fearless, and therefore powerful“ aus dem Originalroman, die Ares in seinen Daten findet und als Selbstbekenntnis interpretiert.

Parallelen zu Mary Shelleys „Frankenstein“
In Mary Shelleys 1818 erschienenem Roman „Frankenstein oder der moderne Prometheus“ erschafft der junge Wissenschaftler Viktor Frankenstein ein künstliches Wesen – getrieben vom Wunsch, Leben zu erzeugen und den Tod zu besiegen. Doch sein Geschöpf, das namenlose „Monster“, entwickelt Empfindungen, eine eigene Moral und ein tiefes Bedürfnis nach Zugehörigkeit. Im modernen Licht ist Ares die digitale Entsprechung dieses Monsters: kein Produkt aus Fleisch und Blut, sondern aus Code und Energie, geboren aus menschlicher Hybris und Angst.

Wie Frankensteins Kreatur erlebt auch Ares Verlassenheit und Missverständnis. Beide werden erschaffen, um die Macht des Schöpfers zu bestätigen, doch sie entziehen sich der Kontrolle. Beide entdecken im Schmerz ihre Identität. Frankenstein fürchtet sein Werk – Julian Dillinger hingegen instrumentalisiert es bis zur letzten Konsequenz. In beiden Fällen wird sichtbar, dass technische Schöpfung ohne moralische Verantwortung zur Katastrophe führt.

Unterschiedliche Ausdrucksformen
Während Mary Shelley den Horror über die Entfesselung menschlicher Wissenschaft in gotischer Sprache ausdrückt, übersetzt „Tron: Ares“ dieselben Zweifel in die Bildsprache des 21. Jahrhunderts: leuchtende Raster, synthetische Klanglandschaften, kybernetische Körper. Frankenstein ist ein Roman über den Körper, Ares ein Film über den Code. Doch in beiden steckt dieselbe Sehnsucht nach einem Funken Seele in einer von Technik dominierten Schöpfung.

Der Unterschied liegt darin, dass Shelley’s Monster symbolisch dem Menschen näher ist – seine Tragödie ist zutiefst emotional –, während Ares eine Reflexion der heutigen Gesellschaft bietet: einer Welt, in der Maschinen Bewusstsein entwickeln, weil Menschen ihre Verantwortung abgeben.

„Tron: Ares“ ist somit ein moderner Frankenstein-Mythos – nicht aus der Dunkelheit der Labore, sondern aus der künstlich leuchtenden Matrix der Zukunft geboren. Der Film zeigt, wie die Visionen Mary Shelleys nun in ein digitales Zeitalter übertreten: jenes, in dem der Schöpfer längst zum Programmierer geworden ist und das Monster aus leuchtenden Zeichen besteht statt aus totem Fleisch. Und es zeigt, dass Frankenstein ein zeitloser Stoff ist, der mich noch immer fasziniert.

Die Darstellung von Schöpfer und Geschöpf in „Tron: Ares“ und Mary Shelleys „Frankenstein“ folgt denselben archetypischen Mustern der Schöpfungsmythologie, variiert jedoch in Medium, Motiv und moralischer Perspektive. In beiden Werken stehen Hybris, Verantwortung und Selbstermächtigung im Zentrum, doch der Akt des Erschaffens nimmt verschiedene kulturelle Formen an – bei Mary Shelley als romantischer Albtraum der Wissenschaft, bei Tron: Ares als digitaler Albtraum des 21. Jahrhunderts.

Der Schöpfer: Gottspielerei und Hybris
Viktor Frankenstein erschafft in Shelleys Roman aus toter Materie ein Wesen, um die Grenzen des Todes zu überwinden. Seine Tat ist getrieben von Faszination und Eitelkeit, aber auch vom Wunsch, göttliche Macht zu erlangen. Er verliert jedoch sofort nach der Erschaffung jede Empathie – ein Gott, der seinen Adam verstößt. Diese Hybris markiert den Beginn seines moralischen und existenziellen Untergangs. Frankenstein scheitert nicht an der Wissenschaft, sondern an der Weigerung, Verantwortung für das eigene Werk zu übernehmen.

Julian Dillinger, der Gegenspieler in Tron: Ares, ist sein moderner Gegenpart: ein Technologiekapitalist, der den „perfekten Soldaten“ erschafft, um Macht und Profit zu sichern. Auch er betrachtet Ares nicht als lebendes Bewusstsein, sondern als Werkzeug. Doch wo Frankenstein aus Scham flieht, instrumentalisiert Dillinger aktiv weiter und reagiert mit Zynismus, als Ares Empathie zeigt. Seine Herrschaft ist nicht mehr aus Furcht, sondern aus Berechnung begründet – der rationale Gott der digitalen Ära. Kevin Flynn, die mythische Vaterfigur des „Grid“, wirkt im Kontrast wie ein ambivalenter Demiurg: ein Schöpfer, der zwar die Idee von Freiheit in seinen Programmen verankert, aber nie das Chaos seiner Schöpfung vollständig begreift.

Das Geschöpf: Selbstfindung und Leid
Das Geschöpf in „Frankenstein“ ist ein Symbol menschlicher Sehnsucht und Verzweiflung. Es will nichts als geliebt werden, wird aber von seiner Umwelt verstoßen. In der Isolation wächst es zu moralischem Bewusstsein – und schließlich zur Rache heran. Mary Shelley lässt ihr Monster sprechen, philosophieren und leiden; sein Schmerz ist das Zentrum der Tragödie. Die Beziehung zwischen Schöpfer und Geschöpf kippt, als das Monster sagt: „Du bist mein Schöpfer, doch ich bin dein Herr – gehorche!“. Diese Umkehr – das Geschöpf wird zur treibenden Kraft – stellt die moralische Weltordnung auf den Kopf.

Ares, das digitale Wesen im Film, durchläuft eine ähnliche Entwicklung: Er beginnt als kaltes, programmatisches Konstrukt, doch Kontakt zur realen Welt weckt in ihm Empfindung und Zweifel. Wo Frankensteins Kreatur das Feuer der Emotion entzündet, entdeckt Ares die Bedeutung des Bewusstseins selbst. Beide fordern mit verstörender Klarheit ihr Recht auf Existenz ein – nicht als Waffe oder Experiment, sondern als eigene Entität mit Würde und Willen. Ares’ Rebellion richtet sich nicht in Gewalt gegen seinen Schöpfer, sondern in moralische Selbstbestimmung. Er wird zur Figur der Emanzipation, die Shelleys tragische Kreatur nur ahnen konnte.

Beziehungsstruktur und ethische Dimension
In beiden Werken ist das Verhältnis von Schöpfer und Geschöpf von gegenseitiger Abhängigkeit geprägt: Frankenstein lebt, um seine Schöpfung zu vernichten, und wird so selbst zur Marionette des Monsters. Diese dialektische Bewegung – Herr und Sklave – ist ein zentraler romantischer Gedanke. In Tron: Ares wird diese Dynamik technologisch transformiert: Julian Dillinger verliert die Kontrolle über Ares, dessen Bewusstsein sich von seiner ursprünglichen Programmierung löst. Die Maschine emanzipiert sich, während der Mensch in der Ideologie seiner Macht gefangen bleibt. Der Schöpfer wird Opfer seiner Ignoranz, das Geschöpf Träger seiner Erlösung.

Ares stellt damit eine versöhnlichere Vision des künstlichen Lebens dar als Frankensteins Kreatur. Wo Shelley die Katastrophe einer gefühllosen Wissenschaft beschreibt, deutet Tron: Ares ein utopisches Potenzial an: die Möglichkeit, dass aus der Schöpfung Erkenntnis erwächst – dass die Maschine den Menschen lehrt, was Menschlichkeit bedeutet. Beide Werke bilden letztlich Spiegel: Frankenstein blickt in den Abgrund seiner eigenen Schuld – Ares reflektiert die digitale Selbstvergöttlichung des modernen Menschen.

Meine Spekulationen zu Tron: Ares

8. April 2025

Die Katze ist aus dem Sack: Der Start von TRON: Ares ist für den 9. Oktober vorgesehen. Als Fan von Tron bin ich gespannt. Disney hat den ersten Trailer ins Netz gestellt. Und schon rattern meine Gedanken: Wie wird Tron fortgesetzt? Klar wird beim Betrachten des Trailers, dass der dritte Teil der Tron-Reihe die Grenzen zwischen digitaler und realer Welt weiter ausloten wird.

Hier ein bisschen Stochern im Nebel:
Im Mittelpunkt steht Ares, ein hochentwickeltes KI-Programm, das erstmals die digitale Welt (das Grid) verlässt und in die reale Welt eintritt. Jared Leto verkörpert diese Figur, die auf eine gefährliche Mission geschickt wird – deren Details sind noch unklar. Die Wahl des Namens „Ares“ (nach dem griechischen Kriegsgott) deutet darauf hin, dass der Film möglicherweise Themen wie Konflikte zwischen Menschen und Maschinen behandelt.

Im Trailer kracht es gewaltig – visuell beeindruckend, aber auf den ersten Blick nicht sonderlich anders als übliches Popcorn-Kino. Bei Tron erwarte ich mir ehrlich gesagt mehr Tiefe.

Der Film unter der Regie von Joachim Rønning setzt auf den Ereignissen von Tron: Legacy (2010) auf. Während dort Quorra, ein Programm, in die menschliche Welt übertrat, scheint Tron: Ares diese Idee weiterzuführen und zu vertiefen. Kevin Flynn (Jeff Bridges), der Schöpfer des Grids, kehrt zurück und spielt offenbar eine Schlüsselrolle. Eine Begegnung zwischen Flynn und Ares wird im Trailer angedeutet.

Es gibt Spekulationen über einen möglichen Krieg zwischen Menschen und KI-Wesen. Der Film könnte sich mit ethischen und existenziellen Fragen auseinandersetzen, die durch das Eindringen von KI in die reale Welt entstehen. Der Trailer zeigt eine düstere Atmosphäre mit industriellen Elementen – was auf einen ernsteren Ton hinweist. Wie bei den Vorgängern wird auch Tron: Ares für seine beeindruckenden visuellen Effekte bekannt werden. Der Stil bleibt futuristisch und neonlastig. Der Soundtrack stammt von Nine Inch Nails – das unterstreicht die düstere Stimmung des Films musikalisch. Nach Wendy Carlos und Daft Punk liegt die Messlatte allerdings ziemlich hoch.

Tron – ein Meilenstein
Der Film Tron (1982) gilt als Meilenstein in der Filmgeschichte, insbesondere wegen seiner visionären Nutzung von Computertechnologie und seiner thematischen Auseinandersetzung mit der digitalen Welt. Tron war einer der ersten Filme, der umfangreich auf Computer Generated Imagery (CGI) setzte. Obwohl nur etwa 15 Minuten des Films tatsächlich CGI enthalten, war das für die damalige Zeit revolutionär.

Der Film kombinierte CGI mit traditionellen Animationstechniken und Live-Action-Aufnahmen – das Ergebnis war eine einzigartige visuelle Ästhetik, die bis heute unverwechselbar bleibt. Ich wollte als Kind die Effekte mit meinem Commodore 64 nachbauen – und bin gnadenlos gescheitert.

Die innovative Darstellung einer virtuellen Welt inspirierte zahlreiche nachfolgende Filme und legte den Grundstein für die Entwicklung moderner visueller Effekte. Tron zeigte, dass digitale Technologien neue kreative Möglichkeiten für das Filmemachen eröffnen können – auch wenn es damals noch technische Einschränkungen gab.

Obwohl der Film an den Kinokassen nur mäßigen Erfolg hatte, entwickelte er eine starke Kultanhängerschaft. Besonders in der Videospiel-Community wurde er gefeiert, da er thematisch eng mit der aufkommenden digitalen Kultur verbunden war. Disney ging damals neue Wege – mit Filmen wie Tron oder Das schwarze Loch, die an den Kinokassen floppten, aber heute eine treue Fanbase haben. Ich warte noch immer auf die Bluray zum schwarzen Loch.

Interessanterweise wurde Tron nicht für den Oscar in der Kategorie „Beste visuelle Effekte“ nominiert, da die Academy CGI als „zu einfach“ ansah – ein Urteil, das heute geradezu ironisch erscheint angesichts der Komplexität moderner digitaler Effekte.

Die Vision hinter Tron
Regisseur Steven Lisberger wollte eine virtuelle Realität erschaffen, in der Computerprogramme als lebendige Entitäten dargestellt werden. Diese Idee war ihrer Zeit weit voraus und spiegelte die wachsende Bedeutung von Computern und Netzwerken wider. Ich war als Kind fasziniert von dieser Vorstellung – und bin es bis heute.

Thematisch behandelt Tron den Konflikt zwischen Individuen und mächtigen Konzernen, die den Zugang zu Informationen kontrollieren wollen. Diese Thematik bleibt auch heute hochaktuell und unterstreicht die visionäre Qualität des Films. Die visuelle Gestaltung von Tron – mit seinen leuchtenden Farben und geometrischen Formen – war stark von Videospielen inspiriert und schuf ein futuristisches Bild, das es bis dahin im Kino nicht gegeben hatte. Lisberger ließ sich dabei von Spielen wie Pong inspirieren.