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Wenn Käpsele in Langenneufnach fliegen – Ein Dorf, ein Bier, ein Sommer voller Herz

16. Juni 2025

Einmal im Jahr verwandelt sich das beschauliche Langenneufnach in ein Mekka für alle, die den feinen Unterschied zwischen Blödsinn und Brauchtum lieben: Es ist Zeit für die Bierkäpsele-Weitschuss-Meisterschaft. Was auf den ersten Blick wie ein kurioser Zeitvertreib wirken mag, ist längst ein fester Bestandteil im Dorfkalender – ein Fest der Gemeinschaft, des Lachens und der gelebten Leidenschaft für das Kleine, das Großes bewirken kann. Und es geht ganz klar um Biertrinken.

Als meine Gattin von diesem kuriosen Wettbewerb aus ihrem Heimatort berichtete, musste ich es einfach sehen. Langenneufnach liegt in dem schönen Erholungsgebiet Stauden, zwischen Augsburg und Bad Wörishofen, dort wo der Handyempfang vom Zufall abhängt. Wir befinden uns also in der herzlichen bayerisch-schwäbischen Provinz. Zunächst übersetzte mir die Gattin die bayerisch-schwäbische Mundart Bierkäpsele-Weitschuss-Meisterschaft in Kronkorkenweitschusswettbewerb.

Mit viel Schwung, Zielgenauigkeit und einer Portion Glück schleudern die Teilnehmer ihre Kronkorken – liebevoll schwäbisch „Käpsele“ genannt – über die Wiese, angefeuert von einem bunt gemischten Publikum, das sich jedes Jahr aufs Neue begeistert. Ist das Käpsele auf die Reise gegangen, muss die Bierflasche bis zum nächsten Schuss geleert sein. Es ist ein Wettkampf, bei dem es nicht um Pokale oder Preise geht, sondern um das gemeinsame Erlebnis, ums Dabeisein, um Geschichten, die man noch Jahre später erzählt.

Austragungsort war der Bahnhofsplatz, dort wo irgendwann wieder die Staudenbahn fahren soll. Es wurden Strohballen zum Sitzen abgeladen, Bierbänke aufgestellt, Zelte und Schirme aufgespannt – und eine Sandbahn als zu

Wettbewerbsarena aufgeschüttet. Ein Cateringwagen versorgte die zahlreichen Gäste mit Pommes, Pulled Pork und vegetarische Genüssen. Daneben gab es eine Getränketheke und für jedes getrunkene Bier gab es einen Stempel. Für zehn Stempel gab es ein Freibier. Ein paar Gäste bekamen die Stempelkarte schnell voll und waren damit auch voll.

Bürgermeister Gerald Eichinger, seit 2020 im Amt, eröffnete die Bierkäpsele-Weitschuss-Meisterschaft. Er schaffte es allerdings nicht, sein Bierkäpsele weit zu schießen, sondern das kostbare Bier übergoss den bürgermeisterlichen Körper. Damit hatte er die Lacher auf seiner Seite, allerdings auch die gelbe Karte, weil das Bier den Boden berührte.

Organisiert vom engagierten Verein Landliebe, wird aus einem simplen Kronkorken ein Symbol für Zusammenhalt, Heimatliebe und den Charme der ländlichen Lebensfreude. Hier zählt nicht die Perfektion, sondern der Spaß. Nicht der Ernst, sondern das Augenzwinkern. Aber der Langenneufnacher Verein will unter sich bleiben. Auf Vorschläge, den Wettbewerb überregional aufzustellen, reagiert der Schwabe eher verhalten. Damit bleibt die Bierkäpsele-Weitschuss-Meisterschaft eine sublokale Veranstaltung.

Allerdings sind die Regeln klar. Wenn aus der geöffneten Flasche Bier nur ein Tropfen den Boden berührt, gibt es eine gelbe Karte. Wiederholt sich der Fauxpas, dann gibt es Gelb-Rot. Geschossen wird jedes Jahr mit einem anderen Bier. Dieses Mal war das Allgäuer Stolz das Wettkampfmaterial. Ein Vertreter vom Verein Landliebe moderierte die Veranstaltung professionell mit motivierenden Worten. Herrlich sein Humor, wenn er mit ernster Stimme die Teilnehmer zur nächsten Runde der Bierkäpsele-Weitschuss-Meisterschaft auffordert.

Ernsthaft auch die Schiedsrichter bei der Sache. In der Lederhosen, wo sonst der Hirschfänger steckt, wurde das Mikro oder bestenfalls eine Flasche Bier verstaut. Es wurde gemessen. Einige der Schiris waren barfuss unterwegs, was bei den ausgelegten Holzschnitzel sicherlich für eine gewisse Fußmassage sorgte. Die Technik ist entscheidend. Oft wird ein Meterstab als Hebel verwendet. Manche klopfen auf den Kronkorken, damit das Bier in der Flasche in Wallung gerät und der Druck erhöht wird.

Als ich bei einem Weitschuss länger applaudierte, bekam ich ernste Blicke zugeworfen. Ich hatte mich als Nichteinhemischer geoutet. Ich wurde von einem Teilnehmer im Hawaiihemd auf die Seite genommen, der mir die Applausregeln erklärte. Kleiner Applaus bedeutet einmal leicht mit den Händen klatschen, großer Applaus bedeutet einmal kräftiger mit den Händen klatschen. Auf was man alles achten muss.

Mit einem Auftritt von Akustikpunker Andreas Kalb kam nochmal richtig Stimmung auf. Kalb hat eigentlich Germanistik studiert – daher bezeichnet er sich als Bayerns ohne superlativsten Liedermacher Deutschlands. Und er ist ein Freund deutlicher Sprache, daraus macht er bei seinen Auftritten keinen Hehl. Hier der Start des Auftritts in Langenneufnach, um einen Eindruck zu bekommen. Es wurde im Laufe des Konzerts deutlicher.

Und so fliegen sie, die Käpsele – getragen vom Wind und den Anfeuerungsrufen der Zuschauer – hinaus in den Sommerabend, während die Sonne langsam hinter den Hügeln verschwindet und Langenneufnach wieder zeigt, wie viel Herz in einem kleinen Ort stecken kann.

Osterfeuer in den Kirchengemeinden Maisach

20. April 2025

Bei uns im Dorf gab es zwei Osterfeuer. Ein großes, weltliches, was zu allgemeinen Unterhaltung inklusive Bier entzündet wurde. Und dann gab es das Original: Das Osterfeuer vor der Kirche St. Vitus ist ein zentrales Symbol der Osternacht, also der liturgischen Feier in der Nacht zum Ostersonntag. Es feierten die evangelische und katholische Kirchengemeinde gemeinsam. Es sang der Ostersingkreis.

Das Osterfeuer steht für das Licht Christi, das die Dunkelheit von Tod und Sünde vertreibt, und symbolisiert den Übergang vom Tod zur Auferstehung – von der Nacht zum Licht, vom Karfreitag zur Osterfreude. Ich war dieses Mal am frühen Morgen noch bei Dunkelheit dabei.

Das Feuer wurde vor der Kirche St. Vitus entfacht und gesegnet. An ihm wurde die Osterkerze entzündet, die Christus als das Licht der Welt darstellt. Mit dieser Kerze zog die Gemeinden in die dunkle evangelische und katholische Kirche ein, die sich allmählich durch das Weiterreichen des Lichts an die einzelnen Kerzen der Gläubigen erhellte. Dieser feierliche Moment ist Ausdruck der christlichen Hoffnung: Das Leben hat über den Tod gesiegt.

Das Osterfeuer verbindet dabei alttestamentliche Motive – etwa die Feuersäule beim Auszug der Israeliten aus Ägypten – mit dem neutestamentlichen Glauben an die Auferstehung Jesu Christi. Es ist ein starkes Sinnbild für Neuanfang, Wandlung und göttliche Gegenwart.

Was ist mir durch den Kopf gegangen? Das Osterfeuer ist mehr als nur ein Feuer – es ist ein leuchtendes Zeichen der Hoffnung. In der Dunkelheit der Osternacht, wenn die Welt still scheint und der Tod noch nachhallt, flackert es auf: ein erstes, warmes Licht, das die Nacht durchbricht. Es erzählt davon, dass die Finsternis nicht das letzte Wort hat.

Wenn dieses Feuer vor der Kirche entzündet wurde, spürte ich förmlich, wie die Kälte des Karfreitags weicht. Die Osterkerze wird daran entzündet – ein stiller, kraftvoller Moment. Christus, das Licht der Welt, geht uns voran. Und mit jedem Licht, das weitergereicht wird, wird die Dunkelheit weniger. Das Osterfeuer erinnert mich daran, dass das Leben stärker ist als der Tod, dass nach jeder Nacht ein Morgen kommt – und dass selbst in den dunkelsten Momenten ein Funke Hoffnung genügt, um alles zu verändern. Es ist das Feuer des Neuanfangs, des Vertrauens, der Liebe. Es gilt: Du bist nicht allein. Das Licht ist da. Und es wird bleiben.

Ich wünsche ein frohes Osterfest.

Meine Ausbeute vom Bücherflohmarkt Gernlinden

8. November 2021

Als Jugendlicher habe ich regelmäßig Flohmärkte besucht – als Käufer und Verkäufer. Dann war ich ein Besucher auf Filmsammler und Schallplatten- sowie Antikmärkten. Aber es hat sich im Grunde stark in die digitale Welt verlagert. Aber jetzt schaute ich bei uns in der Gemeinde zum Bücherflohmarkt des Ortskartells der Gernlindener Vereine vorbei.

Eigentlich wollte ich vielleicht ein, zwei, höchstens drei Bücher erwerben. Heraus kam ich mit einer ganzen Kiste von Büchern.
Das Ortskartell der Gernlindener Vereine – ein etwas sperriger Name für eine gute Sache – kümmern sich unter anderem um den großen Spielplatz im Maisacher Gemeindeteil Gernlinden im Landkreis Fürstenfeldbruck. Als meine Kinder klein waren, spielten sie oft dort, während ich auf er Bank ein Buch gelesen habe. Ich unterstütze den Verein mit Altpapier und Altkleiderspenden. So ist es halt bei uns im Dorf und das ist gut so. Einmal im Jahr veranstaltet das Ortskartell einen großen Bücherflohmarkt. Das ganz Jahr über spenden die Bürger ihre ausgelesenen Bücher vom Speicher oder Wohnungsauflösungen. Ein Teil wandert ins Altpapier, ein anderer Teil wird für den großen Bücherflohmarkt gesammelt, der jetzt am vergangenen Wochenende stattfand. Christian Kemether vom Ortskartell befragte ich in einem kleinen Video:

Hunderte, was schreibe ich, Tausende von Büchern wurden von den ehrenamtlichen Helfern im Bürgerzentrum auf Tischen aufgebaut. Zuvor wurden die Bücher aus großen Pappkartons geholt, nochmals überprüft und dann nach Genres geordnet: Krimis, Romane, Historisches, Kinderbücher, Horror, Sachbuch, Politik, Geschichte, SF, Garten, Kochen und vieles mehr. Eine wichtige, aber anstrengende Arbeit.

An vier Tagen wurden die Bücher dann der Bevölkerung angeboten. Hardcover für 1 Euro, Softcover für 50 Cent. Am Eingang wurde nach 3G-Regel sorgfältig geprüft – Impfnachweis und Ausweis, dann ging es ans Hände desinfizieren und dann kam der Eintritt ins Bücherparadies. Das Vorhaben, nur ein paar Bücher mitzunehmen, wurde im Hinblick auf die Fülle der Bücher sofort verworfen. Reihe um Reihe klapperte ich ab und zog interessantes aus den Stapeln. Hier ist meine Ausbeute als Video.

Die Weihnachtszeit werde ich also auf dem Sofa verbringen und lesen, viel lesen. Eigentlich bin ich ein Kindle-Leser, aber als Jäger und Sammler konnte ich nicht widerstehen.
Meine Frau, die eigentlich immer meint, dass wir schon ein Buch besitzen und kein weiteres mehr bräuchten, deckte sich übrigens mit Kochbücher ein. Die Bücher von GU mag sie gerne und sie wurde fündig. Nächstes Jahr gehe ich wieder hin, versprochen. Es ist ja für einen guten Zweck.

Frühschwimmen – ein Luxus bei uns im Dorf

9. Juli 2018

An zwei tagen ziehe ich im Freibad Maisach meine Bahnen.

An zwei tagen ziehe ich im Freibad Maisach meine Bahnen.

Ich genieße es das Frühschwimmen im Freibad meiner Dorfgemeinde Maisach im Landkreis Fürstenfeldbruck. Die Gemeinde leistet sich für seine Bürgerinnen und Bürger ein Freibad und seitdem ich im Dorf wohne, ist mir dieses Bad ans Herz gewachsen. Vielen Dank für diesen Luxus.
Ein besondere Attraktion, die ich oft nutze, ist das so genannte Frühschwimmen. Dienstags und Donnerstags hat das Bad von 6 bis 8 Uhr morgens geöffnet und genau das ist meine Zeit. Wenn ich aufgrund meiner Seminar- und Beratungstätigkeit ab 9 Uhr im Lande unterwegs bin, stürze ich mich morgens in die Fluten des 24 Grad warmen Wassers. Während am Nachmittag die Familien und viele Kinder das Freibad Maisach besuchen, ist es morgens eher übersichtlich von den Besucherzahlen. Man kennt sich. Wenn ich morgens in das 50-Meter-Mehrzweckbecken steige, nicke ich bekannten Gesichtern zu. Ich habe grundsätzlich eine Buggati- Kappe (keine Bademütze) auf dem Kopf, weil das Haupthaar lichter wird und die Sonne stark aufs Wasser scheint.

Es sind wie immer zwei ältere Damen da, die mit Ray Ban-Sonnenbrillen ihre Bahnen ziehen. Ich treffe regelmäßig Geschäftsmänner, die Hemd und Anzug mit der Badehose getauscht haben und vor ihrem stressigen Büroalltag mehrere Runden schwimmen. Es sind immer ein, zwei Sportler dabei, die mal Rücken, mal Kraulen, mal Delfin ausprobieren und auf Kondition trainieren. Einige Rentner sind auch dabei, die es morgens nicht mehr im Bett hält und sich beim gemeinsamen Schwimmen treffen. Leider auch manches Mal beim Ratschen, denn dann stehen die Herrschaften in Bad herum und diskutierten, lästern, quatschen lautstark miteinander. Das stört, denn ich will ja eigentlich nur schwimmen am Morgen und nicht um Rentner herumschwimmen. Aber was Solls: Leben und leben lassen, heißt die Devise.

Die 46 Meter lange Edelstahlrutsche ist morgens noch ausgeschaltet, ebenso ist der Kiosk mit seinem hervorragenden Cappuccino geschlossen. Die Wasserspielzeuge liegen noch am Beckenrand und kommen erst nachmittags zum Einsatz. Dann geben die Bademeister auch Schwimmkurse für die Kinder der Gemeinde. Vergangenes Jahr habe ich auch einige Asylbewerber im Schwimmkurs gesehen, nachdem in den nahegelegenen Seen so mancher tragisch ertrunken ist. Auch diese Schwimmkurse sind eine tolle Geste der Integration.
Beim Frühschwimmen haben die Bademeister ein Auge aufs Becken, bereiten aber das Bad auf den Ansturm der Mittagszeit vor. Die Anlage mit dem alten Baumbestand und der Lage direkt neben der Maisach ist wohl die beschaulichste im Landkreis Fürstenfeldbruck und auch sehr beliebt. Die Bademeister des Freibads Maisach sind eine Institution. Viele Kinder des Dorfes haben in den Schwimmkursen hier das Schwimmen erlernt und sind heute lebhafte Jugendliche. Ein Pfiff der Bademeister genügt und die Disziplin stimmt. Oft wird der Störenfried oder Springer vom Beckenrand mit Namen benannt – man kennt sich eben bei uns im Dorf und das ist gut so.

Früher war das Maisacher Freibad ein klassisches Flussbad, das auch bei den Münchner sehr beliebt war. Sie fuhren nach Maisach mit dem Zug ins Freibad und im Süden zum Maisacher Sommerkeller. Der Sommerkeller gehört heute zu Fürstenfeldbruck und ist ein Swinger Club und hat wohl eine andere Kundschaft als damals.

Heimliche Beobachter im Freibad Maisach.

Heimliche Beobachter im Freibad Maisach.

Hier ein Video von einer winterlichen Tour durch die Gemeinde vom Ortsarchivar Stefan Pfannes und der Geschichte des Freibades. Ach ja, und morgen ist es wieder soweit.