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Bataclan – der Terror als Comic

20. November 2017

An Terror kann ich mich nicht gewöhnen und will mich auch nicht gewöhnen. Und ich will mich auch dem Terror nicht beugen. Natürlich habe ich Angst um das Leben meiner Familie, um das Leben meiner Freunde und natürlich nicht zuletzt um mein Leben. Immer wieder gibt es Terroranschläge in der Welt, mal nah – mal fern. Ein Anschlag, der mich erschüttert hat, war der islamistische Angriff auf die Pariser Konzerthalle Bataclan, als am 13. November 2015 die Band Eagles of Death Metal spielte. 89 Besucher starten im Kugelhagel der Angreifer, viele wurden schwer verletzt.
Jeder hat seine persönliche Art mit diesem feigen Terrorakt umzugehen. Und als ich von Panini hörte, dass es einen Comic zu dem Ereignis gab, horchte ich auf.
Panini stellte mir den Comic-Band Bataclan: Wie ich überlebte kostenlos zur Verfügung und ich begann zu lesen. Ich las die Geschichte von Fred Dewilde, einem Konzertbesucher, der das Morden überlebte und jetzt ein Buch darüber veröffentlichte. Ein ganz besonderes Buch – einen Comic.
Fred Dewilde, geboren 1966, ist als Grafiker auf medizinische Illustrationen spezialisiert. Er lebt mit seiner Familie in einem Vorort von Paris und liebt Rockmusik. Er besuchte das Konzert und er überlebte körperlich unversehrt, aber traumatisiert.


Jetzt veröffentlichte er seine persönliche Aufarbeitung mit dem Attentat als Grafic Novel. Und ich war neugierig auf seine Gedanken und seine Zeichnungen. Als visueller Mensch liebe ich visuelle Geschichten. Auf dem Buchrücken ist zu lesen: „Mitten im Blut eines Toten habe ich gelegen. Mitten unter den zerfetzten Körpern war ich geschützt. Mitten unter den zerstörten Leben habe ich gedacht, dass ich mitten im Entsetzen und im Wahnsinn noch einmal die Chance bekommen habe, euch zu lieben.“ Das schwarzweiße Cover versprach viel.


Es ist natürlich kein schöner Comic geworden. Die Zeichnungen sind brutal und sie dienen Fred Dewilde wohl als Therapie. Seine Übersetzerin Bettina Frank ist der gleichen Meinung. Sie sagt: „Für ihn war das reine Therapie. Er hat mir erzählt, dass sich das Schlussbild des Comics so in seinen Kopf gebrannt hatte und er den Drang verspürte, den Comic zu zeichnen. Darin sah er einen Weg, mit der Sache abzuschließen.“
Und als ich die Texte las, die Zeichnungen auf mich wirken ließ, war mir unwohl. Ich habe kein Problem mit Fiction, aber das war keine erfundene Geschichte eines kreativen Geistes. Das war die Wahrheit und sie wurden von einer gequälten Seele wiedergegeben. Darf man so etwas privates überhaupt ansehen? Nun, nach einigem Überlegen entschied ich mich dafür. Viele Künstler verarbeiten ihre Dämonen und es kommt faszinierende Kunst heraus – die Malerei und Literatur ist voll davon. Warum darf es so etwas nicht bei Comics auch geben? Es darf und es muss.
Als ich den gezeichneten Alptraum betrachtete und die wenigen Seiten des Comics durchblätterte, überlegte ich mir, wie ich in dieser Situation reagiert hätte. Dabei sind diese Gedanken sinnlos, denn so eine Situation kann man nicht trainieren. Vielleicht aufmerksam durchs Leben zu gehen und das Leben zu genießen – das könnten Schlussfolgerungen sein.


Der gezeichnete Augenzeugenbericht von Fred Dewilde ist in Schwarz/Weiß. Er verzichtet auf explizite Gewaltdarstellungen, um nicht in den Verdacht des Voyeurismus zu geraten. Das ist gut.
Die Terroristen stellt er als entmenschlichte Gestalten mit Totenschädeln dar; die Toten, inmitten derer er lag, als formlose Masse. Zwischen all den Leichen, so beschreibt er es im Comic, habe er mit einer weiteren Überlebenden, der schwer verletzten Élisa, neben der er lag, einen „Kokon der Menschlichkeit“ geschaffen, um sich von dem Wahnsinn um ihn herum abzuspalten. Diesem Stück Menschlichkeit inmitten der Unmenschlichkeit verdanke er sein Überleben, sagt er. Letztlich war es aber reiner Zufall, dass er nicht auch erschossen wurde. Die Frage nach dem Wieso und warum ausgerechnet er überlebt hat, macht ihm bis heute zu schaffen.
Die zeichnerische Auseinandersetzung mit dem Terror hat mir sehr imponiert. Diese Auseinandersetzung umfasst 17 Seiten. Dann folgenden zahlreiche Seiten mit Texten. Er beschreibt dort zum Beispiel, wie sich sein Leben und er selbst nach Bataclan verändert haben, wie er überhaupt wieder ins Leben zurückfand. Er sinniert über Psychotherapie, Schuldgefühle, das Menschsein und den Wert von schwarzem Humor. Außerdem macht er sich Gedanken zu den Eagles of Death Metal, die nach dem Anschlag nicht nur positiv in Erscheinung traten, über den Islam und zur aktuellen Politik – dies im Übrigen sehr differenziert, ohne Hass und vor allem ohne verallgemeinernde Anschuldigungen. Auch die Anschläge von Brüssel, Nizza und auf die Redaktion von Charlie Hebdo bleiben nicht unerwähnt.

Das ist interessant, ohne Zweifel wichtig für Fred Dewilde, aber ich habe die 25 Seiten Texte nicht komplett gelesen. Es war mir zu anstrengend. Fred Dewilde ist kein Autor. Es wäre für mich sehr interessant gewesen, wenn er diese Auseinandersetzung in der Kunstform Comic verarbeitet gewesen wäre.
Versteht mich richtig: Fred Dewilde hat ein gutes Recht, sich in reiner Textform mit seinem Leben und seinem Schicksal auseinandersetzen, aber ich habe mich das Buch Bataclan: Wie ich überlebte als Comic ausgesucht. 17 Seiten Comic gegenüber 25 Seiten Text zum Preis von rund 17 Euro.

 

Keine Kinderwägen mehr auf Rolltreppen

8. Januar 2010
Ich trete für Europa ein und doch immer wieder flackert der Bürokratie-Irrsinn aus Brüssel auf, der es schwer macht für Europa einzutreten. Jüngstes Beispiel sind die Rolltreppen. Sie dürfen seit 1. Januar nicht mehr mit Kinderwägen benutzt werden. Ich halte dies für einen ausgemachten Schwachsinn. Damit kam die EU Forderungen der Rolltreppen-Industrie-Lobby nach.
Ein Twitter-Kollege @Nachrichten_muc verbreitete in seinem Dienst ein schönes Zitat von MVG-Chef Herbert König: „Wir wurden von dieser neuen Norm genauso überrascht, wir haben sie nicht gewollt und ich halte sie für ausgemachten Blödsinn.“ Die ganze lesenswerte Meldung gibt es hier.
München hat derzeit 761 Rolltreppen und als zweifacher Papa habe ich natürlich die Rolltreppen mit den Kinderwägen benutzt. Gut, meine Kinder sind aus dem Alter raus und können selbst laufen, doch natürlich habe ich als treusorgender Papa aufgepasst, dass kein Kind aus dem Wagen fällt. Genauso wie bei Drehtüren sich kein Zwerg die Finger einklemmt oder die Hände vom heißen Herd nimmt. Ich glaube, das nennt sich Verantwortung. Hallo EU: Wie wäre es, wenn man Menschen mit Kindern den Einstieg in den Zug verbietet? Denn das kleine Baby könnte ja zwischen Zug und Bahnsteig geraten? Also verbieten, verbieten, verbieten.
Ein Trost gibt es: Die neue Norm gilt zunächst nur für ab 1. Januar 2010 neu zugelassene Rolltreppen. Allerdings wollen die Rolltreppen-Hersteller das Verbot auch auf bisher zugelassene Rolltreppen ausdehnen.
Da fällt mir ein: Wollte sich nicht mein ehemaliger Ministerpräsident Edmund Stoiber um den Bürokratieabbau in Brüssel kümmern?