Posts Tagged ‘Biomechanik’

Wenn Kunst und Musik verschmelzen: Debbie Harry & HR Giger – Eine surreale Begegnung

11. Februar 2025

Ich mag es, wenn Künstler verschiedener Genre zusammenarbeiten. So einstmals geschehen bei einer meiner Lieblingsbands Emerson, Lake & Palmer (ELP) und dem Schweizer Künstler HG Giger für das Plattencover des wegweisenden Albums Brain Salad Surgery.

Ähnliches geschah bei der Zusammenarbeit von Debbie Harry mit Giger für das Album KooKoo aus dem Jahr 1983. Endlich habe ich ein Buch Metamorphosis gefunden, dass die Zusammenarbeit der beiden Künstler mit vielen Fotos zeigt. Es enthält alle Bilder des visuellen Konzeptes, das vom Fotografen Chris Stein dokumentiert wurde.

Gerne wäre ich bei der Zusammenarbeit Mäuschen gewesen und hätte die Kooperation beobachtet. Debbie Harry, die Frontfrau der amerikanischen Band Blondie, und HR Giger, der renommierte Schweizer Künstler, der für seine biomechanischen Kunstwerke und das Design des Aliens im Film „Alien“ bekannt ist, hatten eine bemerkenswerte Begegnung, die in der Musik- und Kunstwelt Wellen schlug. Diese Zusammenkunft zweier kreativer Geister aus unterschiedlichen Disziplinen führte zu einer faszinierenden Kollaboration.

Debbie Harry: Die Punk-Ikone
Debbie Harry, geboren als Angela Tremble, stieg in den späten 1970er Jahren mit ihrer Band Blondie zu einer der bekanntesten Figuren der Punk- und New-Wave-Bewegung auf. Mit Hits wie „Heart of Glass“ und „Call Me“ eroberte Blondie die Charts weltweit. Harrys charismatische Bühnenpräsenz und ihr unverwechselbarer Stil machten sie zu einem Symbol für die rebellische Energie der Zeit.

HR Giger: Der Meister des Biomechanischen
HR Giger, geboren als Hans Rudolf Giger, war ein Schweizer Maler, Bildhauer und Designer, der für seine düsteren, surrealen und biomechanischen Kunstwerke bekannt ist. Sein Design des Aliens im gleichnamigen Film von Ridley Scott brachte ihm 1980 einen Oscar für die besten visuellen Effekte ein. Gigers Arbeiten sind geprägt von einer faszinierenden Mischung aus organischen und mechanischen Elementen, die oft als verstörend und gleichzeitig hypnotisierend beschrieben werden.

Die Begegnung
Die Begegnung zwischen Debbie Harry und HR Giger fand in den frühen 1980er Jahren statt, als beide auf dem Höhepunkt ihrer Karrieren waren. Harry, die sich schon immer für Kunst und visuelle Ästhetik interessierte, war fasziniert von Gigers Arbeiten. Die beiden trafen sich in Gigers Studio in der Schweiz, wo Harry die Gelegenheit hatte, seine Werke aus nächster Nähe zu betrachten und sich von seiner einzigartigen Vision inspirieren zu lassen.

Die Kollaboration
Aus dieser Begegnung entstand eine kreative Zusammenarbeit, die in mehreren Projekten mündete. Eines der bekanntesten Ergebnisse dieser Kollaboration ist das Albumcover von Debbie Harrys Soloalbum „KooKoo“ aus dem Jahr 1981. Das Albumcover von KooKoo (1981) von Debbie Harry, gestaltet von HR Giger, ist ein ikonisches Kunstwerk, das surrealistische und biomechanische Elemente kombiniert.

Das Cover zeigt ein nahes Porträt von Debbie Harrys Gesicht, das eine fast skulpturale, glatte Qualität hat. Ihr Gesicht ist durchstochen von vier langen Nadeln – zwei an den Schläfen und zwei an den Wangen. Diese Nadeln wirken wie chirurgische oder rituelle Instrumente, die durch ihre Haut gedrungen sind, aber es gibt keine sichtbaren Wunden oder Blutspuren, was dem Bild eine unheimlich sterile, aber auch hypnotische Atmosphäre verleiht. Der Hintergrund und die gesamte Komposition erinnern an Gigers typische biomechanische Ästhetik: fließende, metallisch-organische Strukturen, die eine Mischung aus Fleisch und Maschine andeuten. Die monochrome Farbgebung in silbrigen, grauen und blauen Tönen verstärkt den futuristisch-düsteren Look. Das Bild ist ein perfektes Beispiel für die Verschmelzung von Musik und Kunst, die beide Künstler anstrebten.

Die Anzüge
Im Rahmen der Zusammenarbeit für das Album KooKoo (1981) entwarf H.R. Giger nicht nur das ikonische Cover, sondern auch biomechanische Anzüge für Debbie Harry. Diese Anzüge wurden speziell für die Musikvideos und eine Fotoserie konzipiert, um Gigers unverwechselbare Ästhetik mit Harrys futuristischer Vision zu verbinden.

Giger schuf hautenge Anzüge, die Debbie Harrys Körper vollständig umhüllten und mit seinen charakteristischen biomechanischen Mustern verziert waren. Diese Designs bestanden aus fließenden, organisch-mechanischen Strukturen, die den Eindruck erweckten, als würde ihr Körper mit einer außerirdischen oder maschinellen Lebensform verschmelzen. Die Anzüge waren mit skelettartigen Rippen, metallischen Segmenten und symmetrischen Ornamenten versehen, die oft an seine Arbeiten für Alien erinnerten.

Diese Anzüge kamen besonders in den Musikvideos zu KooKoo zum Einsatz, darunter Backfired, das ebenfalls von Giger visuell mitgestaltet wurde. In diesem Video sieht man Debbie Harry in einer surrealen, albtraumhaften Umgebung, in der sie sich durch eine dystopische Szenerie bewegt – ein Zusammenspiel von Gigers dunkler Ästhetik und Harrys ikonischem Stil.

Für eine spezielle Foto-Session mit Chris Stein, ihrem Bandkollegen und damaligen Partner, wurde Debbie Harry in diesen Anzügen abgelichtet. Die Bilder zeigen sie in skulpturalen Posen, fast wie eine lebendige Giger-Kreation, inmitten von metallisch-organischen Strukturen. Diese Bilder sind komplett in dem Buch Metamorphosis abgebildet und erläutert.

Das Album KooKoo (1981)
Mit KooKoo wagt sich Debbie Harry auf solistisches Terrain, bleibt dabei aber stark in den New-Wave- und Funk-Einflüssen verwurzelt, die Blondie bereits erforschte. Produziert von Nile Rodgers und Bernard Edwards von Chic, bringt das Album eine Mischung aus funkigem Post-Disco-Sound, experimentellen Pop-Elementen und düsteren Synthesizer-Klängen.

Die Single Backfired ist ein treibender Funk-Track mit markanten Gitarrenriffs und einer energiegeladenen Produktion, während The Jam Was Moving mehr nach Blondies Dance-Rock-Wurzeln klingt. Jump Jump und Chrome zeigen die mutigere, avantgardistischere Seite des Albums, die jedoch nicht immer ganz ausgereift wirkt. Die futuristische, fast dystopische Atmosphäre, die durch Gigers Coverkunst angedeutet wird, findet sich in Songs wie Now I Know You Know wieder, bleibt aber musikalisch eher subtil.

Obwohl das Album innovative Momente hat und Debbie Harrys charismatische Stimme immer überzeugt, fehlt ihm ein klarer Fokus. Es wirkt fragmentierter und weniger eingängig als Blondies beste Werke, was vermutlich auch ein Grund für den mäßigen kommerziellen Erfolg war. Trotzdem ist KooKoo ein spannendes Zeitdokument, das Harrys Experimentierfreude und die musikalische Wandlungsfähigkeit der frühen 80er-Jahre widerspiegelt. Ich muss zugeben, dass ich das Album eher schwach finde und es vor allem aus ätherischen Gründen gekauft habe. Die Arbeit, die aus dieser Begegnung hervorging, ist ein bleibendes Zeugnis ihrer kreativen Visionen und ihres Einflusses auf die Popkultur.

Der Einfluss
Die Zusammenarbeit zwischen Debbie Harry und HR Giger hatte einen nachhaltigen Einfluss auf beide Künstler und ihre jeweiligen Disziplinen. Für Harry bedeutete es eine Erweiterung ihres visuellen Stils und eine Vertiefung ihrer künstlerischen Identität. Für Giger war es eine Gelegenheit, seine biomechanischen Visionen nach dem ELP-Album von 1974 in einem neuen Kontext zu präsentieren und ein breiteres Publikum zu erreichen.

Filmtipp: Alien Covenant

18. Mai 2017

Mir hat Alien Convenant sehr viel Spaß gemacht.

Mir hat Alien Covenant sehr viel Spaß gemacht.

Ridley Scott, der alte Recke, kann es noch immer. Mit Alien Covenant legte er einen neuen eindrucksvollen Teil seiner Alien-Reihe vor und knüpfte damit direkt an Prometheus an. Gleich vorweg: Mir hat Alien Covenant sehr gut gefallen, aber das war nicht bei allen Zuschauern bei meinem Kinobesuch im Scala Fürstenfeldbruck der Fall. Da hatten sich einige der männlichen Kinobesucher mehr Action erwartet. Nun Action war in Alien Covenant vorhanden, aber es war auch Tiefe vorhanden. Eine Vielzahl von Kinozuschauern war von den literarischen Zitaten von Lord Byron und Mary Shelly schlichtweg überfordert und konnten Ridley Scott auf seiner Suche nicht folgen. Für diese Zuschauer war Alien Covenant eher anstrengend. Wie sagte mein Nachbar im Kino: „Zuviel Gequatsche!“

Aussteller im Kino Scala FFB

Aussteller im Kino Scala FFB

Wer aber Fan der Alien-Filme ist und sich auf eine Weiterführung von Prometheus einlassen will, der freut sich über die Handlung und die Begegnung mit dem Außerirdischen. Der Xenomorph hat sich inzwischen zur Biowaffe verändert und die Diskussion um Menschlichkeit, wie sie bereits in Ghost in the Shell geführt wurde, wird in Alien Covenant weitergeführt. Natürlich ist der flinke und höchst aggressive Neomorph der eigentliche Held, sei es als Maske oder CGI. Ich freute mich, als das Alien erstmals in voller Größe erschien. Es war wie ein Wiedersehen mit alten Bekannten. Aus dem Xenomorph wurde ein weiterentwickelter Neomorph. Scott hat so viele Erinnerungen an sein Erstlingswerks eingebaut: Die geheimnisvollen Eier, das Herausbrechen aus dem Magen, das Signal von einem fernen Planeten und, und, und. Und es gibt eine Hommage an den großartigen H.R. Giger, dem Schöpfer des Aliens. Seine Kunst der Biomechanik wurde von Ridley Scott aufgegriffen. Als Beispiel sei die Duschszene genannt – Sexualität kombiniert mit Obsessionen über das Eindringen von etwas absolut Fremden wurde hier genial in Szene gesetzt. Es gab auch ein Wiedersehen und einen Erklärungsansatz über mein Lieblingsraumschiff schlechthin. Das hufeisenförmige fremde Raumschiff taucht wieder im Film, wobei ich hier mich nicht 100prozentig identifizieren konnte. In meiner Fantasie war dieses Raumschiff ein biomechanisches, organisches Fluggerät. In Alien Covenant klingt es, als ob es aus Metall wäre. Die Raumfahrer stapfen durch das Raumschiff und das Echo klingt nach Metall. Das hat mich wirklich gestört, weil es nicht mit meiner Fantasie deckungsgleich ist. Dennoch: Das Setdesign ist schichtweg genial. Es passt einfach zusammen und Ridley Scott kann es einfach.
Zu Alien gehört auch ein Android, in unserem vorliegenden Film heißen sie Walter und David. Michael Fassbender ist hier in einer Doppelrolle zu sehen und es macht absolut Spaß, seinem Spiel beizuwohnen. Sicherlich die eindrucksvollste Szene ist das Flötenspiel, sehr intim und großartig gespielt. Diese Intimität wird nochmals aufgegriffen als es zum Kuss zwischen David und Walter kommt. Der Gotteskomplex wird immer wieder thematisiert.
Der Name Walter setzt sich aus den Wortstämmen walt- (althochdeutsch: waltan ‚herrschen‘) und Heer (althochdeutsch: heri ‚Kampfverband‘) zusammen. Das gibt schon einen Hinweis. Und die Anspielung zu Michelangelos David ist natürlich voll beabsichtigt, obwohl Ridley Scott in der Einführungsszene bewusst den Kopf der ersten Monumentalstatue der Hochrenaissance und bekannteste Skulptur der Kunstgeschichte verbirgt. David nimmt den Kampf gegen den Riesen Goliath auf – vielleicht eine Analogie, dass der Android sich gegen seinen Schöpfer Mensch wendet. Und immer wieder kommt dazu der göttliche Richard Wagner. Zweimal kommt das Rheingold vor, der Einzug der Götter in Walhall, zu Beginn des Films als Klavierauszug und zum Ende der Films als Symbol der Zeitenwende. Sie prophezeit die Götterdämmerung, das Ende der Götter – das Ende des Gottes Mensch. Wer wie mein Sitznachbar im Kino Action erwartetet, bekam zum Ende Richard Wagner und reagierte verwirrt.
Ach ja, die Musik im Film. Der Score von Alien hatte Maßstäbe gesetzt: Soundtrack-Götter wie Jerry Goldsmith gaben in der Vergangenheit den Takt an. In Alien Covenant sollte es ursprünglich Harry Gregson-Williams sein. Es wäre interessant gewesen, wie er sein Thema von Der Marsianer – Rettet Mark Watney (The Martian) weiterentwickelt hätte. Er schied allerdings aus Termingründen aus und überließ die Musik Jed Kurzel, dem ich bisher nicht viel zutraute. Sein Assassin’s Creed war mir zu heftig. Im Film Alien Convenant passte sein Score allerdings sehr gut und in den nächsten Wochen wird der Score auf CD veröffentlich. Ich werde ihn dann ausführlich besprechen.